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Aus dem Kelch des Türkenbundes Kommt ein Neger stolz gezogen; Licht auf seinem grünen Turban Glüht des Halbmonds goldner Boeren. Prangend aus der Kaiserkrone Schreitet kühn ein Scepterträger; Aus der blauen Iris folgen Schwertbewaffnet seine Jäger. Aus den Blättern der Narcisse Schwebt ein Knab’ mit düstern Blicken, Tritt an’s Bett, um heisse Küsse Auf des Mädchens Mund zu drücken. Doch um’s Lager drehn und schwingen Sich die andern wild im Kreise; Drehn und schwingen sich, und singen Der Entschlafnen diese Weise : „Mädchen, Mädchen! von der Erde Hast du grausam uns gerissen, Dass wir in der bunten Scherbe Schmachten, welken, sterben müssen! O, wie ruhten wir so selig An der Erde Mutterbrüsten, Wo, durch grüne Wipfel brechend, Sonnenstrahlen heiss uns küssten: Wo uns Lenzeslüfte kühlten, Unsre schwanken Stengel beugend, Wo wir Nachts als Elfen spielten, Unserm Blätterhaus entsteigend. Hell umfloss uns Thau und Regen; Jetzt umfliesst uns trübe Lache; Wir verblühn, doch eh’ wir sterben, Mädchen ! trifft dich unsre Rache! ‘ ‘ Der Gesang verstummt; sie neigen Sich zu der Entschlafnen nieder. Mit dem alten dumpfen Schweigen Kehrt das leise Flüstern wieder. Welch ein Rauschen, welch ein Raunen: Wie des Mädchens Wangen glühen! Wie die Geister es anhauchen! Wie die Düfte wallend ziehen! Da begrüsst der Sonne Funkeln Das Gemach; die Schemen weichen. Auf des Lagers Kissen schlummert Kalt die Lieblichste der Leichen. Eine welke Blume selber, Noch die Wange sanft geröthet; Ruht sie bei den welken Schwestern, — Blumenduft hat sie getödtet! Sonate für Violine von F. W. Rust (mit hinzugefügter Pianoforte-Be- gleitung von F. David', vorgetragen von Frau Norman-Neruda. Arie aus „Elias“ von F. Mendelssohn-Bartholdy, gesungen von Herrn Gura. Es ist genug! So nimm nun, Herr, meine Seele; ich bin nicht besser, denn meine Väter. Ich begehre nicht mehr zu leben, denn meine Tage sind vergeblich gewesen; ich habe geeifert um den Herrn, den Gott Zebaoth, denn die Kinder Israels haben deinen Bund verlassen, und deine Altäre haben sie zerbrochen, und deine Propheten mit dem Schwert erwürgt. Und ich bin allein übrig geblieben, und sie stehen danach, dass sie mir mein Leben nehmen! Es ist genug! So nimm nun, Herr, meine Seele!