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Dresdner Nachrichten : 23.07.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-07-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-192207234
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19220723
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19220723
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-07
- Tag 1922-07-23
-
Monat
1922-07
-
Jahr
1922
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 23.07.1922
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Die stille Stunde. ; Do« Itznbolf Herzog. to- »»» bkes, stUle <3tnnb» Arä«n»«d durch de« Tarten gehee^ Oa- oa» dkesr sttlle <3t»ud» Atmend tn der tZonn» stehen. Tledrrm Berg, da blitzend 'Metier, Schwelg», WeltgetLs«, schwelge! Drausend, grausend Horugeschmetter, Slug wle elne Somurergetgr. Ach, thr llnden Helmatdüfte, Schmeichelt, streichelt ohne Enden, Ach, thr kiesen Dlumendüste, All die» Spenden und Verschwende», All die» Wogen, all die» Wallen, Sehnsucht halb and halb Erinnern — Scheu« Liekeoworte lallen 5autln» wle Im Herzenslnner». Eine Stunde gottgesegnrt, Eine Stunde glürtnmsponnenr 'Was an Schwerem un» begegnet, 2st t» Lächeln nn» zerronnen. Schmerzt«» schll-tzt sich fede 'Wunde Vor der Seele Anferstehen — Latz nv» dtes» sttll« Stunde Träumend durch den Garten gehen. 3ch möchte einmal nur in Seide gehen ... Zwei Briefe non A. S. R e t l o w. 15. Oktober El. Allein (beliebter! Es wird Dich wundern, solch longen Brief von mir zu erhalten, da wir doch übermorgen schon wieder vereint sein wollten. Aber es gibt Dinge, für die man die rechte» Worte nicht finden kann, sobald sic persönlich besprochen werden sollen. Gefühle »nd Empfindungen, durch feinste Schwirr- gimgen der Seele geboren, scheuen das profane Wort nnd das grelle TageSlicht. — Ich hätte es Dir in dunkelster Dämmerstunde, oder nächtlicherweile leise ms Ohr flüstern können — aber nein — dann hätte ich Deine Nähe gespürt nnd aller Mut wäre mir wieder geschwunden. Höre mich an, Geliebter! Als ich arme, schutzlose Waise in Dein nornchmcs Haus als Herrin einzvg, da glaubte ich tm Märchenreich zu sein. Wie eine Königin wanücrte ich durch die hohen, vornehmen Räume, und jeder neue Tag schien mir unncrdientes Geschenk von Gott ... Es lag etwas Berauschendes tn diesem Glück, aber meine Seele fand in dieser Traumwelt nicht den Friede», den sie sich so heiß ersehnte. — Sanft und stille hatte sich freilich mein Heben gestaltet, und unsere Ehe hatte jahrelang etwas von der Rune eines stillen, verborgenen Waldsees, dem die ärgsten Stürme nichts anhabcn können. Bald aber kamen Stimmungen, di« meine Seele nmdnnkcltcn und mir heimliches Heid schufen. — Erinnerungsbilder meiner Kinderzett schlummer ten auf dem Grnndc meines kleinen stillen Waldscrs, die sich nach Licht sehnten und mit meinem neuen Heben verschmel zen wollten. Meinem Hebe», Gesiebter — nicht Deinem — Du nahmst ja nicht teil an meinem inneren Heben. — Unsere Seelen schlummerten, nur unsere Sinne wachten! — Aber die Seele des Weibes hat einen leiseren Schlaf als die des Mannes, und etwas Fremdes, Unbekanntes weckte mich aus meinen Träumen. Zweifel, Misstrauen stellten sich tremrend zwischen uns. und dieses Feindliche gewann immer mehr Macht über mich, verdüsterte mir Deine Gestalt und verunglimpfte