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Dresdner Nachrichten. -/r. 7. Seite 2. MM Sonnabend. 7. Januar 1803 r-nqt« Büdung seiner Geisteskräfte selbständig gemacht und be fähigt werde, gegebenen Falls auch allein, d. h. ohne Gatten, durchs Leben zu. gegen. Nichts sei beschämender und depri mierender für ein junges Mädchen, als tatenlos darauf warten zu müssen, das, „Einer" kommt und „anbeiht". Den Aus- sührungen deS Redners, di« mit lautem Beifall ausgenommen wurden, folgte ein lebhafter Meinungsaustausch, an dem sich — teils zustimmend, teils einzelnen Punkten des Vortrags ent- gegentrelcnd — u. a auch die Herren Stadtschulrat Prof, Dr, Lyon. Rektor Professor Dr, Schladebach. Lüchterschuldirektor Dr. Wuttig, Dr, med Wagner, Dr. Scheven. Schulleiter Hoff- mann-Laubegast, Bankier MallerSdorf, Direktor Haberland, sowie die Veriammlungsleitcrin, Frau Dr. Scheven, beteiligten. Im Laufe der Debatte, sowie im Schlußworte des Vortragenden fand merkwürdigerweise wieder einmal die Frage der Coeducatron, d. h. der gemeimamen Unterweisung beider Geschlechter in den höhe ren Schulen, lebhafte Fürsprache. obgleich neuerdings aus dem .cdauptlande der Coeducation. Amerika. recht viele Stimmen zu uns heriiderdringen. die auf die Gefahren und Nachteile dieser Einrichtung Hinweisen. — Jin großen Varste des Logenhauses, Ostra-Llllce l5. hatte sich gestem nachmittag 4 Uhr eine nach vielen Huiidetten zählende Ge meinde eingefnilden. um Zeuge der 4',. EdlittbescherungSscier der Freimaurer-Loge zu den drei Sch >v erlern und Asträa zur grünenden Raiike zu sein. Unter den Ehrengästen gewahrte ma» die Heuen Ringermeister Heischet, Pastoren Roßberg und Schmiedel, zahlreiche Schuldirektoren und Siadiverorvnete. Voll zählig war der Beanitenrat der genannten Loge mit verrn Kom merzienrat Mackowsk» an der Spike eychieuen. und die Schivesterloge zum goldenen Apfel war durch ihren zugeordnrten Meister, Herrn Dnekior Zeller, vertreten. Zwei mächtige Weih uachtsbänme erstrahlten im Lickte der Kerzen. Durch einen In- stnlmentaliab der Brüder Bläser wurve die Feier eingrieitet. Hieraus entbot Herr Kanzleirat Klötzer der Versammlung herzlichen Willkouiiiiengrutz. Redner führte eiuleitena aus. ivir vor 40 Jah ren 12 Kinder der Wohltaren der Nächsteulieve teilhaftig ge worden seien, während es heute möglich sei. 57 Knaben und 07 'Rädchen zu bescheren. Dielen allen werbe eine vollständige Kvn- liiiiiaiideiibekleidriiig mit anderen nützliche» Geschenken zn teil. Weit sei die Loge entfernt, die Ehristbescheiung als Verdienst und Riilmi für sich zn betrachten. Die chttstliche Mahnung, daß beim Wohltnn die Rechte nicht wissen soll, was die Linke tut. werde i» den Logen treulich befolgt. Bilde hiervon die Oefseullichkeit der Ebristde!cherung eineAnSiiadme. so finde dre>e ihre Begründung ein mal in der ursprünglichen Stistungsbestlmmung. sodann aber solle die Weihnachtsgabe und dir Teilnabme an dieser Feier für die Kinder eine Auszeichnung für gutes sittliches Verbalten und Fleiß >rin. Bei Halnioniumkläugen wurden hierauf die zu beschenkende» Kinder von den Herren Kaufmann H. Teschner uno Bc-dtg in den Fensaal geleitet. Herr Paul Biückuer sang unter Begleitung durch Herrn Hoskankor Knöbel das Lied von Riecius „Heilige Nacht", worauf Herr Kauzletrat Klötzer in seiner Ansprache an die Kinder