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Vertreter des evaugelisch-lukhertschen LanbeSkonfisto» KirchrnrcgimeutS uud der Stadtaemeinde, insbesondere zu Dresden als Patron verschiedener ländlicher Kirch» . . sowie der beiden Dresdner Köntal. LmtShauptman»- , nnd BejirlSschultnspekttonen mit anwesend. Die Versamm- »nrde mit Lhoralaesana nnd Lebet rtnaeleitet und ge» Der Vorsitzende Ephvm», Herr Obrrkonsistorialrat ^»Dresden, gedachte in seiner Ansprache der für die evan» aelttch-lutb«rische Suche als Volks» oder Landeskirche beslchenden Ausgaben und Wichten zur Förderung des kirchlichen Lebens unseres Volkes. Der Epboralbericht des Vorsitzenden verbreitete sich über die römisch-katholische Bewegung, daS Sektenwesen, die verschiedenen kirchlichen Handlungen, wie auch über den all gemeine» und Cborgesang in der Kirche: hierbei ist die Bildung imd Tätigkeit freiwilliger gemischter Kirchenchor-Gesanavereine besonder« noch mit anzuerkennen, wie solche z. B. in Blasewitz, Loschwitz. Leuben. Lockwitz, Pesterwitz, im Plauenscken Gründe und in noch einigen anderen Kirchgemeinden der Epbotte schon be stehen. Da« die wie in der Stadt auch auf dem Lande mehr und mehr üblich gewordenen Gottesdienste in den Abendstunden allent halben weit besser besucht sind, als solche nachmittags, liegt wohl in dem Umstande, da» daS öffentliche Leben jetzt ei» ganz anderes ist, als in frühere» Jahren; dem angepaht wurden auch die Ein- ncbtungen in HanS und Familie, und die Sonntage namentlich sind BerkehrStage anderer Art geworden. Wie der allgemeine und Cborgesang ü, der Kirche hat auch die Kirchenmusik eine fort schreitende Wege gefunden. Die Zahl der Kommunikanten habe — wenn auch in einzelnen Gemeinden abaenommen — im all gemeinen z„genommen, seitdem zur Kommunion häufiger Gelegen heit geboten wurde. Im übrigen besprach noch Herr Pastor Rein- wardk von Leuben Vortragsweise Kirchliches und Unkicchliches auf dem Lande. - 7^ Den 27. Jnnt 1888 gab die Stadt Dresden sechs von ihr auf öffentliche Kosten zu versorgende Kinder in die Umgegend von Dohna in Jamilienpflege und begründete damit die Waisen- kol» ni e D ohna , zur der zur Zeit die Ortschaften Burgstädtel. Dohma, Dohna, Gorknitz, Heidenau, Kleinluga, Kleinsedlitz, Kött- witz, Meußlitz, Mügeln, Röhrsdorf. Sporbitz, Wölkau und irren gehören. Aus Anlaß der 50jährigen Wiederkehr dieses TaäeS fand vorgestern von nachmittags 3 Uhr ab in der Schank- Wirtschaft zum Lugtunn bet Kleinluga eine Festlichkeit statt, zu der 37 Kinder mit den Wegecltern eingeladen worden waren nnd an der sich als Ehrengäste Herr Pfarrer Fischer aus RöhrSdorf, der jetzige und Herr Pfarrer Wallenstein ans Niederau, der frühere Leiter dieser Kolonie, sowie von den Mitgliedern des Ausschusses für das Armcnwesen die Herren Stadträte Kuhn, Lungwitz und Gandil, die Herren Stadtverordneten Krauße, Beyer und Gärtner, sowie die Herren Privatmann Gäbler, Apotheker Hosmann und Sattlermeister Große, zum teil mit ihren Dame», beteiligten. Der Vorstand des Armenamtes, Herr Stadtrat Kuh», begrüßte die Er schienene», gab einen kurzen Rückblick über die Begründung der Kolonie, teilte u. a. mit, daß seitdem 814 Kinder in ihr Aufnahme gefunden haben, dankte