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Stadtrat t» Samen» Veranlassung gegeben. ^ nintßeriu . mit Vorschlägen geetgneten Terrain« an'da« KriegömlntCenum beranzutreten, um dessen Aufmerksamkeit aus mehrere Geländesirecken in der Nähe von Samen» ,u lenken. ES ist jedoch hierauf wegen der nicht un erheblichen Schwierigkeiten, die sich der Verwendung deü vor» aenen Gelände« «ntgegrnstellen würden, et« abschlägiger geschlagenen Gelände« «ntgegrnstellen « Bescheid «ingeaangen. . — Im Juni wurden in DreSde pflichtet. Aus di« einzelnen ^ „ » 4«t Bürger «er- di« einzelnen Berufsstände verteilen ige: 1 Gewerbetrerbender, 2 Privat p flutet. !eut«: 439 Unansässiae, und zwar: 82 Gewerbetreibende. 206 GewerbSachilfen, 41 Arbeiter, 10 Handeltreibend«, 75 Staat«, beamt«, 11 Gemeindebeamte. 2 Geistliche, 2 Lehrer, 1 Recht«, anwalt. 5 Aerzte, 43 Privatbeamt«. 11 Privatleute. Außerdem wurden 7 Bürgerinnen verpflichtet. — Ungeachtet wiederholter an da« Publikum gerichteter Mah nungen, dir Drucksachen so zu verpacken, daßdas Hineinschieben anderer Sendungen verhindert wird . kommen noch immer so unzweckmäßig verpackte Drucksachen vor, daß man sie geradezu al« BriefsalIen bezeichnen muß. Bei größeren Drucksachen, die unter Band verschickt werde» sollen, bietet sich al« wirksamste« Mittel zur Vermeidung breiter Spalten die Anlegung eine« Kreuzbandes an Stelle des einfachen Streifbands«. Kann man sich hierzu aber nicht entschließen, dann sollte wenigsten« ein au« gutem Papier gefertigtes Streifband so eng wie nur möglich um die Drucksache gelegt und außerdem eine feste kreuzweise Umschnürung mittels Fadens oder Gununibandes berumgeschlungen werden. Bei Drucksachen, die unter größeren Briefumschlägen zur Absendung kommen sollen, wären tunlichst Umschläge anzuwenden, deren Verschlußklappe sich nicht am breite» oberen Rande, sondern an der schmalen Seite befindet. Jeden falls soll man die Verschlußklappe nicht in den Umschiag «in st ecken. Soll der Inhalt vor dem .Herausfallen geschuht werden, so verwende man Umschläge, deren Verschlußklappe cluen zungenartigen, zum Etnslecken in einen äußeren Schlitz de« Um schläge« eingerichteten Ansatz besitzen. Uebrtgens hat die Papier industrie bereits sichernde Drucksachenhüllen auch in anderen Formen auf den Markt gebracht; das Publikum muß sich nur a» deren Verwendung gewöhnen. — Der 14. Deutsche Tanzlehrertag de, Ge nossenschaft Deutscher Tanzlehrer fand unter reger Beteiligung der Mitglieder vom 8. vis 12. Juli in Hankburg statt. Es waren Gäste aus befreundeten Vereinen aus Eng land, Frankreich, Holland und der Schweiz erschienen. Der ge samte Vorstand wurde wiedergewählt, er besteht aus den Herren: Rud. Knoll-Hamburg, 1. Vorsitzender, Alex. Hofsmann-Berlin, 2. Vorsitzender, Jürgen Schmidt-Haiberstadt, 1. Schriftführer und Redakteur der Fachzeitung, Gustav Engelhardt-Leipzig, Schatzmeister, Paul Mürich-Berlin, Direktor der Hochschule, Daum-Dahlen, Wilhelmi-Dresden und Bock-Köln als Beisitzer. Der nächste Tanzlehrerlag findet in Köln statt. — Die 34. Wanderversammlung des Deutschen Photo- araphen-Vereins wird vom 14. bis 18. August in Darm stadt abgehalten. Die damit verbundene Ausstellung bleibt bis zum 27. August auch für das größere Publikum geöffnet. Nähere Auskünfte und Programme