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— 47 — an, als wo der wahre Zweck des Menschen völlig moralisch, oder intellektuell ist, oder doch die Sache selbst, nicht ihre Folgen beabsichtet, und diese Folgen nur nothwendig oder zufällig damit zusammenhängen. So ist es bei wissenschaftlichen Untersuchungen, und religiösen Meinungen, so mit allen Verbindungen der Menschen unter einander, und mit der natür lichsten, die für den einzelnen Menschen, wie für den Staat, die wichtigste ist, mit der Ehe. Eine Verbindung von Personen beiderlei Geschlechts, welche sich gerade auf die Geschlechtsoerschiedenheit gründet, wie vielleicht die Ehe am richtigsten definirt werden könnte, läßt sich auf eben so mannigfaltige Weise denken, als mannigfaltige Gestalten die Ansicht jener Verschieden heit, und die, aus derselben entspringenden Neigungen des Herzens und Zwecke der Vernunft auzunehmen vermögen; und bei jedem Menschen wird sein ganzer moralischer Charakter, vorzüglich die Stärke, und die Art seiner Empfindungskraft darin sichtbar sein. Ob der Mensch mehr äußere Zwecke verfolgt, oder lieber sein inneres Wesen beschäftigt? ob sein Ver stand thätiger ist oder sein Gefühl? ob er lebhaft umfaßt und schnell verläßt; oder langsam eindringt und treu bewahrt? ob er losere Bande knüpft, oder sich enger anschließt? ob er bei der innigsten Verbindung mehr oder minder Selbstständigkeit behält? und eine unendliche Menge anderer Bestimmungen modifiziren anders und anders sein Verhältniß im ehelichen Leben. Wie dasselbe aber auch immer bestimmt sein mag; so ist die Wirkung davon aus sein Wesen und seine Glückseligkeit unverkennbar, und ob der Versuch die Wirklichkeit nach seiner innern Stimmung zu finden oder zu bilden, glücke oder mißlinge? davon hängt größtentheils die höhere Vervollkommnung, oder die Erschlaffung seines Wesens ab. Vorzüglich stark ist dieser Einfluß bei den interessantesten Menschen, welche am zartesten und leichtesten auffassen, und am tiefsten bewahren. Zu diesen kann man mit Recht im Ganzen mehr das weibliche, als das männliche Geschlecht rechnen, und daher hängt der Charakter des elfteren am meisten von der Art der Familienverhältnisse in einer Nation ab. Pon sehr vielen äußeren Beschäftigungen gänzlich frei; fast nur mit solchen umgeben, welche das innere Wesen beinah ungestört sich selbst überlassen; stärker durch das, was sie zu sein, als was sie zu thun vermögen; aus drucksvoller durch die stille, als die geäußerte Empfindung; mit aller Fähigkeit des unmittelbarsten, zeichenlosesten Ausdrucks, bei dem zarteren Körperbau, dem beweglicheren Auge, der mehr ergreifenden Stimme, reicher versehen; im Verhältniß gegen andere mehr bestimmt, zu erwarten und aufzunehmen, als entgegen zu kommen; schwächer für sich, und doch nicht darum, sondern aus Bewunderung der fremden Größe und Stärke inniger anschließend; in der Verbindung unaufhörlich strebend, mit dem vereinten Wesen zu empfangen, das Empfangene in sich zu bilden, und gebildet zurück zu geben; zugleich höher von dem Muthe beseelt, welchen Sorgfalt der Liebe, und Gefühl der Stärke einflößt, die nicht dem Wider stande, aber dem Erliegen im Dulden trotzt — find die Weiber eigentlich dem Ideale der Menschheit näher, als der Mann; und wenn es nicht unwahr isth paß sie es seltner erreichen, als er; so ist es vielleicht nur, weil es überall schwerer ist, den unmittelbaren steilen Pfad, als den Um weg zu gehen. Wie sehr aber nun ein Wesen, das so reizbar, so in sich