Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.01.1877
- Erscheinungsdatum
- 1877-01-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187701304
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18770130
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18770130
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1877
-
Monat
1877-01
- Tag 1877-01-30
-
Monat
1877-01
-
Jahr
1877
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.01.1877
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
588 unsrer städtischen Dafferleittwg eignet sich am I Wenigsten zum Begießen dieser zarten Pflanze, die ans de« Hochgebirge hauptsächlich von den starken nächtlichen Niederschlägen (Thau) lebt 2) Dnrch welche Maßnahmen da-Grünwerden der rothen Vraenvou tornünalw rosen (Drachen» palme, au- Ostindien stammend) der Zimmer» cnltur zu verhindern sei? Die Antwort hierauf lautete: Da- Grünwerden dieser Dracaena werde hauptsächlich durch Mangel an Licht bedingt. Man gebe obiger Pflanze einen möglichst guten, bellen und warmen Standort und feuchte die Blätter von Zeit zu Zeit vermittelst de- SchwammeS oder der Spritze an. Obiger Berein hält regelmäßig jeden DienStag seine Sitzungen in der Centralhall« ab und haben Dilettanten jederzeit Zutritt. Fragen, soweit die selben da- gärtnerische Gebiet berühren, werden öffentlich erörtert. Dr LI Lin Mahnwort. Seit manchen Jahren fahre ich im Lande »m- her. Mein Beruf führt mich an viele Orte und ich habe meine innige Freude jcde-mal, wo immer auch ein Punct mit landschaftlichen Reizen aus taucht. Ein Stückchen Wald, ein saft'ger Wiesen fleck, ein Rinnsal mit perlendem Wasser, da- hier durch die Wiese schleicht und dort am rothen >elShange sich vorbeidrängt, und auf den Wiesen Glockenblumen, in den Büschen Finkenschlag und rm Bache ein anheimelnd Rauschen. — Gottlob, da- Land ist nicht arm an solchen Puncten, nur liegen sie ein wenig recht- und links von Cisen- babn und Heerstraße und wollen ausgesucht sein. Ach hab'S gethan wie oft, habe einen kleinen Umweg gemacht, um da- liebe Grün im Thale wieder zu begrüßen, Heuer wie in früheren Zähren, und bin, ach wie »ft, schmerzlich überrascht worden, wenn dürre Wurzeln dalagen, wo noch vor einem Jahre kräftige Bäume standen, wenn die nüchterne Ackerfläche mir entgegengähnte, wo fröhlich sonst im Winde der schlanke Zweig sich wiegte. Still ist'- auf der dürren Ackerfläche geworden, die Sänger, denen nur im Walde ein lustig Lied gelingt, sind abgezogen, der Bach wird bald nur eine trockene Furche in der Thalsohle sein, der Müller weiter unten wird sich wundern, wie mit den Jahren seine Mühle immer lang samer klappert, und im Dorfe unterhalb der Mühle wird man im Hochsommer sich schlagen »m einen Eimer Master zur Tränke für- Vieh und die FeuerSbrunst wird ungehindert von einem Gehöfte zum andern springen, sie hat ihren Feind, den Wasserstrahl, nicht mehr zu fürchten, und nach der FeuerSnoth wird die WasserSnoth kommen, der Gewitterregen wäscht vom ungeschützten Ab hänge die Ackerkrume hernieder, m Stall und Gehöfte dringt die Schlammfluth ein und da- Ziehen der Sturmglocken wird nicht hindern, daß Bieh und Geräth »nd Wohlstand von den schlimmen Fluthen mit fortgeschwemmt werden. So