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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.01.1877
- Erscheinungsdatum
- 1877-01-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187701304
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18770130
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18770130
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1877
-
Monat
1877-01
- Tag 1877-01-30
-
Monat
1877-01
-
Jahr
1877
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.01.1877
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d,8 Susanne de Brie ist eine kühne Jntriguantin und I eine gewandte Komödiantin: Frl. Stein spielte! sie säst etwa- zu resolut. Die andern weiblichen ^ Charaktere sind blo- nach der französischen Rollen schablone gezeichnet: die Marthe ist die iugsaus! de- Stücke-, Clarisse, die etwa- sentimental an geflogene Gattin, die eine kleine, aber ziemlich unschuldige Intrigue in der Ehe zu verbergen hat; Frl. Tullinger und Frl. Western spielten sie angemessen; ebenso wurde die Frau Solange von Frau Spitzeder mit dem nöthiqen Aploml^ wirthschastlicher Autorität gespielt. Fcl. Hart- mann alS Stubenmädchen Claudine konnte noch ^ etwa- kecker sein, während die herrschsüchtige Colomba, die zu den unglücklichsten Fängen de- SchmetterlingSjägerS und Käfersammlers gehörte, von Frau Schubert recht glaubwürdig dar gestellt wurde »Die Wiederaufnahme älterer bewährter Lust spiele ist zwar für da- Repertoire eine Noth- wendigkeit; doch ist in Bezug auf Novitäten der Direktion eine größere Rührigkeit zu wünschen. Im ganzen Monat Januar kam nur eine einzige Novität, da- Lustspiel „O diese Männer" zur Aufführung, obgleich jetzt in der Woche einmal an zwei Theatern und an den Sonntagen dreimal ge spielt wird. Eine größere Ueberbürdüng der Schau spieler würde durch das Einstudiren von Novi täten nicht erwachsen, obschon sie immerhin eine noch sorgfältigere Vorbereitung verlangen alS ältere Stücke, da der Erfolg für sie erst durch die Darstellung entschieden werden soll. DaS Zuvielspielen halten wir indes; überhaupt für keinen Fortschritt in der Entwickelung unsere- TheaterwesenS. Rudolf Gottschall. Musikalische Nachrichten. Annaberg, 26. Januar. In wirklich muster baster Weise wurde im gestrigen MustuwSconcert Gade'S „Erlkönig- Tochter" durch den hiesigen Chorgesangverein „Arion" zur Aufführung ge bracht. Ganz bcsondern Reiz verlieh derselben die Mitwirkung de- Fräulein Sara Odrich (au- Annaberg gebürtig), welche sich durch den Bortrag der zwar kurzen Sopran-Solopartie, sowie mehrerer Lieder den ungetheiltesten Beifall erwarb. Die trefflich geschulte, mit einer klaren und weichen Stimme begabte jugendliche Sängerin, deren Stimmmittel nur in den tieferen Toner: weitere Ausbildung zu noch größerer Fülle zu wünschen ließen, hat in den Herzen aller hiesigen Musikfreunde die dankbarste Erinnerung hinter lassen, aber auch darum die herzlichsten Glück wünsche für ihre fernere Künstlerlaushahn hervor gerufen. K-s Berlin. DaSConcert.welcheSFrauvr. Clara Schumann und Herr Pros. vr. Jos. Joachim am 26. Januar in der Singakademie veranstaltet batten, nahm einen glänzenden Verlaus. Kein Platz war leer geblieben, der