das Bild, das ich von Dir im Herzen trug. Du erschienst mir plötzlich als der sinncnfrohc Geniester, der nur die Schönheit, das Weib in mir liebte. Wie ein letzendes Kunstwerk hattest Tn mich in Dein herrliches -Heim getragen, an dessen Anblick Dir Dich jeden Tag von neuem berauschen wolltest. — Weiche, fliehende Seide musste meinen Körper umrieseln. matte Perlcnschnürc ans meiner meisten -Haut schimmern. — Alles um Dich ber sollte ja Sawnhcit atmen. Aber Du vergastest, das; der Adel der Seele die höchste Schönheit ist! — Was aber wusstest Du von meiner Seele, Liebster! Sic war Dir ja fremd. Nie machtest Du den leisesten Bersuch, die letzten Rätsel in Deines Weibes Seele zu erforschen. Und so wurde ich innerlich krank und vereinsamte. — Bcreinsamte, weil ist' - ir nie uv» meinem früheren Leben erzählen durste. Meine Kindheit, meine früheste Jugend sollte wie ausgrlöicht, wie »tc gewesen sein. Du hattest einen Abscheu vor der Armut in jeder Form. — Al» ich aber Dein liebendes Weib wurde, verlangte es mich nach einer starken Männerbrust, an der ick mich aufrichten, Zuflucht finden könnte tn meinen Seelennüten. — Liebster! Nicht Dein Haus, Du selbst solltest mir Heimat sein . . . Du aber verstandest mich nicht, gabst mir Liebe - immer nur Liebe . . . Und so sehnte ich mich nach einem Menschen, der die Tiefen meiner Seele kannte, der mit mir leiden unö mit mir weinen konnte. Es gab einen solchen Menschen - Grösst Mütterchen — weit draußen tn der Ferne. So keinnc der Entschluß zu einer Reise zu ibr. Noch ein anderes Geschehen, wie eine seltsame Weisung des Schicksals, liest mich früher, als ich gewollt, diese Reise aistreten. Ich will Dir erzählen, Geliebter, doch zürne mir nicht, daß ich vor Deinen schünhettsdnrstigcn Augen ein Bild der Armut ausstelle. — Kurz vor meiner Abreise wurde an der Hausglocke geschellt, ich össnetc ausnahmsweise selbst. Eine Bettlerin stand vor der Tür. neben ihr ein kleines, herziges Mädchen von etwa fünf Jahren, mit rvte.n, runden Bäckchen, um rahmt von dunkeln Locken, die sich unter einem verschlissenen Lamihäubchcn hervorringelten. Große, braune Augen sahen flehend zu mir auf, nnd ein rotes, kaltes Händ chen streckte sich mir bittend entgegen. — Ich rief nach der Dienerschaft »nd ließ das arme Weib reichlich beschenken. Dann schlich ich mich leise in Tein Arbeitszimmer, liest mich in Deinen Sessel nieder und betrachtete lange dos Ktnderbilünis von mir, das Tu damals in Ocl malen ließest. Welche Aehnlichkeit — dieselben braunen Augen, dunkle Locken, rote, runde Bäckchen, von einem Samthäubchen um- rahmt. — Ich sab mich selbst mit Großmutter Hand in Hand durch die Straßen wandern, frierend »nd hungrig, treppauf — treppab. Die Eltern waren früh gestorben, Großmutter sollte mich ernähren, wovon? Sie mußte betteln gehen mit dem schönen Kinde. Und ich erinnere mich, daß die Gaben reichlich flössen, wenn ich den vornehmen Damen verschämt meine kleinen, roten Händchen hinhiclt. Ach. Liebster, das alles Hab' ich Dir niemals erzählen dürfen. — Wenn ich Dir meine Hände reichen inustte, „diese schlanken, lilienweißen Hände", damit Tn sic mit Küsse» be decken konntest, da brannten Deine Küsse wie Almosen in meinen Händen, und verschämt schlug ich die Angen nieder — wie damals. Kannst Tu es nun verstehen, warum ich mich nach