Suche löschen...
01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 06.07.1905
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-07-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19050706011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1905070601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1905070601
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-07
- Tag 1905-07-06
-
Monat
1905-07
-
Jahr
1905
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 06.07.1905
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
jmchttn der reich-deutschen Volk»a«voss«n urck betonte, bah diese Ken Kamps der Deutschen in Böhmen, die auf Vorivockt stehen, mit Interesse verfolgen und das, 60 Millionen Deutiche als Reserve daneben, die im entscheidenden Augenblick ihre nativ- «ale Pflicht erfüllen würden. Den Tätigkeitsberichten ist zu ent- nehmen, daß der Bund 665 l-s- 7) Ortsgruppen »nt 41000 Mitglieder» s-ft 40001 zählte, dop di« Einnahmen 123 493 Kronen betraten, die Ausgaben 113 000 Kronen, der BermögenSstand 102888 Kronen. Außerdem verwendeten die Ortsgruppen aus den ihr zur Verfügung stehenden Geldern 110000 Krone» für BundeSzweckr. — Da» nächste Konzert de» ffremdenverkehrS- verein» findet morgen nachmittag von >H5 bis ^8 Uhr statt. Spielen werden die beiden Kapellen de» Garderester- und des 12. Feldartillerie-Regiments. — Der Männergesanaverein „A Pollo" inRa - benau begeht am 16. d. M. seine 60jährige Jubelfeier. — In der Großenhainer Gegend, bei Wolda und Skaup, hat man bereits mit dem Roggen schnitt begonnen. — In der letzten Borstandssitzung des Jreiberger Erzgebirgs- verein» gab Herr BeraamtSrat Wappler eine dankenswerte Anregung, indem er auf die Errichtung eines Denk- malSdeSFreiberger Bergbaues yinwics. Wirwisscn alle, daß der Bergbau zur Rüste geht. Nach Jahren wird die Stadt keine Bergstadt mehr sein, und der Fremde, der nach Freiberg kommt, wird nicht viel mehr vorsindcn. was an Frei veras mcoße Vergangenheit als Berahanplstadt die Erinnerung weckt. Wie schön wäre es, so führte Herr Bcrgamtsrat Wappler in jener Sitzung aus, wenn in unseren Promenaden ein Natur denkmal stehen würde, in dem der Gedanke an den Bergbau fortlebte, «in steinernes Erinnerungszeichen an den reichen Silbersegen, der einst von Freibcrg über die Meißner und Sächsischen Lande auSging. Das Denkmal müßte aus mächtigen Erzbiöcken unserer Gruben bestehen, damit kommende Geschleckter sagen können: „Das hat man einst in Freiberg gefunden. Das sind die Erzstufen, aus denen der Freiberger Bergbau sein Silber schmolz!" — Oberkriegsgericht. Der 20 Jahre alte Soldat Franz Bruno Reichest von der 4. Kompagnie des 12. Jäger bataillons in Freibcrg erhielt Ende März, als er sich auf Pulver- wache befand, von einem Kameraden den Auftrag, ihm bei seinem Gange nach der Kaserne von dort eine Mark, die ihm ein Jäger schulde, mitzubringen. R. führte den Auftrag aus und lieh sich das Geldstück geben, lieferte es aber nicht ab, sondern verwendete es für sich. Das Kriegsgericht der 32. Division hat ihn deshalb wegen militärisch ausgezeichneter Unterschlagung zu 14 Tagen mittlerem Arrest verurteilt, von der weiteren Anklage des Dieb stahls — er sollte einem Kameraden ein Pvrtemonnale mit 2 Mk. Inhalt entivendct haben — freigesprochcn. Hiergegen hat der Angeklagte, soweit er verurteilt worden ist, Berufung