wird eS kommen, so muß eS kommen. Wir kennen Da- längst auS fernen Ländern, aus Spanien. Italien, Frankreich und Böhmen. Warum lasten wir es unS nicht zur Lehre dienen? Warum vertilgen wir mit einer Gier, die mir von Jahr zu Jahr schlimmer zu werden scheint, den schönen Wald und Busch, den Wohnort von tausend nützlichen Vögeln, den Sammler und Spender der überaus notwendigen Bodenfeuchtig keit? Warum wüthen wir so gegen unfern eigenen Vortheil und mehr noch gegen den unserer Kinder? Steht ab, Ihr Besitzer kleiner Wald parken, von jener scheinbar pfiffigen Rechnung, wonach ein Fleckchen Wald etwa 2 Thaler, dasselbe Fleckchen Acker aber 10 Thaler JahreSertrag ab wirft; da- ist eine Rechnung von heute auf morgen, aber nach einer Reihe von Jahren wird da- Resultat sich in sein schlimmste- Gegentheil umkehren und waS jetzt an einem Tage mit der rodenden Axt gesündigt wird, kann später der emsige Pflanzer kaum in Menfchenaltern wieder gutmachen. Hegt und pflegt Baum und Strauch, wo sie noch in Euern Fluren stehen. Wehe, wo die Schutzgötter de- Walde- auf den Baumstümpfen siyen unv weinen müssen; fürchtet ihre Thränen. sie vertrocknen und versengen Euch da- Land r"»g-um! (Altbg. Ztg.) Nachtrag. —r. Leipzig, 29. Januar. Gegenüber anderen Angaben ist die „Bresl. Zeit" in der Lage, mit- theilen zu können, daß der Abg Dr. LaSker die in BreSlau auf ihn gefallene Wahl annehmen, während der Abg vr. Hänel sich zur Annahme der Wahl im Kieler Kreise, wo er mit nur ge ringer Mehrheit gewählt worden, entschlossen hat. An Breslau und im Meiningen'schen Kreise wer den daher Neuwahlen stattzufinven haben. Im ersteren dürfte wohl der frühere badische StaatS- miuister Jolly aufgestellt werden. —r. Leipzig, 29 Januar. Ein durch Besonnen heit und Mäßigung sich auSzeichnendes Blatt der Fortschritt-Partei, die „BreSlauer Zeitung", richtet angesichts der Ergebnisse der letzten Wahlen die dringende Mahnung an die liberalen Par teien, daß sie sich die Hand reichen zum Bund gegenüber dem drohenden Einbruch gegnerischer Parteien in den gemeinsamen Besitzstar d der liberalen Partei. Dazu bedürfe e- vor Allem einer Revision de- Programm- dieser Partei und einer Ausscheidung aller derjenigen Puncte, die lediglich theoretischer Rechthaberei zur Au- knüpsung dienen, während sie für d«e prak tische Thätigkeit der liberalen Partei in unseren Parlamenten keinen Zielpunkt hergeben können. LS müsse vor der Ausstellung hochtönender Pro- grammpuncte gewarnt werden, die, wenn damit Ernst gemacht werden sollte, nur zu einer poli tischen Katastrophe führen können, welche leider nicht blo- unbesonnene Rathgeber politisch ver nichten würde Da- heißt doch einmal verständig gesprochen! (Wir können nur wünschen, daß diese Mahnung schnelle und gründliche Beherzigung finde. D. Red.) Im Kreise Riederdarnim siegte Mendel sortschr.) mit 730V Stimmen gegen v. Saint- "aul-Jllaire (freie ), der 6400 Stimmen erhielt. — In München II hatten am 27. Januar Abend- Maffei (lib.) 10997, Westermayer (Centr.) 