dielen die Mahnung mit au, den Weg gab: .Betet und arbeitet, seid fromm und fleißig". Nach dein vielstimmige» Fraueiichoc ..Fürchte Dich nicht". Dichtung und Musik von Karl Bieder, unter Heilung des Herrn Oberlehrers G. Röhuick vvrgettagen vom Gütl ichen Lckwerteilogenchor, erhielt jedes Kind mit sinnigem Gedenk- 'piuch ein Geiangbuch eingehändigt, worauf allgemeiner Schluß- geiang die erhebende Feier beendete. — Für die Turner schüft des Königreichs Sach sen, die im 14. deutschen Turnkreise organisiert ist. fanden in den lagen vom 3. bis 6. Januar wichtige Beratungen statt. Der K r e i s tu r ii r a t hielt unter Leitung des Führers der sächsischen Turner, Herrn Oberlehrers Fickenwirch, in der König!. Turiüehrerbildunosanstalt seine 38. Sitzung ab. Diese trug einen internen Charakter und beschäftigte sich nach Erledigung der umfangreichen Registrande und den Berichten und Mit tellungen der Mitglieder des Kreisturnratcs u. c>. mit dem 10. Lehrgang für Turnwarte und Vorturner. Der Kursus findet zu Ostern 1905 in der Königs Turnlehrerbildungsanstalt in Dresden statt Weiter standen aus der Tagesordnung Geld angelegenheiten, llnterstützungsaesuche, Ga»- und BereinSange- legenheilen. Kreisblatiangeiegcnlieiten und einige Anträge. Auch über das 3. Kweislurnsest im 'Fahre 1905 in Chemnitz wurden Verhandlungen gepflogen. Außerdem tagten am 5. und 6. Januar hier die s ä ch s i s ch e n G a u l u r n w ar t e. Es wurde lJejchluß über das turnerische Programm zum Chemnitzer Kreisturnsest gefaßt. Ferner erfolgten Wahlen und Vorschläge für die Kamps- richterwahlen für das Kreislurnfest. Praktische Turnarbeit er füllten die Gauturnwarte durch ein orobeweises Turnen der für Chemnitz gevlanten allgemeinen Uebungen, welche in Keulen schwingen und Gemeinübungen am Barren bestehen werden. — Im Christlichen Verein junger Männer, Neumarkt 9, 3. Etage, wird Herr Professor Dr. Gustav Lei- poldt morgen abend 8 Uhr einen Borirag über: „Bibel und Naturwissenschaft" halten. Im ersten Teile seines Vortrages, dem,Sonntag, den 15. Januar, ein zweiter folgen soll, will Herr Professor Tr. Leipoldt besonders über das Kopernikanrsche System, die Wunder und oie Kant-Laplacesche Theorie reden. — Der Evangelische Arbeiterverein, Südost- gruppe Vorstadt Strehlen und Umgegend, veranstaltet heute in der „Goldenen Krone" einen Weihnachts-Familienabend. Beginn >H8 Uhr. — Die „Freie Vereinigung städtischer Bureau- bea inten" hält nächsten Montag ^on abends halb 8 Uhr ab im Weißen Saale der „Drei Raben" ihre erste Moiiatsversamm- iung im neuen Beremszahre ab. Herr Oberverwaltungsgerichts, rat von der Decken wird seinen Bortrag über die „Deutsche Reichsoersassung" tortsetzen. — Der seit dem Jahre 1877 bestehende ..Zigarren- Abschnitt-Sammcl-Berein, Dresden", veranstaltet Dienstag, den 10. Januar, im großen Saale des Gewerbehauses 'eine Christbescherung. bei welcher, wie üblich, 50 Knaben und Mädchen durch neue Anzüge, Kleider. Wäsche und andere nütz- licke Gegenstände erfreut werden sollen. Der obengenannte Wohl- tanakeitsoerein verfolgt den Zweck, durch eitriges Sammeln von stgnrrenabschnitten. Zigarrenbändern. Staniol, Korken, defekten Giuhlichistrümoien usw. und durch Verwertung de-- gesammelten Gegenstände, sowie Annahme sonstiger dem Vereine gemachter Zuwendungen einen Fonds zu begründen, welcher