eingelegt, da er angeblich eine rechtswidrige Aneignungsabsicht nicht ge- habt habe, sondern jederzeit in der Lage gewesen wäre, dem Eigentümer den Betrag wiederzugeben, und tatsächlich auch Er satz geleistet Hab«. Die Berufung wird nach erneuter Verband- lung jedoch verworfen. — Dem 1M2 zu Schleinitz bei Lommatzsch geborenen Kanonier Karl Otto Steude von der 3. Batterie des 64. Feldartilleric-Rogiments in Pirna wird zur Last gelegt, am 16. April aus einem hinter der Futtcrkifte seines Standes liegen den Sacke ein Paar Manschxtten mit Knöpfen im Werte von 1,20 Mk., Eigentum eines Kameraden, entwendet zu haben. Das Kriegsgericht hat den Angeklagten, der sich beim Militär gur geführt hat, trotz seines Leuanens für überführt erachtet und, da die slrafoerschärfenden Bestimmungen des Rückfalls zur An wendung gelangten, zu 3 Monaten 2 Wochen Gefängnis und zur Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes ver urteilt. Auf die erkannte Strafe wurden 2 Wochen als durch die Untersuchungshaft verbüßt in Anrechnung gebracht. Seine hiergegen eingelegte Berufung, zu deren Begründung er geltend inacht, er habe die Manschetten nur zum vorübergehenden Ge brauch — er wollte sich photographieren lassen — benützen wollen, wird verworfen. — Oberverwaltungsgericht. Für Gemeinde verwaltungen wie für Hausbesitzer gleich interessant ist der Ver lauf des Prozesses, den der Dampfwäschereibesitzer Ed. Wils dorf in Döbeln gegen die Stadtgemeinde Döbeln angestrengt hat. Durch die vor einiger .'seit erfoigte Höherlegung der Fahrbahn der Stauvitzstraße in Döbeln soll der Wert des angrenzenden Grundstückes deS Klagers nach dessen Behauptung bedeutend herabgemindert worden sein, weil es einmal infolge reiner Tieslage einen erhöhten Feuchtigkeitsgehalt aufzuweisen liabe und zum andern nicht mehr mit Lastgeschirren befahren werden könne. Der Stadtrat lehnte indessen jeden Schaden ersatzanspruch ab mit der Behauptung, W. sei durch den Straßen bau keineswegs in der Benutzung seines Grundstücks beschränkt worden, da die Toreinfahrt schon früher nicht benutzt worden sei. Kläger hade in letzter Zeit nur seinen Betrieb intensiver gestaltet und infolgedessen mit Schwierigkeiten zu kämpfen, für die icdoch die Stadtgemeinde nicyr verantwortlich gemacht werden könne. Der hiergegen bei der Kreishauptmannschaft eingewendete Rekurs wurde als unbeachtlich zurückgewiesen, indem das Ver- wnltungsgericht betonte, der An>pruch habe nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn die Beeinträchtigung des Grundstücks bewiesen werben könnte. Nicht die eventuell mögliche, sondern die tat sächliche Benutzung des Grundstücks komme in Frage. Dieser Ansicht kann jedoch daS Obcrvcrwaltungsgericht — 1. Senat - nicht beipflichten: es hebt das angefochtcne Urteil auf und ver- weist die Sache zur anderwciten Verhandlung und Entscheidung an den Stadtrat zurück, weil beide Vorinstanzen — Stadtrat und Kreishauptmannschaft — nicht ans das eingegangen seien, was der Kläger zur Begründung seines Anspruchs vvrgebracht habe. Eine grundsätzliche Entsckädigungspslickt des Stadlrats sei anzuerkenncn, während die Frage, ob und inwieweit der Kläger vor Ausführung des Straßenbaues sein Grundstück mit Lastgcschirren befahren konnte, nur auf die Festsetzung der Höhe der zu gewährenden Entschädigung Einfluss habe. — Der in Hässlich durch Geburt heimatsansässige