Suche löschen...
01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 19.01.1905
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-01-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19050119015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1905011901
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1905011901
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-01
- Tag 1905-01-19
-
Monat
1905-01
-
Jahr
1905
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 19.01.1905
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
tt«. Händler — nehmen in den meisten protzen und in Dielen kleinen deutsche» Städten lebhaften Anletl an den städtischen Anaeleaendeiten. Aber auf jedem Zweige leisten ihnen die besten Fachilsute Beistand. Technisches Wissen und Geschick sind in Deutschland billig, und die Stadtverwaltungen können hochgebildete Ken Berwaltunae» schlagen in den einzelnen Gtädlcn ve» schiene Wege eln, aber säst überall ist ein Zulamiiienwirkc,, von BerufSbeamten mit Bürgern im Ehrenamt vorgesehen. In manchen Städten gibt eS zwei Bürgermeister — einen unbezahl ten, der von den Steuerzahlern aus kürzere Amtsdauer gewählt ist — und einen zweiten, der ein nach deutschen Begriff«» reiches ht und aus Lebenszeit oder eine längere Reihe von Bi ' die BerufSräte darin, in den bewahrsame» Schlendrian zu ver fallen. der den Fluch der Bureaukratie bildet, während sic selbst von wagehalsigen Versuchen und Abenteuern abgehalte» werden der städtischen Kollegien, ausi " " lluh.a , Diese erkennen es als ihr« .Haupt rabe, die Stadt zu einem zweckentsprechende» und angenebmen hnort und zu einem geeigneten 'Zentrum industrielle» Fort schrittes zu mache». Rücksichtsvolle Erwägungen sind viel weniger maßgebend als bei uns. Der moderne Tculvnc ist »u Gegensatz zu seinem Borsahren keineswegs sentimental. Er ist im wesentlichen Geschäftsmann und betrachtet die Stadtverwal- tun« als «inen Zweig höheren Geschäftsbetriebs. Aber er be greift, daß Gesundheit und Wohlfahrt der Bevölkerung für den Erfolg in Handel und Industrie bestimmend sink. Daher sorgen die Stadtverwaltungen für Bäder, Parke. Gärten, Kranken- häufcr und Sparkassen, weniger aus Mitleid mit den Armen und Leidendem, als weil solche Einrichtungen nötig erscheinen, um die Kräfte zu erhalten und die Lebeiisgcwobnbelten der arbeitenden Klassen zu verbessern und so den Fabrikanten eine große, wohl ausgerüstete Armee leistungssähiger Gehilfen zu liefern. Welche Beweggründe auch wirksam sein mögen, die Ergebnisse sind bedeutsam. Die Lärmmacher, die das Geschrei vom städtischen Sozialismus aufgebracht haben, weil unsere Stadtvehörden Straßenbahnen und Elektrizitätswerke zu er werben begonnen haben, sollten die Aussätze und Abbildungen in Dr. Wuttkes Werk studieren. Sie wurden entdecken, da» der nicht bloß Straßenbahnen und Arbeiterhäuser, sondern auch Hoch- und Untergrundbahnen, Gas- und Wasserwerke, Krankenhäuser, Erholungsheime, Krastslationen^ elektrische Beleuchtung, Svar- kassen und Leihämter. Die Stadlbehörden Ifabcn viele Aus gaben übernommen, die bei uns dem Staate oder der Privat wohltätigkeit zufallen. Der deutsche Steuerzahler murrt zwar ohne Zweifel, aber er kann bei dieser vielseitigen Entwicklung städtischer Fürsorge in voller Ruhe leben. Er icheint durch die ehrgeizigen Unternehmungen seiner Stadtregenten keineswegs in Unruhe versetzt zu werden', und diese können städtische Unter nehmungen in einem Umfange ausführcn, welche die kühnsten und fortgeschrittensten unserer Stadtbehörden und Grasi'chasts- räte in Erstaunen versetzen würden. Deutsche Städte zweiten Ranges, wie