dazu dient, rrmen, würdigen, hilfsbedürftigen Kindern der Stadt Dresden eine Weihnachlsfreude zu bereuen. Diesem Fonds fließen auch -lezenigen Beträte zu. welche bei Festlichkeiten erzielt werden, derjenige Teil der Mitgliedsbeiträae, welcher durch die „esilichkeit nicht aufgebraucht wird. Zu dieser am kommenden OenStag stattfindenden Feierlichkeit ist die volle Kapelle des i77. Inianterie-Regiments unter persönlicher Leitung des Königl. Musikdirektors H. Ropenack. daS „Orpheus-Männer-Ouartett, pwie der Ge!anaS-Humorist R. Merker gewonnen worden. — Am 3. Januar hielt dir Sek ton Dresden des Gebirgs- Vereins für die Sächsische Schweiz ihre Weibnachtsieier im Weißen Saale der „Drei Raben" ab Tie Feier bot reich haltige Gabenverlo'iing. zu welcher wertvolle Gewinne gestiftet worden waren. Eingeleitet wurde die Festlichkeit durch eine An sprache des Vorsitzenden, der sich verlrhledene musikalische und deklamatorische Vorträge anschlossen, welche mit großem Beifall ausgenommen wurden Zum Schlüsse folgte ein Tänzchen. — Bei der Prämiierung der Konkurrenz-Kanarien, welche oer „Verein für K a n a r i e n z u ch t. Vogelschutz und -Pflege" im hiesigen Gewerbehause veranstaltete, wurden sol- aende Preise vergeben: Eine große goldene Medaille Thierbach. Dresden, die zweite Klotsche-Dresden: silbervergoldete erhielten: Fränzel, Gicsemann, Kehl, Diehe, Diecke und Leber: große silberne Medaillen: Krayl, Herrsch^ Kretzschmer, Schönfelder, Rudolph und Hofmann: Ehrenpreise die Herren Wild und Gerold. — Vorgestern erregte der Transport von riesen da sien Fässern die allgemeine Aufmerksamkeit der Passanten der Leip ziger Straße. Es waren sogenannte LagerMer sür Bier und ei» jedes davon faßt 45000 Seidel. Der Transport jedes einzelnen Fasses wurde durch 4 Pferde bewirkt. Diese Fässer entstammen der Mechanischen Faßsabrik Earl Jacob, Dresden, und sind sür die Freiherrlich v. Strrnbnrgsche Brauerei in Leipzig-Lützschena be stimmt. — Die Eisversetzung kn der vereinigten Wci"ßerih in Hginsbcrg war auch gestern noch unverändert. — In Tannebera beiMittwclda brannte am Donners tag das Wohnhaus des Handarbeiters Gullchke vollständig nieder. — In Schedewitz ist am 4. d. M. der in den 70er Jahren Ziehende pensionierte Bahnwärter Jacob, der in Zwickau von einer Droschke um gefahren und ver letzt worden ist, gestorben. Jacob ist seit dem Unfall bett lägerig gewesen, und es dürste nicht ausaeicklosserr sein, daß sein <vaN«rttanv der Elve «nv Moldau. Budweis Prag Pardubitz Me>nik Lertmerch Aussig Dresden s. Januar 6. Januar P » - 70 -s- 80 — 78 — 62 — 191 -i- 92 — 63 — 88 — 11 — 179 Tod eine Folge dieser Verletzungen ist. Dm Jujuzvepvrde hat von dem Vor,all Kenntnis erhalten und deshalb die Beerdigung deü Jacobschen Leichnams beanstandet. — Der Gutsbentz« Bruno Lote au» Ltvtltz bei WermSdors ist seit ca. 14 Tagen spurt otzverjchwunden. Er diente seinerzeit in Eiranvurg und war infolge de- Tode» irineS Vater- benrlaubt. Jetzt sollt« Lote wieder beim Militär emttetea. — Amtsgericht. Wegen ZechbetrugS haben sich -n vev> antworten die Kraftfahrzeug-Führer Wilhelm Herzog und Hugo OSivald WorowSki. Sie wurden auS der Untersuchungshaft vor- geiührt. in der sie sich wegen de» s. Z. erwähn.en Raubansall« de- srnden, den sie rn einer Droschke gegen «inen Geschäft-angestelltr« verübt hatten. Der 