Schneider G. verzog 1862 nach Dresden, starb hier nach 10 Jahren und hinterstest eine im Jahre 1864 geborene Tochter, die sich von 1993 bis Anfang 1885 ununterbrochen in Dresden ausgehalten hatte, dann aber wegen Geisteskrankheit ins hiesige Stadlkrankcnhaus gekrackt werden mußte. Nachdem sie dann viele Jahre in den Irrenanstalten Sonnenstein und Hubertusburg zugcbracht hatte, wurde sie 1898 in das städtische Versorghaus in Dresden überführt. Ihre Geisteskrankheit batte bis dahin unausgesetzt bestanden. Bis zum 8. Dezember 1903 waren die Anstaltskosten von dem Ver- mögen der G. bestritten worden, an diesem Tage hatte sich letzteres aber aufgezehrt, und nun entstand die Frage, wer in Zukunft für den Unterhalt der bedauernswerten Person zu sorgen habe. Zur Entscheidung dieser Frage kam es lediglich darauf an. wo die'G. ihren Untcrslützungswohnsitz besaß. Nach Ansicht des Ortsarmenverbandes Dresden, der den Aufwand für die Unterbringung im städtischen Versorghause vorläufig weiter bc stritt, kam Hässlich in Frage, da der Vater der G. beim Jnkrast- wrrbeamte hierzu mit besonderer Erlaubt!,» versehen worden sind. Diese wird nur hiesigen Einwohnern, welche den in 8 33 der Reichsgewcrbeordnnng gestellten Anforderungen genügen, erteilt; auStvärt» Wohnende sind ausgeschlossen. Die Konzessions- geluche sind bis längstens den 23. Juli im Gewerbeamte Alt- städter Rathaus, S. Obergeschoß, Zimmer 56, unter Beibringung der erforderlichen Legilimationsvapiere lEtntvvhnernieldeschein, AlterSnackweis, Konzcssionsschein) einzureicken. Verspätet ein- gehende Schankgesuche können keine Berücksichtigung finden. Die Ausübung der erteilten Schankbefugnisse ist nur von Sonnabend. — - - - Alle end welche ......senden stän digen Gewerbebetrieb hier angemeldet haben, noch sich im Besitze eines Wandergewerbcscheins befinde», bedürfen hierzu der Ge- nehmignng. Diese wird nur in ganz besonderen Fällen an Aus- wärtiae erteilt und ist beim Gciveroeamte F. bis zum 28. Juli einzuholen. Zur Meuterei auf der Schwarzen Meer-Flotte. treten des Rcichsgesctzes über den Unterstützungswohnsitz am 1. Juli 1871 noch in Häsclich seinen Unterstützungswohnsitz ge habt hat, der damit a»ck der von Frau und Tochter geworden sei. Bei .etzterer sei aber später infolge ihrer Geisteskrankheit ein Wechsel des Unterstützunaswohnsitzcs unmöglich gewesen. Der OrtSarmenverband Häsclich behauptete dementgegen, Dresden sei der Unterstützungswohnsitz, weil durch 8 1 des angezogenen Gesetzes die frühere Bestimmung, wonach ein Besitzer eines Wohngebäudes erst nach fünf Jahren ansäs,ig werde, aufgehoben worden sei. Die Kreishauptmannschaft hat auf Abweisung der Klage erkannt, die auf Erstattung des gehabten und noch zu habenden Aufwandes in Höhe von 60 Psg. täglich und auf Uebernahme der G. in eigene Fürsorge lautete. Im Gegensatz hierzu hat das Oberverwaltungsgericht der Berufung des Klägers stattgegeben und den beklagten Ortsarmenverband antragsgemäß verurteilt mit der Begründung, die G. habe durch Abstam mung den Wohnsitz in Hasel,ch erworben, den sie infolge ihrer Geisteskrankheit auch nicht verlieren konnte. AuS den amtlichen Bekanntmachungen. Die Ausübung des Schankbetriebes jeder Art, sowie der Kleinhandel mit Branntwein ausderFe st wiese wäh- renddesaroßenVogelsch Lehens der hiesigen Bogen- jchüüenaeselllckakt ist nur denjenigen gestattet, welche