allen denen, die sich der Beaufsichtigung der Kinder und ihrer Wege bisher unterzogen haben und noch unterziehen und brachte zum Schluß er» allseitig begeistert aus genommen«« Hoch auf den Kaiser und den König aus. Hierauf wurden sämtlich« Anwesenden mit Kaffee und Kucken und ein fachem Abendbrot bewirtet und die Kinder durch Veranstaltung eine« Vogelschießens und anderer Vergnügungen unterhalten. Weit«« Ansprachen erfolgten durch die Herren Pfarrer Fischer, Privatmann Gäbler und Pfarrer Wallenstcin. Unter herzlichen DankeSworten verabschiedeten sich die Kinder mit ihren Pflegeeltcrn in der 9. Abendstunde. Die schlichte, vom schönsten Sominerwetter begünstigte Feier nahm in jeder Beziehung den besten Verlauf und wird alle Teilnehmer noch lange gern an die so angenehm ver brachten Feststunden in dem schattigen Garten des herrlich gelege nen Lugturms zurückdenken lasse». — Der Dresdner Lehrergesangverein veran staltet sein inesjähriges Sommerkonzert Mittwoch, den 8. Juli, abends halb 9 Uhr. im Garten des Linckeschen Bades. — Der in der gestrigen Mitteilung erwähnte SonntagSzug am 3. Juli abends von Pirna nach Gottleuba wird nicht adgelassen, eS verkehrt am 3. Juli abends nur der Sonntags- zug von Gottleuba (Abfahrt 9 Uhr 50 Minuten) nach Pirna, welcher die Teilnehmer des Schützenfestes zurückbefördern soll. — Die JahreSrechnung des ranken-Unter st ütznng-vereinssächs »scher Lehrer" bis 1. April 1905 verzeihet 4150 Mitglieder rn 160 Bezirken, über 78 000 Mark Einnahme und über 77 000 Mk. Ausgabe und etwa 450 Mk. BereinSvermögen. Die Leitung des Vereins übernahm Herr Lehrer Scholze-Poischappel. — Der Unterftühungsverein der Dentsch- Oestrrreicher, eingetragene Genossenschaft, zu Dresden, vermrstallet am Sonntag von nachmittags 4 Uhr an in den ge- samten Garten- und Restaurant-Lokalitäten deS „Feldschlößchen"- Etablissements ein großes Sommerfest, dem der Charakter eine- patriotischen, deutsch-österreichischen Volksfestes zu Grunde liegt. — Einen alle Teilnehmer hochbefticdigenden Verlauf nahm der a« letzten Sonntag vom Evangelischen Arbeiter verein zn Dresden-Cotta veranstaltete Sommcrausflug. Zahlreich« Vereinsmitglieder nebst Angehörigen, etwa 300 an der Zahl, fuhren mit deni Dampfer „Karlsbad" nach Pillnitz, wo miter Führung des König!. Hofgärtners eine eingehende Besich tigung d«S herrlichen Schloßgnrtens vorgenommen wurde. Vor dem Schloß brachte der Vorsitzende Herr Pfarrer Schmidt ein jubelnd aufgenominenes Hoch aus Se. Majestät und das königliche HanS aus. Alsdann ging s durch den romantischen Friedrichsgrund nach der Meixmühle, wo sich bald ein fröhlich^ Leben und Treiben entwickelte. Rach einigen Stunden geselligen Beisammen seins wurde mit Schiss die gemißreichc Heimmhrt angetretcn. — Von dem verstorbenen Fräulein Marie Thieme ist dem Dresdner Lehrerinnenheim ein Vermächtnis von 20000 Mark und von dem gleichfalls verstorbenen Fräulein Pauline Cachin «in solches von 1000 Mark hinterlassen worden. — Am Mittwoch nachmittag hatte der Besitzer des Berg- keller-Etablissements, Herr Dreßler, die Zöglinge der Taubstummen - Anstalt zum unentgeltlichen Besuche einer Kindervorstellung in seiner Zirkus-Arena emgekden. Gegen 350 taubstumme Zöglinge