Augsburg. Barmen, Akannheiin und Bielefeld, be- sitzen kostbare und prächtige Guildballs, öffentliche Leihbiblio theken, Museen, Märkte, Schwimmbäder und dergleichen, wie wir sie kaum in unseren größten Städten haben. Verkehrsmittel, Telephon, Straßenbahnen, städtische Eisenbahnen sind bequem und sorgfältig eingerichtet, in der Regel tadellos lm Betrieb und außerordentlich billig. Englische Reisende beklagen zuweilen, daß der stimmungsvolle Frieden der alten deutschen Städte ver schwunden ist und daß sie cniweiht sind durch das ruhelose Ge triebe modernen Lebens. Das ist vielleicht währ. Tamps- straßenbabnen vermehren die Annehmlichkeiten eines ruhigen Daseins nicht und manche von den Viadukten, Brucken und Hoch bahnen sind recht häßlich. In dem neuen Deutschland gehe» praktische Erwägungen den Forderungen der Schönheit und jeder sonstigen vor. Aber selbst bei diesem Punkte müssen wir be kennen, daß die deutschen Stadtbchvrdeu eine lichtvolle und weit- sichtige Politik treibe». Die deutschen Städte haben wie die unseren gelitten unter dem Vorgehen der Ziauspekulaiitcii und Großgrundbesitzer: aber sie machen ernsthafte und woblberechnete Anstrengungen, um dem Unheil Halt zu gebieten. Man ha! er kannt. daß die großen Anlaackoslen für breite Straßen aufge- wogen werden durch die Erleichterungen raschen Verkehrs und die Ersparnis an Zeit, zu geschweige« von den Wohltaten für die allgemeine Gesundheit und Wohlfahrt: und so sinden wir, daß manche von den Idealen, nach denen unsere eigenen Ctadt- reformcr hoffnungsEs seufzen, erreicht und übertroffen stnd. Aber die wertvollste von allen Lehren ist vielleicht die, wie das An wachsen der Vorstädte in die geeignetsten Bahnen geleitet wird. Während wir hier in England uns mühen, die verstopften Stadt zentren auszuschließen, lassen wir jenseits der Stadtgrenze Nester von schmutzigen Hintergassen und schäbigen Straßen entstehen. Die Halste von dem Guten, das durch planmäßiges und aus gedehntes Wegräumen erreicht wird, wird durch diese Vernach lässigung des Grenzgebietes wieder ansgewvgen. In Deutsch land ist man klüger. Die größeren Städte 'haben sich das Ans sichtsrecht über das Nachbaraebiet verschafft und lassen sich nicht durch einen Saum von Schmutz und Acrmlichkeit blockieren. Die Borstädte müssen nach einem allgemeinen Plane ausgebant, die neuen Straßen müssen breit und gerade angelegt werden, besondere Bauordnungen werden erlassen, und überall werden Baumanpflanzungen. öffentliche Gärten »nd freie Plätze vor- gesehen. In dieser und in vielen anderen Hinsichten zwingt das deutsche Verfahren städtischer Verwaltung dem englischen Be- obachter wider Wille» Bewunderung ab. Unsere größeren Stadtverwaltungen könnten nichts Besseres Inn, als gemeinsam eine Kommission nach Deutschland entsenden, uin die Verwaltung deutscher Städte an Ort und Stelle zu studieren und Ergebnisse nach Hause bringen. — Am 20. d. M. vormittags ll Uhr findet Sitzung der hiesigen Handelskammer statt. An die öffentliche Sitzung schließt sich eine vertrauliche. — Im Interesse der Mitglieder von Berufsgenossen schaften wird daran eriniieit, daß die nach 8 00 des Gewerbe- UnsallversicheiungSgesetzes vorgeschriebe»?» Lohniiachiveisuiige» für daS Jabr 1901 letzt an die Berufsgenosienichasten cin-»rrichen sind Für dleienige» Herren Betriebsilnte, nehme-. welche mit der rechtzeitigen Elnsendung der Nachweis,,»g lm Rückstände sind oder deren Abgabe überhaupt Iintrilassen. erfolgt die An'stellnng der Löhne durch den Genossrnschattsov,stand »ud Ist nach 8 102 Abstitz 3 des Gewerbe-Unßrllvrrsichernngsgesktzes eine Reklamation birrgegrii sowohl als auch