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12 Dr. Wilhelm Hartei. gedenken. Möge unfereRundfchau genügen. Wenn die ausgeftellten Obje&e fo für fich fprechen hönnten, wie die Werke der Kunft und Induftrie würde wob Jeder den Eindruck mit fich nehmen, dafs fich hier ein tüchtiger Auffchwung vollzieht. Ob die jungen Blüthen die Stürme der Readtion überdauert, wird uns das nachfte Decennium fagen. Ob aber nach der Vorausfetzung Duruy’s, welche man m Frank reich noch allenthalben zu theilen fcheint, der Grundbau des höheren Unternchts- wefens ein folider fei und nur theilweife Reformen verlange, und ob nicht viel mehr ein durchgreifender Umbau nach dem Müller Deutfchlands, auf deffen Um- verfitäten auch jetzt noch bedeutende Männer des Faches hinzuweifen nicht müde werden, vorzunehmen fei, in diefer Frage möchte man gerne einer gründlichen Umgeftaltung das Wort reden, wenn die complicirte Orgamfation des höheren Unterrichtes in Frankreich eine folche nicht geradezu unausführbar erfcheinen liefse. Italien. Die italienifclie Regierung hat in einer reichen, leider aber unglücklich aufgeltellten und gleich in den erllen Wochen in eine klägliche Unordnung gerathenen Ausllellung werthvolles Material zur Beurtheilung des höheren Unterrichtswefens geboten. Statiftifche Berichte aller Art, Sammlungen von Statuten, Programmen, fchriftliche Darftellungen einzelner Univerfitäten, Publi- cationen von Profefforen in den von ihnen vertretenen Disciplinen, mannig fache Lehrmittel waren in dem engen ltaubigen Raume aufgefpeichert, die der anfpruchsvolle Mont Cenis-Tunnel in dem füdlich gelegenen Hofe der italiem- fclien Abtheilung frei gelaffen hatte. Die Aufftellung fpiegelte den chaotifchen Charakter des ltalienifchen Univerfitätswefens wieder. Es wäre aber unbillig, dasfelbe auf Grund der aus geftellten Objecte einer abfälligen Kritik zu unterziehen in einem Augenblicke, wo der Staat an dem als hinfällig erkannten Organismus tiefeingreifende Reformen vorzunehmen, im Begriffe fleht. Wir wollen uns vielmehr an den vielverfprechenden Keimen eines allenthalben erwachenden wiffenfchaftlichen Lebens freuen, welches die gefunde Grundlage des höheren Unterrichts abgibt und nur der befreienden That von Seite der Gefetzgebung harrt, um feinen Segen durch die frei gemachten Canäle der Schule dem nationalen Culturleben zuzuführen. Indem die zahlreichen Leiflungen auf dem Gebiete der reinen und angewandten Naturwiffenfcliaften an anderer Stelle diefes Berichtes ihre Wüi- digung erfahren, haben wir nur einen Blick zu werfen auf die Veitretung, welche die philologifch-hillorifchen Fächer auf der Ausflellung gefunden haben. Die -wiffenfchaftlichen Arbeiten diefer Fächer knüpfen an locale Bedingungen an, die nirgends günftiger liegen als auf italienifchem Boden, an die reichlic 1 vorhandenen und noch unerfchöpften Reffe des Alterthums, an die in den zahlreichen Stadt - und Klofterbibliotheken aufgefpeicherten Handfchriften, Schätze, an die die Räume feiner Archive füllenden Urkundenmaffen. Die archäologifchen Studien find nur durch einige Publicationen, wie Monumenti della Sicilia fotografati e descritti da F. S Cavallari I. P. Palermo 1872, Catalogo del mufeo nazionale di Napoli 1866—1872, Herculanenüum volu- minum quae fuperfunt altera collectio I.—VI. vertreten, welche daran erin nern wollen, dafs fie nicht die einzigen und bellen find, welche das mit neuem Eifer diefen Studien, die eine feiner fchönften Literaturpeiioden erfüllen, zugewandte Jung-Italien aufzuweifen hat. Line'' vollere Anfchauung erhalten wir von dem Bibliothekswefen Italiens, indem drei Bände Bibiio- tlieche governative (1870) die von der Regierung veranlafsten Berichte über die Bibliotheken des Königreiches uns vorführen, und Proben neu begon nener Katalogifirungen, wie der Bibliotheca Cafinenfis — cura et Studio mona-