12133 Stimmen. Westermayer'- Wabl scheint gesichert zu fein. * Leipzig, 29. Januar. Gestern Abend 8 Uhr 25 Min. traf mit dem Schnellzuge der Dresdner Bahn Se. Majestät der König von Sachsen, begleitet von Sr. königl. Hoheit Prinz Georg und dem Großherzog von ToScana, von Dresden hier ein. um auf Einladung de- Minister- Vr. von Falkenstein einer auf heute im Groß- zschocher'schen Revier veranstalteten Jagd beizu wohnen. Höchstdieselben, in deren Gefolge Ober stallmeister Senkst von Pilsach und Flügeladjutant von Minckwitz sich befanden, wurden bei der An- kunft aus dem Perron von dem KreiShauptmann Grafen zu Münster, dein Stadtkommandanten Gcnerallieutenant von MontbS, Bürgermeister vr. Georgi, Polizeidirector vr. Rüder, Univer- sität-rector Professor vr. Thiersch und Oberpost- director Geh. Rath Petersobn ehrfurchtsvoll be grüßt und begaben sich sodann nach dem könig lichen Palais am Ritterplatze, woselbst Diner stattfand, zu dem an obengedachte Herren Ein ladungen ergangen waren. Heute Morgen wohnte Se. Majestät zunächst der Messe in der katho lischen Kirche bei, wonach die hohen Herrschaften Vormittags >/,9 Uhr nach Großzschocher fuhren. Die Wiederabreise Sr. Majestät ist auf DienStag früh angesetzt. Höchstderselbe beabsichtigt sich von hier nach Bornitz bei Oschatz zu begeben, um auch dort an einer Jagd theilzunehmen. * Leipzig, 29. Januar. Heute feierte der ehe malige Stadtrath, jetzt Stadtältester vr. Voll- sack Hierselbst sein fünfzigjährige- Jubiläum alS Bürger Leipzig-. Bon Setten deS Rathes wurden dem Jubilar Glückwünsche und eine Dotivtasel dargebracht. —r Leipzig, 29. Januar. Die ungünstige Ge schäft-- und Erwerbslage wird sich, wie wir von gut unterrichteter Seite vernehmen, bei der Steuererhebung im gegenwärtigen Jahie in ganz beträchtlichem Maße fühlbar machen. Die Einschätzungen haben so wesentlich geringere Steueransätze ergeben, daß man hier in Leipzig den Ausfall auf jede- Steuersimplum auf etwa 50,000 berechnet. Die ArbcitSausträge in manchen Branchen sind gleich Null und es haben in Folge dessen wiederholt umfängliche -rbeiter- entlassnngen stattgesunden. Der allgemeine Druck lastet namentlich auch auf der Baubranche, in der man einer sehr stillen Saison entgegen sieht. —r. Leipzig, 29 Januar. Der m Berlin sei nen Sitz habende Central-Verein für daS Wohl der arbeitenden Clafsen hat gegen wärtig über seine nunmehr 33jährige Wirksamkeit einen Rechenschaftsbericht erstattet, welcher ein anschauliche- Bild von der reichen und segens vollen Thätigkeit, sowie der mühevollen Arbeit diese- stetig und unbeirrt durch alle Zeitströmungen wirkenden Vereins giebt. Die Arbeiterfrage ist von dem Verein nach ganz bestimmten Seiten hin behandelt und eine Reihe von Mitteln an die Hand gegeben worden, um die Quellen der Armuth zu verstopfen. Dazu gehören die Hebung der geistigen Kraft deS Einzelnen durch angemessene Erziehung und Stärkung des Bewußtseins seiner Verantwortlichkeit, die Förderung der köperlichen Gesundheit, die Fürsorge für auSgiebige und loh nende Beschäftigung unv den gewerblichen Unter richt, die wohlfeile Beschaffenheit der Lebensbe dürfnisse und die Gewöhnung deS Volke- an Mäßigung und Sparsamkeit, die Bereinigung der Beruf-genossen zur Durchführung gemeinsamer verständiger Zwecke :c. Seit Lette'S Tod funqirt der Abg Prof. vr. Rudolph Gneist alS Vor sitzender deS Vereins. * Leipzig, 29. Januar. Auf der Bahnstrecke Magdeburg > Halle«Leipzig werben vom nächsten 