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Dresdner Nachrichten : 30.01.1894
- Erscheinungsdatum
- 1894-01-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-189401308
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18940130
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18940130
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1894
-
Monat
1894-01
- Tag 1894-01-30
-
Monat
1894-01
-
Jahr
1894
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 30.01.1894
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33. Jahrgang Aufl. 56,000 Stück. l d Lmt Is. 2100. LLsttrlukri«« So.r»Ltä« >OKI«»t prlwtir». 60.000 St. t» Siinvu « lovevli«! I«. V»r/üxli> hc-^ Litlel»t»iul»-Lülr:> >»tr k»8ehüst.>- in»! Vor- xnüaunx«>-1ivo"aoi'v t'i«uullso um! Torrrl^tea. Im t'eottum cker 8taät. Lürzzerl 1'ilkuor !»»««»»«« ^ <eo/mrscksn Maaren ^ ^ ^ i liefert sofort 0un»mik»knk Iiinlurllt Irupolt, vr«<ikll , «ottnvkl rmck 8»ngfLIt1fl «lurott I k«L»äko l.vockrs,^7et<i-6ükrcäu,»Vöirurr. II I^iiiitpvrl Vrvsävü-^., VLlssLdüiUSLttLLLS 18 (6M Lomx- 81vl8 moävfnv ltlui fsinv klvukvttvn in »Nov ^rtcu llülvn. 8eküMvu. 8d!1psvll, 8LLä»elwKvL «t<. öt« Io I L ftiltHi»«!«»» A Tiroler, drcknsede nl «leiri^riie kür ko8tümk«8l« smpüvdlt m Nr.30.Kpiellel: Für die Monate Februar nnd Mär Killest W »18 Vlnol, Llgrariiche Debatte im preuhischen Landtag. sticichstagsstichwalil. Hosnachrichten. Landlagsverhandlungeu, Evangelischer Bund, Marklhallenverhätlnisse. Pädagogischer Perein. (tzerichtsverhandliingen. Tagesgcfctffchie. „Entsührung aus dem Serail". die eigentliche und dauernde «Grundlage unseres StaatslebcnS ist. das; die Bevölkerung des Platten Landes. Ivcnn sie in ihre» Extzlenzbedingnngen geschützt wird, in erster Linie den Bestand von Tino» und Altar bei uns sichert. Lolche Verschiedenheit der chrilndanjchauung lägt sich nicht Überdrücken. Darüber giebt cs leine sachliche Verständigung." Die innere Zersetzung des CentrumS, die bereits bc! der k<'I»ltt88uti'k8W 23, llvbon tlom Xtznixliettyll 8cttl'»88. Dienstag, 30. Januar. ward«, V»st»llung»n auf di» „Dresdner Nachrichten" für ttr,rä»n b«, unterzeichn»«»» Geschäftes»»»!» zu t Mark 7« Pfcnniae«, für auswärts de» den Kaiserlich»» poftannalten im Ocutsche» Reichr- gebirt» zu z Mark »4 pfrnnigen angenaninien. Geschäftsstelle der „Dresdner Nachrichten' Maricnstrasie »8, Erdaeschos,. Politisches. Die schwebenden fragen der Tagespolitik sind vor den denk würdigen Ereignissen der vergangenen Woche vollständig in den Hintergrund getreten. .Kaiser und Kanzler" war das Thema, das die Gemüther beherrschte und das Interesse an allen übrigen Vor gängen im Inlande wie im Auslände zurückdrängte. Sogar jener Man», an dem jeder Zoll kein König ist. der Exkönig Milan, der sonst mit dem Plaisir. das er sich selbst im bunten Wechsel zu be reiten weih, auch die Mitwelt zu amüsiren versteht, vermochte nicht die geringste Thcilnahmc für sich und die possenhaften Vorgänge in Serbien zu erwecken. Inmitten der sonnigen Festtage, in denen die nationale Begeisterung so voll und rein ertönte, verstummten die Disharmonien der Werkeltagssorgen nnd kleinlich erschienen alle Befürchtungen und Bekümmernisse der voransgegangcnen Kämpfe gegenüber der Allmacht, mit welcher der nationale Gedanke die Herzen erglühen lieh. Wie ernüchternd wirkt es, nach solchem Festtagsjubcl zur alltäglichen Arbeit zurückkehren zu müssen! Während Fürst Bismarck seinen Einzug in Berlin hielt, er öffnet»: das preuhische Abgeordnetenhaus eine agrarische Debatte im grohen Stil, die sich über zwei Tage erstreckte. Der Zweck der konservativen Interpellation, an welche diese Debatte anknüpfte, ging vorzugsweise