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XXIX unserer Sammlung Seite 20—23 seine Stelle gefunden hat), dann über die Sorgfalt des Staates für die Sicherheit der Bürger unter ein ander. Dieser Theil der Abhandlung ist in seiner letzten Hälfte unter dem Titel: „lieber öffentliche Staatserziehung" Seite 34 — 37 zu finden, und enthält sehr viel Beherzigenswerthes: Humboldt kommt nämlich, durch sein Prinzip geleitet, darauf hin, die öffentliche Staats erziehung zu verwerfen, — eine Ansicht, die wir völlig unterschreiben, so sehr wir auch der Opposition sehr vieler Wohlmeinender gewärtig sind. Einzig für das Minimum von Bildung, das erforderlich ist zu einem menschenwürdigen Dasein, hat der Staat Sorge zu tragen, einzig also die Volksschule steht unter seiner direkten Oberleitung; alle anderen höheren Lehranstalten müßten von Rechtswegen der freien Wahl, der freien Con- currenz überlassen werden. — Eine andere Frage ist es dabei, ob unser augenblicklicher Staatsverband eine solche fundamentale Umänderung des Schulwesens ohne Weiteres verträgt; aber wie dem auch sei, darauf hin gearbeitet müßte werden, meinen wir, denn der von uns befürwortete Zustand ist allein der vernunftgemäße, allein der ideale, und darauf kömmt es an. Eine genauere Ausführung dieser Ansichten, die in solcher Kürze auf allgemeineren Beifall allerdings kaum hoffen können, muß hier unter bleiben, wird aber gelegentlich an einem anderen Orte erfolgen. Wir haben die Theile des Aufsatzes über die Grenzen der Staats wirksamkeit, welche als selbständige Ganze für sich in dieser Sammlung Platz gefunden haben, in ihrem Zusammenhang erwähnt. Es ist nicht möglich, die übrigen Theile desselben mit der gleichen Ausführlichkeit dar zustellen. Nur Einiges besonders Charakteristische sei uns gestattet, wört lich anznführen. Ein längerer Abschnitt, welcher über die „Religion" handelt, ent hält außerordentlich viel auch heute noch sehr Beherzigenswerthes. Es ist selbstverständlich, daß ihn seine Anschauung vom Wesen des Staates zu dem Schluß führen muß, daß „alles, was die Religion betrifft, außerhalb der Grenzen der Wirksamkeit des Staates liegt, und daß die Prediger, wie der ganze Gottesdienst überhaupt, eine, ohne alle besondere Aufsicht des Staates zu lassende Einrichtung der Gemeinen sein müßten." Denn „jedes Einmischen des Staates in die Religion führt Begünstigung gewisser Meinungen, mit Ausschließung anderer, und einen Grad der Leitung der Bürger mit sich." Man muß staunen, daß man jetzt, bald ein Jahrhundert, nachdem diese Anschauungen in dem Kopfe eines Jünglings entstanden, noch über Trennung der Kirche vom Staate disputirt, daß Stahls „christlicher Staat" jetzt zwar ziemlich allgemein als ein tolles Hirngespinnst verspottet wird, aber doch noch vor nicht langer Zeit Manchen täuschen konnte. — Humboldt beweist ferner, daß Religion und Moral keinesweges soli darisch sind; der irreligiöseste Mensch kann der moralischste sein. — Goldene Worte und äußerst charakteristisch für seine Persönlich keit sind ferner folgende: „Die bloße Idee der geistigen Vollkom menheit ist groß und füllend und erhebend genug, um nicht mehr einer anderen Hülle und Gestalt zu bedürfen. Und doch liegt jeder Religion eine Personificirung, eine Art der Versinnlichung zum Grunde, ein Anthro pomorphismus in höherem oder geringerem Grade. Jene Idee der Voll kommenheit wird auch dem unaufhörlich vorschweben, der nicht gewöhnt