mit Begleitpersonen nahmen in dem schattigen Garten des Bergkcllers Platz und verfolgten die ein zelnen Nummern der Aufführung mit großem Interesse. Leb haften Beifall erregten bei den Kleinen insbesondere die komischen Szenen der Clowns und vor allem die Tierfamilie des Papa Rebusa. — „DaS istBadewetter!" Die anhaltende heiß« Witte rung hat den Elbbadeanstaltsbesitzern in den letzten Wochen eine äußerst rege Frequenz gebracht. Die Anstalten sind zurzeit vom fruhen Morgen bis zum späten Abend ein gesuchtes Ziel aller erfrischungsbedürstiaen Menschen. Di« verschiedenen Freibäder für Männer und Knaben, Frauen und Mädchen wollen zeit weise wieder nicht zureichen, so groß ist an gewissen Stunden des Tages der Andrang. — Nächsten Sonntag finden die vaterländischen Fest- spiele auf den Wiesen unterhalb AntonS und auf der Elbe statt. Eine schöne Aussicht auf die Schwimmer- und Ruderergnwpen bieten die Elbterrafsen des „Linckeschen Bades". Diese Wettkämpfe sind von der Drachenschänke aus recht gut zu beobach ten, besonders da sich der Sprungturm für die Schwimmer und daS Ziel für die Ruderer direkt vor der Drachcnschänke befinden. — Der Maler und Lackierer Sp. aus Loschwitz wird seil dem IS. Juni vermißt. Da in letzter Zeit an ihm Spuren geistiger Störung zu bemerken gewesen sind, so >mrd angenommen, daß Sp. ziellos umherirrt. Er ist 85 Jahre alt, Hot graumelierte, lange Haare und graumelierten Schnurrbart und angchende Glatze. Bekleidet ist er mit dunklem Jackett anzug und Sommeruberzicher. Etwaige Wahrnehmungen wolle man dem nächsten Polizeibeamten oder der Gemeindeverwaltung Loschwitz anzeigen. — Au einem erbitterten Kampfezwischen italieni schen und heimischenBauarbeitern kam es am Dienstag nachmittag auf dem Bauplatze der neuen Zellulosefabrik bei Heidenau. Eine Erbitterung über die Beschäftigung so vieler einem tolle« Hunde gebissen und in der Tollwutsiotion in Berlin untergebracht worden sein sollen. — Gröditz sElsenwerkj. Am Fahrstuhl tödlich verunglückt ist am Mittwoch mittag der SOjähnae Fabrikarbeiter Zöllner auS Lolelitz. Er wurde von dem niedergehenden Fahrstuhl er drückt, sodaß der Tod augenblicklich erfolgte. — Line Taubstummen - Tranung, bei der Braut und Bräutigam taubstumm waren, fand am Sonntag in derMatthäuS- kirch« in Chemnitz statt. Eltern, Geschwister. Ha»sgenossen hatten dem stillen Paare, das früher nur eine Zivilehe eingegauaen lmir, daS Geleite zum Gotteshaus gegeben. Nachdem die Ein- leitungsverse. die daS gewandt lesende Brautpaar im Gesangbuch verfolgte, verklungen waren, sprach der Pfarrer den EinleitungS- spruch. Hierauf trat er mit der Handaaende an das Brautpaar, sprach zeilenweise, dabei auf das Gesprochene zeigend, dessen Inhalt durch vorherige Abschrift dem Brautpaar zur Kenntnis ge bracht worden war. Auf die betreffenden Fragen antwortete das stumme Paar, welches bei der heiligen Handlung sehr bei der Sache war, durch Kopfnicken. Ein Kind der Neuvermählten, das mit normalen Sinnen begabt ist, wurde am Nachmittag getauft. — Am Mittwoch nachmittag schlug in Schwarzen berg i. E. der Blitz zweimal «in. Durch Blitzschlag wurde auch die mit Baumaterialien nnd Geräten angesüllte Scheune deS Baumeisters Blur auf dem