gegen die Höhe veS darnach berechneten Umlage- beitrageS unznlässig Aus allen diesen Gründen empfiehlt es sich, mit der Absendnng der Lohnnachweisuug an die zuständige Bcrufs- genossenschaft nicht länger zu säumen. — DaS große Ball fest des Leb mann-Ostcn-CboreS lm AuSstellnngS-Palast findet lomnieiiden Montag abends 8 Uhr statt. Für die einleitenden Vorträge ist noch der ausgezeichnete Vortragsmelstrr und Dlalektdichtcr Georg Zim mer n> a n n gewonnen worden, dessen Darbietungen ans eigenen Dichtungen bestehen werden. — Der Sachsen-Verein zu Berlin, der eine große Zahl der in und um Berlin lebende» Sachsen zur Pflege der Liebe und Treue für die Heimat und das sächsische Herrlchechaus in sich vereinigt, feierte vor einigen Tagen seln WcibnachlSsest. Dasselbe bestand ln einer Kinderbrschrnrirg und einer Verlosung. oüS ernsten und heiteren Vorträge» von jung und alt »nd endete mit einem Ball. Der BrraiiiigirngS-ArrSschuß hatte ei» Fest z» stände gebracht. daS allen Teilnehmern noch lange in angenehmer Erinnerung bleiben wird. Auch dle sächsische Heimat bitte sich beteiligt, den ln der HetchShauvtstodt lebenden Landslenre» eine Freude zu bereiten; bei der Verlosung dominierten dle Spenden der Herren T LouiS Girlhmairn in Dresden (Seile). E. Robert Böhme und Georg A. JaSnratzi A.-G. in Dresden lZnarettem, Fritz Schultz tun. A.-G in Leipzig lPutzmittell, Geb. Kummer- Keniat Ltngner. chemisches Ladornlorium in Dresden >OdoO, Karl Sleaismund. Hmoerlaasbnchhandluiig in Berlin «Bücher) und Emil Rudolph, SnM'Iäserei und Glasschlriseret in Berlin (Brief beschwerer). .Schwurgericht. Ern verwegener Wilderer hat sich in der Person des 1871 geborenen Schlossers Gustav Adolf Kaden in Lbcrpcsterwitz zu verantworten. Die von Staatsanwalt Seysert vertretene Anklage lautet o»s Wildern, Widerstand und Körperverletzung. Die Verteidigung hat Rechts- anwalt Tr. Kiroll übernommen. Als Zeuge ist geladen der Gräflich v. Buraksche Reviersörslcr Schellig aus Roßthal. Der Tatbestand ist folgender: Der Angeklagte, eine große, robuste Ge stalt, >var zrrletzt in einer Löbtaner Metallirarensabrik beschäftigt. Er jst >m vergangenen Jahre wegen Jagdvergehens vom Toh- lener Schöffengericht zu 4 Woche» Gefängnis verurteilt worden. Am 12. November v. I., abends 9 Uhr, brach er, mit einem selbstgesertigten, vierläusigen, zusammenlegbaren Jagdgewehr bemannet, auf, um der Iagdtust zu jröhnerr. Das Gewehr war erst im Herbst fertiggestellt worden. Auf Tölzschcner Flur liegt ein dein Kammerherrn von Burgk gehöriger Äuchemoald, die sog. Juchhe-Höhe, wo K. drei Schuß auf Fasanen abgab, ohne bei der herrschenden Dunkelheit etwas zu treffen. Abends gegen ll Uhr hörte der aus einem Dienslgange befindliche Förster Schellig die Schüsse und ging dem Schalle nach. Am Waldes rand, in der Nähe des Polschappeler Bähnhoss, lras er mit dem Wilderer zusammen. Schellig wrang plötzlich vor dem Gegner aus mit dem Ruse: „Halt, Gewehr weg oder ich schieße!" Kaden will geglaubt haben, daß der andere ein Wilddieb sei, und ihn, den Kaden, für den Förster gehalten l-abe. Er wars die Flinte weg und griff den Förster losort an, stieße ihn heftig vor die Brust und versetzte ihm eine» gewaltigen <sloß gegen die linke Wade, sodaß der Förster zu Boden stürzte. Kaden ist übrigens als Athlet bekannt und gcsiirchtct. Mit einer Hand hielt er in dem nun folgenden Ringkampfc das Gewehr des am Roden liegenden Försters fest und würgte diesen mit der anderen derart am Halse, daß dem Förster fast die Besinnung verging. Plötzlich ergriff Kaden sein am Boden liegendes Gewehr »nd verschwand mit einem großen Satze lm Dunkeln. Der