werden jederzeit von dem Vorsitzenden de« Deutschen Photographen-Vereins, Herrn Karl Schivier, Weimar, sowie auch von dem Vorsitzenden des Arbeitsausschusses, Herm Dr. E. W. Büchner, Darmstadt, erteilt. — Die heurige 21. Hauptversammlung des Deutschen Böhmerwaldbundes findet am 8. September in dem Städtchen Prachatitz statt, wo bereits auch am selben Tage vor 20 Jahren die erste und am 28. Sept. 1895 die 11. Hauptver sammlung desselben stattgefunden hat. Am 25. Juli findet am Dreisesselberg wie seit alters her auch Heuer das Iatobifest statt, welches besonders diesmal aus Oberösterreich, Böhmen und Bayern sehr zahlreich besucht werden dürfte, da hiermit eine Feier des 100jährigen Geburtstages des Böhmerwalddichters Adalbert Stifter verbunden werden soll. Auf dem am Fuße des Dreisesscl gelegenen, aus Stifters „Hochwald" bekannten „Rosenberger Gute'^ in Bayern findet bereits am Vorabende eine Stifter-Feier statt. — Falsche 20»Ma r ks ch e i n e. Von dem Ersten Staatsanwalt in Hannover und dem Polizeipräsidenten in Berlin sind der Reichsschuldenverwallung kürzlich falsche Reichskassen scheine von 1882 l. Nr. 117 205 über je 20 Alk. vorgelegt worden, die eine neue^ bisher nicht bekannte Sorte von Nachbildungen darstellen. Sämtlichen Reichs- und Staatskassen sind die Fälschungsmerkmale zur vertraulichen Kenntnisnahme mitgeteilt worden. Bisher wurden die Fälschungsmerkmale nicht geheim gehalten; sie gelangten in die Oesfentlichkeit und gaben den Falschmünzern Gelegenheit, ihre Falsifikate bei einer Neu anfertigung zu vervollständigen. Durch die vertrauliche Mit- teilung der Erkennungszeichen für die öffentlichen Kassen glaubt man me Ausgabe der falschen Scheine zu beschränken. Bemerkt sei nur, daß beide Seiten der Falschstückc aus photomechanischem Wege mittels Kupferdrucks hergestellt sind. — Der frühere Portier im „Europäischen Hof" Moeller, hat gegen den russischen Fürsten Kotschoubey, der ihn seinerzeit durch einen Fußtritt schwer verletzte, sich aber weigert, ihn dafür materiell zu entschädigen. Klage auf Zahlung einer JahreSrente von 2000 Mark erhoben. — Im Zirkus-Arena-Variüts „Berg keil er" treten seit dem 15. Juli wieder neu« Kräfte auf. Herr Direktor Dreßler hat bei der Auswahl der neu engagierten Künstler auch diesmal wieder einen glücklichen Griff getan. Wer einige vergnügte, ab wechslungsreiche Stunden verleben will, lenke seine Schritte nach dem schonen Bergkellergarten. Zu bedauern ist es freilich, daß die auftretenden Künstler in den letzten Tagen durch die zeitweilig einsetzenden Regenschauer gestört wurden, sodaß einzelne Glanz nummern ausfallen oder im Saale gespielt werden mußten, wo sie nicht voll zur Geltung komnien konnten. Dies gilt ganz be sonders von den brillanten Kunstradfahrern The Garays. Der anerkannt gute Schulreiter v. Freymann ist aufs neue verpflichtet worden und erntet Abend für Abend leblmsten Beifall. Neu engagiert sind die fesche und temperamentvolle russische Tänzerin Emma, welche sich auch als Verwandlunaskünstlerin auszeichnct. Richtige Schlangen» und Kautschukmenschen sind The Lorettos, welche in Gliederverdrehungen schier Unheimliches leisten. Die Geschwister Malmström, zwei Herren und zwei Damen, und die Parterre-Akrobaten Schenk-Marvelli verkörpern die Kraft und Gewandtheit. Erstere