Totenstein eingeäschert. — Ebersbach wurde am Mittwoch mittag in der -weiten Stunde von einem äußerst heftig austretenden Gewitter heimgesucht. Dabei schlug der Blitz in das zweistöckige, mit Stroh gedeckte Wohnhaus des Wirtschastsbesitzcrs Friedrich Wilhelm Bitterlich im Njederdorfe. Infolge schneller Hilfe der Feuer- wehren brannte nur der Dacbstuhl ab. Im Stalle wurde ein Schwein nnd eine Kuh vom Blitz erschlagen. — Wie alljährlich am Fronleichnamstage hielt auch Heuer am Donnerstage, den 22. Juni, ein Kern der Evangelischen des Böhmerlandes, der „W e stböhm.is ch e Gustav Adolf- Zweigverein", sein Jahresfesx ab, diesmal in Brüx. Herr Pfarrer Schaarschmied-Dux hielt die tiefdnrchdachte Fest predigt auf Grund des Apostelwortes 1. Thess. 4, 9 bis 12: er zeugte von der treuen Arbeit' des Gustav.Adolf-Vereins, von der innigen Hingabe an die evangelische Sache, von dem Ringen nach innerer Stille durch den Frieden mit Gott, zu dem uns daS Evangelium führt. Nach dem Gottesdienste fand unter dem Vorsitze des Herrn Pfarrers Pinsch-Komotan und Herrn Tr. Zilchert-Prag eine Beratung statt, nebst Verteilung der Liebes gaben an unterstützungsbedürftige Gemeinden. Der Tag schloß mit einem Familienabend in der „Tonhalle" zu Brüx: manch herzliches, begeistertes Wort wurde gesprochen, besonders von den Herren Pfarrer Koch-Brür und Becker-Tvrnchal i. S., wobei die innigen Beziehungen zwischen Brüx und Sayda betont wurden, ferner von Herrn Kurator Oberoergrat Hüttemann u. a., während Herr Pfarrer Webren-fennia-Turn Lichtbilder aus Luthers Leben vorführte. Ms Ort für daS nächste Jahresfcst tourde BuÄweis bestimmt. — OberkriegSgericht. Der 1882 zu Hintergersdorf leborenr Unteroffizier Max Emil Winkler von der 3. Kompagnie >es 177. Infanterie-Regiments steht unter der Anklage des 'chweren Diebstahls. Der disziptinell häufig bestrafte und von einem Kompagniechef ungünstig beurteilte Angeklagte ist be- chuldigt, am 23. April den Schrank eines Kameraden mittels falschen Schlüssels geöffnet und daraus eine Litewka gestohlen zu haben. W. hat zunächst geleugnet und sich erst dann zu einem Geständnis bequemt, als die Litewka bei seiner Geliebten in Arnsdorf gesunden wurde, indessen bis zuletzt behauptet, der Schrank sei unverschlossen gewesen. Das Kriegsgericht der 23. Division Hot ihn jedoch in vollem Umfange für schuldig er achtet und unter Zubilligung mildernder Umstände zu 3 Monaten Gefängnis und Degradation verurteilt. W.s Berufung wird verworfen. Als Verteidiger war dem Angeklagten Kriegs- gerichtsrat Dr. Genge bestellt worden. — Wegen Achtuuas- verletzung, ausdrücklicher Gehorsamsverweigerung und Be harrens nn Ungehorsam hat sich der 1882 zu Schönhcide bei Eibenstock geborene, disziplinell und gerichtlich mehrfach vorbe strafte Soldat Theodor Paul Härtel von der 9. Kompagnie des Schiitzen-Regiments zu verantworten. Ms am Nachmittage des 22. Mai der Angeklagte nach dem Einrücken vom Exerzieren sich zum Ausgehen fertig machte, wurde er von seinem Korporal- schastsführcr gefragt, wo er hin wolle. H. entgegnete darauf: „Auf die Alaunstraße." Aus die weitere Frage, was er dort wolle, gab er zunächst keine Antwort, erklärte aber dann: „Das darf memand wissen!" Dabei