1878 in München geborene Herzog ist wegen Betrug» mit 2Vs Jahren Gefängnis vorbestraft. WorowSki ist 19 Jahre alt und auS Salzburg gebürtig. Am 24. Septemlber v. I trafen beide Angeklagte sich aus der Straße und kehrten in Begleitung einer 19jährigen Blumenvertäuserin in einer Schankwirlschast aus der Webergasse ein: dort machten sie eine Zeche von 1.45 Mark, die keiner von ihnen bezahlen konnte, denn nur Herzog führte 80 Psenniae Bargeld be» sich. Bei dieser Sachlage wäre ihnen nach Doroivskis Zugeständnis nichts anderes übrig geblieben, als zu verschwinden, was sie denn auch taten. Mit Herzogs Barschaft bezahlten sie das Gasthaus- Quartier für die nächste Nacht. Der "Angeklagte WorowSki wird ferner beschuldigt, seine früheren Wirtsleute durch die falsche Vorspiegelung, er habe Stellung, bestimmt zu haben, ihm noch zwei Wochen Wohnung und ein Darlehen von 3 Mark zu ge- währen. Die Angeklagten werden zu je 2 Woche» Gefängnis verurteilt und daraus in das Untersuchungsgefängnis zuruck- gebracht. — Der Baumeister Carl Petzold in Mügeln beleidigte eine Televhongehilsin durch den Fernsprecher; er ries ihr zu, sie solle „den Schnabel aufmachen" und nannte sie ein „dummes Ding". Das Gericht erkennt deshalb auf 200 Mark Geldstrafe oder 20 Tage Gefängnis. — Wegen Vergehens gegen das Palent- aesetz wird der Kaufmann Robert Reih zu 100 Mark Geld strafe oder 10 Tagen Gefängnis verurteilt. Der Beschuldigte ist Geschäftsführer einer Genossensck>aft m. b. H., die Ktosett- Einrichtungen liefert. In den von Reih versandten Prospekten und Zirkularen wurden die von ihm geführten Spülkästen und Abzweige a!s patentiert bezeichnet, was nicht der Wahrl>e>t ent sprach. Es wird ihm daher eine Täuschung des Publikums zur Last gelegt. Seine Verteidigung stützt der Beschuldigte darauf, daß er gehofft habe, auf die Gegenstände das Patent zu erhallen. ES wird chm indes nachgewiese», daß er die Prospekte mit dem Patentoermerk noch versandt hat, nachdem chm oie Ablehnung des Gesuchs um Patent-Erteilung schon zugcgangen war. — Der 25 Jahre alte Provisionsrersende Richard Edmund Rumpler aus Ostritz war nach dem Vogtland auf Geschäftsreisen gegangen und hatte von den für leinen Prinzipal einkassierten Geldern 212,30 Mark nicht abgeliefert. Er bekam pro Tag 5 Mark Rejjespesen, worin der Grund zur Unterschlagung zu erblicken ist. Am 18. Dezember o. I. stellte er sich selbst der Polizei. Seit dieser Zeit befindet er sich in Untersuchunasyast. Er w,rd zu 4 Monaten Gefängnis verurteilt, wovon 2 Wochen als durch die Untersuchungshaft verbüßt gelten. — Die Zigarettenarbcite- rinnen Anna verehelichte Krähry geb. Zinecker und Marie ver ehelichte Hampel geb. Frank sind der Beschimpfung arbeitswilliger Personen angcklagt. Während des letzten Buchbinderstreiks gin gen an ihnen eines Tages einige Arbeiterinnen aus einer Luruskartenfabrik vorüber, die sich dem Ausstande nicht ange schlossen hatten. Die Zigarettenarbeiterinnen, deren Branche von dem Streik völlig unberührt blieb, äußerten sich gering- schätzend gegen die Arbeitswilligen. Daß die Krähky an den Aeußerungcn beteiligt ist, kann nicht hinreichend festgestellt wer den, weshalb gegen sie auf Freisprechung erkannt wird. Die Hampel dagegen ivird des Vergehens gegen 8 153 der Reichs gewerbeordnung schuldig befunden und zu 15 Mark Geldstrafe oder 3 Tagen Gefängnis verurteilt. — Ocsfentlirv, Bersteigerungen in den König l- A in t S a e r i cd t e n. Montag. bei, ». Januar. Königstein: 4 Böttcher meifter Karl August MitziiderttnaS Wvkmbau», Schuvven, Scheune. Gatten. Feld und Wald in Uangtzennersdott. 