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11 Viele an verschiedenen Orten und unter verschiedenen Umständen ergreift; dann als Krafterzeugung. welche in ihrem Umfange und ihrer Erhabenheit nicht aus den begleitenden Umständen herzuleiten ist. Von dem Ersteren finden sich die Beispiele ohne Mühe, sie sind auch kaum in irgend einer Zeit verkannt worden. Aber es ist sehr wahrschein lich, daß noch viele Begebenheiten, die mau jetzt auf mehr materielle und mechanische Weise erklärt, auf diese Art angesehen werden müssen. Beispiele von Krafterzeugungen, von Erscheinungen, zu deren Erklä rung die umgebenden Umstände nicht zureichen, sind das oben erwähnte Hervorbrechen der Kunst in ihrer reinen Form in Egypten, und vielleicht noch mehr die plötzliche Entwickelung freier und sich doch wieder gegenseitig in Schranken haltender Individualität in Griechenland, mit welcher Sprache, Poesie und Kunst auf einmal in einer Vollendung dastehen, zu der man vergebens dem allmäligen Wege nachspürt. Denn das Bewundernswürdige der griechischen Bildung, und was am meisten den Schlüssel zu ihr enthält, hat mir immer geschienen, daß, da den Griechen alles Große, was sie verarbeiteten, von in Kasten getheilten Nationen überkam, sie von diesem Zwange frei blieben, aber immer ein Analogon beibehielten, nur den strengen Begriff in den loseren der Schule und freien Genossenschaft mil derten und durch vielfachere Theilung des urnationellen Geistes, als es je in einem Volke gegeben hat, in Stämme, Völkerschaften und einzelne Städte, und durch wieder ebenso aufsteigende Verbindung, die Verschieden heit der Individualität zu dem regsten Zusammenwirken brachten. Griechen land stellt dadurch eine, weder vorher noch nachher jemals dagewesene Idee nationeller Individualität auf, und wie in der Individualität das Geheim- niß alles Daseins liegt, so beruht auf dem Grade der Freiheit und der Eigenthümlichkeit ihrer Wechselwirkung alles weltgeschichtliche Fortschreiten der Menschheit. Zwar kann auch die Idee nur in der Naturverbindung austreten, und so läßt sich auch bei jenen Erscheinungen eine Anzahl befördernder Ursachen, ein Uebergang vom Unvollkommeneren zum Vollkommeneren Nachweisen und in den ungeheuren Lücken unserer Kunde mit Recht voraus setzen. Aber das Wundervolle liegt darum nicht minder im Ergreifen der ersten Richtung, dem Sprühen des ersten Funkens. Ohne diesen können keine befördernden Umstände wirken, keine Uebung, kein allmäliges Vor schreiten, auch Jahrhunderte hindurch, zum Ziele führen. Die Idee kann sich nur einer geistig individuellen Kraft anvertrauen, aber daß der Keim, welchen sie in dieselbe legt, sich auf seine Weise entwickelt, daß diese Weise dieselbe bleibt, wo er in andere Individuen übergeht, daß die aus ihm aufsprießende Pflanze durch sich selbst ihre Blüthe und ihre Reife er langt und nachher welkt und verschwindet, wie immer die Umstände und Individuen sich gestalten mögen, dies zeigt, daß es die selbständige Natur der Idee ist, welche diesen Lauf in der Erscheinung vollendet. Auf diese Art kommen in allen verschiedenen Gattungen des Daseins und der geisti gen Erzeugung Gestalten zur Wirklichkeit, in denen sich irgend eine Seite der Unendlichkeit spiegelt, und deren Eingreifen ins Leben neue Erscheinun gen hervorbringt. In der Körperwelt, da es bei dem Erforschen der geistigen immer ein sichernder Weg bleibt, die Analogie in jener zu verfolgen, darf man kein Entstehen fo bedeutend neuer Gestalten erwarten. Die Verschieden-