nahm der Angeklagte keine vor schriftsmäßige Stellung, lief vielmehr vor seinem Schranke auf und ab, murrte und fluchte vor sich hin. Der Unteroffizier be fahl ihm infolgedessen, mit zum Feldwebel zu kommen. H. ging auch ein Stück mit, lief dann aber rasch die Haupttreppe hinab. Auf den Zuruf des Unteroffiziers kam er -war wieder zurück, erwiderte aber aus den Befehl, mit in die Schreibstube zu gehen: „Nein, ich gehe nicht mit!" und macht« daraus Kehrt, die weiteren Ruse des Unteroffiziers unbeachtet lassend. Zn gunsten des An geklagten, der nur teilweise geständig ist, spricht lediglich, daß er, um sich nicht Unannehmlichkeiten auszusetzen, die Auskunft ver weigert hat. H. hat gegen seine Verurteilung -« 3 Monaten Gefängnis Berufung eingelegt, die jedoch nach erneuter Ver handlung verworfen wird. Die Verteidigung führte Rechts anwalt Dr. Baum. italienischer Arbeiter bestand schon lange; es ickclte ein leidenschaftlicher Zusammenstoß, nachdem zuerst ein Strc^ zwischen einem italienischen Polier und einem Maschinisten voraus gegangen war. Die Italiener flohen dann vom Bauplatz nnd lagerten beim „Carolabade". Am anderen Tage wurden sie ent lassen, um durch heimische Arbeiter ersetzt zu werde». — Wir uns von zuständiger Stelle mitgeteilt wird, ist in Navebnrg nicht» bekannt, daß daselbst vier Personen von Die Revolution in Rußland. In Lodz trafen ans Petersburg Svezialdelegierte des Krieasministeriuins ein.' Eine Kommission soll die Vorkomm nisse der letzten Woche untersuchen. — Der Kosaken general Maniusow wurde auf der Straße in Lodz von Arbeitern angehalten, aus dem Wagen gezerrt und durch Dolch stiche ermordet. Die Mörder entkamen. Die Ermordung soll auf Beschluß der polnischen revolutionären Partei geschehen sein. Aus Lodz wird der „Schics. Ztg." gemeldet: Von der Partei der „Nationaldemokraten" sind Aufrufe verteilt worden, die das Volk übeneugen sollen, daß es von den Juden ins Verderben ge stürzt worden ist. Das Volk wird deshalb zur Niedermetze- lung der Juden aüfgefordert. Die Ausrufe hatten zur Folge, daß ungefähr 50000 Menschen, ausschließlich Juden, aus der Stadt nach entfernter gelegenen Ortschaften geflüchtet sind und dort »um Teil unter freiem Himmel kampieren. lieber die Meuterei auf dem Panzerschiff „Fürst Potemkin" wird ausOdessa unter dem 28. d. M. gemeldet: Gestern abend traf der besagte Panzer hier ein. Alsbald ver breitete sich in der Stadt das Gerückt, baß die Besatzung ihre Vorgesetzten niedergemetzelt hätte, um einen Matrosen in rächen, der, weil er Klage über schlechte Nahrung im Namen der ganzen Besatzung geführt hätte, getötet worden sei. Ferner wurde gesagt, der Leichnam sei aus der neuen Mole ausgestellt und die Matrosen ließen die Behörden nicht hcrankommen nnd drohten, ihnen Widerstand zu leisten. Tausende von Menschen strömten alsdann nach dem Teile des Hafens, wo der Leichnam des Matrosen Omeltschnk vom obengenannten Panzer, der aus Sebastopol mit zwei Torpedobooten angekommcn war, lag. Auf der Brust des Verstorbenen war ein Zettel angebracht mit der von der gesamten Besatzung abgegebenen Erklärung, daß Omeltschnk für die Wahrheit gestorben sec, indem er dem Offizier sagte, daß man den Leuten schlechte Nahrung