1. Februar ab die Hin- und RücksahrtS- biöets auch in den Schnell-, Courier- und Extra zügen ohne Preiserhöhung und ohne Zulösung von ErgänzungSbilletS zugelassen sein Letztere bleiben indeß nöthig für Hin» und RücksahrtbilletS zwischen Magdeburg und Schönebeck und zwischen Halle-Schkeuditz-Leipzig und umgekehrt. —n lieber die Wandgemälde de- KreuzgangS im Paulinum ist eine eingehende Schrift aus gegeben worden, welche jedem Freunde der Kunst empfohlen werden kann. Außerdem hat daS Merkchen auch noch dadurch localhistorische Be deutung, daß ihm eine auf urkundlichen Quellen beruhende Geschichte deS Dominikanerklosters, von seiner Gründung bi- zu seiner Säcularisi- rung, beigefügt ist. Man erhält daS Schriftchen beim Castellan de- Vereins für die Geschickte Leipzigs, .Herrn Förster, wohnhaft am Johannis platz im Verein-local. — Die nächste Hebung-Vorstellung (Lustspiel- Abend) der Theaterschule findet Mittwoch den 7. d M. statt. Zur Ausführung gelangt: „Un erreichbar", „Für nervöse Frauen", „Im Warte salon erster Elaste" und „Er erperimentirt". — Am Mittwock den 31. Januar hält der durch seine theatralischen Aufführungen bekannte „Benedix-Berein" seinen diesjährigen Narrenabend im Tnanonsaale de- Schützen- Hause- ab. Zur Ausführung gelangen: „Die Schauspielerin", ein bisher hier noch nicht ge gebenes Stück, unter Leitung eineS hiesigen be kannten Stadttheatermitglied-, und aus Ver langen der „PhlegmatikuS". — A» heutigen Dienstag Abend findet im Alhambra-Theater ein karnevalistischer Narrenabend statt, zu welchem, wie der In- feratentheil Nähere- nachwrist, gegen daS billige Entrse von 50 Pfennig Jedermann der Zutritt gestattet ist. Die Zahlung diese- Eintritt-gelbe- berechtigt sowohl zum Besuche de- Concert- in den unteren Reftauratlons-Lokalitäten, al- auch zu dem der Theater-Vorstellung. Jeder Theilnehmer er hält an der Taste eine Kappe und werden die Leistungen der Capelle und der darstellenden Mitglieder derartig vorbereitet, daß dem Publicum ein recht heiterer Abend in Aussicht gestellt wer- den kann. — Da der erste Narrenabend in Kiesel'S Kaffeegarten in Connewitz sehr erheiternd war und sich eine- großen Besuches zu erfreuen hatte, so soll heute, Dienstag, den 30. Januar, ein zweiter veranstaltet werden. — x. Der Verein Leipziger Gastwirthe, welcher bekanntlick bei unseren früheren Car- nevalfesten sich durch rege Beihülfe und Bethei ligung auszeichnete, wird, dem Vernehmen nach, in Anbetracht der geänderten Einrichtungen dieS beim heurigen Carneval Unterlasten. Daß in diesem Kreise wenig Hoffnung für Wiederbelebung und Fortdauer de- Leipziger Carneval- vorhanden ist, kann man daraus ersehen, daß genannter Berein den von ihm zu CarnevalSzwecken be stimmten FondS zur Erinnerung an den Leipziger Carneval unter dem Namen „Carneval s- Stiftung" in eine Stiftung umgewandelt hat, von deren Zinsen alljährlich zur We,bnack1s<eit einige Kinder aus bedürftigen Leipziger Wirtbs- familien beschenkt werden sollen — Nächsten Sonntag, den 4. Februar, findet die diesjährige solenne Kappen fahrt der Leip ziger CarnevalSgesellsckast statt. Dieselbe wird, nachdem der Prinz Carneval X. von Connewitz per Pserde-Eisenbahn eingeholt worden und die Prinzentasel cm Hotel „Stadt DreSden" aufge hoben ist, Nachmittags 3 Ubr vom Fleischerplötze auS abgehen und berührt nachstehende Straßen: Lefsing-, Frankfurter, West-, Promenaden-, Elster-, ErdmannS-, Weststraße, Promenade, Königsplatz, Peters-, Hain-, Kathaiinenstraße, Markt (Rath- hauSseite), Grimma'sche, ReichSstraße, Brühl, Ritter , Grimma'sche Straße, AugustuSplatz, Grimma'scker Steinweg, Dresdner, Lange und Tauchaer Straße. Am Sckützenhause hat die Fahrt ihre Endschast erreicht und die Mitglieder der Gesellschaft versammeln sich wiederum Abend- 8 Uhr im Trianonsaale des Schützenhauses, wo selbst Prinzen-Krönung und kleines OrdenScapitel nebst Ball staltfindet Mitglieder haben zu dieser Festlichkeit freien Zutritt. Herren alS Gäste zab len 3 Damen 1 Mart Eintritt. — Wie die Männergefaugvereine in unserer Stadt gedeihen und emporstreben, dafür legte am vorigen Sonntag der Gesangverein „Merkur" bei feinem Gesellschaft--Abend im Hotel de Pologne Zeugniß ab. Wir hatten Gelegenbeit, ihn früher zu hören und müssen ihm sichtliche Fortschritte nachrühmen. Zwar gebietet er auch jetzt noch nicht über besonders hervorragende Stimmen, aber was er vorträgt, ist warm empfunden und zeichnet sich meist durch Präcision und Glätte aus Das Programm deS Concerte- war im Ganzen sehr günstig gewählt. Die Sänger trugen vor: „Glaube, liebe, hoffe" von BorSdors, „Abendruhe ' von Neßler (originell und zart, will aber sehr rein gesungen sein), „Schiffer lied" von Eckert, „Hinauf" von Carl Zöllner, „Kärnthnergmüalh" von Koschctt und da- bekannte Schwäbische Volkslied: „Wenn Du mit Dein'm Herzle :c." Da- vorletzte reizende Lied zündete so, daß es wiederholt werden niußte. Zum Gelingen deS ConcerteS trugen noch zwei Solovorträge besonders bei. Herr Thaule auS New 2)ork spielte auf dem Piano: „Scherzo und Ballade" von Chopin, „Valse caprice" von Schubert-LiSzt und ein „Lied ohne,Worte" von Mendelssohn recht gefällig uud gewandt (nur hier und da mit zu viel LÜechsel im Tempo). Ein in hiesigen Kreisen hochgeschätzter Sänger erfreute durch zwei Lieder von Schubert (Geheimes und Aufenthalt) und durch drei Lieder von Jensen, R. Franz und LammerS. Sein Ge sang verrieth gute Schule, und erklang innig und seelenvoll. DaS Concert machte dem „Merkur", namentlich in Anbetracht der Forderungen, die man an solche Vereine stellen kann, und seinem Dirigenten alle Ebre. —o. Die hiesige WohnungSnoth, welche vor einigen Jahren, besonders für die mittleren und unteren Stände, so außerordentlich fühlbar war, hat jetzt einem Uebersluß an Wohnungen aller Art Platz gemacht. Die vielen Specnla- tionSbauten in den Vorstädten und die zur Zeit der WohnungSnoth stattgefundene Uebersiedclung vieler Familien nach den Nachbardörsern mögen Veranlassung dazu gegeben haben. So sind in einer einzigen schönen und neuen Straße der süd westlichen Vorstadt an den Fenstern der Häuser nicht weniger al- siebenunddreißig Tafeln mit VermiethungSangebot auSgehangen, während an anderen Häusern die leeren Fenster ganzer Etagen fronten anzeigen, daß auch hier die Vermiethung fehlt. )) Leipzig, 29. Januar. Einen ziemlichen Menschenzufammenlauf gab es gestern Nachmittag am Königsplatze hier, woselbst sich ein Schutzmann abmühte^ einen wegen öffentlichen