Beifall war stürmisch Wie die beiden Künstler spielen, sagt die „N. A. Z ", darüber etwa- NeueS zu sagen, unterfangen wir unS nicht. Wie die AuSnabme die Regel verstärkt, so ließen einige hier und da auftretende leichte Schatten — eme Schärfe des Tons der Geige oder ein zu starker Accent de- ClavierS — da- vorhandene Licht nur strahlender erscheinen. — Höhepunkte' deSs Conccrte« waren die Vorträge des Andante der Tartini'schen Violinsonate und de- Schumann'schen Carneval-. Nach der letzt genannten Nummer wurde Frau vr Schumann viermal hervorgerufen. Fräulein Fillunger fang Schubert'- „Allmacht" ausgezeichnet, nicht ganz so gut Lieder von Schubert und Mendels sohn. Der Stimme fehlt die Frische de- Klange-, waS der geschmackvolle Bortrag indeß meist ver gessen macht. Herr Hirschberg begleitete sehr gut. An der Ausführung de- Beethoven'schen Väar-Trios betheiligte sich außer den Concert gebern noch Herr HauSmann. Transatlantische Mittheilungen Die Concertsaison in New-Nork hat, wie be reit- gemeldet, Mitte November begonnen und zwar auch durch Aufführungen der Gesangver eine „Arion" und „Sängerrunde". Elfterer Verein wurde bei dieser Gelegenheit von der Pianistin Carreno-Sauret, dem Violinisten Emile Sanret, dem Tenoristen Brandeis und dem Baritonisten Remmertz unterstützt. Dirigent de- Verein» ist vr. Leopold Dam rosch, ein Schüler LiSzt'S, früher in Weimar und Bre-lau Da- Programm enthielt Chöre von Schubert, Damrosch, Schumann, E. Sach-, Zöllner, Lieder von Beethoven und Rubinstein, Stücke für Piano von LiSzt, für Piano und Violine von Beethoven (6 äur-Sonate), für Violine allein von Ernst (Ungarische Lieder). — Die „Sängerrunde" bot in ihrem Concerte fast ausschließlich neue Werke, z. B. Vorspiel zur Oper „Die Folkunger" von E. Aretschmar, drei Lieder für Männerchor au- Schiller'- „Wilhelm Tell", componirt von I. Raff, „Leyer und Schwert", symphonische Dichtung von Franz Liszt, „Germanenzug" für Soloquartelt, Männer ckor und Blechinstrumente, PreiScomposition von A. Bruckner, Hymne: „Herr, unser Gott!' für Soloquartett, Männerchor und Orchester von Schubert, „Der Gang nach dem Eisenhammer". Ballade von Schiller mit melodramatischer Musik von B. A. Weber. Dirigent diese- Vereins ist Adolf Neucndorss, der auch im Germania theater eine Reihe von Sinfonie-Concerten zu populären Preisen veranstaltet, in welchen außer modernen Sacken die Beethoven'schen Sin fonien in der Reihenfolge, in welcher sie ge schrieben wurden, zur Aufführung kommen, än dem ersten dieser Sinfonie-Concerte kamen zur Epecution: da- Vorspiel zu der Oper „Die Folkunger" von E Kretschmer, der Trauermarsch au- Wagner'S „Götterdämmerung", „Todten- tanz", Charakterstück von Riemenschneider, Men delssohn'- Sommernachtstraum-Ouverture.und die erste Beethoven'schen Sinfonie in 6 äur — Ende November begann auch die Concert-Serie der hochangesehenen „Philharmonischen Gesell schaft" von New-?)ork unter Leitung vr. Dam - rosch'S und diejenigen de- LiederkranzeS, de- bedeutendsten Gesangverein- der Weltstadt New-^jork, dirigirt von A Kaur, sowie die Sinfonie-Soirben von Theodor Tho mas. — Durch die Philharm onische Ge sellschaft kamen u A. drei ScenenauS Wagner'S „Götterdämmerung" und