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Tageblatt für Ersch. tägl. Mora. 7 U. Inserate, L Spaltjeile ö Pf., werden b. Ab. 7 <G»nnt. bis L U.) angenommen in der Expedition: Johannes-Allee und Waisenhausstraße ö. Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drobisch. Abonn. vierteljährlich 20 Ngr. bei unentgeldl. Lieferung in'« Hau». Durch die Kgl. Post vierteljährlich 22 Ngr. Einzelne Nummern 1 Ngr. M 216. Freitag, den 3. August Ms«. DrcSdeu, den 3. August. — Gestern Vorm, l l Uhr beehrte I Maj. die Königin, begleitet von den Prinzessinnen Sidonie und Sophie, kk. HH-, die Ausstellung von Werken der bildenden Kunst (aus der Brühl'schen Terrasse) mit einem längeren Besucht. — Der ordentliche Professor der philosophischen Staats und Rechtswissenschaft zu Gratz, v. Heinrich Ähren«, ist zum ordentlichen Professor der Staatswissenschaft an der Universität Leipzig ernannt worden. Auch hat Se. Maj. der König dem selben das Prädicat als Hosrath in der 4. Classe der Hos- rangordnung taxfrei verliehen. — Oeffentlich« Gerichtsverhandlungen: Am Dienstag und Mittwoch fanden zwei Hauptverhandlungen über geringfügigere Gegenstände hiersclbst statt. Die erste betraf den bei dem hiesigen Konservatorium der Musik angcstellten Cassirer Nichr. Es erhob sich vor Kurzem erst eine menschenfreundliche Stimme in diesen Blättern, welche gegen die im Publikum herr schende Abneigung, entlassene Sträflinge in Dienst zu nehmlm. im Interesse der Letzteren sich aussprach. Gerade dieser Fall zeigte eclatant, wie vorsichtig und bedenklich Jemand beim En» gagement derartiger Leute se n möchte. Nichr war wegen Ei- genthumSvergehen bereits wiederholt mit Gcfängniß, zuletzt' auch mit Arbeitshaus bestraft worden. Dennoch hatte die Direktion des Konservatoriums nicht angestandcn, ihn mit einem Gehalt von 200 Thlrn. als Cassirer anzustellen. Er aber scheint nichts Eiligeres zu thun gehabt zu haben, als das ihm geschenkte Vertrauen auf die unverantwortlichste Weise zu mißbrauchen, indem er nach Ablauf von 4 Wochen bereits eine Summe von ca. 190 Thlrn., die er in seiner Eigenschaft als Cassirer ver einnahmt, unabgeliefert gelassen und, wie es scheint, leichtsinnig verpraßt hatte. Nicht minder hatte er sein dienstliches Ver- hältniß benutzt, um den Gastwirth Förster allhier unter aller lei trügerischen Vorspiegelungen !l Thlr. abzuborgen, die er natürlich zur festgesetzten Zeit nicht wiederbekam. Es traf ihn eine Strafe von 2 Jahren Zuchthaus. — In der zweiten Hauptverhandlung an der Mittwoch sah man den ehemaligen Rathswächter Hempel auf der Anklagebank. Derselbe war zu letzt bei dem Bureau der Nationallotterie als Aufwärter an gestellt gewesen und hatte sich, von Noth getrieben, eines Ta ges beifallen lassen. 33 nach Hamburg bestimmte Loose ä I Thlr. zu unterschlagen und den Erlös in seinem 'Nutzen zu verwen den. Da er ein zeither ganz unbescholtener Mann war, so empfahl ihn He;r Staatsanwalt Held der richterlichen Mild«. Das Erkenntniß lautete auf 6 Monate Arbeitshaus. — Der Oberstaatsanwalt rc. v. Schwarze ist von sei ner Urlaubsreife zurückgekehrt. — In voriger Woche wurde in der hiesigen Taubstum- ' menanstalt die Olsufieff'sche Stiftungsfeier begangen, nachdem kurz zuvor aus denselben Mitteln ein ähnliches Fest in dem königl. Blindeninstitute stattgcfunden hatte. Es ist wohl nicht überflüssig, bei diesem Anlässe über die großartige Stiftung selbst ein Wort für weitere Kreise zu sagen." Der kais. russ. Major Alexius Adamowitsch v. Olsufieff, Bürger und Haus besitzer allhier, hat nämlich in seinem 1838 errichteten Testa mente „die Armenanstalt der Commun DreSren, die hier beste henden Blindenanstalten und die Taubstummenanstalt' zu Un - versalerben seines gesammten Nachlasses, in ca. 70,000 Thlrn. bestehend, eingesetzt. Das auf das Srab des edlen Stifter- gesetzte Monument enthält die von ihm selbst entworfene In schrift: .A. A. v. Olsufieff, geb. zu St. Petersburg den 20. Aug. 1763, von seiner Heimath geschieden, fand im Jahre 1804 in dem schönen Dresden, unter der glücklichen und mil den Negierung aufrichtig geliebter Könige, als Bürger und Haus besitzer sein zweites Vaterland." — In Folge des das Fcstschießen betroffen habenden Un wetters wird vom Vorstande der privilegirten Bogenschützen-Ge- -fellschaft die Tagesordnung bis auf etwa ferner nöthig werdende Abänderungen dahin festgestcllt: Freitag den 3. August Nachmit tag 2 Uhr Damenschießcn, 3 Uhr Fortsetzung des Hauptschießens, Abends Illumination. Sonnabend den 4. August Nachmittags 4 Uhr Fortsetzung des Hauptschicßens, Abends Feuerwerk. Sonn tag den 5. August Mittag 1 Uhr Schützenmahl für Herren und Damen, Nachmittag 4 Uhr Fortsetzung des Hauptschicßens und Schießen der Schützensöhne, da möglich Prämienschießen für die Herren Schützen und Gäste. — Die öffentliche Armenpflege, bekanntlich für manche Com mun ein Stein des Anstoßes, da die hierher gehörenden Aus gaben sich mit jedem Jahre steigern, erfreut sich in unserer Re sidenz einer trefflichen Verwaltung. So sind im letztvergange- nen Jahre 17,000 Thlr. weniger gebraucht worden, als der Voranschlag besagt hat. Bei dieser namhaften Ersparnis, haben aber, wie uns von glaubwürdiger Seite auseinandergesetzt wird, bedürftige und würdige Arme keineswegs Noth zu leiden ge habt. Die Zahl der allein durch Naturalien Unterstützten war 1361. Wie die seit einem Decennium bestehende Arbeitsanstalt, wohin arbeitsfähige, aber sich auf den Bettel legend« Indivi duen gebracht werden, sich als zweckdienlich erweist, so. gilt ein Gleiches von den fünf Kinderkolonieen in Maxen, Kötzschenbroda, Dohna, Burkhardtswalde und Glashütte, denn hier sind ver lassene und der Armenpflege anheimgefallene Kinder aus erzieh lichen und finanziellen Gründen sehr wohl aufgehoben. Da diese Erzichungsweise die besten Resultate zeigt, so geht die Ar- mcnbehörde damit um, anderwärts noch ähnliche Kolonieen zu begründen. (L. I.)