Großmittters wissendem Herzen sehnte? Und nun sitze ich in Großmutters niedrigem Dachstüb chen. Zn ihren Füßen sitze ich, »nd immer wieder streichelt sie mir übers -Haar: ach. daß Tn da bist — ach, daß Du da bist! — Als ich vvr wenigen Stunden bei ihr eintrat, war alles so still und feierlich, als hätte sic seit langem ans mich gewartet. Mit weißem, sauberem Häubchen ans dem ge bleichten Haar, ein schwarzes Spitzenschürzchen angetan, die alte Hornbrille vor den schwachen Augen, saß sie lesend in ihrem hohen Korbsessel, der noch immer am Fenster steht auf hölzernem Tritt. I» ihren zitternden Händen hielt sie das alte vergilbte Gesangbuch, da» ich so gut kenne, und darin ich als Kind so gern geblättert, der vielen gepreßten Blümlein wegen, die sic hütete, wie seltene Kostbarkeiten. — In ihrer Stube ist wieder der leise Duft von welle» Blättern, träumerisch tickl die alte Schwarzwälder Uhr in der Ecke. Alles wie damals, und doch nicht wie damals, denn Deine Güte schuf ja Großmütterchcn ein sorgenfreies Alter. lind nun erzähle ich ihr von meinem Glück, meinem Reichtum und meiner Liebe zu dir. Und sie nickt zu allem wie ' zustimmend und verstehend, und der Glanz eines heimlichen Lichtes streicht glättend über die Runen des alten, gütigen Gesichtes. — Da ich nun nichts mehr zu sagen weiß und doch noch so viel ans dem Herzen habe, würgt es plötzlich in meiner Kehle, und ich wühle meinen Kvps in Grvßmuttero Schoß und weine — weine. — Großnnttter mit ihren fcincntivickeltcn Sinnen stört mich nicht. Und als das Schluchzen sanfter wird, zieht sic mich langsam zu sich empor, legt meinen Kopf an ihre Schulter, und mit der Rechten weist sic in die Ferne, wo unter den vielen Giebelchen und Dächern das alte.rsgrttnc Dach der Frauenkirche im Abendschein funkelt. „Kennst Tn sic noch, die alten Türme da drüben?" — „Freilich, Großmutter, das ist das Kirchlein, worin Tu und die lieben Eltern getraut nnd worin auch ich zum Tisch des Herrn getreten." — „Und wenn die Glocken da drüben das Nahen eines Hvchzcitszuges ausplauderten, da ging es mit den kleinen Holzpantösfelchen, klapp, klapp, die Bergstraße hinauf." — „Freilich, und ich drückte an der Kirchentür mein kleines Rüschen durch das hohe schwarze Eiscngitter, um die lange Atlasschleppc ia recht gut schW zu können." — „Nnd wenn Du heimlamst, warst Du ost genug traurig und nachdenklich, und immer wieder batest Du: Ich möchte ein mal nur in Seide gehen . . — «Und nun kann ich immer in Seide gehen, Großmutter, den» alle versunkenen Wünsche nnd Träume sind wahr geworden." So fanden mir noch gar vieles im Bucke der Pergangeu- hett, das des Erinnern« wert, und srrudeselig blätterten wir darin, dankbar und glücklich, wie zwei Kinder, die ein ver loren geglaubtes Spielzeug wiedergcfunde», das ihnen immer als das schönste gedünkt. Ach, Liebster. wie reich nnd köstlich war diese Stunde: Du hättest Dich ihrem Zauber nicht verschließe» können. Die alten Linden unter dem Fenster rauschten leise ihr Abend- lied herein, die letzten Sonnenstrahlen streuten tausend gol dene Ringlein umher, reihten sich zu funkelnden Ketten und bekränzten mit einem Glorienschein alle Armut und Niedrig keil, und schufen aus dem kleinen, trauten Stübchen, das jahrelang nur bitterste Not gesehen, ein kleines verzaubertes Königreich. Nicht mehr träume