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Tonnabend, 3. Rovbr. 1864^ Neunter Jechrg. ^rs-eml: Täglich stütz 7 Uhr. Inserate werden angenommen: bis Abends S.Sonn- tags bis Mittags 12 Uhr: Marienfiraße 18. Tageblatt für Unterhaltung und Mitredacteur: Theodor Modisch Anzeig. in dies. Blatte, da« jetzt in lü.vtll) Exemplaren erscheint, finden eine erfolgreiche Verbreitung. Monnemeui: Vierteljährlich 20NAV bei uncntgeldlichrr serung in's HauS- Durch di« Königl. Pos'r dierleljährlich 22 Ngr. Einzelne Nummern 1 Ngr. Inseratenpreise: Für den Raum ein« gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Einge sandt" die Zeile , L Ngr. Druck und Eigenthum der Herausgeber: 1,'iepsch dt Neichardt. — Verantwortlicher Redacteur: Julius Neichokdt. Dresden, den 5. November. — Se Majestät der König hat dem Gemeindevorstande Earl Gottlob Schumann zu Altmittweida in Anerkennung seines langjährigen verdienstlichen Wirkens in obiger Function die zum Verdienstorden gehörige goldene Medaille verliehen. — Die zweite diesjährige Versammlung des hiesigen Vereins der „Gustav-Adolph-Stiftung" wird Sonntag den 6. November, Abends 6 Uhr im Stadtverordnetensaale abgehal ten werden. — Von jetzt an werden auf der Sächsisch-Böhmischen ^Staatseiscnbahn und den k. k. österreichischen Bahnen feuer gefährliche Gegenstände (u. A. auch Photogen, Solaröl, Pe troleum re.) nur dann mit dem nächsten Zuge befördert, wenn dieselben in Quantitäten von 100 Ctr. und mehr zur Auf gabe gelangen; außerdem werden solche Güter nur mit be sonders dazu bestimmten Zügen Dienstags und Donnerstags transportirt und an diesen Tagen bis Mittag angenommen. — Die königl. Akademie der bildenden Künste, welche 1764 gegründet wurde, feiert am 12. November ihr lOOjähri- ges Jubiläum. Es wird an diesem Tage früh 11 Uhr ein großer Actus im Akademiegebäude und Nachmittags ein Banket der Künstlerschaft im Meinhold'schcn Saale stattfinden. — Unter dem Commando eines Wachtmeisters trafen gestern Morgen gegen 4 Uhr 57 Mann österreichische Soldaten auS Prag hier ein. Sie bestanden zumeist aus Windischgräz- Dragonern und einigen Trainsoldaten und gingen als Ersatz« truppen Morgens s7 Uhr von hier über Berlin nach Schles wig. Zum Frühstück wurde ihnen hier außer einem Weiß brot eine Suppe verabreicht. — — Vor einiger Zeit kam zu dem Direktor einer hiesigen Schule eine Dame und äußerte den Wunsch, drei größere mH zwölf kleinere Mädchen zu engagiren, erster? zu Brautjungfern, letztere zum Blumenstreuen bei einer demnächst zu vollziehenden Trauung. Die Dame erklärte sich bereit, allen Mädchen die nöthigen weißen Blousen und Röcke, Schärpen, Handschuhe und Schuhe machen zu lassen, und mußten die Mädchen be hufs des Anprobirens bei der Dame erscheinen, damit ja Alles möglichst elegant und gleichmäßig erscheine. Kleider und Schuhe waren bereits angcfcrtigt und im Besitze der Dame, die Kinder harrten in spannender Ungeduld auf die Trauung, doch diese ließ ungewöhnlich auf sich warten. Auch den Lieferanten der Stoffe dauerte die Zeit bis zur Bezah lung etwas zu lange, und als die Dame sogar Anstalten, zu einer Reise traf, stellte sich die Enttäuschung heraus, daß die in Rede stehende großartige Trauung nichts mehr und nichts weniger war, als — eine fixe Idee der Dame. (Dr. I.) — Der Ziegelstreicher August Schlei aus Altstadt ist am 24. d. M. das Opfer jener unsinnigen Wetten geworden, die schon Manchen in das Grab gebracht haben. Derselbe befand sich am Abende gedachten Tages in einer Schenkwirthschaft zu Ostritz und weitete bezüglich des Ljranntweintrinkens mit einigen anderen Gästen; nach dem Genüsse des Branntweins verfällt er in Schlaf, aus welchem er nicht wieder erwachen sollte. Der Wirth fand ihn am andern Morgen noch aus seinem Stuhle sitzend, — todt. — Auf der Blasewitzer Straße und zwar