vom Ge- Tie „Kreuz-Zeitung" schreibt über die Meuterei auf der Schwarzen Meer-Flotte: „Und diese Flotte wollte man gegen die Japaner führen! Mit tiefer Trauer muß das schmachvolle Verhalten der russischen Marine jeden erfüllen, der die Heiligkeit des Treuschwures hochhält und rücksichtslose mannhaste Tat von jedem Ossizier fordert, der einem Meuterer gegeuüberstebt. Was vor Odessa geschah, ist viel, viel schimpflicher als das Versagen der Gesechtsrrast in der Seeschlacht bei Tiuschima. Wie inner lich faul müssen die Zustände in der russischen Flotte seit Jahren ein, wenn solch ein Ausbruch erfolgen kann, ohne auf der Stelle gestraft zu werden! Was sind das für Offiziere, die sich von ihren Mannschaften an Land sehen lassen, ivas sind das für Admirale, die ein meuterndes Schiff an ihren Kanonen vorüber- sahren lassen, ohne es in den Grund zu bohre»! Alan muß an nehmen, daß Admiral Krieger die Aussage des Gehorsams seiner Matrosen erwartete, wenn er den Befehl zum Feuern erteilte. Aber das entschuldigt sein Verhalten nicht, obschon der Vorwurf, daß es so weit kommen konnte, ihn persönlich vielleickt nicht trifft. In so entsetzlicher Lage muß der Offizier zu sterben wissen. Da darf kein diplomatisches Zaudern, kein künstliches Sorgen um das Schicksal der Schiffe seinen Arm lähmen. Da gilt allein das Gebot der Flaggen- und der Mamicschre. Was hat ihm die Weichheit und die Nachgiebigkeit genutzt ? Er hat seinen unzu verlässigen Leuten nach der Rückkehr in den Hasen von Sebastopol Landurlaub erteilen und den Panzer „Katharina II." abrüsten müssen. Allem Anscheine nach hat die Flotte des Schwarzen Meeres nunmehr die Gefechts- und Seefthigkeit verloren und den meuterischen Schiffen das Feld überlassen. Daß auch von Landtruppen in Odessa kein Versuch gemocht wird, sich ihrer zu bemächtigen, ist sehr auffällig. Sollten die Fülrrer und der Hafenkommandant ihrer Truppen ebenfalls nicht sicher sein, sollte ihnen jedes Mittel fehlen, die Schmach abzuwaschen? Die einzige Hoffnung Rußlands aus Herstellung der Ordnung scheint auf der Uneinigkeit der Meuterer und auf der Hilfe der an grenzenden Userftaatcn zu beruhen." Die Frage, warum die Schwarze Meer-Flott untätig blieb, beantwortet der „Nat.-Ztg." ein Petersburger Bericht wie folgt: Zu dem Vorgänge vor dem Odcssaer Hasen erfahre ich von gutinsormierter Seite folgende Einzelheiten: Sobald in Sebastopol die Kunde von der Meuterei auf dem „Fürst Potemkin" einlies und das Geschwader, soweit es fahr bereit war, eiligst nach Odessa beordert wurde, berief Admira Krieger eine Konferenz. Die Schissskommandanten und Offiziere wurden instruiert, die Mannschaften unauffällig zur Fahrt vorzubereiten, und besonders zuverlässige Personen zum Wachdienst heranzuziehcn, bei dem geringsten Anzeichen der Insubordination dem Admiral Krieger sofort Meldung machen. Der Beobachtungsdienst tvar in den Händen des Konteradmirals Wischnewetzkij konzentriert. Aber die Revolu- tionärcn schliefen auch nicht, sondern kamen sogar der Staats maschine zuvor, indem es ihnen gelang, die Mannschaften der abzufahrenden Schifft noch rechtzeitig zu informieren. Freitag vormittag, als die Schwarze Meer-Uotte sich Odessa näherte, wurde den Admiralen und Offizieren durch Zettel, die an ver schiedenen Stellen der Schiffe angebracht waren, kundgetan, daß, falls der Besatzung deS „Füisst Potemkin" Geivalt