Excesses von ihm arretirten Handarbeiter zur Nachgiebig keit und Ruhe zu bringen. Der Excedent weigerte sich, mit dem Schutzmann nach dem Polizeiamte zu gehen, und nahm eine derart drohende Stellung ein, daß sich Letzterer genöthigt sah, zu seiner Sicherheit da- Seitengewehr blank zu ziehen und deuc Arrestaten also den Stand der Sache klar zu machen. Nun erst ging der Tran-Port unge hindert bi- an den Ort seiner Bestimmung, biS wohin jedoch eine Menge Neugieriger nachsolgte. — Am letzten Sonntag, Mittags l Uhr, hat sich auf Connewitzer Flur durch den von Chemnitz kommenden GUterzug der Staat-bahn ein biS jctzt noch unbekannter Mann von etwa 30 Jahren 1 überfahren lasten. Der Tod erfolgte ougen- > blicklich. * Leipzig, 29. Januar In den beiden heute abgehaltenea Schöffengericht-fitzungen wurde der t8jährige Uhrmacher Richard Johann Alban Keiling au- Crimmitschau wegen ver schiedener Betrügereien zu 1 Jahr und 6 Monaten Gesängniß und der 2 t jährige Handarbeiter Karl August Emisch an- Lindenau wegen Gesangenen- befreiung zu gleicher Strafart in der Dauer von 6 Monaten verurtheilt Vorsitz und Anklage waren in den Sitzungen durch die Herren Gericht-rath Rein (in beiden Fällen) und Oberstaatsanwalt Hoffmann beziehentlich Assessor Häntzsclwl vertreten. lll Reudnitz, 29. Januar Da die Besitzer großer Concert- und Tanzsäle durch die bekannte amtShauptmannschaftliche Anordnung im Abhalten öffentlicher Tanzmusiken nur auf zwei Sonntage im Monat beschränkt sind, werden jetzt an den betreffenden Ausfalltagen dafür regelmäßig zwei große Concerte abgehalten, wenn nickt gerade sogenannte „GesellschastSbälle", auf die übrigen- scharf geachtet wird, die Lücken au-füllen. Auch im neuen Saale zu den Drei Lilien in Reudnitz finden alle 14 Tage solche Doppelconcerte statt. So am letzten Sonntag, wo Herr Musikdirektor Berndt mit den 1 Obern auS Chemnitz concer- tirte. Beide Concerte, Nachmittag- wie AbendS, waren stark besucht und Plätze für Spat- kommende kaum nock aufzutreiben. Im Nach mittag- Concert spielte die Capelle u. A. ein Potpourri von Conradi: „Eine Reffe durch Europa", in welchem u. A. bei Nr 9 — Frank reich — die Marseillaise vorkommt. Kaum war nun daS ganze Musikstück mit dem Finale: „Rück kehr nach Berlin" und dem prächtigen Liede: „f'ch bin ein Preuße, kennt ihr meine Farben" zu Ende, alS hunderstimmig der Ruf nack Wiederholung der — Marseillaise erscholl. Natürlich erfüllte die Musik diesen Wursch nickt. WaS würde man in Frankreich sagen, wenn ein Franzose öffentlich die Wacht am Rhein vorgetragcn haben wollte? Es könnte ihm jedenfalls sehr schlecht geben. — Seit der Publikation der neuen Gewerbe- Ordnung vom Jahre 1869 hat fick di- Medi- cinalpfuscherei, die ja zu allen Zeiten ihre marktschreierischeil Repräsentanten auszuweisen hatte, in einer biS dahin unerhörten und unge- nirten Weise breit gemacht, so daß daS große Publicum nicht mehr im Stande ist. appröbirte Medicinal - Personen von nickt approbirten Pfuschern zu unterscheiden. Insbesondere wird davon die zahnärztliche Praris betroffen, die zur Zeit von einer unglaublich großen Anzahl von Leuten auSgeübt wird, die jeder Sachkennt» niß entbehren und trotzdem kein Mittel scheuen, um das Publicum zu täuschen