306 Geologie und Geschichte. letzteren wurden sehr wahrscheinlich vorherrschend durch an dere Verthei lung von Wasser und Land, und vielleicht zugleich durch gewisse astronomische Aenderungen bedingt, dergestalt, dass sie keineswegs in Widerspruch stehen mit einer steten Abnahme der Gesammttemperatur des Erdkörpers. Ich habe in diesem Abschnitt gezeigt, wie innig Geologie und Geschichte mit einander verbunden sind, sowohl durch den Gegenstand als durch die Methode der Forschung. In beiden ergiebt sich der allgemeine Fortschritt der Ereignisse und Zu stände als das Resultat stetiger Ursachen. Plötzliche Umge staltungen sind nur von localer oder vorübergehender Bedeutung. Wie in der Menschengeschichte nicht einzelne Individuen den allgemeinen Fortschritt, oder überhaupt die Umgestaltung be stimmen, sondern die langsame Entwickelung der Gesammtheit nur in einzelnen hervorragenden Männern zur besonderen Reife und zum klarsten Ausdruck gelangt, — der dann, die Massen beherrschend, allerdings mächtig eingreifen kann — so ist auch der Verlauf der Erdbildung das Product zahlloser Einzel wirkungen, deren Spuren sich nur hie und da besonders deut lich erkennen lassen. Wenn es einem Menschen möglich wäre, dem Wissen seiner Zeit um Jahrhunderte vorauszueilen, so würden ihn seine Mitmenschen nicht verstehen; er würde vereinsamt und macht los sein, wie ein Führer der seiner Schaar so weit voraus gegangen, dass sie ihn nicht mehr sieht. Schon wenn ein Forscher oder Denker seiner Zeit nur um Jahrzehnte voran eilt, läuft er Gefahr ein Märtyrer der Wahrheit zu werden, weil für die in früheren Ansichten aufgewpchsene Generation noch unerfassbar und unverständlich, was der nächsten Ge neration schon vollständig geläufig ist. Ein Vorauseilen um Jahrhunderte ist nicht möglich, so wenig als die Existenz einer Species bevor ihre Zeit gekommen, d. h. bevor sie durch die Umstände bedingt wird.