ich von Seide und blitzenden Edel steinen, »iel mehr von eurem heimlichen Brücklein — sehr schmal, doch breit genug, daraus zwei Herzen sich begegne» können zu ewigem, innigem Gleichklang . . . Nun Geliebter, ist alles klar zwischen uns — sein Ge heimnis mehr wird seinen Schatten aus unsere Ehe werfen. Nun komm und hole mich, komm bald und wirb »och ein mal um mich, nicht nur meine Liebe, um meine Seele mußt Du werben. Es wird die schönste nnd erhabenste Stunde unseres Lebens sein. Deine Elisa. 17. Oktober El. Ich tommc und hole Tick! — Rudolph. Das künstlerisch veranlagle Kin-ermS-cherr Von Fedvr v. Zobeltiv. Tic nachfolgend erzählte Geschickte ist weiß Gott passiert, nnd zwar in einer Stadt am Rhein. Ebenda hatte die Familie eines Professors ein neues Kindermädchen für ihr zweijähriges Söhnchen in Dienst genommen. Man war recht zufrieden mit ihr, Minna hatte eigentlich nur den eine» Fehler, daß sic ihrer Leidenschaft für das Lichtspieltheater gar zu willig nachgaü. Wenn sic den Jungen zu Bett gebracht und ihr Abendbrot verzehrt hatte, verschwand sie ans zwei Stunden. Dann ging sie ins Kino. Der Professor, ein Germanist, war aus allgemein erzieherischen Gründen dagegen, die Professorin aber sah über die abendlichen Ausflüge Minnas hinweg, weil sie sonst wirklich nicht viel a» ihr auszuscven hatte. Sic war fleißig, sauber nnd ehr- M lich. Sv eine Perle hält man heutzutage fest. «, Nur einmal machte die hübsche, nette Minna eine Dumm- " heit. Da hatte sie beiin Spaziergang auf ihren kleinen Zög- Se» ling nicht genügend ansgepaßt: sic brachte ihn pitschenaß nach Hause, vbschon es gar nicht regnete. Sie hatte sich, so er- ^ zählte sie kummervoll, im Stadtwäldchen auf eine Bank ge setzt nnd den Jungen spielen lassen. Ta war er dem Schmanenteich zu nahe gekommen und in das Wasser ge plumpst. Es mar schließlich nicht gefährlich. Ter Junge wurde gleich ins Bert gesteckt und mußte schwitzen. Nicht Z A einmal ein Schnupfen blieb von dem Bade znrttctt » 8 Nu» kam geraume Zeit später ein Nachmittag, an dem» m- das prosessorliche Ehepaar bei einem Kollegen von der Nni-> » versität znm Tee gewesen war. Aus dem Nachhauseweg ging xz » man an einem Kino vorüber, an dem ein buntes Platat mit' einer schreienden Szene eine Neuheit ankündigtc. Es tutttL nichts, daß ich den Titel vergessen habe, es war ein Drama in fünf Abteilungen, und ans dem Plakat stand, es sei die grüßte Sensation Europas. Da lüstete cs den Professor, einmal in «« zx die Niederungen dieser Literatur zu steigen, nnd seine Franks» hatte nichts dawider. Sic erstanden ein paar Parkettplätze nnd traten ein. Die Geschichte hatte bereits begonnen, nnd trotz aller Verstandesschärfe wurde der Professor nicht klug daraus, um was es sich eigentlich handelte. Die Tragödie spielte aus einem Schlosse in sehr anständigem Rahmen und dann auch 2. wieder in recht gewöhnlichen Kreisen, und es schien so, als S» drehe das Ganze sich um einen Erben, den man aus reiner ^ Niedertracht wie auch aus schnöder Gewinnsucht um seine ^ Erbschaft zu bringen gedachte. Der Professor wollte schon wieder gehen, weil ihm seine. Zeit am Arbeitstische lieber war, als das Studium dieses Kriminalsolls, doch da wechselte das Bild auf der Leinwand, man sah eine anmutige Gegend a», Ufer eines Sees, nnd aus dem Wasser einen Kahn mit