die Schumann'sche 6äur- Sinsonie zu Gehör. — Der Liederkranz brachte alS Novität „Da- Märchen von der schönen Melusine" von Hoffmann zur Ausführung, als dann Chöre aus Wagner'S „Lohengrin", da- Gebet au- Mehul's „Joseph in Egypten" und einige Solopartien. — Die New - Yorker Oratorien - Gesellschaft, welche sich be reit- eine feste, sichere und vollkommen berech tigte Stellung in dem Kunstleben der Stadt New-?)ork errungen hat, eröffnete ihre Concerte unter Leitung de- vr. Damrosch in Steinway- Hall mit der gelungenen Ausführung de» „Elias " von Mendel-sohn. — Endlich, der Concerte de- „Musikalischen Congreß" und de- New- Vorker Mozart-Club (letzterer pflegt haupt sächlich unter Direction von Theodor ThomaS die Kammermusik) nur nebenbei erwähnend, sei noch eine» ActeS der Pietät gedacht, der im Monat November in Steinway-Hall unter der Aegide der Philharmonischen Gesellschaft, de- Arion, Lieder kranz und der Sängerrunde zum Andenken an Carl Bergmann stattsand. Diese vier Gesell schaften hatten sich vereinigt, um dem verstorbenen Dirigenten, welcher für' die Entwickelung der musikalischen Kunst in Amerika überaus ersprießlich gewirkt hat, durch ein sogenannte- Memorial- Concert einen musikalischen Nacbrus zu widmen. Eröffnet wurde die Feier, welche vr. Damrosch und Paur leiteten, durcb den Trauermarsch aus Beethoven's „Eroika", dann folgten eine Rede de- vr. DoremuS in englischer Sprache, Schubert'- Geisterchor, eine Rede in deutscher Sprache von Albert Klamroth, der Pilger chor au- dem „TanhLuser" von Wagner und „Di« Präludien", sinfonische Dichtung von LiSzt. AuS der deutschen Rede entnehmen wir folgende Notizen: Carl Bergmann war 1821 zu EberSbach in Sachsen geboren, seit 1852 rn den Vereinigten Staaten und zwar lange Zeit Direktor der Orchester-Gesellschaft „Germania" Er war ein tüchtiger Dirigent und Musiker, spielte trefflich Violoncelli und bas Piano. Seine erste musikalische Bildung erhielt er unter Zimmer mann in Zittau und studirte später unter Hesse in BreSlau Compositwn. In New-Hork selbst hatte er sich seit 1857 dauernd niedergelassen. Am 2. December wurde das zweite Sinfonie Concert de- Theodor ThomaS in Steinway Hall gegeben. Wie zu allen ThomaS'fchen Con certen, so hatte sich auch zu diesem Sinfonie-Abend ein zahlreiche- und gewählte-Publicum eingefunden Da- Programm, da- sehr gelungen airsgeführt wurde, enthielt: Ouvertüre, Scherzo und Finale, Opus 52, von Schumann, die vierte Beethoven'sche Sinfonie in 8äur, Vorspiel und eine Scene Le ersten Acte- der „Götterdämmerung" von Rrch. Warner. Die Ausführung ließ Nicht- zu wünschen übrig; Frau Erminia Ruder-dors von Boston und unser erprobter Wagnersänger Herr A. Bischofs fangen die Partien der „Brünhilde" und deS „Siegfried" mit wirklich künstlerischem Verständ niß und ausreichender Stimmkraft, und da- Orchester blieb hinter den Solisten nicht zurück. Da- zweite große Sinfonie-Concert im Germania-Theater unter Leitung von Ad. Neuendorff hat am 3. December unter Mit wirkung der Concertsängerin Fräulein Adolphine Grimminger und des Violinisten R. Arnold stattgefunden. DaS Programm war in folgender Weise geordnet: Ouvertüre zur „Zauberflöte" von Mozart, Arie der Leonore aus „Troubadour" vonVerdr, „Todtentanz",Charakterstück von Ricmen- schneider, 2. Polonaise für Violine von WieniawSki, Trauermacscb „Götterdämmerung" von Wagner, Sinfonie in v (Nr. 2) von Beethoven. — Im dritten gleichnamigen Concert wurde abermals ein recht anziehende- Programm auSgesührt: KröuungSmarsch von Sdendsen, Arie au- „Faust" von Gouned, gesungen von Mme. Li-tner, „Prinzessin Ilse", Charakterbild nach dem gleich- betiteÜe» Heine'schen Gedicht, in Form eine- Scherro von Puerner, Tongemälde aus „Walküre von R. Wagner, Sinfonie Eroica von Beet Hoven. Am 14. December gab Reinhardt Schmelz in Steinmay- Hall seine zweite klassische Sinfonie-Soirce, in welcher alS Novität die ersten Scenen von Wagner'S „Rheingold" zur Aufführung gelangten. vr. Ll D vr. Robert Franz ist von der Mastel aast M^sta 8ociet>" in Boston in Folge einer Aufführung de- „Messias" nach der noch nicht berauSgegebenen Bearbeitung des Meisters zum Ehrenmitglied ernannt worden. RuL Ätt0 Md Land vr. »Ir. Leipzig, 29. Januar. Vom italie nischen Büchermärkte liegt soeben ein Werk vor, da- für unsere Leser, wie überhaupt für Leipziger besondere- Interesse hat, die italienische Ueber- setzung vonConsistorialrath Pros. v. Luthardt'S Vorträgen über die Grundwahrheiten de- ChristenthumS, jenen zu Anfang de-Jahre- 1864 zu Leipzig gehaltenen zehn apologetischen Bor lesungen vor größeren Kreisen. Diese italienische AuSgabe schließt sich an die französische, englische, niederländische, schwedische, russische und griechische Uebersetzung desselben Werke- an. (Die griechische AuSgabe ist z. B. von vr. MyzianthoS ange fertigt, in Jerusalem erschienen. Druck der Ossicin de- heiligen Grabe-.) Die italienische Version hat einen Waldenser zum Verfasser. Emil Comba, Professor am Waldenser-Colleg zu Florenz. Sie ist in Florenz gedruckt und zählt mit der Vorrede 292 Seiten. Der Titel ist: „visci le/iom 8vnra le veritä konstameutali stol cristiLue8imo äi 0. k. vutlmrstt, ckottore e zrro- 1e88orv all' v'nlver;itä sti velprig, traäotts st» blmrlio Lomba. . - Am 2. Februar findet in den Räumen der Tonhalle der Maskenball der durch ihre theatralischen Vorstellungen beliebten und bekannten Gesellschaft „Flora" statt. Wir verfehlen nicht, auf jenen Maskenball ganz besonder- aufmerksam zu machen. — Aus den Fluren des Rittergutes Nieder- forchheim vergnügte sich am 25 Januar der majorenne Sohn de- Besitzers dieses Gutes, v. B, mit seinem Ziegelmeister, seinem Gärtner, einem Handarbeiter, einem Gastwirth, einem Bauer und einem Heilgehülsen als Schützen, mit Kesseltreiben auf Hasen in der Nähe der Forchheim-Wern-dorser Straße Auf einen im Treiben ausstehenden Hasen schossen vier von diesen Schützen zugleich. Dabei wurde die auf der Straße von ihrem Manne heimkehrende Ehefrau des Straßenarbeiters Drecbsel so ge troffen, daß sie sofort klagend zusammensank. Eine Spitzkugel war ihr durch beide Ober schenkel geschlagen und hatte den linken derselben über dem Kme zerschmettert. Die arme Frau liegt schwer danieder; der Schütze ist noch nicht entdeckt, da jeder der vier Betheiligten die Thal ableuqnet. * Grimma, 27. Januar. Am21.d. M. gegen Abend ist die dem Zeugarbeiter Scbaal zugehörige Windmühle zu Bröhsa biS