erweisen sich als vorzügliche Turner an den Ringen, letztere spielen mit Zentnergewichten Fangball. Mlle. Zarrolta tut sich als Liederfängerin mit ernsten und heite ren Wersen hervor. Eine sympathische Erscheinung und gewählte uick dezente Kostüme machen die Künstlerin noch anziehender. In der Großmutter Zeiten versetzen uns The Pasparts, welche im Grotzmutter-K'ostünl und nach Großmutterart alte, längst nicht mehr bekannte Tänze aufführen. Den stärksten Lacherfolg hat The Helbous urkomische musikalische Pantomime. — Im Aus st ellungs parke beginnt heute die Kapelle des preußischen Grenadier-Regiments „König Friedrich III." l2. Schletzs Nr. 11 aus Breslau unter Leitung ihres Dirigen ten, Herrn A. Reindel, ein viertägiges Gastspiel? Am Donners tag findet großes Doppel» und Monster-Konzert mit der Kapelle de« Sächsischen 2. Grenadier-Regiments Nr. 101 statt. — Im Naturtheater des Vereins „Volkswohl" im Heidepark findet heute nachmittag halb 5 Uhr eine Kinder- Vorstellung statt. Zur Aufführung kommt „Lügenmäulchen und WahcheitSmülidchen". Regie: Frl. Jda Sonntag. — Zeithain, 18. Juli. DaS aus hiesigem Truppen übungsplätze aus 3000 Reservisten und Landwehrleuten gebildete IrietzSstarkeRegiment beendet am Frettag seine Hebun gen mit einer Vorstellung vor dem kommandierenden General v. Broizem, der bereits zu Besichtigungen der einzelnen Bataillone im Schießen und Gesechtsexerzieren hier anwescgzd war. Führer des Regiments, das die Bezeichnung „Reserve. Infanterie-Regiment skriegsstarkj" trägt, ist Herr Oberstleut nant Werner vom Schützenregiment. Das erste Bataillon trägt di« Uniform des 2. Grenadier-Regiment«, das zweite die des 102., das dritte di« des 103. Infanterie-Regiments. Die Hebungen, unter denen sich im besonderen gefechtsmäßiges Kompagmeschießen befand, sind fortgesetzt vom Wetter begünstigt. Dieter Tage soll noch ein größerer UebungSmarsch abgehalten werden. Der Vorstellung am Freitag folgt am Sonnabend die Entlassung der Mannschaften. — Freiberg, 17. Juli. Da die hiesigen Saalbesitzer der Aufforderung der Sozialdemokratie, ihre Säle allen Par tei«« zu Versammlungen zur Verfügung zu stellen, nicht ent- sprachen haben, ist vom Gewerkschaftskartell und dem Vorstand des Sozialdemokratischen Vereins beschlossen worden, ihren Mitalirdern vom Besuche der hiesigen SA« und der Abhaltung von Vergnügungen avzuraten. ES sollen dafür gemeinsame Aus flüge in die Umgebung arrangiert werden. — ,Roßwein, 18. Juli. Bei prächtigem n Sonnta — — Wetter beging der S angerbund „Saxonia" am Sonntag und Montag nach 20,ähriger Paus« wieder sein Sängerfest in den Planern unserer Stadt, welche« in jeder Weif« schön verlausen ist. Die Stadl war prächtig geschmückt. Sonntag vormittag winden 300 Sangesbrüder aus Döbel», Hainichen. Waldheim, LeiSnia, GenngSwalde, Hartha, Rochlitz und Nossen am Bahnhose empfangen und nach dem Cchützenhau« geleitet, wo Begrüßung erfolgte. Sonntag und Montag nachmittag fanden weltlich« Konzerte im Schiitzenhause statt, m denen Massenchöre und Ge sänge einzelner Kreise zu Gehör gebracht wurden, welche großen Beifall fanden. Beide Konzerte waren zusammen von etwa 1500 Zuhörern besucht: Sonntag abend bildete ein Kommer« im .Herkulus" den Schluß des ersten Festtages; Montag abend ern Ball das Ende