einem jungen Weibe, ein Kind auf dem Arm, und mit einem Mann in sichtlich besserer Kleidung. Es mar jedenfalls der Gras des Programm- zetteis. und das Weib war seine Geliebte, die er treulos »er lassen hatte, wie eS im Letzen und im Lichtspiel häufiger vor- Iuana. Stizze von Paul Richard Hcnsel. „Und immer wird es eine Grenze geben, wo die Treue der Frau ein Ende findet," sagte der junge Dichter, und seine Stimme hatte einen harten Klang. „Vielleicht haben Sie recht," entgegnctc itzm die Gräfin, „wenn Mann und Weib, die sich lieben, eine eigene Welt für sich hätten, in die niemand sonst hinein kann, — vielleicht, mein Freund, gäbe cs dann leine Untreue, weil dann zu ihr keine Wege führten." „Aber dann brauchen wir auch den Begriff der Treue nicht." „Herr Oberst," wandte sich die Gräfin an die hohe, dunkle Gestalt am Kamin, „Sie haben heule nur wenig gesproellen. Wie denken Sic über die Behauptung unseres Dichters?" Oberst Lambert schaute in das flackernde Feuer. ..Treue kann nur scheinbar ein Ende haben. Und kein <mß und kein Vergessen kann so groß sein, um Treue ganz sterben z» lassen. Wenn Sie ein wenig zuhürcn wollen —" — oie Gräfin nickte —. „Ich entsinne mich einer Episode aus unserem Guerillakriege in Arroganten, ein Erleb nis, das man damals rasch vergaß, und das doch irgend wo drinnen haften geblieben ist. Wir lagen in der Nähe der Römerstraßc nach Burgos, mit dem Befehl, Pedro Gor- mez. einen der berüchtigtsten und gefährlichsten Banden- lührer, zu sangen. Alles, was man über die Kämpfe tn diesem umrnrtlichen Gelände geschrieben hat. gibt doch keinen richtigen Begriff von dem wirklichen Erleben. Man soll gegen einen Feind kämpfen, den man nickt siebt. Man be wegt sich in einem Gelände, da» man nicht kennt. Unsere Hoffnung, Gormcz zu finden, schwand mehr und mehr. Kannten wir ihn doch kaum. Wir suchten allmählich in die Richtung non Sebastian zu kommen, da wir die Ver bindung mit den anderen Kompagnien säst verloren hatten. Da fützrte man mir eines Tages eine junge Spanierin ins Zelt, die mich zu sprechen verlangte. «Ihr sucht den Pedro Gormez?" fragte sie kurz. Ich blickte erstaunt auf. „Warum fragst Du?" Das Mädchen atmete ein paarmal tief. Dann sagte «S fest: ,Hch will Euch zu Gormez führen!" «Was weiht Du von ihm?" „AlleS!" Allerlei GvüLlrlen gingen mir durch de» Kopf. Ich wi*K gus di« Soldaten drairhcn. „Du weißt, daß Du meine Gefangene bist. Es wundert mich, daß ein Mädchen zu mir kommt und sagt,- mir sollen ihr Helsen, den Gormcz zu sangen. Tenn so ist cs doch wohl gemeint? Seit wann verraten denn die Spanier ihre Landsleute?" Ich sab, wie es in der Brust des Mädchens arbeitete. Und dann kam cs leise über ihre Lippen: „Ich bin die Geliebte von Pedro Gormez und noch leiser — „gewesen!" — Ich verstand jetzt. Und glaubte ihr. Krauenhaß ans verschmähter Liebe ist grenzenlos. Ich rief-zwei Soldaten herein. „Ihr bewacht das Mädchen und hastet mit Eurem Leben für sie. Gebt acht aus sie. Bei dem ersten Versuch der Flucht wird sie erschossen!" Tann ging ich hinaus uud gab die Befehle zum Ausbruch. Es war eine warme Sommernacht. Tausend Sterne standen am Firmament. Am Horizont glühten Wachtfeuer. Man wußte nicht, ob es Freund oder Feind n»ar. Lange ritten wir schweigend, voran schritt das Mädchen zwischen ihren beiden Wächtern. Ein paar