dahin, eine Klärung über die Stellungnahme der preuhischen Regierung zur Eaprivischeu Handelsvertragspolitik und im Besonderen znm russischen .Handelsverträge herbciznsührcn. Er ist nur thcilweisc erreicht worden. Was man gern erzielen wollte, waren Aufschlüsse über die prinzipiellen Meinungsver schiedenheiten, die angeblich zwischen den Leitern der Reichspvlitik einerseits und den beiden hervorragendste» Preuhischen Ministern Graf Eulenbnrg und Miguel andererseits obwalten sollen. Beide liehen sich aber durch Provokationen weder von rechts noch von links irgendwelche Herzensgestündnisse entlocken. Dagegen versicherte der Handelsministcr von Berlepsch, dah sich die preuhische Regierung nicht im Gegensätze zur Reichsregicrung bei der Be folgung der Handelspolitik befunden habe oder befinde. Trotz dieser unzweideutigen Erklärung erscheint das hartnäckige Schweigen der beiden tonangebenden Minister noch immer beredt genug, um der Annahme Raum zu geben, dah eine einheitliche Auffassung im Reiche und in dem grössten deutschen Bundesstaate seit der Trennung des Amtes des Reichskanzlers von dem Präsidium des Preußischen Staatsministeriums nicht vorhanden ist. Befriedigt konnten unter diesen Umstünden die Interpellanten durch die Erklärungen der Preuhischen Regierung nicht werden, um so weniger, als auch die Anfrage in ungenügender Weise beant wortet wurde, ob die Regierung im Bundesrathc dahin wirken werde, dah fernerhin Handelsverträge, die eine Ermähignng der land- wirthschaftlichen Zölle enthalten, nicht zum Abschluß gelangen, ohne dah eine angemessene Ausgleichung mit den Geldwerthsverhält nissen der in Bettacht kommenden Konkurrcnzländer stattfindet. Die Schädigung, welche die deutsche Landwirthschast von dem russischen Handelsvertrag befürchtet, muh dämm viel gröber sein, als sie bisher aus den Verträgen mit anderen Ländem cinaetreten ist. weil Rußland sich durch seine unterwerthsge Valuta eine Ex portprämie sichert. Eine so ausgezeichnete Autorität, wie es Prof. Adolf Wagner ist. hat neuerdings nacbgewirsen, dah der niedrige und zumal weitersinkende Kurs der fremden Valuten mehr oder weniger dem Lande der festen Valuta gegenüber für die landwirth- schastlichen Produkte als AnSsnhrpränne wirkt. Der Russe bezahlt seine Zinsen. Steuern nnd Arbeitslöhne in Silber oder in Papier, welches ans Silber lautet. Sein nach Deutschland erpvrtirteS Ge treide aber erhält er in Gold bezahlt und wechselt dafür bei dem so tief gesunkenen Silbervreise noch einmal so viel Silber ein. als ilnn unter normalen Verhältnissen zukoinmen würde. Er kann folglich auch mit Preise» vorlieb nehmen, welche in Deutschland bei Weitem nicht die Wirthschastskosten decken und die durch die Herab setzung der GetreidezvÜe erleichterte Zufuhr der russischen Boden- Produkte würde den völligen Ruin der deutschen Landwirthschast be deuten. Dieses ungeheuerliche Mißverhältnis; mühte ausgeglichen werden, che wir mit de», russischen Vertrage beglückt werden. Frankreich steht im Begriff, die Gctreidezöllc zn erhöhe», lediglich aus dem Grunde, um gegenüber den unterwerthigen Valuten der jenigen Länder, mit welchen Frankreich in Handelsbeziehungen steht, einen Ausgleich in Bezug ausdie Zölle zu bewirken. Nach der unbe friedigenden Antwort des preußischen Handelsministcrs über die Regelung der Währungsfraae, die von den Konservativen allenfalls als eine Kompensation für den russischen Handelsvertrag angesehen werden könnte, erklärte Freiherr von Haminerstein, dah die Kon sequenzen im Reichstage, bei der Abstimmung über diesen Vertrag, gezogen werden mühten. Rückhaltlos bezctchncte der konservative Führer die Kluft zwischen dem Grasen Eaprivi und