des gesamten Festes. — Landgericht. Trotz beharrlichen Leugnens wird die 1875 in Zinnwald geborene, wegen Diebstahls mehrfach vor bestrafte ArbeiterSehefrau Emma Elisabeth Schmidt überführt, im Dezember 1904 aus der Ladenkasse eines Bäckermeisters in Mügeln, bei dem sie als FrühstückSausträgerin beschäftigt war, fortgesetzt Geld im Gesamtbeträge von 16 Mk. gestohlen zu haben. I» einem Falle bliev es beim Versuche. Die 5. Ferienstraf kammer erkennt auf 6 Monate Gefängnis. — 3 Wochen Gefäng nis erhält der 1835 in Söbrigen bei Pillnitz geborene Arbeiter Karl Wilhelm Leischke, weil er als rückfälliger Dieb am 23. März in Pirna eine geringe Meiiae Brennholz ,m Werte von 20 Psg. wegzunehmen versuchte. — Di« Arbeitersehefrau Therese Paulin« Mehlan geb. Barth aus Omsewitz stahl am 27. März aus einem Waschhause in Pennrich ein Ätermaß. Die wegen Nücksall- diebstahls Angeklagte behauptet zwar, daß ihre Tochter das Ge säß auf offener Straße gefunden habe, findet aber damit keinen Glauben. Sie wird zu der Mindeststrase von 3 Monaten Ge fängnis verurteilt. — Nach geheimer Beweisaufnahme diktiert die 6. Ferienstraskammer dem 1876 in Marklissa geborenen, hier wohnenden Kutscher Karl Max Richard Schulz wegen Sitllich- kcitsverürechens nach L i?6,g des Strafgesetzbuches in zwei Fällen 1 Jahr Gefängnis und 5 Jahre Ehrverlust zu; 3 Wochen Gefängnis gelten als verbüßt. — Der 19jährige Stallschweizer Ernst Moritz Wobst aus Niederneukirch schlich sich am 8. Juni in die Knechtekammcr des Kamnierautes Großsedlitz ein und stahl ein Jackett und ein Paar Stiesel. Nm dieselbe Zeit ent lieh er von einem Arbeiter in Oberspaar ein Fahrrad und verkaufte es für 30 Mk. an seinen Bruder. Dafür erhält er 3 Monate Gefängnis. — In der Schenkstube des Restaurateurs Hermann Josef Bürke erschienen am 18. Februar zwei Kriminal- beamte und beschlagnahmten ein von dritter Seite gestohlenes Rad, welches B. gegen ein Darlehen von 15 Mk. als Pfand be halten hatte. Bald darauf machte Bürke bei der Kriminal- abteilung Anzeige, daß ihm das Fahrrad abhanden gekommen sei, und verdächtigte die beiden Beamten des Diebstahls. Das hiesige Schöffengericht verurteilte ihn wegen Beamtenbeleidigung zu 50 Mk. Geldstrafe oder 10 Tagen Gefängnis. Tie 4. Ferien straskammer verwirft die vom Angeklagten eingelegte Berufung. AuS de« amtlichen Bekanntmachungen. Vom 24. Juli ab wird die Straße „Am See", zwischen Margarcthenstraße und Kleine Plauensche Gasse, wegen Kanal Umbaues auf die Dauer der Arbeiten für den Fahr- und Reit verkehr gesperrt. — Mit den Gleis-Erneuernngsarbeiten in der Canaletto st ratze, zwischen Stepbanienstrahe und Stübel platz, soll am 31. Juli begonnen werden. Zum Biickeburger Ruhstrat-Prozeß äußern sich Blätter der verschiedensten Parteirichtungen, zumeist in abfälligem Sinne über die in Oldenburg herrschende» Zustände und über das Gebahren des Ministers Rnhstrat Vereinzelt wird aber auch darauf hingewiesen, daß die sich kundgebende öffentliche Entrüstung nicht überall frei von Heuchelei ist. Dies führt die „Deutsche Tagesztg." des näheren wie folgt aus: ,,Man mag über die moralische Seite des Glücksspiels noch so rigoros urteilen, in dem Umfange und vor allem in dem Rahmen, nämlich dem einer geschlossenen Gesellschaft, in welchem sich die Olden bnrger