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Len-en-seMte an fremden Börsen M»Mi>1w«tll«er AM« »er Mttmsse I vr»I»tm«Icku»s nn»«r«r Berlin, 20. Svpt. Den VerleumdungSseldzug, den die Presse der Linien seit dem Wahlsonntag gegen die National sozialistische Partei führt, hatte man bisher als eine Albern heit betrachtet. Jetzt zeigt sich aber, daß diese systematische Verbreitung aus den Fingern gesogener Meldungen über Putschpläne der Nationalsozialistischen Partei geradezu einen verbrecherischen Anschlag gegen Deutschland dar- stellt. An den ausländischen Börsen, insbesondere an der Neuyorker und Londoner, ist nicht nur die Young - anlei he ganz beträchtlich gesunken, bis zu einem Tiefstand, ben man bet dieser Anleihe nicht für möglich gehalten hätte, sondern die gesamte, namentlich angelsächsische, Presse erfreut ihre Leser mit spaltenlangen alarmierende» Nachrichten aus Berlin, aus denen der urteilslos« und ohne nähere Kenntnis der deutschen Verhältnisse dastehende Leser nicht nur den Schluß ziehen mutz, sondern thu auch zieht, daß man t« Deutschland »»Mittelbar am Boradead des AnSbrnchS emer neuen Revvlutivu stände. Die amertkantfche Nachrichtenagentur United Preß, deren Berichte von »er englischen Presse kritiklos wieder- gegeben werden, nutzt die ihr von der deutschen Links presse gegebene Gelegenheit zu wilden Sensationsmeldun gen weidlich aus. So druckt die ganze englische und auch ein Teil der amerikanischen Presse eine Meldung dieser Agentur nach, in der behauptet wird, daß eine Massenflucht von „reichen Leuten"' aus Deutschland nach Holland und -er Schweiz eingesetzt hätte. Eine besonders üble Rolle spielt in diese« verbrecherische« Anschlag gegen die Interessen Deutschlands der Redakteur des „« or » S «1S". Viktor Schiss, -er jetzt auch dem neuen Reichstag angehört und der als Berliner Vertreter des „Daily Herald* fungiert. Dieser Vertreter des sozialistischen deutschen Zentralorgans behauptet mit absoluter Bestimmtheit, -atz eine Kapitalflucht größte» Ausmaßes eingesetzt habe und daß vielleicht Hunderte von Koldmillionen seit -er Wahl ins Ausland abgeschoben worden seien. Wenn man beurteilen will, wie schwer das gemeine und niederträchtige Treiben der hier in Frage kommenden Linksblätter die Interessen Deutschlands schädigt, so muß man sich an die Tatsache erinnern, daß das Ausland die deut schen Wahlen in keiner Weise ungünstig beurteilt hatte und -aß sich die deutschen Papiere in den ersten Tagen nach den Wahlen durchaus aus dem sonst üblichen Stande erhalten hatten. Erst als da«» de«okratisch« und sozialdemokratische Blätter tu trautem Verein mit »er kommunistische« Press« die wildeste» «larmberichte brachten, zeigte sich im Auslande ein gewisses Erschrecken und das Be streben. von Deutschland loszukommen. Wenn nun auch ohne weiteres sestzustelle» ist, baß urteilsfähige Kreise des Aus landes den dummen Schwindel, der ihnen da aus deutschen Blättern entnommen vorgesetzt wurde, nicht glaubten, so haben doch die Kreise der Spekulation, namentlich in Neu- vork, aber auch an den übrigen europäischen Auslandsbörsen, die aus Deutschland kommenden Sensationsnachrichten zum Anlaß von Börsenoperationen genommen, die ohne jeden Zweifel sich für Deutschland schädlich auswirken müssen. Der Schaben, der Deutschland dnrch die Verbreitung solcher erlogener Nachrichten »«gefügt wurde, ist jedenfalls jetzt schon außerordentlich groß. Die jetzt in der Minderheit befindlichen ausländischen Blätter, die die Schwtnbelmeldungen