seiner Partei als „unüberbrückbar". „Zwischen der konservativen Partei im Reichstage und den, Reichskanzler", führte er aus, „besteht eine Divergenz der volkswirthschaftlichen und sozialpolitische» Anschau ungen, welche eine sachliche Berständiguiig nicht mehr möglich er scheinen läßt. Wenn der Reichskanzler im Reichstage uns die Theorie entwickelt Hot. daß Deutschland sich zu einen, Industtic staate entwickeln müsse, um die zunehmende Bevölkerung ernähren zu können, und dah «'S die Pflicht der Landwirthschast sei, dic- icnige» Opfer zu bringen, welche für diese Entwickelung nothwendig und förderlich seien, dann steht den» schroff »nd unvermittelt gegenüber die Anschauung unserer politischen Freunde, daß ein leistungsfähiger, mit der Scholle verwachsener Grnndbesitzerstand Militärvorlage zn Tage trat nnd sich neuerdings wieder in der zwiespältigen Haltung zur Handelsvertragspolitik äußert, macht reihende Fortschritte. Ein weiteres bedenkliches Spmptom für die Auflösung innerhalb der ultramoittai en Partei bietet der Ausgang der Stichwahl im Reichstagswahlkreise Neustadt in Obcr- schlesicii. Es waren dort zwei ultrainontanc Kandidaten ausgestellt wurde», der offizielle Eeiitriiiiisman» Teloch und der polnische Klerikale Strzvda. Beim ersten Wahlgange erhielt Strzoda fast ebenso viel Stimmen wie sein Konkurrent. Vor der Stichwahl wurde Teloch von derCeiitrumsleitung ansdrttcklich als der „einzig legitime" Kandidat Prvklamirt. Es entspann sich nunmehr ein ervitterter Wettkampf zwischen dein deutschen nnd dem polnischen Ultramoiitanismus. Zur empfindlichen Uebcrraschung der offiziellen Parteiführung hat der letztere einen glänzenden Sieg davon- gelragen. Der Pole Strzoda hat weit über 6000, sein Gegner noch nicht 2000 Stimmen erhalten. Der polnische Nationalismus »nd der deutsche Klerikalismus fanden bisher ihre Einheit in dem ihnen gemeinsamen ultramontanen Katholizismus. Diese Einheit ist in Oberschlesien in die Brüche gegangen. Der polnische Bauer hat leine Lust mehr, sich von dem Eenttiimsgeistlichen am Äängel- bande führen zu lasse». Die Gegensätze, politischer und volkswirth- schastlicher Art, die ehedem friedlich im Schoohe des CentrmnS schlummerten, klaffen immer mehr auseinander. Nicht die polnische Frage allein spielt in Oberschlesien die Hauplrolle, sondern der Widerstreit der aristokratischen und der demokratischen Richtung, sowie der landwirthschastlicheii und der industriellen Interessen wirkt trennend mit. Die deutschen Bauern im Kreise Neustadt haben sich bei der Wahl vielfach mit den polnischen Kleingrund- besitzeni unter der Devise vereinigt, dah es mit den „Herren" genug sei, jetzt mühten auch einmal die Bauern darankommen, und in einem polnischen Blatte heißt es in einer aus Oberschlcsien ein- gesandtcn Erklärung, „dah die Obeffchlesicr die heilsame Thätigkeit des polnischen Eentralkomitecs darin erblickten, wenn es die Ober schlesier von den zahlreichen Geistlichen befreite". Um das Maß voll zu machen, tritt, wie die „Köln. Zla." berichtet, für das ober- schlesische Ecntrum in diesen Tagen noch die erneute Schwierigkeit hinzu, ihre Neichstagsabgeordnetcn zwischen den Klippen der ver- lragsfeiiidlichen Agrarier und der vertragssrenndlichen oberschlesischcn Induslriebevölleriuig ohne bleibenden Schaden hindurchlaviren zu lassen. Beide ErwerbsgriiPPen dringen aus eine durch Vorbehalte nicht getrübte entschiedene Stellungnahme ihrer Abgeordneten und lassen es an den entsprechenden Maßnahmen nicht fehlen, um den letzteren die Konsequenzen ihrer Entschließung sehr deutlich vor Angen zu führen Die Zeit, wo alle diese nationalen, wirthschaft- lichcn nnd sozialen Gegensätze unausgeglichen