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Aben-Aussabe VoimrrKav, is. Dezember 193« Ar. r»4 VrabtanIckMNi «achUchte» Lrelde» Aernwrecher- Lammelnummn: «»1» Nur ur «ackNvelpiLchei Nr. »00U «chrtlNeilun, u. HaupigeichLsUfielle! »r«»dea-A. t. Mavealkar« M/4» GegrLnöet 18AH >e»«g»-«»<I-r tri U,I><» »««>«»0«« L-chrlw», «miatlich ».40 VN. <Nnsck,NebM» N> Pf«. Dr rrckgerlodn», d»ch Voftbegug ».io v!k. einschließlich « VI«. V»fta«bühr (»hae Voft»uftellang»grbühr) »ei »«ai wSchrntliche« Verl and. Mn,einummer lv PI«. «n,eigenpre>>e? »t« einipaiiige »o «m drei» geil« »4 VI»., lür auiwicts «0 VI». stamUienan,einen und Siellengeluch« ohne »ab«« l» VI»., imßerhalb »» Vlg., dl« N> m» »reile «eklame,eile »oo Psg., außerhalb »ho VI«. Liierter» «ebllhr »o VI«. Iu»«irtige «uftrtge gegen Borauibezahlung Drsck «. Verlag: Lleplch « veichmd«, Lrelden-Voltlcheck-Sw.»««» Dresden Nachdruck nur «il deull.Quellenangabe <Dre,dn. Nachr.l «ulbllig. Unverlangt« SchrtftstLck« «erde» ntchi «»Ibewahrt Exploftonskatastrophe in Frankreich Eine Fabrik in die Lust gesprengt - io Opfer Paris, 18. Dez. In einer chemischen Fabrik in Mau ei o » x bei Saint Gaudens ««weit von Toulons« er eignete sich am Mittwochnachmittag eine schwere Explosion, durch die sämtliche Fabrikgebäude in die Snst gesprengt wurde». Die Belegschaft der Fabrik, die über 190 Arbeiter beträgt, wurde von dem Unglück überrascht und fast ans- aohmSloS verschüttet. Einem Teil gelang es. sich selbst ans den Trümmer» zu rette». Andere wurde» mit schweren Ver letzungen geborgen, lieber 10 Opfer liege» »och u»ter de« Trümmern. Aus allen umliegenden Dörfern eilten Hilfv» Mannschaften berbci, die zusammen mit der Feuerwehr und Truppen aus Toulouse das Ncttungswerk begannen. Zuerst wurden zwölf Verletzte aus dem Durcheinander der Steinmasscn und Eiscnteile geborgen. Der größte Teil von ihnen hat so schwere Verletzungen davongetragcu, daß man a« ihre« Auskommen zweifelt. Bei Scheinwerfer« wurde» die Bergungsarbeiten die ganze Nacht hindurch fort» gesetzt. Man vermutet, daß das Unglück aus die Explosiv» eines Aetzmittcl euthaltenden großen Sessels zurück» zusühren ist. Bis in die frühen Morgenstunden wurden siebe» Tote geborge«. Di« Rettungsarbciteu haben sich infolge der herrschenden Dunkelheit sehr schwierig gestaltet und werden wohl den ganzen Vormittag in Anspruch «ehmeu. Gtn Gifenbakmzuy überfährt einen Autobus Warschau» 18. Dez. Bei Wolkowisk im nördlichen Kongreßpolcn überfuhr gestern ein Personenzug einen voll besetzten Autobus, der gerade den Eisenbahnübergang kreuzen wollte. 17 Personen wurden schwer verletzt, am Aufkommen von fünf Fahrgästen wird gezweifelt. Obwohl die Schranken nicht geschlossen waren, ist der Wagen führer verhaftet worden. Brian- llMMM seine Politik Paris, 18. Dez. Auf dem Bankett des republika nischen Komitees für Handel und Industrie, das gestern abend unter dem Vorsitz des Ministerpräsidenten Steeg statlsand, ergriff auch Briand das Wort. Er beglück wünschte sich dazu, daß trotz aller Angriffe gegen ihn er heute eine Rechtfertigung erfahre, die ihn ermutige, die Politik, die er ckls ehrenhaft für Frankreich und als nützlich für Frankreichs Interesse« erachte, weiter zu verfolgen. Trotz der lebhaften und oft verleumderischen Angrisse, denen er ausgesetzt werde, sei er sich darüber klar, daß die ungeheure Mehrheit des Landes mit ihm gehe. Frankreich wünsche