und anzulocken. Obgleich die Führung von derartigen Titeln und Bezeichnungen, die eine Täuschung deS Publikums involviren, nach tz. 147,3 mit Strafe bedroht wird, finden sich erkaufte und angemaßte Titel wie: Doctor, Dentist, Dentiste, Zahnoperateur :c. aller Orten. Da bisher seitens der Behörden gegen dieses Un wesen selten und in wenig energischer Weise vor gegangen war, wandte sich die Berliner zahnärzt liche Gesellschaft unter Zustimmung des Central- Vercins deutscher Zahnärzte und anderer zahn ärztlichen Gesellschaften Beschwerde führend an den Justizminister vr. Leonhardt und erhielt da rauf nachstehend initgetheilte Antwort, welche die erwünschte Aussicht bietet, daß der Medicinal- psuscherei im Gebiete der Zahnheilkunde ein ent sprechender Damm gefetzt wird. Berlin, den Id. Decemder 1876. Ew. Wohlqeboren benachrichtige ich auf die von Ihnen Namens mehrerer zahnärztlichen Vereine unv Gesellschaften an mich gerichtete Eingabe vom 9. d. M„ daß ich Veranlassung genommen Hab«, d,e Beamte», der Staatsanwaltschaft im Gebiete des preußischen Staats auf «ine energische Verfolgung der un tz. 147 dir. .1 der deutschen Gewerbe-Ordnung vorgesehenen Vergehen binzuweifen. Der Justiz-Minister. g-z. Leonhardt. — Sympathie sürTerbien. Die„Tribüne" erzählt: Der Sohn eineS Wiener Fabrikanten, Otto mit Vornamen, welcher vor einem Jahre sein Abiturienten-Examen bestand unv seitdem in dem Geschäfte seines Vaters thätig war, schwärmte im Stillen für die serbische Sache. Im Alter von 19 Jahren stehend, gesund und kräftiq, hatte er Lust, gegen den Halbmond zu kämpfen Aber wie nach Serbien kommen ? Dazu fand er bald die schönste Gelegenheit. Er erhielt vor ca 1 Monat von seinem Vater, der seine geheimen Neigungen nicht kannte, den Auftrag, in Geschäften nach Wien zu reisen. Otto reiste vergnügt ab, — über die Donauhauptstadt nach Belgrad. Sein Vater wartete und wartete auf- Wiederkommen, aber Otto kam nicht. Endlich erhielt er einen Brief von ihm aus Serbien. Die Bestürzung war groß im Hause, und der erzürnte Vater erklärte seiner Frau, daß er von Otto Nicht- mehr wissen wolle. Aber die Letztere wußte Rath; sie reclamirte hinter dem Rücken ihres Manne- mit Hülfe der Polizei und des Auswärtigen Amtes den Sohn beim deutschen Generalkonsul in Bukarest, und batte die Freude, bald darauf ein Telegramm bei Letzteren übermittelt zu erhalten, also lautend: „Otto kann nach Zahlung von 100 Mark beim Auswärtigen Amte kommen." Als sie jetzt dem Later daS Telegramm zeigte, hatte dieser ein Einsehen Erließ seinem Sohne nicht nur 100Mark, sondern dasDreifache übermitteln, weil er annahm, daß derselbe sehr reducirt sein werde. Zug um Zug gingen jetzt die Depeschen; die letzte sandte Otto an seinen Vater auS Pest, worauf dieser streng antwortete: „Am so und sovielten in BreSlau im Hotel k. m guter Kleidung sich einstellen " Dort trafen denn auch Vater und Sohn zu sammen. Der Letztere erschien in untadelhaftem Civilanzuge, hatte aber auch eine vollständig neue serbische Artillerie-Uniform bei sich Wie die Aussöhnung zwischen Vater und Sohn abge- lausen ist, wissen wir nickt zu sagen, denken indeß, daß der erzürnte Vater Gnade geübt haben wird.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)