8100 M. Freiwillige Versteigerung. Döhlen. Die der Derrain-Geiellichnst mit bestbrönkter Haftung gehörigen Feldgrunhsillrke <10,8 bez. « Sri in Deudcn, Tbaranvter Straße. 6180 rew. I Kva M. Markranstädt: Bauunternehmer Gustav Adoli ArlandS Wohn haus mit Seilenslnael und Watchbaus, sowie Hosrauni unv Gattenland t7.3 Arj dateldsl, Alkeriltraßc Ii). 29 080 M. Dressen: Stellmacher Attbur Eugen EberlS Wohnhaus, Wettftellenarbäube mit Waschhausanbau, SrbrivvengebLude. Ao-gärlchen unv .bosraum <e.l Ar) ln Weitzlg. ZS000M., Jnoenlar Il>s7 M. Dresden: SchuvmachermeWer Wilhelm August Seih lcrs uns Zimmerpolier Emil Paul Böligers Bllla mir Gatten m Srochwl», Reichend,m er Straße, us 200 M. Zwickau: Bernhard Wilhelm Lorenz' Wohn und Nebc'nbaus <«,6 Ar) in Overvlanih, Lengenfelder Straß«. 88i>» M. Leipzig: Archrleklen und Maurermeister Oskar Anton Möbius' und Friedrich van» Möbius' Wohn- und Waschhaus, sonst« Gatten <8,3 Ar) >n L.-Eonn«wle. Scheffelüraße 38. 13« 2vt> M. Leipzig : Anna Ettsavelh veredel. Moritz ged. Lennickers im Rohbau fertiggestelltes Wohnhaus jl.ö Ar) in L.-Suiritzlch, Straß« o. 43 000 M.. ferner Eckbauslatz (3,d Ar) in L.-Klein,schocher, Ecke Bahnhof und Gustav Adols Slrah«, 27 000 M ^nikenilein aikeniieln: Sllckmaschinenbefitzer Franz Gustav Böttchers Wohnhaus mit lickerel Anlage (1,1 Ar) in Elleselo. 18 K60 M. Der russisch-japanische Krieg. Der Wunsch nach Frieden macht sich in allen Schichten der Bevölkerung Rußlands mit großer Lebhattiakeit geltend. Zahl reiche ."-Kundgebungen aus allen Teilen Rußlands werden ge meldet, in welchen nachdrücklich die Forderung erhoben wird, daß dem Kriege ein Ende gemacht werde. Aus Moskau tele graphiert man den „NowostiJ daß sich daselbst ein Komitee aus Damen der vornehmsten Gewllschast gebildet hat, welches sich mit angesehenen Damen in Tokio in Verbindung gesetzt hat, um eine russisch-iapanische Frauenliga zu gründen, deren Aufgabe es sein soll, den Frieden und eine völlige Versöhnung zwischen den beiden Kriegführenden herzustellen. Die englischen Blätter fahren fort, Rußland die angeblichen japanischen Friedensstedtngungen zu unterbreiten. In Londoner diplomatischen Kreisen gilt dieses Bemühen sür vollkommen aussichtslos. Wie aus Radom gemeldet wird, ist die im dortigen Kreise vorgenommene Mobilisierung als vollständig geschei tert anzuschen. Ueber 700 Reservisten haben sich überhaupt nicht gestellt, von 300 einberufenen Juden erschienen bloß 13 Mann. Drei Offiziere wurden mit Arrest bestraft, weil die von ihnen schon in die Kasernen geführten Reservisten während der Nacht entkamen. In einem Dorfe verteidigten sich die Reservisten mit Revolvern: drei Dörfer konnten erst von »wei Kompagnien Infanterie zur Auslieferung ihrer Reservisten ge zwungen werden. Tlljlesneschichte. Deutsches Reich. Der Kaiser hat dem Gehetmrat H i n z.