niemand anzugreifen, es wolle den Frieden. Aber trotz des brennendsten Friedcns- wunsches müsse man alles tun, damit Frankreich niemals in seiner Existenz bedroht werde. Man müsse das Notwendige unternehmen, damit beispielsweise in der Abrüstungssrage die ehrlich gewillten Nationen nicht das Opfer der unehrlichen sein würden, damit auch der Völkerbund an moralischer und phnsischer Kraft zunehme. In diesem Sinne habe er sich stets geäußert. Die erste Bedingung, das Friedenswerk zum guten Ende zu führen, bestehe darin, nicht fortwährend Befürch tungen haben z» müssen und die notwendige Kraft zu besitzen, sich auch Gehör zu verschaffen. In den verschiedenen Ministerien, denen er angehört habe» habe er stets die Auf merksamkeit auf die Notwendigkeit einer starken Grenzorganlsation gelenkt und darauf, daß eS dem Heer an nichts fehlen dürfe. Man habe nach Sanktionen gefragt. Gewiß gebe eS keine Sanktionen, aber immerhin eine moralische Sanktion, und moralische Sanktionen hätten bei den Völkern trotz allem einen Wert. Weil sie die moralische Sraft außer acht ließen, hätten die Führer eines großen Volkes dieses einem tragischen Schicksal entgegengesührt. Zum Schluß erklärte Briand: Wissenschaftler und Gelehrte hätten daran gearbeitet, die Menschheit von allen möglichen Krankheiten und Plagen, die man früher als unheilbar an gesehen habe, zu befreien. Sollten sich die Völker nicht auch von dieser schrecklichen Pest, dem Krieg, heilen können? Wenn er Zuschriften erhalte, aus denen ihm Haß und Mißgunst cntgegenklängen, tröste er sich mit dem Bewußtsein, daß Millionen französischer Mütter sich ihm zuwenden und ihm sagen: Laß» nicht nach, laßt nicht nachl Er werde bis zum letzten Atemzug an seinem Werke arbeiten. * Diese Rede mit ihrem geschickten Lapieren zwischen rechts und links ist echtester Briand. Es kam ihm im Moment daraus an. für die heute stattfindende Kammcrsitzung, in der sich das neue Kabinett vorstellen wird, sich eine möglichst breite Basis zu sichern: daher die Verbeugungen nach rechts, daher die versteckten, aber um so boshafteren Ausfälle gegen Deutsch, land, die Vorwürfe der Unehrlichkett und der Nichtachtung moralischer Gesetze. So sanft bann wieder gelegentlich seine Friedensschalmei klingen mag, in diesen unehrlichen An- griffen liegt echt französischer Chauvinismus und Unduldsam keit, die heute in der Kammer Briand und sein Kabinett über die schwere Stunde hinweghelfen soll, die aber uns erneut lehren muß, daß eS auf solcher Basis keine Verständigung gibt. Der Kampf um -ie Realfteuern s vralltmoläung nnvoror vorlluor SobrUtloltnug Berlin, 18. Dez. Die Deutsche Volkspartei wirb, wie ver lautet, ihren Antrag auf Kürzung des neuen Etats um weitere 80» Millionen durch einen wetteren Antrag er gänzen, durch den als Stichtag für die Gestaltung der Real steuern in Ländern und Gemeinden nicht der 81, sondern der 1. Dezember 1930 vorgcschlagen wird. Die Not verordnung vom 1. Dezember bestimmt bekanntlich, daß mit Wirkung vom 1. April 198l den Ncalsteuern der Länder und Gemeinden keine höheren Steuersätze zugrunde gelegt werden dürfen als lene, die bis zum 81. Dezember 1980 rechtswirksam beschlossen oder durch die Aufsichtsbehörde kraft Landesrecht festgesetzt worden sind. Biele Gemeinden versnchen nun noch, vor dem bl. De, zember 1S3« ihre Realfteuern zn erhöhen. Die kommunalpolittsche Zentralstelle der Sozialdemo