angetan, bezw. der Befehl zum Schießen gegeben wird, sämtliche Vor - gcsetztesofort niedergemetzelt oder überBord geworfen werden. So blieb denn dem Admiral Krieger nichts übrig, als zu signalisieren, daß er nach Sebastopol zurückkehre und dann, um weiteres Unheil zu vermeiden, die Offiziere wie Mannschaften zu beurlauben. Eine solche Handlungsweise deS Admirals Krieger ist wohl auch auf den Wunsch des Zaren, schonend gegen das Schiff vorzugehen, zurückzuführen. Nach kurzem Aufenthalt hat sich das meuternde Panzerschiff „I ü r st P o t e m k i n" mit dem Torpedoboot, das sich ihm an- geschlossen hatte, aus Constanza entfernt, und vorläusig muß man abivorten, wo es wieder auftaucht. Man darf an- nehmen, daß die Nachrichten von großen Meinungsverschie- denheiten zwischen den Empörern richtig sind. Wenn bei der artigen Ereignissen nach anfänglichen Erfolgen Plötzlich Schwie rigkeiten anftrelen, so stellt sich der Katzenjammer bald ein. Der Mangel an Lebensmitteln wird dazu beigetragen haben, den Umschwung in der Stimmung herbeizuführen. In Constanza war keine Verproviantierung möglich, denn die rumänischen Be- Hörden hoben mit voller Energie den korrekten Standpunkt ein genommen, daß ein meuterndes Kriegsschiff unter roter Flagge keine staatliche Anerkennung beanspruchen darf. Alles, was die Rumänen erlauben durften, war die Erklärung, die Matrosen dürften landen und würden dann wie Deserteure eines fremden Heeres behandelt. Ein Grund zu Gewaltmaßregeln gegen den „Fürst Potemkin" lag für die Behörden in Constanza nicht vor, ganz abgesehen davon, daß ihre Machtmittel dazu nicht aus- reichtrn, denn wie bereits mitgeteili, ist dos einzige rumänische Kriegsschiff zu schwach, um den Kamps mit einem Panzer auf- zunehmen. Die Meldung, daß ein russisches Torpedoboot ans- aeschickt worden ist, um den „Fürst Potemkin" in den Grund zu bohren, darf man nur mit größter Vorsicht verzeichnen: denn wenn das Sobastopoler Geschwader es nicht wagte, den Panzer anzugreifen, wird ein kleines Torpedoboot kaum diese Kühnheit besitzen. Der „Georg, Pobjcdonoszcw" hat sich unterdessen er geben. Als Grund für sein Verbleiben in Odessa wird neuer dings angegeben, er sei auf eine Sandbank aufgefahren und l>abc sich deshalb dem „Fürst Potemkin" nicht anschließcn können. Wenn sachgemäße Führung eines Schlachtschiffes fehlt, wäre es ja auch kein Wunder, daß es irgendwo oufläuft oder sonstige Schäden erleidet, die in der Bewegungsunfähigkeit enden. — Was in Kronstadt und Libau sich zugetragen hat, läßt sich noch nicht erkennen, jedenfalls aber haben Truppen des Landheeres in beiden Orten gegen die Marine einschreiten müssen. Durch die Knebelung der Zeitungen, welche die russischen Behörden wieder angewandt haben, ist wesentlich die llcberschwcmmiing mit fal schen Gerüchten wildester Art herbciaeführt worden. Wenn man der Presse verbietet, Nachrichten über so wichtige Ereignisse zu bringen, so muß der Legendenbildung Tür und Tor geöffnet werden. Auf die Dauer können derartige Vorgänge doch nicht geheim gehalten werden, und das Vertuschungssystem ruft nur Erbitterung hervor, an der es in Rußland so wie so nicht fehlt. In den Petersburger Blättern war von den Unruhen und der Meuterei zunächst nichts zu lesen. Es wurde nur gemeldet, daß Admiral Tschuchnin nach Nikolajew abgereist und das Scbasto- poler Gcschlvadcr nach Odessa