aus die Umfassung- mauern medergebrannt. Der Besitzer der Mühle hatte dieselbe schon wiederholt zum Kaufe auS- geboten und war angeblich am Tage des BcandeS eben in Eilenburg, wo er wieder über den Ver kauf der Mühle unterhandelte und von wo er erst spät Abends in seine Wohnung in Greckwitz zurück- kehrte. Die Mühle war mit l t,600 ^ versichert — In Dresden wurde bei der Stichwahl ein Stimmzettel abgegeben, welcher nachstebende Zeilen enthielt: „Ö Bebel, bekehre Dich, denke an daS ewige Gottesgericht, bekehre dich! Lieber Freund Bebel! Dieses Mal hast Du noch meine Stimme, aber wenn Du wieder nach Dreßden kommst, so lege den Pelz ab, gehe im blauen Kittel wie wir anderen Arbeiter, cs schickt sich gar nickt, von der Noth der Arbeiter predigen und selbst im großen Pelz zu siolziren. Glaube Du auch an Gott und Jesum Christum, nur der kann helfen, aber wir Socialdemokraten nicht. Ein vernünftiger Arbeiter, der früher ganz und gar ein Sociäldemokrat war." —clr. Dresden, 28 Januar. (Geldbrief träger. — Neue Eisenbahnstation. — Ern sociales Nebel). Gutem Vernehmen nacb wird seiten- de- deutschen GeneralpostmeisterS vr. Stephan beabsichtigt, bei den Postämtern in größeren Städten Geldbriefträger zu ernennen. Dieselben haben lediglich die eingehenden Werth sendungen (Geld- und eingeschriebene Briese) an die Adressaten auSzuliesern, während die übrigen Briefträger dann nur noch das AuStragen der einfachen Briefe, Postkarten und Kreuzband sendungen zu besorgen haben werden. DaS Amt der Ge'dbriesträger wird voraussichtlich überall den ältesten Briefträgern übertragen werden. ES finden gegenwärtig bei den einzelnen hiesigen Postämtern ebenso wie bei den in Frage kommenden auswär tigen größeren Postanstalten die bezüglichen Vor erhebungen statt und dürste die betreffende Ver fügung deS GeneralpostmeisterS hinsichtlich ge dachter Neuerung schon in den nächsten Wochen im Amtsblatt der kaiserlich deutschen Post- und Telegraphen-Verwaltung erscheinen. — Das über daS Königreich Sachsen auSgebreitete große Eisen bahn - Verkehr-netz hat in vergangener Woche auch die bisher abseits deS eisernen Schienen wegs liegende Stadt Lommatzsch bei Meißen in sich ausgenommen. Am 25. Januar langte daselbst die erste Locomotive .Gazette" mit einem Bauzug an und die Einwohnerschaft hatte zur Feier des Tage- den Straßen-Flaggen- schmuck angelegt, auch ein Festmahl und Ball im Schützenhause veranstaltet. — Die gegenwärtige KrisiS auf den gewerblichen und indüstriellen Ge bieten documentirt sich hier u. A. auch durch die ungemein große Anzahl vonHaußbettlern Nament lich die Vorstädte von Dressen, wo weniger Gensdarinen zu finden sind alS im Innern der Stadt, bilden daß Operationßterrain der Bettler; und die dort wohnenden Leute werden fast tagtäglich mehrfach durch daS Klingeln von Bettlern an der Vorsaalthür belästigt. Meist sind die Ansprechen den junge kräftige Leute, die keine Arbeit zu haben vorgeben, und theilS Handwerker, in der Mehr zahl aber Fabrikarbeiter. Letztere machen in der Regel ein ganz verdutztes Gesicbt, geben wohl auch eine grobe Antwort, wenn man sie fragt, warum sie, anstatt bettelnd und vagabondirend berumzu lungern, sich nicht bemüh m, in ländlichen