pflichttreue Rcauttc batte außer einer aisenen Kopfwunde und einer schweren Quetschung an der linken Wade eine Verrenkung des linken Schnktergelenks erlitten. Am anderen Morgen früh 3 Uhr wurde der Wilderer in seiner Wohnung von dem Förster mir Hilie des Orlsgendarmens verhaftet. Sein nach dem nächtlichen Renkontre dem Förster gegebenes Versprechen, sein Gewehr zu zerhacken, bat K. nicht aehalten. Die Masse liegt dem Gerichtshöfe vor. Förster Schellig schildert den Vorgang im ganzen ebenso, wie Kaden, ergänzt nur noch, daß Kaden von ihni das Ehrenwort verlangt habe, daß Anzeiae nicht erstattet würde. Tie Gescbwo- renen sprechen den Anaeklagten in vollem Umfange der Anklage schuldig. ':nd der Gerichtshof verurteilt ihn unter Zubilligung mildernder Umstände zu 2 Jahren 0 Monaten Gefängnis und 5 Jahren Ehrverlust. Das zur Dal henntzte Gewehr nebst Mu nition wird eingezogen. 1 Monat Gefängnis gilt als verbüßt. Znm GeileralauSstliild im Rilhrrcliicr. Tie gesamte Belegschaft im Rnhrkohlen-Ncvicr be trug am 30. September 1904 nach der amtlichen Produktions- Uebcrsicht 266 256 Mann. Davon befanden sich am Dienstag insgesamt 154 330 Mann aus 2E2 Zechen i m A usstande. Inzwischen vergrößert sich die Zahl der Ausständigen noch fort gesetzt. So wird aus G e l s e n k i r ch e n gemeldetEine von etwa 5000 Bergleuten besuchte Versammlung beschloß, sich dem Ausstande anzuschließen. Dadurch kommen auch die Gclsen- kirchener Zechen, die bisher in der Mehrzahl noch förderten, znm Stillstand. Ans Men-Essen, Neu-Essen und Carnap fanden bisher die meisten Ruhestörungen statt. Vorgestern wurden ans den Sammelliste n der Streikenden allein in Essen 30 000 Mk. gezeichnet. In Gladbeck bei Ha(.en wurde» 1800 Mann von zwei Stahlwerken wegen Kohlenmangels abgclohnt. Fünf Arbeitswillige wurde» im Essener Revier von Streiken den ge in i ßh a n d e l t. Oberbergrat v. Vellen ließ sich in Dortmund in vierstündiger Sitzung von den Bergarbeiterführern die Wünsche der Bergarbeiter vortragen. Gestern wollte das Obcr- bergamt mit dem Bcrgpauvercin in vermittelnde Unterhand lungen treten, um heute in gemeinsamer Sitzung eine Einigung zu versuchen. ObervräsidenI Nasse hatte in Essen eine Konferenz mit dem Oberbürgermeister Zweigcrt, fuhr dann in das Oberhausener Revier und kehrte abends zurück. Obcrschlesiichen Blättern zuiolge erhielt die Deutschland- Grube in Schwicnlochiowitz aus Westfalen eine telegraphische Ko h l e » be ste ll u n g. Es gingen einige tausend Zentner Kohlen in das Anssiandsgebic! ab. In München-Gladbach erließen mehrere Spinnereien Zirkulare, wonach sic die prompte Garnliefcrung wegen Kohlenmangels nicht mehr garantieren. Der Ansstand im westfälischen Kohlengcbiet fängt auch bereits an, den Kohlen- und Frachtenmarkt in Newcastle zu beeinflussen. Der Kohlenhandel ist aufgeregt, die Prelle stellten sich höher, speziell für Äunkerkohlen, die in einigen Kälten um 1 CH. per Tonne stiegen. — Ter „Nheiii.- Wcstf. Ztg? zufolge erklärte der Vorstand des Kohlensyn dikats durch ein Rundschreiben, das Syndikat könne die in folge des Streiks festgesetzten LieferungsIcrmine nichI einhalIe n. (Wiederholt.! lieber KohIenyreise unc, Bergarbeiter lohne im Rnhrrcvier schreibt die „Arbcitsmarkt-Korr.": „Obgleich die Be schwerden der streikende» Bergarbeiter weniger auf die Löhne als auf die Arbeitszeit, auf das Wagennullen und die Behänd- lung durch die Beamten gerichtet sind, so bringen doch die dem Verein für bergbauliche Interessen im Obcrbcrgamtsbczirk Dort mund unterbreiteten Forderungen auch die Festsetzung eines M i n i m a l I o h ii e s in Vorschlag. Sollte der jetzige Kampf