in der elastischen Brust einer Partei mhlen, dre durch geschickte Manöver über das Unnatürliche ihres Ausbaues hinwegziitänschen verstand, ist vorüber. Die in der Eentrumspartei mehr und mehr nach Geltung ringenden Gegensätze sind zu heftig, als daß sie noch auf lange Zeit durch das gelockerte Band einer gemeinsamen konfessionellen Unzufrieden heit znsammcngehalten werden könnten. Für eine konfessionelle Sondcrpartei rst in unserem durch Existenzfragen schwerster Art bewegten Slaatskörpcr auf die Dauer kein Raum, über diese That- sache helfen auch die kleinen Mittelchcn nicht hinweg, mit welchen der mangelnde innere Ziiiamincnhaiitz äußerlich noch aufrecht- erhaltcn, das erlöschende Gemeingefiihl der Partei wachgehalten werden soll. Fernschreib- nnd Fervs-rech-Verichte vom 29. Januar. Berlin. Reichstag. Die Verlängerung des bestehenden Hnndelsprovisoriums zwischen dem Reich und Spanien wird in dritter Lesung endgiltig angenommen, worauf in die erste Berach- ung betr. die anderweite Ordnung des Finanzwesens des Reichs cingctreten wird. Staatssekretär Gras Posadowsk»: Der BeschluhdeS die Einzellandtage die Finanzsteuerreform näher angesehen haben. Die Aussichten der Vorlage haben sich dadurch erheblich gebessert. Eine Reichseinkominensteuer ist unmöglich. Aus der Börse wollen auch wir mehr herausschlagen als bisher, aber wir dürfen den Baum auch nicht fällen, um die Früchte zu erhalten. Die Börse ist ein wirthschaftlich nothwendiges Institut. Ein anderer Dbcil will die Wehrstcuer, aber sollen wir Blinde. Lahme, Daube, gröhtcntheils Leute aus den ärmsten Schichtcii, besteuern, weil sie nicht wehr fähig sind? Sodann würde eine Wehrstener, wenn sic nicht Kops steuer sein soll, eine einheitliche Emkoiinnen-Einschätzuiig für das Reich zur Voraussetzung haben. Dann hat man auch von der Aufhebung der sogen. Liebesgabe gesprochen. Damit würde die traurige Lage der Landwirthschast noch verschlimmert werde». Dem Vorschlag einer Jnseratcnsteucr würde man mit den, Vorwürfe cntgegentretcn, wir wollten arme Wittwen besteuern, die Zimmer zu verniicthen hätte». Eine Biersteuer würde mehr Gegner finden, als die Tabaksteuer. Mit der Finanrrcsorm sei eine feste Relation Zwischen Matrikularbciträaen und Ueberwcisung geschaffen und dem Schwanken in den Einnahmen nnd Ausgaben m den Einzel- staaten ein Ende gemacht. Ein Rescrvefond für magere Jahre soll zugleich gebildet werden. Die Franckensternsche Klausel soll ntcht beseitigt, sondern nur ihre Erträge pauschalirt werden. Man der Reichsregierung die diabolische Absicht zugeschrieben, sie n nicht für die Einzelftaatcn sorgen, sondern für sich eine Schatzkam mer. einen Juliiisthnrm beschaffen: aber das Palladium des Biidgct- rcchtS liegt nicht in den Eimiahmebewilliaungen. sondern in der Be willigung der Ausgaben. Für viel wichtiger als diese Reform hat man eilt Rcichssinanzininisterium erklärt. Die Reichsstnanzver waltuna hat allerdings etwas für sich, aber gegenüber dem Verant wortlichen Reichskanzler ist ein verantwortlicher Reichsfiuanzmiuister unmöglich. Was man auch auf deni formale» Wege eines RcichS- finanzministcriumS erstrebt, sollte man daher lieber auf dem sach lichen der Finaiureform verfolgen. Gerade in dieser Reform liegt eine Stärkung deö Rcichssinanzwescns. — Abg. Dr. Lieber giebt NamenS des Centrums folgende Erkläruim ob. Meine Freunde stehen noch wie vor auf dem Boden der Franckeiisteinschen Klausel »na halten es für dringend erwünscht, dah dieselbe nicht nur wegen ihrer grohen Bedeutung für das Reich >mb den Reichstag, sondern auch wegen ihrer finanzpolitischen Bedeutung für die Einzelstaateu erholten bleibt. Wir verkennen zwar nicht, daß