193 Von Georg Hesekicl. ein stattlicher Bürger ein Haus unfern der Nikolauskirche. Es war ein Mann bei der Stadt, war stolz auf seinen Rang, stolz auf seine blanken Kaiscrgulden in der Truhe, vor allen aber stolz aus seinen Sohn. Und mit Recht, denn Meister Albert, oder wie er sich lieber nennen hörte Meister Alberto, war ein Künstler ohne Gleichen. Er war als ein zarter Jüngling von seinem Geist getrieben, hinausgczogen in die Fremde, hatte das Reich durchwandert, war über die Alpen nach dem sonnigen Lande Jtalia hinabgestiegen und hatte zu Rom lange Jahre sich mit Ausübung der Bildhauerkunst unter den größten Meistern dort beschäftigt. Der Meister Alberto wußte viel zu erzählen vom wäl- schm Lande, von der mächtigen Republik Venedig, wo die Bürger Edelleutc sind und die Gondeln durch die Kanäle flie gen, von Mailand, von dem schönen Lande, das ein ewiger Mai mit warmem Sonnenschein, mit tausend Blüthen und wolkenlosem Himmel schmückt. Der Meister Alberto war die Stufen des Capitols hin- aufgcsticgen, den heiligen Vater selber hatte er die Messe ce- lebrircn sehen im hohen Dome St. Johann zum Lateran, er hatte den blitzäugigen Schönen Roma's in's Auge geschn und den in vollendeter Formcnschöne prangenden Florentinerinnen, und hatte dennoch, wenn auch einen italisirten Namen, ein treues ehrliches deutsches Gemüth zur altenburgischen Heimath zurückgcbracht. Da begab es sich nun, daß er zu Altenburg kunstvolle Grabsteine arbeitete und Engel, die auf Monumenten knieetcn in den Kirchen, so zur Zufriedenheit seiner Mitbürger, daß sein Ruhm groß wurde bei Jung und Alt in Stadt und Land. Eigentlich schmerzte cs den Meister, daß er seine Kunst, die ihm über alles heilig und theuer war, brauchen sollte zu so geringer Arbeit — er hätte lieber in Marmor herrliche Statuen gemeißelt, so wie er in Italien gesehen und gethan, aber der strenge Vater wollte nicht umsonst seine blanken Gul den gegeben haben zur Reise in Wälschland.