der deutschen Links presse als das kennzeichnen, was sie sind, vermögen leider mit ihrer Meinung nicht in dem Maße burchzubringen, wie es der Fall wäre, wenn die deutsche Linkspresse nicht eine so jeder vaterländischen Gesinnung bare Haltung ein genommen hätte. Von amtlicher preußischer Seite wirb heute mit aller Betonung erklärt» baß es ein ganz unverantwortliches Treiben sei. Dinge zu behaupten, die jeglicher Grundlage entbehrten. Davon, daß Vorbereitungen getroffen würden, die schließ« lich z« blutigen Zusammenstößen führe« könnten, könne nach der ganz eingehenden Kenntnis, di« man namentlich auch im verliner Polizeipräsidin« habe» gar keine Rede sein. Auch nicht der allergeringste Anhaltspunkt liege für die Be hauptung vor. daß irgendeine politische Seite Vorbereitungen zu Putschen oder sonstigen gesetzwidrigen Plänen treffe. Die prc»ßiskhcn Behörden seien vollkommen auf dem Posten und beachtete» die geringsten Bewegungen bei den radikalen Par teien. Die Zeitungen, die während der letzten Tage die Nach richt verbreiteten, baß die Nationalsozialisten Putschpläne verfolgen, hätten gegenüber dem deutschen Volke dnrch die Erzeugung der sich jetzt auch im Ausland zeigenden Kata- LorUnor LobrUlIaltnng strophensttmmung eine überaus schwere Ber- antwortung auf sich geladen. Weiter wird versichert baß die preußische Polizei von nationalsozialistischen und kommunisti schen Einflüssen völlig frei sei. Auch von seiten der ReichSregiernng nimmt man z« den Sensationsmeldungen Stellung und erklärt, daß gar keine Rebe davon sein könne, daß die Staatssicherheit irgendwie gefährdet sei. Infolgedessen dürfe man auch nicht das Volk und das Ausland künstlich in eine Panikstimmung Hineintreiben. Was die Bonität der deutschen Wertpapiere angehe, so sei es durchaus richtig, was die „Times" heute in ihrem Wirtschaftsartikel sage, daß keinerlei Grund für die Depression der deutschen Wertpapiere bestehe, und nichts rechtfertige die Annahme, daß die deutschen Wertpapiere heut« weniger gut seien al» vor der Wahl. Man betont nochmals, daß «S ein Borgeh«« sei, daS an verbrechen grenze, wenn deutsch« Zeitungen dnrch Meldungen, wie die in den letzten Tagen verbreiteten, das vertraue« des Auslandes in die deutsche Staats, und Wirt schaftsführung erschütterte«. An sich hat übrigens die Abwärtsbewegung der Kurse der Reparationöanlethe schon längst vor ben deutschen Wahlen eingesetzt. Im Laufe ber letzten Monate seit Auflegung ber Nounganleihe hat sich im Auslande eine beträchtliche Enttäuschung verbreitet, die darauf zurückzuftthren ist, daß mit ber ÄeparattonSanlethe die Oeffentlichkett in großem Umfange geblufft worben ist. Der erste Bluff war der, baß man ben Anschein erweckte, als sei die Bank für Internationale Zahlungen ein be- sonders großartiges Institut, das geeignet wäre, eine neue Aera der deutschen Anlethepolittk herbeizuführen. Dieser Traum ist inzwischen längst ausgeträumt, denn eS hat sich inzwischen herausgestellt, bah durch die Errichtung der Bank für Internationale Zahlungen in der Praxis nichts anderes erfolgt ist, als die Verlegung des Büros des ReparationSagentea von Berlin nach Basel. Die Funktionen sind im übrigen nahezu dieselben geblieben. Der Gedanke, baß durch die Nounganleihe eine neue Aera der deutschen Kreditpolitik etnsetzen würde, fand noch seine scheinbare Begründung in der Tatsache, baß mit ber Noung anleihe die Anleihen für die Reichs post und Reichs bahn verknüpft wurden, die jetzt mit der Nounganleihe