die Finanzresorm! in dem Streben, den Einzelitaatrn überschießendc UeberwcisungciP zu gewährleisten, sich in der Richtung der Franckensteinschen Klouiel bewegt, allein wir haben ernstliche Bedenken gegen wesentliche Einzelbrstimmungen der Vorlage nnd halten den gegenwärtigen Augenblick nicht für geeignet zur Durchführung einer solchen Reform. Tie hier vvrgelegte Finanzresorm kann nicht ohne wesentliche Ei Höhung der indirekten Steuern stattsinden : eine solche aber bei dem darnieoerlieczenden Erwerbsleben weiter Voltskreise, ganz besonders der Landimrthschaft, eüizuführcn, wäre sehr bedenklich, besonders, da schon die Aulbringung der für die Militärvorlage nolbwendigen Kosten, welche gegen unsere Stimmen bewilligt worden sind, heute schwer erscheint und auch die zur Durchführung der Vorlage vorge schlagenen Stenern in der Hautsachc nicht als geeignet erscheinen. Sollte eine Kommissionsberathung vorgeschlagen werden, so würde» wir uns, der feststehenden Ausübung des Reichstags entsprechend, nicht ablehnend verhalten. Redner erläutert dann diese Erklärung noch eingehend. — Abg. Rickert (freis. Ver.) ist gleichfalls gegen eine Vorlage. Die Regierung hätte diese Steuervorlage gar nicht einbringen sollen, da sie aus deren Ablehnung von vomherein rechnen muhte: sic hat damit einen schweren politischen Fehler be gangen, der sich bitter rächt. In die Aushebung der Matti- kularbciträge willigen wir nicht früher, als bis die konstitutionell wichtige Bewährung der Steuem erreicht ist. Gehen wir auf die Vorlage ein, dann sind die Matrikularbcittäge in fünf Jahren ver schwunden. Die Vorlage noch an eine Kommission zu verweisen, wäre eine überflüssige Höflichkeit. Warum die Liebesgabe der Brenner nicht ausgcbe»? Die ganze Landwirthschast ist doch dabei nicht interessirt. Tie Kosten der Militärvorlage dürfen mit der Steuerreform nicht verquickt werden. Es ist nur Pflicht der wohl habenden Leute, die Steuer dafür zu tragen. — Preuh. Finanz- minisier Dr. Miguel: Abg. Rickert sagt, die Vorlage ist tobt, aber wozu dann seine Rede? Das Ccntrum hält den Zeitpunkt für die Reform noch nicht gekommen, wie lange sollen wir damit noch warten? Inzwischen steigen die Matrikularbeiträge und damit das Defizit der E>n;elstaaten Wer sagt uns, daß sich die heutigen Ver hältnisse so leicht bessern werden! Die Frankenstelnsche Klausel ist gegenstandslos, wenn die Ueberweisungen dauernd hinter den Matrikularbeiträacn Zurückbleiben. Die Reform liegt gerade im Interesse der Ausrechterholtung der Franckensteinschen Klausel. Das föderative Prinzip wird bei der Reform vollständig gewahrt. Steuern auf Vorrath wünschen auch wir nicht. Schlimmer als solche sind die stetig anwachsenden Mattitularbeiträge! aus diese die Ausgaben des Reiches zu Nellen, ist ein geradezu antcdiluvianischer Zustand. Die bestellende Mißstimmung wird viel größer werden, wenn die direkten Steuern in den Einzelstaateu erhöht werden müssen. Tie Vorlage wird, wenn heute abgelehnt, später doch an genommen werden müssen, da sie eine politische nnd finanzielle Nothwcndjgkcit ist. Wir können uns nicht auf Theorien bcruien, wir leben in einer realen, praktischen Welt. Ertüllt das Reich die obliegenden Verpflichtungen, io bleibt nichts von den geforderten Stenern auf Vorrath liegen. Die Forderung direkter Reichssteuern ist nur ein verbrämtes Nein. Man wünscht einen beweglichen Faktor in der Einnahme-Bewilligung, aber wie soll der gestaltet sein? Tie Vorlage wird wiederkommen, ein späterer Reichstag wird sie vielleicht selbst rufen. iRuie: Lösen Sie doch auf!) — Abg. Graf Liinburg-Ttirum ikons.): Zweck oer Franckensteinschen Klausel ist doch sicherlich nicht, die Einzelstaateu