Kreisen Arbeit zu erhalten, wo eö bekanntlich noch viel fach an Arbeitskräften fehlt, da in den letzten Jahren eben AlleS nach den großen Städten und industriellen Centren drängte und dort Arbeit nabm. Daß jetzt die entgegengesetzte Bewegung als ^naturgemäß sich nicht ganz von selbst vollzieht, sondern die durch da- Fabrik leben an ein ungebundenes Dasein gewöhnten Arbeiter lieber betteln und darben, al- sich der allerdings härteren und anstrengenderen Land, arbeit zuzuwenden, ist gar kein erfreuliches Symptom und beweist, wie vortrefflich die mo dernen VolkSbealücker es während der letzten Jahre verstanden haven, den gemeinen Mann neue Bedürfnisse und Genüsse kennen zu lehren. lH Leipzig, 29. Januar. Abermals ist ein so genannter „Achtundvierziger" jenseits de» Meere-, an der Westküste von Nordamerika, in Californien, auSdem Leben geschieden. vr.Fer- dinand v. Löhr, seit 24 Jabren ständiger Mit arbeiter de- „California-Demokrat", der innerhalb 3 Tagen der DiphteritiS erlag. Er war weit bekannt in San Francisco und hatte mit dem Schicksal zu kämpfen Im Jahre 1817 in WormS geboren studirte er in Gießen Medicin, woraus er als Militairarzt in die hessische Armee eintrat. 1844 war er Präsident der deutsch-katholischen Gemeinde in Gießen. In Folge seiner Bethciligung an der Erhebung im Jahre 1848 mußte er flüchtig werden und wurde in contumaciam im Ganzen in den verschiedenen Kriegsgerichten zu 108 Jahren FestungSstrase und dreimal zum Tode verurtheilt. Im Jahre 1852 kam Löhr nach San Franci-co, wo er sich der ärztlichen Praxis und der Heraus gabe oben bezeichnter Zeitung widmete. Pünkt lich ist er seitdem alS Redacteur an diesem Blatte thätig gewesen und auf seinem kurzen resp. letzten Krankenlager schrieb er mit zitternder Hand seinen letzten Artikel. Unter einer rauhen Hülle hatte vr. Löhr ein gutes Herz, welche- warm für die Menschheit und Freiheit schlug. Zahllosen hat er in seiner ärztlichen Praxi- unentgeltlich geholfen und alS Arzt de- deutschen Hospitals war er seit Gründung diese- Institut- thätig. Im politischen Leben war vr. Löhr stets aus der Seite zu finden, welche er für die richtige hielt, und für sie kämpfte er in der uneigennützigsten Weise. Er gehörte der Freimaurer Doric-Loge alS Mitglied an. Zur Zeit der großen Gefahr, welche unserm deutschen Vaterlande von fran zösischer Seitedrohte—also spricht der „California Demokrat" —, war vr. Löhr einer der ersten, welcher den wahlberechtigten (?)Haß gegen preußische Bavonette überwand und mit freudigem Enthusias mus für ein einiges Deutschland unter preußi scher Leitung in die Schranken trat. Der Verstorbene wird in San Francisco tief betrauert, und auch wir zollen ihm diesen Nachruf als letzten Tribut. Aus drm Statistischen Bureau. 'Leipzig. 4. Woche. 21. biS 27. Januar 1877. Lebendgeburten: männl. 58 weibl. 56, zus. 114; Todtgeb. 3. Todesfälle: männl. 22, weibl. 