zu- sammen in den Strudel zu geraten drohen. Der ent- scheidende Bluff aber, mit dem die Oeffentlichkett getäuscht wurde, war ber, daß in alle Welt Meldungen verbreitet wurden, die Anleihe sei wett überzeichnet worben. Inzwischen hat sich herausgestellt. daß diese Zeichnungen zu« größte« Teil »», Schetuzeichnuugeu «areu. Die SmisflonSHLnser fitze« »och zum großen Teil anf ihren Zeichnung«« seft und können sie nicht beim Publikum loSwerde«. Um überhaupt von ihren Verpflichtungen herunterzukommen, sind sie gezwungen starke Nachlässe in ihren Forderungen gegenüber dem Puhlikum zu gewähren, was ständig auf den Kurs brückt. Diese Gründe sind es gewesen, die die Abwärts- bewegung der Kurse der Nounganleihe sowie in der Folge davon auch der anderen Anleihen herbetgeführt haben. Gegen über politischen Tendenzmanövern muß mit aller Etnbring- ltchkett sestgestellt werden, daß die Reparattonsanleihe selber unter den Unzulänglichkeiten des NoungplaneS leibet und aus inneren Gründen KurSabstrtche erfährt. Um so notwendiger wird es sein, mit allem Nachdruck die Revision des NoungplaneS vorzuberetten und herbeizuführen, um wenig- stens, wenn die Nounganleihe selber nicht mehr zu retten sein sollte, ben übrigen deutschen AuSlandSkrebtt nicht mit im gleichen Strudel versinken zu lassen. Mi«, un» Smuktoter beim ReichSvrüstdrnten Berlin, 20. Sept. Der Reichspräsident nahm heute im Garten seines Hauses die Begrüßung durch etwa 800 Kinder aus dem besetzt gewesenen Rheinland und dem Saargebtet entgegen, die auf gemeinsam« Kosten des Reiches, Preußens und Hessens zu sechswöchigem Erholungsaufenthalt in ver- ski-iodene Heime an der Seelüfte entsandt werden und auf ber Reise an ihre Bestimmungsorte heute die RcichShauptstadt passieren. Nach einer Ansprache des Führers des Transportes, des Landrats Gerlach von der Rcichszcntrale „Land aufenthalt für Stadtkinder", in deren Händen die Durch führung des Transportes liegt, bankte der Reichspräsident den Kindern für die Begrüßung und sprach ihnen mit herzlichen Worten seine besten Wünsche für den Aufenthalt an der See sowie für ihr ferneres Leben aus. Die Zentrumssphinx Eine Woche nach der Wahl sin- die Aussichten für eine Regierungsbildung, die im Parlament über eine feste Mehr- heit verfügen würbe, ziemlich trostlos geworden. Die Ur sachen liegen klar. Das Zentrum und andere der Mitte zunetgende Politiker wehren sich mit Händen und Füßen gegen die Erkenntnis, daß der neue Reichstag eine Neu orientierung -er Fronten und unseres ganzen Parteiwesens bringt. Interessant ist, baß sonst so leidenschaftliche Anhänger ber Demokratie, also jener Staatstheorie, nach der die zahlenmäßige Mehrheit über die Geschicke der Gesamtheit einschließlich -er Minderheit zu entscheiden hat, jetzt, nachdem sich die Mehrheit gegen die Gralshüter der Demokratie aus gesprochen hat, von ihrer eigenen Theorie nichts mehr wissen wollen. Aus diesen Kreisen hören wir jetzt, daß eS ein Fluch der Parlamente sei, sich von Zahlen ängstigen zu lassen. Man sagt unS, daß eS verkehrt sei, mit dem Rechenschieber, anstatt mit den Gehirnen zu denken. Und eS ist gewiß richtig, daß man noch lange kein Politiker ist» wen« man mit der Zahl 578, ber Ab geordnetenziffer de» neue« Reichstag«, arithmetische Akro- bateustückchen ausführen kann, und wenn man Mt Koali- tionsmüglichkeiten spielt, wie Raftelli mit Bällen. Auch wir sind der Ansicht, baß ein Volk nicht deshalb radikal gewählt hat, damit der Kuhhandel der Parteien sich im neuen Reichs tag