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18 reicht werden. Es war ein Mittel nothwendig: das Geld. Alles Streben ging nun also dahin, von der Nation so viel als möglich Geld aufzubringen. Die Möglichkeit beruhte aber auf zwei Dingen. Die Nation mußte Geld haben, und man mußte es von ihr bekommen. Jenen Zweck nicht zu verfehlen, mußten ihr allerlei Quellen der Industrie eröffnet wer den; diesen am besten zu erreichen, mußte man mannigfaltige Wege ent decken: theils um nicht durch aufbringende Mittel zu Empörungen zu reizen; theils um die Kosten zu vermindern, welche die Hebung selbst verursachte. Hierauf gründen sich eigentlich alle unsere heutigen politischen Systeme. — Weil aber, um den Hauptzweck zu erreichen, also im Grunde nur als untergeordnetes Mittel, Wohlstand der Nation beabsichtet ward, und man ihr, als unerlaßbare Bedingung dieses Wohlstandes, einen höheren Grad der Freiheit zugestand; so kehrten gutmüthige Menschen, vorzüglich Schriftsteller, die Sache um: nannten jenen Wohlstand den Zweck, die Erhebung der Abgaben nur das nothwendige Mittel dazu. Hie und da kam diese Idee auch wohl in den Kopf eines Fürsten; und so entstand das Prinzip: daß die Regierung für das Glück und das Wohl, das phy sische und moralische, der Nation sorgen muß. Gerade der ärgste und drückendste Despotismus! Denn, weil die Mittel der Unterdrückung so versteckt, so verwickelt waren; so glaubten sich die Menschen frei; und wurden an ihren edelsten Kräften gelähmt. Jndeß entsprang aus dem Uebel auch wieder das Heilmittel. Der auf diesem Wege zugleich entdeckte Schatz von Kenntnissen, die allgemeiner verbreitete Aufklärung, belehrten die Menschheit wieder über ihre Rechte, brachten wieder Sehnsucht nach Freiheit hervor. Auf der andern Seite wurde das Regieren so künstlich, daß es unbeschreibliche Klugheit und Vor sicht erheischte. — Gerade in dem Lande nun, in welchem Aufklärung die Nation zur furchtbarsten für den Despotismus gemacht hatte, vernachlässigte sich die Regierung am meisten und gab die gefährlichsten Blößen. Hier mußte also auch die Revolution zuerst entstehen; und nun konnte man — bei der bekannten Unfähigkeit der Menschen, die Mittelwege zu finden, und besonders bei dem raschen und feurigen Charakter der Nation — kein an deres System erwarten, als das, worin man die größtmögliche Freiheit beabsichtigte: das System der Vernunft, das Ideal der Staatsverfassung. Die Menschheit hatte an einem Extrem gelitten, in einem Extrem mußte sie ihre Rettung suchen. — Ob diese Staatsverfassung Fortgang haben wird? Der Analogie der Geschichte nach: Nein! Aber sie wird die Ideen aufs Neue aufklären, aufs Neue jede thätige Tugend anfachen; und so ihren Segen weit über Frankreichs Grenze verbreiten. Sie wird dadurch den Gang aller mensch lichen Begebenheiten bewähren, in denen das Gute nie an der Stelle wirkt, wo es geschieht; sondern in weiten Entfernungen der Räume oder der Zeiten, und in denen jene Stelle ihre wohlthätige Wirkung wieder von einer andern, gleich fernen, empfängt. Ich kann mich nicht enthalten, dieser letzten Betrachtung noch einige Beispiele hinzuzusügen. In jeder Periode hat es Dinge gegeben, die ver derblich an sich, der Menschheit ein unschätzbares Gut retteten. Was er hielt die Freiheit in den Zeiten des Mittelalters? Das Lehnssystem. Was die Aufklärung und die Wissenschaften in den Zeiten der Barbarei? Das Mönchswesen. Was die edle Liebe zum andern Geschlecht in den Zeiten