abgefahren sei. Dann hieß es, in Odessa sei der Belagerungszustand verhängt, und die Verfü gungen des Oberbefehlshabers der Truppen wurden veröffent licht, was Zuschriften aus dem Publikum hervorrief, die Auf klärung verlangten, worum es sich denn eigentlich handle. Es folgte die Nachricht, die Hasenmagazine seien abgebrannt und viele Berichterstatter nach Odessa abgcreist. Jeder Kommentar fehlte. JeHt hat der „Regierungsbote" mit dem amtlichen Be richt das Schweigen gebrochen: wenn es sofort geschehen wäre, hätten die leitenden russischen Kreise weit besser getan, denn das an und für sich erschütterte Ansehen Rußlands hat durch die Ge rüchte weit mehr gelitten, als es eine wahrheitsgetreue Dar- slellung tun konnte. Marokko. «Die deutsch-französisch« Entente", so überschreibt der Pariser °" - -t,. ,-».. Berhand- Frage zu- . . , , das Blatt, ffand den" Weg zur Entente versperrt durch den „politischen Willen" der Deutschen. Die geduldige und zähe Diplomatie Rouviers und seiner Mitarbeiter zersetzte diesen Willen. Es bedurfte zu diesem Zwecke nur der Beseitigung der Empfind lichkeit und des Mißtrauens Deutschlands. Die Loyalität der ranzösischen Absichten und die freimütige Aussprach« ermöglich- ten dies. Wir konnten allmählich di« Absichten unserer Mit bewerber erkennen, ihre Politik wurde »ns klar, und die prinzi piell verweigerte wntontv vrcmlublo wurde tatsächlich hergeftelst. Infolgedessen hindert Frankreich nichts mehr, sich für eine K o n- erenz zu erklären, i» deren Verlauf Deutschland seine uns im voraus bekannten Wünsche zum Ausdruck bringen wird Nachdem wir über die Pläne Deutschlands unterrichtet sind, sind wir gegen künftige Ueberraschungen gesichert, deren Folgen um so schwerer sein koniiten, als die Verhandlungen die Opposition der Ehrgeizigen und den Gegensatz der Interessen akzentuierten. Der Meinungsaustausch sichert zweifellos den Erfolg der Kon- crcnz. Das wird allerdings eine spätere Folge fern; die un- nittelbaren Folgen sind ober nicht weniger wichtig. Die Ent- pannung ist erfolgt, die Beziehungen der Kabinette von Berlin ind Paris haben wieder den herzlichen Charakter erhalten, den ie besaßen vor der Reise nach Tanger. Man kann sich nicht genug dieses Ergebnisses freuen und sich beglückwünschen zu der Weisheit, mit der sich die beiden Regierungen Konzessionen hin sichtlich ihrer ursprünglichen Standpunkte gemacht haben." Zum Schluß bezweifelt der „Temps" freilich, daß aus der Entente eine vollständige Uebereinstimmung werden wird. Tic Chauvinisten hüben und drüben ständen dem im Wege, indem sie von Demütigung auf der einen oder der anderen Seite Iprächen. In Wahrheit aber „gestatten der Meinungsaustausch und die daraus folgende Entente die Demütigung keiner der beiden Parteien und entsprechen den wohlverstandenen Inter essen der beiden Völker." — Diese freundlichen Ausführungen des offiziösen Blastes lassen ein friedliches Ausklingen der bösen Affäre bestimmt erwarten. Tagesizeschichte. Eine Betrachtung zum Bachstein - Prozeß. Der „Hannov. Kur." veröffentlicht eine Betrachtung aus Münster über die Verhandlung gegen den Divisionspsarrer Bach- stein vor dem Obcrkricgsaericht. Da die ultramontanen Blätter nicht aufhören gegen den Fresspruch zu Hetzen, seien hier folgende Stellen angeführt: „Wie ichrumpftcn bei der Vernehmung des betreffenden Berichterstatters vor dem