kratischen Partei hat sogar an die sozialdemokratischen Gemeindevertreter die Weisung htnauSgehen lasten, eine Erhöhung der Realfteuern vor dem 31. Dezember unter allen Umständen zu beschließen. was dem Sinn der Notverordnung absolut znwiderlSuft. Einem solchen Vorgehen will die Deutsche BolkSpartet dadurch einen Riegel vorschicben. daß sie in ihrem Antrag den 1. Dezember zum Stichtag macht, so daß alle be schlossenen Erhöhungen der Rcalstcucrn ungültig würden. In der heutigen Sitzung des Preußischen Land tages stellte Abg. Borck sDnat.s den gleichen Antrag, der sofortigen Beratung wurde von de» Sozialdemo kraten widersprochen. Graf Vernftorff berichtet Berlin, 18. Dez. Der Auswärtige Ausschuß des Reichs tages trat am Donnerstag früh zusammen und nabm einen ausführlichen Bericht des Botschafters a. D. Grasen Bernstorfs über die Genfer AbriistungSverhandlungcn entgegen. Reichsaußenminister Dr. CurtiuS wohnte der Sitzung bet. Nach dem Bericht des Grasen Vernftorff begann die Aussprache über die Abrüstungssrage. Als erster sprach der nationalsozialistische Abgeordnete Hierl. Seine Ausführungen riesen den lebhaften Protest der Linken her- vor. Die Folge war eine stundenlange GcschästSordnungS- debatte, die zeitweise stürmische Formen annahm. Der Ausschuß setzte darauf die sachliche Aussprache fort. Es ist beabsichtigt, eine Mittagspause einzulegcn und die Be ratungen am Nachmittag zum Abschluß zu bringen. Das Verbot -es StahlhelmfilmS aufgehoben Berli», 18. Dez Di« Obersilmprüsstelle beschäftigte sich heute mit der Beschwerde gegen das Verbot des Films „Der Stahlhelm am Rhein*, das vor acht Tagen von einer Kammer der Filmprüsstelle Berlin ausgesprochen wor den war. Wie erinnerlich» hatte nicht nur der Stahlhelm, sonder« auch der Sammervorsitzende selbst Be» sch werde gegeu das verbot erhoben, weil di« Sammer- mehrheit sich über die Gutachten der Sachverstän digen, die einheitlich de« Film für unbedenklich er, klärten, hinweggesetzt hatte. Die Obersilmprüsstelle hat, wie der Stahlhelm mitteilt, nach kurzer Verhandlung das Verbot dieses Films anfgchoben und im Sinne der Sachverständigen gutachten der Borinsta«, de« FUm sür die «orsührung im Gesandter Rauscher 2 Berlin, 18. Dez. Der deutsche Gesandte in Warschau, Ulrich Rauscher, ist heute nacht in Sankt Blasien, wo er sich zur Heilung seines Leidens aushielt, im Alter von IS Jahren gestorben. Nach dem kürzlich erfolgten Tod des Belgrader Gesandten Dr. Köster war Ulrich Rauscher auf dem Warschauer Posten der Exponent der Sozialdemokratie im diplomatischen Dienst, ohne daß er allerdings auf die Parteizugehörigkeit Wert gelegt ober sie nach außen zur Schau getragen hätte. Der Verstorbene war der Sohn eines Stuttgarter Gymnasial-Professors. Er studierte Jura, war Korps student und betätigte sich srüh in der Politik. Nach dem Referendar - Examen ging er in die Journalistik und arbeitete zunächst als Korrespondent für die „Frankfurter Zeitung*. Im Kriege war er, damals noch Annexionist, mehrereJahre hindurch Pressechef beim Deutschen Generalgouver nement in Brüssel. Als solcher machte er die Be kanntschaft Scheidcmanns, der ihn unmittelbar nach der Staatsumwälzung als Adlatus nach Berlin berief, wo er bald Mtnistertal- btrektor und Pressechef der Reichsregierung wurde. Ebert fand Gefallen an dem ge wandten. eleganten und schlagfertigen Parteigenosten, und s» blieb Rauscher in