- peter, der noch immer krank in Bielefeld im Arankenhause darniederlicqt und sich kürzlich einer Nasenoperation hat unter- zichen müssen, cm prachtvolles Blumenarrangement am Neu- lahrstage überreichen lassen. . Ans die Neujahrsglückwünsche der Berliner Stadtverordneten» Versammlung ist vom Kaiser solgeiiide Antwort eiiigegan- gen: „Ich habe die Glückwünsche der Staotverordneten Meiner Vaupt- und Residenzstadt beim Eintritt in ein neues Jahr gern entgcgengenommen und bin durch die in der Adresse erneut zum Ausdruck gelangte freudige Teilnahme der Berliner Bürgerschaft an der glückverheißenden Berlobumz Meines ältesten Sohnes, des Kronprinzen Kaiserliche und Königliche Hoheit, angenehm berührt worden. Indem Ich den Stadtverordneten bestens danke, wünsche Ich der gesamten Berliner Einwohnerschaft zum neuen Jahre Gottes Schutz und seinen reichen Segen." Pr, nz Karl von Bourbon, der Schwager deS König» von Spanien, der am 23. Januar nach Berlin abreist, wird dem Kaller den Malschallsiab überreichen und auch einen eigen händigen Brief des Königs überbringe». Der Prinz wird der GebuitSlagSseier des Kaisers beiwohnen. Prinz Ludwig von Bayern vollendet heute sein 60. Lebensjahr. Seine Bemahlin Erzherzogin Maria Theresia ist am 2. Juli 1849 geboren. Der Reichskanzler Graf von Diilow richtete an den Schriftsteller Tr. Ernst in London ein Schreiben, in welchem er für die Uebersendung der deutschen Ueberiedung deS Vortrags dankt, den Premierminister Balsame kürzlich übe» „Unsere heutige Weltanschauung" vor der Brtttsh Attocl«n>oii u, Cambridge hielt. TaS Schreiben tautet: „Sehr geehrter Herr Dollar! Nehmen Sie meinen besten Dank sür Ihr« mrr freund- lichst übersandte Verdeutschung de» Balfourschen Vortag» über „Unsere heutige Weltanschauung'' entgegen. Ihr« Arbeit be reichert unS um eine wertvolle wisseuschustliche Gabe, ste gewinnt aber noch ein persönliches Interesse für den deutschen Leserkreis, indim sie «men Einblick in die Eigenschaften d«S StaatSmemneS gestaltet, der gegenwärtig in England an der Spitze der Staat«, geschäste sieht. Ihr« Uebcrsetzung gibt dem deutschen Leser er- wn'llchie Gelegenheit, -u betrachten, wie «in leitender Miallter iu seine» Mußestunden sich mit den tiefsten ErkenatniSproblemen beschäftigt." Der Gemeinderat in Stuttgart lehnte mit griHer Mehr- heit ab, sich an einem Beitrag sür ein H o chz e i tSgeschenk sür den preußischen Kronprinzen zu beteiligen. Eine Berliner Korrespondenz kolportiert daS Gerücht von dem Rücktritt des Staatssekretärs des Reichspostamts, Krätke. Der gleichzeitig als sein Nachsolger genannte Schlohhauptmann von Posen, Graf Boadan von Huttrn-CzapSkk» be- streitet allerdings mit grober Entschiedenheit, daß er sür den Posten irgend in Frage komme: er erklärt, baß er sür den Posten eines Staatssekretärs deS NeichspostamtS etwa ebenso in Be- Iracht komme wie sür daS Amt eines kommandierenden Generals oder des Präsidenten der Vereinigten Staaten. Die „Deutsche Tages,sta" nimmt an. daß das Rücktrittsgerücht als solches gar nicht existiert, sondern nur ersunden ist. „Für Herrn Krälke," schreibt das Blatt, „liegt nicht die mindeste Veranlassung vor. aus keinem Amte zu scheide». Ein solcher Entschluß würde auch lebhaft bedauert werden müssen, da die bisherig« Amtssührnna des Staatssekretär« des Relchsposlanits den Beweis geliefert bat, daß er im wahren Sinne des Wortes der rechte Mann für seinen Posten ist. Wir machen unsererseits kein Hehl daraus, daß wir dringend wünschen, er möge noch recht lange seinem Amte, der Post und dem Deutschen Reiche