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53 §. io. Die Vereinfachung des Regierens ist ein Hauptzweck. Sie besteht aber gar nicht bloß in dem eigentlichen Abgeben von bestimmten Verwal tungszweigen. Denn sobald es andere, als Staatsbehörden in wirklich lebendiger Thätigkeit giebt, so sind sie (wenn man sie auch nicht anord nend machte) von selbst beaufsichtigend und vorschlagend, und ersparen daher der Staatsbehörde einen Theil dieser Wirksamkeit. Allein, wenn dies der Fall sein soll, müssen sie nicht bloß nach oben hin und im Gegen sätze, sondern vorzüglich um sich her und nach unten hin, und in Verbin dung mit der Staatsbehörde beaufsichtigen und Vorschlägen; und wenn nicht einige unter ihnen zugleich verwaltend sind, wird ihr Beaufsichtigen und Vorschlägen nie recht praktisch aus dem Bedürfnisse und der wirklichen Lage der Dinge hervorgehen, und der sich so natürlich einstellende Kitzel zu beaufsichtigen und vorzuschlagen, nie gehörig sein Gegengewicht in ge nauer Sachkenntniß und richtigem Gefühle der Schwierigkeiten des Re gierens finden. Alles das führt aber auch wieder dahin, daß die allge meine Ständeversammlung auf sich immer von unten an verengenden Stufen anderer ähnlicher Institute aufsteigen, und daß ihr belebendes Prinzip nicht Lust zum Mitregieren des Ganzen, sondern echter, auf Ent- behrlichmachung vielen Regierens durch zweckmäßiges Ordnen der einzelnen Verhältnisse gerichteter Gemeinsinn sein muß — die einzige wahre Grund lage des inneren Wohles jedes Staates. uä 2. §- 11- Bei diesem Zwecke muß man gleich einen jetzt sehr gewöhnlichen Mißverstand aus dem Wege räumen. Man hört und liest noch mehr jetzt sehr oft Klagen darüber, daß das Volk nicht genug Antheil an Gegen ständen äußerer und innerer Politik nimmt, und Wünsche, daß dies Inter esse möge geweckt, befeuert und erhalten werden. Man kann aber dreist behaupten, daß, wenn dies Interesse, wie es leider gewöhnlich vorhanden ist oder gewünscht wird, so allgemein und ohne feste praktische Grundlage, gleichsam in der Luft schwebt, sehr wenig an demselben gelegen ist, ja es noch auf die Umstände ankommt, ob es nicht geradezu schädlich genannt werden muß? Denn es führt nur zu oft von gelingender, mehr beschränk ter Thätigkeit zu unglücklichen Versuchen in höheren Sphären. Wie dieser Antheil gewöhnlich ausgedrückt wird, fehlt ihm die nothwendigste Bedin gung, die nämlich, daß er beim Nächsten, daß er da anfange, wo unmittel bares Berühren der Verhältnisse wirkliche Einsicht und gelingendes Ein wirken möglich macht; ein Punkt, von dem an er sich hernach, sofern er nur nicht nothwendige Stufen überspringen will, zum Höchsten und Allge meinsten erheben kann. §- 12. Das Leben im Staate hat drei Gattungen, oder wenn man will, Stufen der Thätigkeit und Theilnahme am Ganzen: das passive Fügen in die eingeführte Ordnung, was jeder Bewohner, selbst Schutzverwandter oder Fremder thun muß; die Theilnahme an der Gründung und Erhal tung der Ordnung aus dem allgemeinen Berufe, als thätiges Mitglied der Staatsgemeinschaft, was das eigentliche Geschäft des Staatsbürgers ist; die Theilnahme aus besonderem Berufe, als Staatsdiener.