seiner Stellung, bis im Juli 1929 das rein bürgerliche Kabinett Fehrenbach antrat. Da gerade kein anderer Gesandtcnposten frei war, wurde Rauscher nach Tiflis geschickt, wo er sich natürlich kaltgestellt und unglück lich fühlte. Eberts Gunst brachte ihn dann 1922 aus den wich tigen Posten nach Warschau. Dort hat sich Rauscher mit seiner Fran eine ausgezeich nete gesellschaftliche Stellung im diplomatischen Korps und in der polnischen Gesellschaft geschaffen. Aktiv und expansiv war er immer und überall dabet, wo in den feudal-aristokratischen Warschauer Negierungs- und Gesellschaftskreisen gebechert, gepokert, geflirtet und nebenher Politik gemacht wurde. Auch die Gesandtschaftsräte, die Legationsräte und Attaches mußten nach seinem Beispiel immer aus der Tour sein und Fäden spinnen. Aber den gesellschaftlichen Erfolgen entsprachen keine politischen Taten. Hier aus dem eigentlich politischen Gebiet stand dem Gesandten Rauscher doch seine Partei zugehörigkeit hemmend im Wege. Der Umstand, daß er sich mit polnischen Fürsten und Grafen -uzte, hat doch nicht verhindern können, daß er sich von ihnen gründlich ein wickeln ließ. Auch seine besten Freunde konnten ihm, als er vor zwei Wochen nach achtsähriger Tätigkeit aus Warschau schied, nicht nachrühmen, daß sein dortiges Wirken ein Erfolg für Deutschland gewesen sei. Im Gegenteil, gerade die letzten Herausforderungen der Polen und ihr Vernichtungskeldzug gegen bas Deutschtum haben bewiesen, daß Rauschers Metho de» der Nachgiebigkeit, des Entgegenkommens und der welt männischen Liebenswürdigkeit fehl am Platze waren. Mit der Neubesetzung des Warschauer GcsandtenpostenS ist deshalb auch ein gründlicher Systemwechsel geboten. » Rauschers Ableben kommt der weiteren Oeffentlichkeit voll kommen überraschend. Erst vor drei bis vier Wochen habe» sich in Warschau die ersten Anzeichen einer Erkrankung be merkbar gemacht, die mit den Sumptomen einer Kehlkopf entzündung austrat und mit Fieberzuständen verbunden war. Vor etwa zehn Tagen kaum Rauscher deshalb nach Berlin um verschiedene Aerzte zu konsultieren. Er lag hier drei Tage zu Bett und wurde dann von den Aerzten nach St. Blasien im Schwarzwald geschickt. Seine Gattin, die ihn begleitet hatte, verließ auf ärztliches Anraten das Sanatorium nach drei Tagen wieder, da der Patient nicht sprechen und auch mit dem Pflegepersonal nur schriftlich verkehren durfte. Sie wurde vorgestern wegen einer ernsten Verschlimmerung des Zustandes von Warschau wieder abgerufen, da sich die Krankheit als eine Kehlkopf, und Lungentuberkulose akutester Art herausgestellt hatte, die auch keinen operativen Eingriff mehr zuließ. Im Beisein seiner Gattin verschieb Ulrich Rauscher heute früh gegen k Uhr. ohne sich seines Zustande» bewußt zu werden: er hatte noch eine Stunde zuvor nach Zigaretten verlangt und keine Beschwerden empfunden. In der heutigen Direktorenbesprechung des Auswärtigen Amtes gedachte Staatssekretär von Bülow des Ver- storbenen mit herzlichen Worten und würdigte die Verdienste des so früh bahtngeschiedenen Diplomaten. Der Reichspräsident, der Reichskanzler und der Reichs- autzenmtnister haben der Gattin des Verstorbenen tele graphisch ihre Teilnahme ausgesprochen. Auch der Berliner Journalismus ehrte heut: das Andenken Dr. Rauschers. Der Vorsitzende der Presse konferenz Major a. D. Schweitzer, gedachte in herzlicher Worte» de» Verstorbeue».