die Erfüllung dieser Forderung noch nicht bringen, so drängt Entwicklung der Verhältnisse darauf hin, daß bei doch die ganze , „ , der Normierung der Lohnsätze, wie dies ja schon in England und in den Vereinigten Staaten von Amerika der Fall ist, auch die Organisationen der Bergarbeiter ein Wort mitzureden haben. Unter Bcriicksichlignng der internationalen Konkurrenz läßt sich sehr wohl ein je nach der Marktlage veränderlicher Minimolsatz seslbalten. Beim Kohlenbergbau, wo der Lohn anteil 50 »nd 60 Prozent des Verkaufspreises des Produktes ausmacht, fällt ein Wechsel der Preise viel stärker ins Gewicht als in Industriczweiaen, wo der Lohnantcil an den Produktions kosten sehr viel geringer ist. Die starke Unzufriedenheit mit den Löhnen entspringt dem Mißverhältnis zwischen der Be wegung des Kohlcnoreises einerseits und des Lohnanteils, der aus die geförderte Gewichtseinheit entfällt, andererseits. Im , ^ . . ... aa bezirk Dortmund auf 7,66 Mk. 59,79 Prozent dieses Preises oder 4,58 Mk. gingen als Lohn an die Arbeiter. In den sol- aeuden Jahren stieg nun der Koblenvreis bis auf 8,77 Mk. im Jahre 1901, um daun etwas zurückzngehen, aber immer doch noch stark über dem Niveau von 1899 zu bleiben. Im Jahre 1903 betrug der Preis 8,28 Mk. Auch der Lohnanteil ging 1900 und 1901 noch in die Höhe, ober lange nicht im nämlichen Verhältnis, in dem der Kohlenpreis in die Höhe ging. Für die Tonne geförderte Kable wurde als Lohn bezahlt: 4,91 Mk. im Jahre 1900, 4,95 Mk. im Jahre 1901, 4,62 Mk. in den folgenden Jahren. Bei einem Kohlenpreise von 8,28 Mk. im Jahre 1903 bekamen die Arbeiter nur 4 Pfg. mehr als bei einem Kohlenprcise von 7,66 Mk. im Jahre 1899. Diese ver schiedenartige Bewegung von Kohlcnpreis und Lohn brachte es mit sich, daß der Lohnanteil seit 1899 prozentual stark zurück- ^ ' ^""0 auf,57,49 Prozent des Tonncn- er aus 56,44 zurück und erreichte 4i" ' " ' ' ging. Er fiel im Jahre 1900 auf 57,49 Prozent des Tonnen Preises, im Jahre 1901 ging er auf 56,44 zurück und erreicht! mit 55.06 im Jahre 1902 seinen Tiefstand. Lm Jahre 1903 aber — und das ist sehr bemerkenswert — hinter dem des JahreS 1899, in dem der große Bergarbeiterstreik statttand. zurück. Aus der Antwort des Bergbaulichen Vereins ist noch folgende Stelle über das Wagennullen bervorzubeben: Der Negierungskommissar habe am 12. Dezember 1901 im Reichs- 30 000 Mann zwei Prozent, aus 67 Gruben mit 97 000 Mann aber weniger als ein Prozent genullt wurden, daß laut den Griibeniournalen der monatliche Turchschnitlslohn durch dos Nullen keineswegs wesentlich gedrückt wurde, daß der Versuch, dos Nullen den Hauern ianstatl den Zechenkonlrolleurenl zu übertragen, ein weit stärkeres Nullen durch die Hauer ergab, daß die Lohnbeträge für genullte Wagen der Arbeiterunter, slützungskasse zngesührt werden, daß dos Nullen im Inlereste der Bergleute Geldstrafen vorzuziehen sei, weil das Nullen eine mildere und die gerechteste Strasc sei. Bei Geldstrafen sei cs sehr schwierig, die wirklich Schuldigen zu tressen: ferner daß die schuldige Schicht bei unreinem Wage» um die Zeit des Schicht- Wechsels nie feststellbar, daher die Tragung der milden Strase durch die ganze Kameradschaft die gerechteue Form ist. Einen Geldausrns für die streikenden Bergarbeiter ver- össentlicht der sozialdemokratische Parteivor st and im „Vorwärts". Der sozialdemokratische Parteivorstand sucht alle Schuld an dem Aussland aus die Grubcnverlvaltung zu wälze». Wörtlich heißt es in dem Ausrus: „Die Unternehmer wollten den Kamps! Sie haben ihn! Die Sache der Berg arbeiter ist die Sache aller Arbeiter. Ti« Bergarbeiter haben den Kamvs