gebe. Das Publikum wars fortwährend Geldspenden in die am Kopfende deS Toten auf gestellte Büchse, um daS nötige Geld für seine Beerdigung zu sammeln. Unter vielen Lesarten über das Vorgefallene herrscht die vor, daß ein Offizier, welchem Omeltschnk meldete, daß die Mannschaft schlechte Suppe erhalten habe, ihn durch einen Re volverschuß getötet habe. Die gesamte Mannschaft überfiel erst ihn. dann den Kapitän und ertränkte chn mit seinen Offizieren, aus genommen 8, welche sich mit den Matrosen verbündet hatten. In Odessa angckonnnen, brachten die Matrosen die Leiche Omeltschuks in einem Boote an Land und teilten den Behörden mit, daß sie, falls man sie zu verhaften versuche, auf die Urheber des Vernichs schießen würden. Eine rote Flagge wurde wiederholt an Bord des Panzerschiffes gehißt, dessen Besatzung sich nach und nach auf alle Boote uud Dampfer begab, und die Arbeiter zwang, die Arbeit einzustellen. Die Kohlenzreher lieferten der Mannschaft deS Panzerschiffes, welche Omeltschnk «in feierliches Begräbnis be reiten will, Nahrungsmittel. Man erwartet heute abend das Schwarzmeer-Geschwader. Die Erregung der Menge ist ungeheuer. Ein verkleideter Grenzwächter wurde an der Leiche OmeltschukS getötet. Der Bürgermeister der Stadt ist nach stürungen einzustellen. ES geht da» Gerücht, daß da« PackhauS der russischen Schiffahrts-Gesellschaft geplün dert worden ist. Gestern wurden de» ganzen Tag über an vielen Punkten der Stadt Schüsse gehört. Die Zahl der Ber- mundeten ist noch nicht ermittelt. Auf dem Katheoralplatze fand beute abend eine Bombe» explosiv» statt, wodurch «in Schutzmann und der Bombenwerser getötet wurden. Heute wurden einzelne Läden geöffnet. Patrouillen halten die Ordnung aufrecht. Lokalbahnzüge verkehren in Begleitung von Patrouillen. Der Aus st and in den Fabriken dauert sott. ES herrscht offene Revolution. An anderen Stellen kam «A zu Zu sammenstößen zwischen Militär und Demonstranten. Moskau abgereist. Er richtete an die Bürger Odessas ei» Tele- . „ gramm, in welche« er sie bat, sich zu beruhigen und die Ruhr-1 der parlamentarischen Sozialdemokratie. Einer jener Schweden nnd Norwegen. Die Stockholmer Zeitung „Aftonbladet" hebt wiederum die starke Mißstimmung hervor gegen die gegenwärtige Re- giernna und bespricht sodann die mögliche Kandidatur eines dänischen Prinzen zum norwegischen Königsthron. Das Blatt weist darauf hin, daß die Wahl eines dänischen Prinzen Norwegen in eine» ähnliche Stellung zurückbringen würde, die es vor dem Kieler Frieden «innahm, und sagt, das Mißtrauen und die Empfindlichreil der Norweger gegen Däne mark würde dann eine ebenso schwere Last sein, wie dies gegen über Schweden der Fall war. Zur Stimmung in Norwegen sei folgende Aus lassung des „Morgenbladet" in Christiania wiedergegeben: „Die schlimmen Worte über Norwegen und das norwegische Volk, die vorgestern in der Ersten und Zweiten Kammer des schwedischen Reichstages einen offiziellen Stempel erhielten, wer den auf norwegischer Seite nicht eine gleiche Handlungsweise Hervorrufen. Wir werden versuchen, die politischen Verhältnisse nicht nach Worten, sondern nach Taten zu beurteilen. Soviel aber werden olle Norweger aus den Aeußerungen Schwedens in der