112 Humboldt's öffentliche Vorträge. ihn fast beständig in der Nähe seines königlichen Freun des, den er nach Potsdam wie auf seinen Reisen be gleitete. Aber über der königlichen Gunst vergaß er keineswegs seinen wissenschaftlichen Beruf und namentlich jene Seite desselben, die er immer mehr als die wesent lichste und aller Gelehrsamkeit erst den rechten Werth verleihende auffaßte, die Pflicht der Volksbildung. Schon wenige Monate nach seiner Rückkehr in die Heimath, am 3. November 1827 begann er eine Reihe öffentlicher Vorträge, die er bis zum 26. April 1828 fortsetzte. In diesen 61 Vorträgen legte er, wie er es in Paris in ähnlicher Weise bereits in französischer Sprache gethan hatte, jetzt in deutscher Sprache die reichen Ergebnisse seiner Forschungen über die physische Erdkunde nicht etwa einem Publikum von Gelehrten oder Studirenden, sondern einein gebildeten Laienpublikum vor. Es war damals noch ein unerhörtes und gewagtes Unternehmen. Denn damals war die Ansicht noch weit allgemeiner unter den Männern der Wissenschaft verbreitet, daß es einem Gelehrten nicht anstehe, sein Wissen vor das Volk zu bringen, und daß die Popularisirung der Wissenschaft mit einer Herabwürdigung derselben gleichbedeutend sei. Schon ein kleiner Gelehrter mußte sich hüten, sich in den Augen seiner Zunft in solcher Weise gemein zu machen. Nun war aber Humboldt kein kleiner Gelehrter, sondern ein berühmtes Mitglied der Academie, und er war noch mehr, er war Freiherr durch Geburt, war sogar Kammerherr und Geheimrath durch die Gnade seines Königs. Aber Humboldt war von Jugend auf gewöhnt, die Schranken des Vornrtheils zu durchbrechen. Ihm war es ein Herzensbedürfniß und eine heilige Ehrenpflicht des Höherbegabten, aus dem reichen Schatze