Spielvorgängc abgespielt haben, ist ein Grund zu einer allgemeinen Entrüstung, wie sie sich nur über einen offenbaren Sittenversall rechtfertigen lassen, keineswegs gegeben. Namentlich nicht im Vergleich einerseits mit dem Verhalten anderer Volks und Gesellschaftskreise demselben „Laster" gegenüber, andererseits mit dem allgemein sittlichen Niveau des Volkes. Und es mutet besonders eigentümlich an, wenn von einer Seite Vieser Ent- rüslnnassturm nngcfacht wird, die sonst sür die fessellose Betätigung der Triebe und Leidenschaften in Wort und Schrift eintritt, sogar bis zu eiiieni hartnäckigen Kampfe um die Legalisierung einer brs- her vom Staats- wie vom Sittcngcsetz in gleicher Weile verpönten geschlechtlichen Verirrung. Und es tst eins der betrübenden Zeichen des Niederganges unserer öffentlichen Erkennt nis, wenn man sich von derselben Partei, welche eine gefallene Frau eines Königsthrones für wert hält, gegen einen Minister in Harnisch bringen läßt, well er die üble Angewohnheit hat, mit guten Freunden hinter verschlossenen Türe» ein Glücksspiel zu .... ... ... gegen Person gerichtet, welche leider eine ziemlich breite Reibefläche ge boten hat, es ist aber damit das ganze gesellschaftliche Milieu gemeint. Man will eine neue zwiespältige Moral konstruieren dem Volke ist alles erlaubt, selbst Verbrechen sind aus dem berühmten Milieu der sozialen Bedrückung oder aber patholo gisch usw. zu entschuldigen, die sogen, herrschende Klasse hat sich aber einer lückenlosen Sittlichkeit zu befleißigen, sonst wird sie gebrandmarkt." Aehnlich äußert sich die ultramontane „Germ.": „So bedauer lich die Ruhstrat-Pwzesse mit ihren mancherlei unerquicklichen Erscheinungen sind, so entschieden müssen wir betone», daß hinter der sittlichen Entrüstung, mit der der oldenburgische Minister ver folgt wird, eine Menge Heuchelet steckt. Empfindet die Presse so viel Abscheu vor dem Hasardspiel, wie sie zur Schau trägt, warum behandelt sie dann nicht mit derselben Strenge die Spieler, die sie viel näher finden könnte. Während man sich über alte Ge schichten in Oldenburg entrüstet, weiß man recht gut, daß in Ber lin usw. in gewissen Kreisen der Lebewelt und Geldaristokratie fortwährend weit ärger gespielt wird. Wie gleichgültig ist man neuestens über den Berliner „Klub von 1900" binwcggegangen! Es saßen freilich keine Minister dann. Und wollte man nur den hundertsten Teil von Entrüstung und Tinte zur Bekämpfung des Börsensviels verwenden, die man an Ruhstrat verschwendet, so würde das nicht allein besser angebracht sein, man würde auch leichter an die Ehrlichkeit der Entrüstung glauben können. So wenig wir geneigt sind, den Minister Rnhstrat als tadellos hinzu stellen, und so sehr wir die Rnhstrat-Prozesse, ihre Ursache und Begleiterscheinungen beklagen, so wollen wir doch auch nicht ver tuschen lassen, daß Skandalsucht, Uebertreibunaslnst und Henchclci eine große Rolle auf seiten der Gegner des Ministers spielen." Der konservative „Reichst»." schreibt: „Minister Ruh strat wird den Ausgang des Meineidsprozesses gegen denKellnc Meyer, der mit dessen Freispruch auch wegen fahrlässigen Meineids endete, als den schwersten Schlag, den sein öffentliches Ansehen erlitten hat, empfinden müssen. Die Bückcburaer Geschworenen haben damit die strafrechtliche