zu belasten, dämm solle nur das Reich thun, was des Reiches ist. Die direkten Stenern könnten angesichts der starken Belastung der Einkommen in den Einzelstaateu nicht weiter erhöht werden. Werden die neuen Reichsstenern abgclehnt. dann müssen die Defizits der Einzelstaateu durch Anleihen gedeckt werden. Die Finanzlage des Reiches gc wimit ein trübes Aussehen, wenn man die Verhältnisse der ein zelnen Ressorts näher betrachtet; so ist der Ueberschuh der Post Verwaltung nur ein scheinbarer, rechnet man die Leistungen der Eisenbahnen der Einzelstaateu für die Post, die jetzt unentgeltlich gewährt werden, ab, so crgiebt sich ein Defizit für die Post. Die Vorlage ist eine gute Sache, die sich von selbst durchkämpien wird. Wciterberathung morgen. Berlin. Erispi erklärte dem Korrespondenten eines hiesigen Blattes ans dessen Mttheilung, dah Stimmen laut geworden wären, welche zweifelten, ob Italien andauemd seinen Schuldver pflichtungen Nachkommen würde, so lange anständige Menschen in Italien regieren, werden alle eingegangenen Verpflichtungen prompt erfüllt werden. Sein Bestreben sei, durch die Stärkung der wirth- schastlichen, militärischen und finanziellen Kräfte das Land so stark zn machen, dah es ein starkes Friedensgewicht auszuüben vermöge. Berlin, lieber das Befinden des Czarcn wird mitgetlicilt, daß der Entzündunasprozek der Lunge aufgehört hat. Das heute Vormittag ausgegevcnc Bulletin lautet: Der Kaiser fühlt sich etwas Keffer, die Entzündung verbreitet sich nicht. Die höchste Temperatur Nachts war 3!i,3, heute früh 38,6. Puls gut. Leipzig. Das Reichsgericht verwarf die Berufung des Redakteurs Boshardt gegen seine Veurthciluiig wegen Beleidigung des Landgerichts Mcinigrn. Mannhei in. Eine Beriammlung von ca 100 Interessenten der Mühlenindnstrie und des Getreidebandels Südwcstdeutschlands sprach sich einstimmig für Aufbebung der Staffeltarife aus. lieber die Aufhebung des Identitätsnachweises wurde ein Beschluß nicht gefaßt. Paris. Julian Decrais wurde zum Generalkonsul in Leipzig cmannt. — Die Regierung bringt einen Gesetzentwurf ein. durch welchen der Getreidczoll aus 7 Frcs. festgesetzt wird. Ter Zoll auf Mehl wird entsprechend erhöht. Berlin. Der Kaiser nahm heute Vormittag m A. den Vor trag des Reichskanzlers entgegen. — Der König von Sachsen empfing gestern im Königl. schlosse den Airikareisenden Otto Ehlers in längerer Audienz nnd lieh sich von demselben eingeliend über dessen Plan, den Fang und Zähmung des afrikanischen Elephanten »ach indischem Muster in nweren afrikanischen Koloniee» einzuführcn, insormircn. Bei dieser Gelegenheit nahm der König auch aus den Händen des Reisenden die Prachtausgabe seines Werkes „Ein indischer Fürstcnhof" entgegen und lieh sich den kleinen indischen Diener, der Herrn Eh leis schon feit einigen Jahren begleitet, vorstelle». Ferner cinvfing der König die Herren: Hauvtmann v. D Müller, PrcmierleuttiantKamphauicn, Prenuer- leutnant Raabe, Sekondeleutnant Di. Trruich v Buttlar, Sckvnde- leutnant Dr. Mehnert, Sckondeleuiuant Wclzcl und Assistenzarzt Dr. Tariert. Die Herren hatten die Ehre, den König als Ab ordnung der 71 in Berlin und Umgebung lebenden Offiziere und Sanitätsoffiziere von der Reserve »nd Landwehr des 12 Armee korps begrüßen zu dürfen. -- Der Großherzog von Toskana hat dem Botschafter von Szoegvrn» das Grohkreuz seines toskanischen Hausordens verlieben - Die Budaetkommisston des Reichstags beendete heute dn Be>alhung des PosteiatS und crhölstc den Ein nahme-Ansatz ans Porti- und TclcphvngAnchrcn um3,3L7,MMk. Pfttitd's WM KlitSeriitilch. Arts-aer Aslkerri Gebr. Pfund, VMner-r. 7S.
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