letzten Zeit ersehen, daß das, was am 7. Juni geschah, eine gefchichtliche, nationale und politische Notwendigkeit war. Die dunklen Worte über die Gewalt- mittel bedürfen noch einer näheren Erklärung. Alle Aeuße rungen Ivaren bisher so unklar, daß wir die Tragweite der- selben nicht ganz übersehen können. Wir Norweger sind alle darüber einig, daß Gewaltmittel, soweit es bei uns steht, ver hindert werden müssen, aber wir sind ebenso einig darüber, daß wir uns den Frieden nicht durch unwürdige Bedingungen erkaufen. Sollte das Unglaubliche geschehen, daß Schweden in seiner Ratlosigkeit zu den Waffen greift, dann wird jeder Zoll norwegischer Erde mit Tapferkeit ver teidigt werden." . Taiiesneschichte. Die deutsche Marokko-Note. Von besonders unterrichteter Seite erhält das „N. W. Taghl." eine Inhaltsangabe der Antwortnote Deutsch lands in der marokkanischen Frage. Zunächst nimmt danach die deutsche Negierung von der Erklärung Frankreichs, daß es weder die Unabhängigkeit des Sultans, noch die Integrität Marokkos beeinträchtigen wolle, befriedigende Kenntnis, um so mehr, als Marokko die französischen Absichten in anderem Sinne aufgesaßt habe. Weiter wird in der Note ausgesührt, daß alle Staaten, welche Handel und Verkehr mit Marokko unterhalten, zur Herbeiführung der Reformen in bezug auf gute Verwaltung und das Gedeihen des Landes gemeinfchastlich be- raten müssen, da sonst, wenn Frankreich allein die Lösung in die Hand nehmen würde, zu besorgen wäre, daß es immer mehr die Leitung der Regierungsgewalt zu übernehmen gezwungen wäre und dadurch zu einer von ihm selbst nicht gewünsÄen Stellung gelangen müßte. Die Vorichläge der französischen Re gierung bezüglich der Reform des Militärs, der inneren Ver waltung und der Finanzen Marokkos würden eine schwere Ge fährdung der Unabhängigkeit Marokkos bedeuten. Außerdem wi cs nicht zutreffend, daß die von Frankreich angedcuteten Reformen allen anderen Mächten zu gute kommen würden. Im Gegenteil würde der Hauptvorteil Frankreich allein zu fallen. Die deutsche Regierung müsse daran sesthalten, daß daS Meistbegünstioungsrecht r.icht nur auf Wahrung des Schuh rechtes und der wirtschaftlichen Interessen, sondern auf das ganze Maß des von allen Mächten in Anspruch genommenen Einflusses ausgedehnt werden müsse. Die Durchführung der Reformen ist deshalb von der Zustimmung aller Signatarmächte abhängig, nnd eine Uebcreinstimmuna dürste nur durch ein« Konferenz zu erzielen sein. Diese Konferenz würde auch größere Garantien zur Wahrung der Unabhängigkeit des Sultans zu bieten haben. Der Tausstreit in Bremen. Die Bremer Bürgerschaft hatte den Senat um Mitteilung der Gründe ersucht, welche den Senat veranlaßt haben, Tauf handlungen des Pastors Mauritz für ungültig zu erklären. Der Senat hat darauf, wie die Meser-Zeitung" mitteüt, seine Gründe wie folgt dargclegt: „Im Januar dieses Jahres stellte die „Bremische Pastoralkonferen-" den Antrag beim Senate, seslstellen zu wollen, ob Pastor Mauritz die Taufe regelmäßig unter Beachtung der dafür kirchenrechtlich geltenden Jormvorschriftcn vollzogen habe. Die hierauf vom Senat an geordnete Vernehmung des Pastors Nhauritz ergab, daß sein Taufverfahren in den übrigen Beziehungen