erholten bterben." — Der Schloßhauptmann von Posen, von Hutten-CzapSki, ist Mit» glied des preußischen Herrenhauses. Die „Fr. Dtsch. Pr." meint, er dürste umsoweniger Neigung spüren, das arbeitsreiche Amt eines Staatssekretärs des Reichspostamts zu übernehmen, als er zu den allerreichsten Leuten in Preußen gehört, die früher nächst Krupp, Rothschild und Thiele-Winckler in den Einkommen- steuerlisten an der Spitze standen. Heute treten nochmals Vertreter sämtlicher deutschen Eisenbah ,iverwaitu » gen in Frankfurt zusammen zur Er ledigung der noch schwebenden Fraaen über die Beseitigung der G ü leru ml e itu n g rn. DaS gesamte von den einzelnen Ver waltungen auf Grund langwieriger Berechnungen und in mehreren Beratungen festgestellte Material soll am 20. Januar der Konferenz von Regierung-Vertretern in Berlin zur Gutheißung und end gültiger Beschlußfassung vorgclegt werden. Die Errichtung von Arbeiterkammern ist so eben in der Hamburger Bürgerschaft abgelehnt worden. Für Arbeiterkamniern hat sich die Bürgerschaft in Bremen ausge sprochen. Dort ist ein von sozialdemokratischer Seite cinge- brachter Antrag, den Senat zn ersuchen, den Bevollmächtigten Meinens im Bundesrate zu beauftragen, im Buvdesrat für schleunige Einbringung eines Gejetzentwurss über Errichtung von Arbeiterkammern einzutreten, mit 44 gegen 31 Stimme» — also bei nur 75 anwesenden Mitgliedern, während die Birrger- schast 150 zählt — angenommen worden. Der Landtag in Hessen hat sich vor Jahr uno Tag in gleichem Sinne wie das Stadt- parlament von Bremen ausgesprochen. Auch in Württemberg und Baden hat die Errichtung einer staatlich geordneten Inter essenvertretung der Arbeiter früher wiederholt Zustimmung ge funden. Als Herausgeber der aus dem Nachlaß des Jrhrn. Wilhelm vHa »i merstein, ehemaligen Redakteurs der ..Kreuz-Ztg.", tzer- rührendeu Sammlung von Brieic» und persönlichen Erinnerungen wird vom Hamb. Korr, der frühere antisemitllcde ReicbStagS- abgcordnete Hans Lcuß, der sich durch einen Ehebruch-Prozeß und in jüngster Zeit durch seine in Buchiorm veröffentlichten Skizzen „AuS dem Zuchthanse" eine» gewissen Namen gemacht hat, genannt. Tie jüngst erschienene Nummer des „SimplicissimuS" ist in Berlin konfisziert worden. Ten Strakenhändlem wurde das twn den Nevierlcutnants aizgevrdnele Verbot des Weitewerkauis zngestellt und die noch vorhandenen Nummern wurden beschlagnahmt. Der Grund hierzu dürste in der Zeichnung und dem Tezst zu ..Sein Mollke" zu suchen sein. Oesterreich. Gegenüber einem offiziösen Dementi wird von bestinformierler Seite versichert, daß sich Herr Dr. v. Koerber tatsächlich im Besitze eines in den wärmsten Ausdrücken gehal tenen Telcgrammcs des Kaisers Wilhelm befindet, welches dieser an den österreichischen Ministerpräsidenten aus Anlaß von dessen Rücktritt gerichtet hat. "Aus leicht erklärlichen Gründen wird aber die Veröffentlichung dieses Telegramms von der ein zigen hierzu berechtigten Stelle unterlassen. In den Kreisen der deutschen Studentenschaft Wiens macht sich eine Abfallsbewegung von der katholischen Kirche bemerkbar. Man ist unzufrieden mit der strengen Be strafung anläßlich der Sludeitten-Demonstrationen gegen de» Universltätsrektor und wegen der Haltung der Regierung bei der Schulreform. Die Studenten erachten als beste Antwor» darauf den Uebertritt zur