ausgenommen im Bewußtlein ihres guten Rechts und der Erwartung, daß die ganze dculichc Arbeiterschaft hinter ihnen steht. Und sie siebt hinter ihnen! Tie deutschen Arbeiter dürfen nicht latlos zusehcn. ES gilt, den übermütigen Groß kapital -ii zu zeigen, daß die deutsche Arbeiterklasse willens ist. den geknechteten Grnbcnsklaven beizustehen. Nicht soll der Hunger die Bergarbeiter zwingen, wieder in das Joch zurnckzu- kehren, so lange die klassenbewußtcn Arbeiter das verhindern könne». . . . Gewaltige Summen werden notwendig sei», soll in der nächsten Zeit der Hunger aus dem Hause des Ruhrberg, »icimies serngchalten werden. Hunderltauseiide von Kindern sehen täglich verlangend nach dem Tische der streikenden Väter. Ans daß nicht der Jammer über den Hunger der Kinder die Väter knirschend zwingt, die Hand der harten Herren zu küsse» und demütig um Brot zu betteln: Gebt, was Ihr könnt! . . . Sammelt, gebt, unterstützt die streikenden Bergleute, die nicht nur »ms tägliche Brot, sondern die in einem Kulturkampf für die Menschenrechte aller Arbeiter kämpfen." Aus diesem Aus- rus ergibt sich, daß die sozialdemokratische Partei den Kamps der Bergleute vollständig zu dem ihrigen macht. In Dortmund wurden zwei in Berlin als Anarchiste u bekannte Persönlichkeiten aus ihrer Reise ins Streikgebiet scft- genommen. Cie wollten nach Gelienkirchen reisen. Der eine wird im Dortmunder Bezirk schon lange wegen verschiedener Vergehe» gesucht. Ter andere will Berichterstatter sein und zur ..An'klärung der öffentlichen Meinung" seine Fahrt ins Strcikgcbiet unternommen haben. Die Streikleitung erläßt einen Ausruf an die Arbeiterschaft, aus dem folgende Sätze hervorzuheben sind: „Kameraden, nun der organisierte Kamps von den Organisationen aesührt wird, heißt es strenge Disziplin halten, jede, auch die gerinane Ausschreitung zu verhindern. Belästigt keine Arbeitswilligen, haltet streng die össcntlicye Ordnung aufrecht' Keinerlei Anicnmnlunq vor den Zechen und aus den Straßen! Meidet streng den Alkohol, denn er ist unser schlimmster Feind. Bildet selbst Eure Polizei, sorgt überall für Ordnungsmaun- scbasten zur Unterstützung der Behörden. Je ruhiger wir den uns autgezwuiigencn Kampf führen, desto mehr sympathisiert die Ocfscntlichkeit mit uns!" Ter russisch-japimische Krien. General Kuropatkin meldet dem Kaiser: Am Morgen des 14. Januar umging eine starke japanische Abteilung Infanterie, Kavallerie und Artillerie bei nebligem Wetter eine Kolonne unserer Kavallerie von zwei Seite». Ms unsere Kavallerie sich nach Norden zurückziebeu wollte, entspann sich ein Kamps aus kurze Entfernung. Untere Artillerie beschoß die Japaner aus 1000 Schritt und fügte ihnen beträchtliche Verluste zu. Unsere Kavallerie zog sich sodann in voller Ordnung nach Norden zurück. Unsere Verluste an Toten und Verwundeten be tragen 5 OEiziere und 50 Mann. Am 14. Januar stieß eine Patrouille wieder zu unserer Kavallerie, nachdem sie die Eisen bahn und den Telegraphen 3 Werst nördlich von Toschitschicw auf einen halben Werst zerstört hatte. Ein japanisches Torpedoboot bat am Montag in den Ge wässern be: Tsiischima den holländischen Dampfer „Wilhelmina", der mit .Kohlen non Eardüf nach Wladiwostok unterwegs war, beschlagnahmt und nach Saseho gebracht. Tue „Australen" ist von Nagasaki mit dem General Stössel, seiner Frau und 565 Russen, darunter 245 Offiziere und Frauen, abgcgangen. Die H u ll k o m m i s s i o n nahm die den Tatbestand dar- legendcn amtlichen Schriftstücke und die darauf bezüglichen Dokumente entgegen. Die Schriftstücke über den Tatbestand solle» in der am Donnerstag statlsindendcn Sitzung