der kirchlichen Ordnung entsprach, er aber im Irrtum über die bestehenden kirchenrcchtlichen Normen seit dem Mai 1900 die vorschrifts mäßige neutestamcntliche Taufformel nicht mehr angewandt, sondern durch eine selbst erdachte Formel ersetzt und diese Anfang 1903 mit einer anderen ebenso willkürlich angenommenen vertauscht hatte. Nach allgemeinem protestantischen Kirchenrecht, wie es namentlich für die deutschen evangelischen Kirchen besteht und auch in Bremen Gesetzeskraft hat, ist der Gebrauch der neutestamentlichen Formel (Matth. 28, 19> neben der An wendung von Wasser eine wesentliche Bedingung für die Gül tigkeit der zu vollziehenden Taus«. Demgemäß hat der Senat dem Pastor Mauritz eröffnen lassen, daß er durch den Gebrauch jener willkürlich von ihm angenommenen Formel verschuldet habe, daß die in dem betreffenden Zeitraum von ihm als Taufen vollzogenen und als solche in das Kirchenbuch des Doms ein getragenen Amtshandlungen ungültige Akte seien, die er ferner hin als Taufen zu bescheinigen nicht in der Loge sei, ohne sich auf Grund der §8 271 und 348 des Strafgesetzbuches einer straf rechtlichen Verfolgung auszusetzen. Dem verwaltenden Bauherrn des Doms ist davon mit der Aufforderung Mitteilung gemocht worden, dos Nötige im Benehmen mit dem Uastor primarivs zn veranlassen, damit über die fraglichen Aste keine Bescheini gungen aus dem Kirchenbuch ausgestellt würden. Auf diese An ordnung hat der Senat sich beschränkt; alles weitere ist den Bau herren der Domgemeinde, ihren Predigern und den beteiligten Eltern überlassen geblieben, in deren Ermessen eS steht, ob sie eine vorschriftsmäßige Taufe für ihre Kinder herbeiführcn wollen oder nicht. Der Senat hat also die von Pastor Mauritz voll zogenen Taufen nicht kraft eigener Machtvollkommenheit für ungültig erklärt, sondern er hat pflichtgemäß nnr diejenige« Anordnungen getroffen, welche erforderlich waren, damit die nach der bestehenden Rechtsordnung von An - fanganungültigenTaufen nicht fälschlich als gültige Taufen beurkundet werden können. Die Taufe bildet kirchen rechtlich die unentbehrliche Voraussetzung für die Zugehörigkeit zur christlichen Kirche als öffentlich rechtlicher Anstalt. Sie sst valier Bedingung für den Eintritt der an sie geknüpften RechtS- wirkung, sodaß also die Anwartschaft auf die Ausübung kirchlicher Rechte, insbesondere die Befähigung, Mitglied einer christlichen Gemeinde zu werden, an der Verwaltung kirchlicher Angelegen heiten teilzunchmen oder ein kirchliches Amt zu bekleiden, ohne gültige Tailfen nicht erworben werden kann. Die im Publmim vielfach verbreitete Meinung, daß der Senat in der Lage ge wesen sei, die ungültig vollzogenen Taufen nachträglich für gültig zu erklären, beruht auf einem Rechtsirrtum. Zum Chin« - Prozeß,' der sich am Montag in Halle gegen den sozialdemokratischen Reichstags-Abgeordneten Kunert abspielte und über den aus führlich berichtet worden ist, schreibt dsr „Honnov. Cour." u. a.: „Aber nicht um Herrn Kunert kommen wir so ausführ, lich aus diesen Prozeß zurück. Der ehemalige Volksichullehrer, der seit verschiedenen Jahren den Wahlkreis Halle im Reichstage vertritt, ist ohne Frage eine der unerfreulichsten Erscheinungen schk -------—- ^