Verfolgung dieses Zeugen, der de» Minister am meisten belastete und dessen Behandlung nicht ohne einen gewaltsamen und manchen anderen häßlichen Beigeschmack war, entschieden verurteilt. Die Aussage des Kellners sei zwar nicht als objektiv erwiesen zu betrachte», aber auch nicht als wissentlicher oder fahrlässiger Meineid. Im wesentlichen hat sich nur um die knifflichen Unterscheidungen, was als Hasardspiel an zusehen ist, und ob der Justizniinister „Lustige Siebe»" gespielt oder „nur" gepykert habe, der ganze Streit in dieseni Prozeß ge dreht. Daß über solche feine Unterschiede ein junger Mensch von damals 16 Jahren, der später bei den Verhören eingeschüchtert und wirr gemacht war, sich irren konnte und dies und jenes ver wechselte, haben auch die Geschworenen als natürlich und nicht als straffällig betrachtet. Viel trüber ist der Niederschlag, der aus dem Prozesse über Treiben der Oldenburger Residenzkreisc, namsütlich der Juristen, übrig bleibt. Vergeudete Nächte, vergeu dete Vermögen, Selbstmorde, ruinierte Existenzen, gebrochene Gewissen, Flecken am Gewissen und Amt sind die böse» Reflexe davon." Die „Tägl. Rundsch." urteilt: „Ob er nun als höchster Justiz beamter Oldenburgs vis 1895 oder darüber hinaus gespielt bat, ob er die „Lustige Sieben" dem „Pokern" vorzog oder sich damit beanügte, beim Skat oder l'Hombrr Erholung zu finden, — Tat» acht ist. daß in den ersten Kreisen des groß!,erzoalichen Beamte» tums so wtlo grient wurde, wie kann, sonst irgendwo in den deut schen Landen, obwohl der Spielteufel doch auch noch in anderen »tüdten des Reiches ein unausrottbares Hausrecht besitzen soll, nd zwar spielte man in Oldenburg ohne Ansehung der Person. Diese Nichtanschung der Person beschränkte sich m der freund lichen Residenzstadt keineswegs daraus, daß das gastliche Kasino unter seinem Dach die hohen mit den niittleren Justizbeamten bis »n den jüngste», soeben von Exame»s»öte» befreiten Referendaren herab vereinigte: sie erstreckte sich vielmehr auch aus die dienende» Geister, deren Hilfe in der Geldnot niemand in diesem Kreise ver schmähte. Wie es unter solchen Umstünden mit der Autorität der Vorgesetzten gegenüber der Nachgeordneten Beamtenschaft oder auch mit dem Ansehen der zur Rechtspflege Berufenen beim Publikum in Oldenburg bestellt gewesen sein mag, das läßt sich unschwer ermesse». Wenn also die lange Reihe der Ruhstrat- Prozesse wenigstens nach dieser Richtung hin eine heilsame Wir kung ausübt, so werden sie doch nicht ganz ohne Nutzen gewesen sein." Die freisinnige „Voss. Ztg." zieht die Nutzanwendung auf die chwurgerichte: „Die Kommission für die Strafprozeßresorm hat sich einstimmig sür die Abschaffung des Geschworenen gerichts ausgesprochen. Wir sind überzeugt, daß Wahrsprüche wie der des Bückebnraer Schwurgerichts bei einem großen Teile des Bottes die Ansicht befestigen werben, daß das Geschworenen gericht nicht beseitigt, sonder» beibchnlten und seine Zuständigkeit erweitert werden sollte." Die »ationalliberale „Magdeb. Ztg." begrüßt den Freispruch mit Freuden: „Denn die Eindrücke der Bückcburger Verhand lungen waren derartige, daß jede Verurteilung des Angeklagten das Gefühl der Rcchtsstcherheit in deuffchen Landen sür sehr weite Bcvötternngskreise ernstlich hätte erschüttern müssen. Wir erwähnen