dort in der Näh« der Vogelwiese will vorgestern Abend nach 7 Uhr ein vormaliger Kellner, der jetzt als rother Dirnstmann eingeklridet ist, von vier unbekannten Männern angehalten worden sein. Dieselben haben ihm, wie er erzählt, die Dunsttasche abgc- schnollt, den darin befindlichen Geldbetrag von 20 Groschen abgenommen, darauf aber, nachdem sie ihn noch zu Bo den geworfen und eine kurze Wegstrecke geschleift, die Flucht «griffen. — — Ein kleiner Unfug, der auf dem platten Lande häufig Vorkommen mag, aber hier sicher nicht geduldet werden darf, wurde in diesen Tagen ton einigen Schulknaben verübt. Düselben nämlich amüsuten sich damit, an der Elbe unter halb des Militärhospital» dürres Holz und trockne» Gra» zu- fammenzutragen, und, nachdem sie es angezündet, dort ein kleine» Feuer zu unterhalten Zum. Glück kamen Leute dazu, die diesem Treiben en Ende machten, und die Burschen aus einander trieben, denn scnst hätte,s sich leicht ereignen kön nen. daß die Stadt durch den einen oder anderen Lhürmer in Allarm g«sitzt worden wäre. — — Eine hübsche Erfindung für den Frühstücks- und Theetisch sind die neuen Eierkocher in Berlin. Sie haben die Form einer eleganten Theemaschine, deren Kessel ein großes Ei bildet. Wird die obere mit Nest und Vogel verzierte Hälfte aufgehoben, so findet sich ein Einsatz, in den 4 Eier gesteckt werden. Ein oder 2 Fingerhüte voll Wasser, und ein zierlicher für die Zeit des Weich- und Hartkochcns besonders normirter Spiritusbrenner kochen durch die sich entwickelnden Dämpfe in überaus kurzer Zeit die Eier, so daß man sie bin nen einer Minute heiß auf dem Tisch präsentiren kann. — Wir theilte« vor mehreren Tagen vüt. daß «in hie siger Privatmann auf dem Wege von dem Neumarkt, durch die RoSmaringaffe seine Brieftasche mit über 200 Thal« baarem Gilde und diversm Coupons von Medinger-Brauerei- actün verloren habe. Der Verlustträger bat in einem in diesem Blatte enthaltenen Inserate um Rückgabe der Coupon» und versprach für diesen Fall zugleich dem Finder das in der Brieftasche enthaltene baüre Geld al» Belohnung Wie wir erfahren, hat da» Inserat den gewünschten Erfolg gehabt. Der Verlustträger hat., vor wenigen Tagen di« fragliche« Coupons per Stadtpost irnonym zugesendet «halten, und der Finder von der bewilligten Erlaubnis Gebrauch gemacht und das baare Geld als Belohnung dafür zurückbehalten — — Am Donnerstag Nachmittag wollten 2 Herren aus die Jagd nach Linz ber Ortrand fahren. Als der Kutscher mit leerem Wagen herausfuhr, brach er mit dem Bock her unter. Sie hatten kn Berbisdorf umgespannt. Die Pferde gingen durch mit der Deichsel und der Waage und wurden erst in Bernsdorf durch den Knecht des Schänlwirth Thiele aufgehalten. Der Wagen, der ganz zerbrochen war, blieb in Berbisdorf beim Gemeindevorstand Heinze in Verwahrung. Der Kutscher hinkte und am andern Morgen hatte sich sein Fußübel schon verschlimmert. — Gestern Nachmittag gegen 4 Uhr ist der Zimmer polier des neuen drei Stock hohen Schulgebäudes auf dem Königsbrückerplatz beim Heben des einen Flügels vom Dache in die zweite Etage herabgestürzt und dadurch am Kopf sowie an der rechten Hand bedeutend verletzt worden. Man hat ihn mittels Droschke in seine Wohnung gebracht. — Die Gesellschaft Saxonia «öffnete an verflossener Mittwoch ihre geselligen Wintervergnügungen durch Soup« und Ball. Es ist Akanpt, hHß sn diesem, aus den Bürger stande hervorgegangenen Kreise stets ein wohlthuend geselliger Geist herrscht, der im freundschaftlichen Beisammensein und in heiterer Stunde auch die zarteren Regungen des Mitge fühls nicht vergißt. So wurde uns der Ertrag einer bei dieser Gelegenheit veranstalteten Sammlung übergeben, als Beitrag zu den vor einigen Tagen in unserm Blatte erwähn ten Kirchenbau zu Eger, welche Summe wir mit bestem Danke weiterbefördern