mit etwas veränderten Vorzeichen erneut fortsetzt. Aber das darf nicht daran hindern, zu fragen, ob ber Kanzler Brüning, dessen parlamentarische Plattform durch diese Wahlen vollkommen zertrümmert worden ist, den rich tigen Weg wandelt, wenn er, unbekümmert um eine» sensa tionellen Wahlausfall, gedenkt, in der Reichskanzlei die Winterquartiere zu beziehen. Selbstverständlich ist der Kanzler viel zu klug, um nicht ,n wissen, baß die Politik ber Notverordnungen nach dem Zusammentreten des Reichstages ihr Ende finden wirb. Denn Rechte und Linke haben ja den Kampf gegen die Notverordnungen geführt und Brüning selbst hat in seinen Wahlreden immer wieder betont» daß der Sinn der Wahlschlacht für ihn -er sei, eine Mehrheit für seine Verordnungen zu schaffen. Für Brüning bedeutet das Wahlresultat also ein Fiasko. Bemerkenswert ist aber» daß diese Enttäuschung ben großen Schweiger, wie ihn seine Verehrer nennen, nicht aus der Ruhe gebracht hat. Vor sichtig, unter Hand hat er bet ber Sozialdemokratie vor- fühlen lassen, ob sie nicht bereit sei, seinem Kabinett die nötige Rückenstärkung zu geben. Und fiehe, er fand Gegen liebe bei dem „Staatsmann" der Sozialdemokratie, dem preußischen Ministerpräsidenten Brau«, der durch eine RechtSkoalitio« im Reich mit Recht seine eigene Stellung in Preußen bedroht sah, eine Stellung, die er ln zwölfjähriger ununterbrochener Tätigkeit zum Bollwerk seiner Partei aus- gebaut hatte, indem er unablässig bemüht war, den Beamten apparat in die Hände sozialdemokratischer Funktionäre über- zuletten. Braun fing den ihm »«geworfenen Ball auf un» warf ihn graziös zurück, dem Kanzler die Versicherung für seine Partei abgebend, man werde im Reichstag eine Koali tion der Vernünftigen gegen den Radikalismus bilden. Aber Braun hatte nicht mit dem radikalen Flügel seiner Partei gerechnet, der trotz der Gesamtniederlage der Sozial demokratie verstärkt in de» Reichstag zurückgekehrt ist und ber schweigsame Brüning hatte seinerseits vergessen, das RebebebürfniS de» ehrlichen VolkStribunen Wtrth zu zügeln. Dieser seit dem Volksbegehren leidenschaftliche Rundfunk redner, hatte, nachdem fein Ehef wohlweislich seine geheimsten, Hoffnungen im Busen streng verwahrt trug, seinem über vollen Herzen zur Unzeit Luft gemacht. Und schon war das Unheil geschehen. Im Mikrophon des Senders zertrümu^rt Wirth Brünings feinstes RegterungSporzellan. Er mekrte» Brüning werde sich halten können, wenn ihn nur sein Teil ber Sozialdemokratie stützen könne un- aus diesen Teil baue das Kabinett. Darob große Erregung im sozial demokratischen Lager. Selbst der in den letzten Wochen auf fallend gemäßigte „Vorwärts" schrie dem Kabinett s^n Nie mals entgegen. Und plötzlich ließ die Sozialdcanokratte wieder mit aller Leidenschaft verkünde«, man werke gegen das Kabinett ber Notverordnungen so rücksichtslos sein, wie man eS im Wahlkampf angekünbtgt habe. Von der Koalition ber Vernünftigen wagte kein Mensch mehr zu sprechen. Dank Wirths gut gemeintem Ueberetfer. / Wer aber glaubt, daß damit ber Weg für die Recht-r koalitton vom Zentrum bi» zu ben Nationalbbziallsten frei sei, befindet sich in einem schweren Irrtum. Das Zentrum hat in scharfer Weise in dieser Woche wiederholt ver- kündet, baß es mit ben Nationalsozialisten keine Koalition eingehen werde. Sehnliche Stimmen kommen, wenn auch in milderer Form, aus dem Laser ber Deutschen BolkSpartei. Wenn man dort sich auch tnvmer fester zu dem Standpunkt bekennt» daß et» Paktieren mtt ber Soztaldemo-