nur die Hauptzüac: Die Verflechtung maßgebendster Persönlichkeiten aus der oldenburaischen Justizverwaltung in das Treiben geheimer Svicleigcscllschasten, dann bei dem öffentlichen Angriffe gegen den Minister die von der Verteidigung und anderen Prozeßteiinehmern geschilderte Behandlung des Hauptzengen, die allgemeine Furcht, Zeugnis abzulcgen, um nicht dem gleichen Schicksal zu verfallen, endlich das Wort eines mit der Unter suchung beauftragten Polizeibcamten: Wahr oder nicht wahr, mit großen Herren ist nicht aut Kirschen essen! Alles m allem ein Bild, das i» Deutschland nicht gewöhnlich ist und wenig erfreulich für die deutsche Justiz, die bisher niit Recht darauf stolz gewesen ist, daß einmal em kleiner Müller einem großen Könige antworten durfte: Es gibt Richter in Ber lin! Wir glauben nicht, daß es heute anders ist, aber es wäre verhängnisvoll, wenn un Volke die Meinung aufkäme, cs gebe ein deutsches Gericht, vor dem ein armer Kellner nicht mehr gegen einen Minister furchtlos die Wahrheit sagen dürste. Und darum freuen wir uns des herzhaften Freispruchs, es zeigt sich hier wieder, worin der Segen und der sittliche Wert des unab hängigen Laien Gerichts liegt: daß es mit sicherem Schlage durch alle Uebel juristischer Formalien hindurch aus den sachlichen Kern des Falles zielt, wenn eine besonnene Prozeßleitnng, wie es in Bückebnrg der Fall war, sein Rcchtsnrteil nicht beirrt. Was jetzt in Oldenburg zu geschehen hat, sollte klar sein. Es handelt sich nicht mehr um eine oldenburgische Privatangelegenheit, denn das Vertrauen des Volkes zur Rechtsprechung ist ein nationales Interesse." Tllgcsjleschichte. Zu den bayrischen Wahlen Dezennien hindurch zu verfolgen, der weiß, daß nach jedem Er eignis, welches der klerikalen Partei einen wirklichen oder ver meintlichen Machtzuwachs verschaffte, sofort das Verlangen nach Stürzen des Ministeriums sich eurstellte. Es wäre ein wahres Wunder von Enthaltsamkeit gewesen, wenn der Erfolg der letzten Wahlen dem Zentrum nicht in den Kopf gestiegen wäre und nicht wieder zu einem Sturmlanf gegen das Ministerium animiert hätte. Enthaltsam zeigen sich die neuen Beherrscher der Situation gegen früher insofern, als nicht das Gesamtministe- rium zum Micktritt genötigt werden soll, sondern nur ein Minister, dieser allerdings in um so drastifcherer Form, und als ferner dos Recht der Krone, die Minister zu ernennen, in Parenthese theoretisch anerkannt wird. Nur in sehr gewunde nen Ausdrücken wird dargelegt, daß, die Krone doch nicht werde umhin können, die Konsequenzen aus der veränderten parlamentarischen Lage zu ziehen, d. h. diejenigen Minister, die dem Zentrum unsympathisch sind, in Frieden ziehen zu lassen. Diese Enthaltsamkeit wäre anzucrkennen, wenn sie nicht wahr scheinlich der schlauen Berechnung entstammte, daß es leichter möglich ist, ein Mitglied nach dem anderen des nicht im gleichen Matze wie früher homogenen Ministeriums mürbe zu machen, als den Sturz des Gesamtministeriums herbeizuführen. Eben deshalb ist aber der ultramontanen Taktik gegenüber doppelte Vorsicht geboten. Es bleibt sich im Prinzip gleich, ob die kochende Volksseele einen Minister oder das Gesamtministerium als Opfer verlangt. Tie Frage lautet immer: hat in einem monarchischen Staat die Krone oder die