werden. — Die Arena Rappo's im Grundstücke des ehemaligen rothen Hauses hat uns außer manchen neuen Kunstproduk tionen auch das Gute gebracht, daß die von der Pirnaischen Straße aus neu angelegte Straße durch das gedachte Grund stück eine Beleuchtung erhalten hat. Dem Anschein nach ge hört diese Beleuchtung allerdings zu Rappo's Etablissement und es wird deßhalb wohl vorläufig nur ein frommer Wunsch sein, wenn man hoffte, daß auch die zweite von der Albrechts- gasse aus durch das Grundstück des rothen Hauses führende, und bereits mit bewohnten Häusern besetzte Straße, auf der sich sogar schon zwei Schanketabliffements befinden, ehebaldigst ebenfalls Beleuchtung erhält. — — Es ist ausgefallen, daß zu den — 165 täglichen — Verbindungsfahrten zwischen dem Hospostamte und den, be ziehentlich seit l.Novbr. neuerrichtetcn, 7 Bahnhofs- und Be- zirks-Postexpeditionen, neben fiscalischcn Postcariolen und Packwagen, mehrere Privatwagen verwendet werden; daher wir hierüber uns erkundigt und erfahren haben, daß die Post verwaltung, da deren Gewerken nicht im Stande gewesen, die benöthigten Cariol- und Packwagen sämmtlich bis zu dem für die Einführung der neuen Posteinrichtungen festgesetzten Termine zu liefern, eine Anzahl solcher Wagen bei derActien- Fabrik für Eisenbahnbedarf in Berlin bestellt hat, diese Fa brik aber bekanntlich inzwischen abgebrannt ist und deshalb die bei ihr bestellten Postwagen erst gegen das Ende dieses Monats liefern kann, so daß die Postverwaltung, um Ver zug in der Einführung der wünschenswerthen Verbesserungen des hiesigen Postwesens zu vermeiden, sich eben veranlaßt gefunden hat, einstweilen jene Privatwagen zu leihen und einzustellen. Unserm Lesern können wir über diese neuen Einrich tungen, durch welche dem correspondirenden Publikum nicht unwesentliche Erleichterungen geboten werden, noch Folgendes berichten: Außer dem Hofpostamte und den nun exestircndcn 7 Postexpeditionen, wozu Ostern 1865 noch die Postexpedition Nr. 1 ins Leben tritt, werden in den nächsten Tagen die Briefsammelkästen bis aus die Gesammtzahl 77 (34 mehr wie früher) gebracht und erfolgt eine tägliche neunmalige Abho lung der darin eingelegten Briefe. Hierdurch, sowie die zwischen den Expeditionen stattfindenden Fahrten (an den Wochentagen 165 täglich, an Sonn- und Festtagen 141 täg lich) ist den sämmtlichcn Bewohnern Dresdens und der Vor städte Gelegenheit geboten, täglich 8mal Briefe unter einander zu wechseln, da eine tägliche 8malige Austragung stattfindet; auch ist cs wegen des schnellen Abganges einer nach aus wärts bestimmten Brief- oder Fährpostsendung zwar gleich, an welche Poststelle deren Auslieferung erfolgt; doch darf selbstverständlich die Entfernung der Ausgabestelle nach den Abfertigungsstellen, dem Hofpostamte und den drei Bahnhofs postexpeditionen, nicht unberücksichtigt gelassen werden. Sehr rathsam «scheint es ab«, wenn Jeder seine auswärtigen Correspondenten anweist, die nach Dresden bestimmten Briefe und Fahrpostsendungen mit gmauen Wohnungsangastm (Straße und Hausnummer) zu versehen, da die ankommenden Sendungen im Hospostamte an die Postexpeditionen vertheilt und von denselben zur Austragung oder Ausgabe gebracht werden; es möge nur Jeder genau darauf achten, was d« auf den Vegleitadreffen oder Adreßscheinen aufgeklebte bunt farbige Zettel besagt, denn beispielsweise können die Bewoh ner der Friedrichstadt ihre Sendungen nur bei der Postexpe dition Nr. 5 Weißeritzstraße 29 (nicht wie bisher im Hofpost amte) in Empfang nehmen. Nehmen wir zu diesen im Inter esse des Publikums getroffenen neuen Einrichtungen, die Thätigkeit der Omnibuscompagnie sowie diejenige der Direc- tion des 1. rothen Dienstmanns-Instituts hinzu, so besitzen wir jetzt einen öffentlichen Straßenverkehr, wie wir es unS vor circa 5 Jahren nicht hätten