24, zus. 46; dies giebt 17,7 pro Mille und Jahr. Unter den Gestorbenen waren 11 Kinder unter 1 Jahr, und 5 von 1 bis 5 Jahr alt. In der inneren Stadt starben 9, in der äußeren 31, in Anstalten 6. Todesfälle kamen vor an: Keuch husten 1, Eitervergiftung 1, Lungenschwindsucht 8, Lungenentzündung 4, Brustfellentzündung 2, Bron chitis 2, Darmt rtarrh 1, durch Verunglückung 1, durch Selbstmord 1. (Eingesandt.) Di« ReichStagSrvahlen in Reudnitz i« Vergleich zu denen in benachbarte« Ort schaften. Im Tagebl rtte war jüngst eine Beleuchtung der ReickStagSwahlcn hinsichtlich der Leipziger Vor stadtdörfer enthalten. Dieselbe referirt u/Ä,daß die Anzahl der Social Demokraten daselbst ganz über wiegend sei und knüpft daran mancherlei Be trachtungen. Insofern diese letzteren allgemein gehalten sind, kann ihnen die Richtigkeit nicht äbgesprochen werden, aber sobald man einzelne Ortschaften inS Auge faßt, erhält man ein ganz andere- Bild. Namentlich Reudnitz weicht in ganz erheb licher Weise von den übrigen Ortschaften ab, und um die- ack ocuIo5 zu demonstriren, sollen in Nachstehendem die östlichen Borstadtdörfer in der jenigen Reihenfolge angeführt werden, welche den Procentsätzen der Socialvcmokraten in absteigender Linie entspricht: Stötteritz ... mit 59 Proc. Socialisten VolkmarSdorf . - 82 - - Neuer Anbau . - 80 - - Neusellerhaufen . - 77 - - Thonberg ... - 74 « - Neur-udnitz . . » 71 - - Neufchönefeld. . - 69 - - Anger u Crotten dorf .... - 66 - « Reudnitz ... - 47 - - AuS dieser einfachen Tabelle ersieht man, daß Reudnitz schon von den Nächstliegenden Orten Anger und Crottendorf in ganz auffälliger Weise absticht, indem letztere circa 40 Proc. mehr Socialisten hegen alS Reudnitz, welches sogar in dieser Beziehung über einigen Wahlbezirken der Stadt Leipzig siebt, nämlich über dem 15., 24. und 25., welche genannten 3 Wahlbezirke, die Thal-, Weber-, Ulrich--, Koch-, Arndt-, Brand vorwerk-, Fichte-, Kaiser Wilhelm-, Kronprinz-, Mahlmann-, Moltke-, Südstraße, Vor dem Zeitzer Thore, ferner die Körner- und Lützowstraße und den Schleußiger Weg umfassen; alle diese Straßen stehcn in gedachter Beziehung in der Mitte zwischen einerseits Reudnitz und andererseits Anger und Crottendorf, denn sie rubriciren biS mit 60 Proc. Socialisten. Am nächsten an die genannten 3 Wahlbezirke (>5, 24 und 25) reichen der 18. und 29. Wahlbenrl der Stadt Leipzig mit 42 resp. 40 Proc. Socialisten. Es gehören hieher die Nürnberger-, Friedrich--, Plagwitzer Straße und daS ganze sogenannte Musikor'ertel. Will man au- dieser Zusammenstellung eine Schlußfolgerung ziehen, so ist es zunächst die, daß die Ausbreitung der Stadt Leipzig nach Süden und nach Westen, welche man bisher mit so großer Vorliebe pflegte (indem man glaubte, die Schaffung eine- DillenterrainS sei von größerem Interesse als alles Andere), eine künstlich gesuchte ist. Sie ist um so mehr al- eine gesuchte zu bezeichnen, als die Stadt im Osten dicht am Dresdner Thore ein ganz bedeutendes noch unbebaute- Areal besitzt, welches von dem Mittelpunctc der Stadt zum ha ,mannte Straßen Man iaß das ,er Char> nach den rie Fort Sticht- I nltes Er ^lagern ES ist Anschluß besagtem oben w wenn di möge n verstand particub Wir Beirach cheinbw dadurch eine N würden prechur aus di« am ger - werden, sofort I brandig für imr Leop. Preit Norrät des a» «. « 187» in Br daille dtera Zäh» ,n Par N. Hit Constw Erfolg, 1 .4 2 Verl L6o, Tti.kü von al Wäru und 6 Aes Pflau bäum, bucher Peln. Bahn (8. 5
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