Soldaten fingen an zu singen, vielleicht in Gedanken an die Heimat. Ich verbot es, nnd man hörte lange Zeit nur den Widerhall der Hufe non den Steinwändcn. Nach drei Stunden ließ ich absitzen. „Wie lange denkst Du uns noch in die Irre zu führen?" fragte ich di« Spanierin. „Nicht lange mehr" — ihre Stimme klang heiser und ihr Blick war geradeaus auf den Weg gerichtet. Und weiter ging cS hinein tu die Nacht. Nach einiger Zeit schimmerten rechts unten vom Wege ein paar Lichter eines Dorfes. Bauern, die noch spät bei der Arbeit saßen. „Lavega," sagte die Fremde kur?.. Ta klangen irgend woher die Saiten einer Gitarre, und eine Männcrstimwc sang leise dazu. Ich kannte das Lied. „Tu satzis, coroe te guiero —" Das Mädchen zuckte zusammen. Ihr Fuß stockte, und ein Zittern überlicf sic. Vornübergebeugt lauschte sie. Ich sprang vom Pferde. „— tu »atzis, gue ja me muera —" „Du weißt, wie ich Dich liebe. Und Tu weißt, daß ich sterben mutz —" Plötzlich schwankte die junge Gestalt vor mir. datz ich sie mir den Armen ausfange» mutzte. Der Zug stockte. Langsam straffte sich der zusammengesunkene Körper, die Hände, fuhren Wer di« Augen, und wie im Traum sprach sie: „Ich glaube, ich bin fehlgegangen . . ." Die beiden Soldaten legten di? Flinten aus fi« an. Aber während ich »och unentschlossen stand, sagte das Mäd chen mit heftiger Gebärde: „Zurück müssen wir geheir. nnd dann rechts, eine halbe Stunde wett ... cs war so dunkel ... ich erkenne den Weg an den Lichtern . . ." ilns blieb nichts übrig, als z» wenden. Mit verbissenen Mienen saßen die Soldaten auf ihren Gäulen. Hastig schritt die Spanierin ans. Hinter den Bergen graute langsam der Morgen. Aber in der Schlucht, durch die wir ritten, herrschte noch gespenstisches Dunkel. Und was dann kam. läßt sich nicht schildern. — so rasch geschah es. Vor mrS, von den Abhängen zur Seite, hinter uns standen plötzlich Feinde. Ehe sich meine schlaftrunke nen Reiter besonnen hatten, waren die Spanier mitten unter uns. lautlos, unheimlich. Und ein Morden begann, ei» grimmiges Kämpfen, Mann gegen Mann, wie ich cs selten dort erlebt habe. Wir waren verraten worden. Ich suchte nach den, Wvöb. Es war verschwunden. Die beiden Wächter lagen tot oder verwundet am Boden. Drei Soldaten und ich entlamen." Ter Oberst hielt inne, aber die Gräfin sagte sinnend: . Ihre Geschichte ist noch nicht zu Ende, Herr Oberst." „Am anderen Morgen fanden wir durch einen glück liche» Zufall Anschluß an unser Regiment, das auf unsere Mitteilung die Gegend durchstreifte. Gegen Mittag kamen wir durch das Dorf, vor dem wir in der Nacht umgekehrt waren. Bor einem Garten lag die Leiche der Verräterin. Ern p>iar alte Frauen standen dabei. Erschüttert trat ich Hinz». „Kennt Ihr das Mädchen?" , «Ja. Sennor. ist es Ina na." «Was ist mit ihr geschehen?" Sic bat ihren Liebsten hier geftrcht. Aber sic kam gvl spät. In der Nacht ist er noch hier gewcicn, aber seit dam Morgen ist er fort. Und da Hot sie ihren Dolch genommen —" Sie hatte Gormez in der Nacht singen hören. Und itz! ihm treu geblieben." Die Zuhörer schwiegen ein« Weile. Tann sagte d«tz Dichter: „Nicht alle Frauen sind so treu . . Die Gräfin aber stand auf und schaut« durchs KeuLtchi tn den Abendhimmel: vielleicht verdienen cs lischt gAß Mamuer —* - -
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