träumen lassen und unwill kürlich drängt sich uns der Wunsch auf, daß nun endlich auch die öffentlichen Plätze, insbesondere diejenigen, welche von vielen Fahrstraßen durchkreuzt werden, wie z. V. der Schloß platz, der Postplatz, der Palaisplatz uud Alt- sowie Neumarkt, recht bald' eine bessere und genügendere Straßenbeleuchtung in den Abendstunden bekommen möchten. — Gestern Vormittag wurden in öffentlicher Sitzung des kgl. Oberappellationsgerichts die Entscheidungsgründe zu dem am 28. v. M. gefällten Erkenntnisse desselben in d« Untersuchung gegen Karl Traugott Schmidt aus KunLwalde bekannt gemacht. Schmidt versicherte, daß er an der Verletz ung Lade's unschuldig sei, und er glaube, daß Lade von ein« benachbarten Fichte, auf die er wahrscheinlich gestiegen' (in einer Höhe von 9 Ellen), herab- und in die Steine gestürzt sei. Lade's Kopf war mehrfach, — sein Körper im klebrigen gar nicht verletzt; — er starb wenige Tage darauf, ohne sein Bewußtsein wiedererlangt zu haben. Es handelte sich namentlich um zwei Kopfwunden, die von den Aerzten für unbedingt tödtlich erachtet wurden. Bei den Zweifeln über die Wahrscheinlichkeit der Angaben Schmidt's wegen des Falls Lade's und dessen Verwundung, die auch durch das Gutachten der Bautzner Gerichtsärzte nicht beseitigt waren, wurde ein Obergutachten von der medicinischen Akademie zu Dresden eingeholt, welches mit Entschiedenheit und unter sehr gründ licher Entwickelung sich dahin aussprach, daß die beiden Kopf wunden nicht durch einen Sturz verursacht sein könnten, son dern nur durch eine fremde active Gewalt. In gleicher Maße sprach sich das Obcrgutachten auch über mehre andere Wunden am Kopfe Lade's aus. Schmidt selbst hatte sich bei der Aufforderung an Lade, .ihn in den Wald zu begleiten, und nach dem Unglücksfalle gegen die herbeigceilten Zeugen, sowie später und bis zu dem Tode Lade's in der auffälligsten Weise, auch zum Theil mit Rohheit gegen Lade benommen. Das Bezirksgericht zu Budissin erachtete Schmidt des Mordes an Lade schuldig und verurthcilte ihn zum Tode. Das Ober appellationsgericht, an welches nunmehr die Sache gelangte, veranlaßte, in Rücksicht auf die Wichtigkeit der Sache, die Einholung eines zweiten Obcrgutachtens von der obersten Medicinalbehörde. Diese sprach sich dahin aus, daß die beiden tödtlichen Wunden Lade's unbedingt von einem Sturze her rührten, daß aber einige andere, allerdings sehr unerhebliche Kopfwunden durch fremde active Gewalt verursacht seien. Das Oberappellationsgericht war an dieses Obergutachten ge bunden und cs konnten daher die tödtlichen Wunden nicht weiter Schmidt beigemcffen werden, sondern nur die übrigm Kopfwunden. Das Oberappellationsgcrichts hat nun Schmidt in Mangel vollständigen Beweises freigesprochen. In dm Entscheidungsgründen wird anerkannt, daß, abgesehen von dem letzten Obergutachten, der Schuldbewcis gegen Schmidt ein sehr schwerer sei, — die vorgcbrachten Unschuldsargumente keine Beachtung verdienten, — und daher das Todesurtheil wider Schmidt Wohl zu bestätigen gewesen sein würde. Die Freisprechung wird lediglich auf das neueste Obcrgutachten gestützt, und es wird ausgeführt, daß mit dem letztem auch dem Schuldbewcise im klebrigen die Spitze abgebrochen wor den sei, so daß man, trotz des schweren Verdachtes gegm Schmidt, auch nicht zu einer Verurteilung Schmidt's wegen versuchten Mordes (bezüglich der übrigen Kopfwunden) habe gelangen können. — -j- Ocsfentliche Gerichtsverhandlung vom 4. November. Der heutige Gerichtstag liefert uns wiederum fünf Verhandlungen. Der erste Prozeß spielt am Gerichts amt Döhlen. Die beiden Angeklagten sind Carl August Huschke, ein Handarbeiter und Johann Gottlieb Eisold, ein Schuhmach«. Es.handelt sich um gewaltsamen Hausfriedensbruch, der im April dieses Jahres verübt wurde, und weshalb Jeder mit