evangelischen Kirche. Der Uebertritt soll mit besonderer Feierlichkeit vor sich gehen. Frankreich. Vor dem Untersuchungsrichter wurde de» Schwager Syvetons, Dr. Barnay, mit Madame Syveto» konfrontiert. Es heißt, Dr. Borna» habe Frau Syveton direll beschuldigt, ihren Gatten umgebracht zu haben. Rußland. Das Gerücht wird bestätigt, daß ein neuet Ma nifest des Zaren bcoorstcht. Rumänien. Das Parlament wurde aufgelöst. Dil Neuwahlen finden vom 1. bis II. Februar statt. Das «eu« Parlament ist auf den 23. Februar einbcrusen. Kunst und Wissenschaft. ff In der Königl. Hofovcr gebt heute Abend Bellinl» „ Norma" in Szene DaS Königl. Hofschauspiel gib! GimmeribalS fünsaktigeS Märchenspiel „Namzarit". Beginn beiver Vorstellungen halb 8 Uhr. ff Im Rcsidenztheater gelangt nachmittags halb 4 Uh» daS Märchen „Die W e t h n a ch ts i n s e l", abends halb 8 Uhl die Operette „Der Generalkoniul" zur Auffühiung. s MotettetnderFrauenkirche. Sonnridenv den 7. Januar, nachmittags « Ulir. 1. Abagio in 8 sür Orgel von C- August Fischer. 2. „Zu Bethlehem geboren", Melodie aus dem 17. Jabcbundcit, für Lboe und Solostimmen geletzt von Paul Schöne. 3. „Mache mich selig, o Jesu ", sür Sopransolo, 1 Knabenstimmen und Orgel komponiert von Alb. Becker. 1 „Die drei Weisen aus dem Morgenlanve", Stimmungsbild sür Orgel von Otto Mailing. 8. „Sei still", geistliches Lied sür Sopran und Orgel von Otto Urbach. 8. „Herr Gott, du bist unsre Zuflucht", »stimmiger Ebor von Felix Menvelssobn-Bartboldo. — Die Gesangsloli hat Frl. Olga Maihak, Konzettsöngcrin und Gcsanglehrerin, freundlich!! übernommen. Orgel: Herr OrgewittuoS Aldett Kram- Leitung: Herr Kantor Paul Schöne. ff Heute findet der Liederabend Maria Spies unter Mitwirkung von Leo Funtek lVioline) im Musenhause statt. ff Koenen-Konzert. Erlesene Genüsse vermittelte die treff liche Lilly Koenen auch in ihrem zweiten und letzten Liederabend, der vorgestern im großen Saale des VerrtnS- kauseS ein ungemein dankbares Publikum fand. Die Künstlert« interpretierte, voizügtich disponiert und wunderbar bet Stimmung, ein mit vornehmstem musikalischen Geschmack zusgmmengrstrüie- Programm. daS Schubert, Schumann und BrahmS als tzanptsäch- lichste Stützen ausivieS. um aus- neue, von wachsendem Beifall begleitet, ihre hervorragende musikalische Begabung, ihr nrgelund«» Material und ihr in schöner Zucht groß gewordenes VoitragStalent lus hellste Licht zu rücken. Am glänzendsten gelang ihr daS vor gestern Abend wieder in den mehr tragischen Stücken, so in de» Lieder» von Schubert, dem .Arme» Peter" von Schumann, dann aber auch In den „Ziaennerlirdern" von Brahms. Einen Sonder- erfolg «sang sich die Künstlerin mit dem hinreißend Vvrgettagen«» „Ikarus" von Ersten, dessen mit grandiosen, Aufschwung gesunge ner Schluß minutenlangen Beifall auSlöste. Natürlich fehlten bei solcher Anrnahme. der Tilly Koenen immer gewiß sein darf, dt« obligaten Zugaben nicht, die man der Sängerin vorgestern förm lich abtratzte. AIS guter Begleiter bewährte sich Herr Kapell meister Karl Müller auS Berlin: nur in den Brakm-schen „Aigeunciliedettr" hätte man sich noch mehr Temperament, ein schärirreS Betonen des Rhythmus am Flügel gewünscht. N. ff Der abgelehnte Bauer nffeld-Prei». Karl Sprtteler. der vielgenannte schweizerische Dicht« '— ibm vom Bauernfeld-Äuratorium für fein Werl