der Oesfent- lichkeit übergeben werden. Dem Vernehmen nach hält der Ver treter Rußlands in der Kommission ganz energisch die Behaup tung aufrecht, daß zwei japanische Torpedoboote bei der D-oggcrbank gewesen waren, und wird spater dafür Zeugen Vorbringen. Die Kommission hat beschlossen, Domen als Zu hörer bei den össeutlichen Sitzungen zuzulassen. Der Matrose des „AskvldF der einen Chinesen in Schanghai getötet hatte, wurde vom ruisischcn Gerichtshof zur Degrada tion und vierjähriger Zwangsarbeit verurteilt und nach dem französischen Gefängnis gebracht. TaqcSncschichte. AuS dem Berichte der -Hibernia-Kommissio». Der Bericht der Kommission des preußischen Abgeordneten hauses über die Hibernia-Vorlage ist nunmehr erschienen. Darnach hat ei» Koiumissionsmitglied folgendes ausgeführt: „Das mit dem Gesetzentwurf von der Königs. Regierung eingeschlagenc V e r s <i h r c n sei ein a U ß c r g e w oh n l i ch e s und stehe nicht im Einklang mit den alten, soliden preußischen Finanztradttionen. Es entivrechc auch nicht den bisherigen Grundsätzen der Budgcl- kommission, den preußischen Fiskus mit solchen hohen Summen von fast 70 Millionen Mark als Großaktionär bei einem in dustriellen Unternehmen zu beteiligen, auf dessen Geschäftsverwal- tung er keinen Einfluß babe und auch in absehbarer Zeit nicht haben werde." Ein anderes Mitglied sprach sich folgendermaßen aus: „In dem Briefe vom 16. Juni 1904 an die Dresdner Bank habe sich der Minister dieser gegenüber verpflichtet, die Hibernia zu erwerben gegen eine achtprozentige Rente in dreiprozentigen Preußischen Konsols, falls die Bank mit dem zu bildenden Kon sortium den zur Durchsührung der Verstaatlichung erforderlichen Aktienbesitz lieferte. Dieses Angebot entsprach einem Kursstände für die Hibernia von 240 Prozent, während sie bis dahin unter 200, mit ungefähr 195 bis 196 Prozent, an der Berliner Börse notiert wurde. Der Minister habe im Plenum erklärt, es sei naiv, Hu glauben, daß das Geschäft überhaupt anders und besser, als geschehen, habe gemacht werden können. Darüber lasse sich streiten, und cs gebe viele gewiegte Geschäftsleute, die der Ansicht seien, daß das von dem Eisciibäbuminisler bei allen seinen Ver- staallichungcn in voller Ocffentlichkeit cingcschlagene Verfahren viel eher zum Ziele geführt und dem Handelsmrnister die miß liche Lage, in welcher er sich befinde, erspart haben würde. Dem Gewinne der plötzlichen großen Kursdifferenz zwischen 196 und 240 Prozent würde die Mehrzahl der Aktionäre viel leichter er legen sein, als dem jetzt eingcschlagcncn Verfahren, durch welches die Helfershelfer des Ministers sich den Kurs an der Börse selbst künstlich in die Höhe getrieben und eine wilde, alles Maß über steigende Spekulation entfesselt hätten, welche alle Mon- tanwerte überhitzt habe. Es sei aber auch keineswegs einwand frei, wenn die Offerte des Ministers einem kleinen Kreise von eingcweibtcn Banken uugcmessene Spekillalionsgcfvimic aus Kosten des »nkniidigen Aktionärs zuweise, die diesem von Rechts wegen -llständcn. Wenn der Minister gesagt habe, solche Ge schäfte kämen an der Börse olle Tage vor, so möge das richtig sein: aber die besten Elemente seien cs doch nicht, ditz solche Ge schäfte machten, und vorbildlich für die Hreußische StaatSrcgie- rnng brauchten sie nicht gerade zu sein. Dos Wort: stzuock liec-t Tovi, non lieot hori gelte auch umgekehrt." 8! ' »r 2 «5 ^ «r Z 2 §2. s *>- S " s § -6 W K-Og ' -iZ W '..i..! 'lK -z-:» W s «Z . Mts! .-'j. M H WH W Deutsches Reich. Detmold ist auf Ter Landtag von Lippe- Montag «inverusen worden.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)