Volksvertretung die Minister zu wählen? Und diese Frage kann nur zu gunsten eines oder des anderen Machtsaktors beantwortet, nicht ober mit Ausführungen, daß z. B. die Krone „im Interesse eines ruhigen Gapges der Staatsmaschinc und im Interesse des öffent lichen Wohles sich nicht der Verpflichtung entschlagen könne, den Ansprüchen der Situation gebührende Rechnung zu tragen", ver schleiert und umgangen werden. Mit dem Tage, an welchem die Krone einen Minister fallen läßt, um den Wünschen einer Parlamcnts- m ehr heit zu entsprechen, hat sie zu herrschen ausgehört und mutz sich mit einer mehr oder weniger aus gedehnten Repräscntntivstelliing nach englischem Muster, be gnügen. Dieser Satz ist hauptsächlich dank der Bismarckschen Kämpfe zu einem staatsrechtlichen Fundamentalsah geworden. Durch das wütende „Kreuzige", das die gesamte schivarz-rotc Koalitionspressc heute gegen den Minister des Innern ausrust. kann sic daher nur den Effekt erzielen, datz ihr aus Gründen der vitalsten monarchischen Interessen ein entschiedener Wider stand entgegengesetzt wird. Es ist dies um so notwendiger, weil schon beim Rücktritt des Grafen Crailsheim der Schein nicht vermieden wurde, als wenn er der „kochenden Volksseele", mit anderen Worten dem Machtbewußtsein der Herren Schädler, Ortcrer. Heim usw. geopfert worden sei. Hinzu kommt noch, datz der eine Flügel der siegreichen Koalition bekanntlich aus den Sozialdemokraten besteht, die den monarchischen Charakter des Staates niemals, auch in Bayern nicht, anerkannt haben, und welche durch eine Besetzung der Ministcrposlen nach den Wünschen der parlamentarischen Mehrheit daher einen Erfolg von bedenklichsten Perspektive» zu verzeichnen hätten. Dir könnten es begreifen, daß der Minister, der wahrend seiner langen Laufbahn es stets vermieden bat, ein Partciminister zu sein, der von der ihm gegebenen Macht, die Wahlkreise zu gunsten der einen oder anderen Partei zu modifizieren, niemals, am wenigsten zum Nachteil des Zentrums, Gebrauch mochte und ebensowenig das Bccimlcntum xu politischen Zwecken beeinflußte, der ferner im Landtage dem Zentrum gegenüber häufig bis an die äußerste Grenze des Entgegenkommens, wenn nicht darüber hinaus, aegangen rst, und nun zum Dank dafür in dieser Weise angegriffen wird, enttäuscht und onoewidert vom politischen Leben sich zurückzuziehcn wünschte. Dieser Wunsch wird aus höheren Staatsinteressen so lange vertagt werden müssen, als on- zunehmen ist, datz die Herren vom Zentrum und der Sozial demokratie den Rücktritt als Erfolg ihrer Agitation eskomptieren können." Deutsch«« Reich. Der, wie im Abendblatt bereits kurz mitaeteilt, in Berlin verstorbene Geh. Kommerzienrat AdolsFrentzei stand im 71. Lebensjahre. Eine ungewöhnlich erfolgreiche Tat,gleit war dem Verstorbenen beschicken gewesen. Adolf Frentzcl begann seine Laufbahn als Lehrling in einem Berliner Produktcngcschäst, wo er Gelegenheit fand, sich reiche praktische Kenntnisse zu erwerben. Später gründete er eine Oelmühle, nni einige Jahre darauf in die Direktion der Produkten- und Handelsbank einzntreten. Nach deren Liquidation widmete Frcntzel seine Tätigkeit vorzugsweise allgenieinen Interessen. Im Jahre 1871 wurde er in das Aeltcstenkollcgium der Berliner Kaufmannschaft gewählt, und seine st «r«rrmL «r r-»«r