Oberkriegsgerichte jene Anklagen, die er in die Welt posaunt hatte, zusammen! So mußte er bet einer der allerbedenklichsten Stellen, die auch kein Evan gelischer ohne starken Anstoß gelesen hoben wird — wir wollen fest gestellter maßen falschen Wortlaut nicht wieder- gcbm, es handelte sich um die Messe — zugeben, daß er für die Nichtigkeit der Wiedergabe nicht eintreten könne. Mit Recht hieß es, daß die „Osnabrücker Volksztg." dann doch die Pflicht gehabt käste, nach Erkenntnis des Irrtums eine berichtigende Erklärung zu bringen: dadurch würde die Aufregung, die weite, Kreise ergriffen halte, erheblich beschwichtigt sein. Bedauer licherweise ist es nicht geschehen. So war auch in anderen Stücken der Vortrag von der „Osnabrücker Volksztg." swrk ent stellt wiedergegebcn, und es blieb in der mündlichen Verhand lung von den unerhörten Beschimpfungen und Schmähungen, wie sie in solcher Stärke und Abscheulichkeit noch gar nicht da- gewesen sein sollten, herzlich wenig übrig. Sicherlich stimmten nicht nur die Zuhörer und Zeugen, sondern auch die Richter innerlich von Herzen dem Verteidiger zu, als er sein lebhaftes Bedauern darüber aussprach, daß jener katholische Berichterstatter sich in die Versammlung, zu der nur evangelische Männer und Frauen eingeladen waren, eingeschlichen und den unseligen Bericht veröffentlicht hatte. Der Pfarrer Bachstein hatte nicht damit gerechnet, daß ein Katholik in der Versammlung sein könne: er wollte, wie er im Lause seines Vortrages sagte, niemanden verletzen: ja, halte er denn nicht durch Schmähungen, wie sie ihm vorgeworsen wurden, auch seine protestantischen Zuhörer verletzt? Ganz gewiß, und niemand würde wünschen, daß er straflos ausginge, wenn er wirklich Einrichtungen der katho lischen Kirche hatte beschimpfen wollen. Aber das trat wieder deutlich in der Gerichtsverhandlung zu tage, und schwerlich wird sich einer der Anwesenden dem Eindrücke haben entziehen können: der Angeklagte ist nach seiner ganzen Persönlichkeit überhaupt nicht im stände, sich des ihm vorgeworfenen Vergebens schuldig zu machen. Hätte der Pfarrer Bachstein selbst seine Aeußerungen für strafbar gehalten, nach reiflicher Ueberlegung — ich glaube, er hätte es offen gesagt, denn das trat auch gestern wieder deut lich hervor, er kann und will nicht nur kein unwahres Wort sagen, nein, er würde auch nicht versuchen, ein Unrecht zu be schönigen. In dem Bericht, den er dem Feldpropstc der Armee hat einreichen müssen, oder in dem Konzepte des Vortrages, das dem Gerichte übergeben ist, fanden sich einige Stellen, die scharfer klangen, als gestern in der mündlichen Darstellung des Ange klagten: auf diesen Unterschied aufmerksam gemacht, erklärte er, wo er im Zweifel gewesen sei und sich des Wortlautes seines Vortrages nicht mehr genau habe entsinnen können, do habe er eber geschärft als gemildert. Und so wurde denn aucl dem Angeklagten jedes Wort vom Gerichtshöfe und vom Anklage- geglaubt. Außerordentlich charakteristisch war es, zu sehen, welchen Eindruck die Persönlichkeit des Ange- klagten auf den Vertreter der Anklagebehörde »rächte: ob wohl dieser in seinem Plaidoyer das Schuldig beantragte, sagte er doch selbst, er müsse zugcben, daß der Angeklagte ousLicbe zu seinen Mitmenschen gehandelt hätte! Doch genug. Niemand, selbst nicht der Vertreter der Änklagebehörde, der die Auflage aufrecht erhielt, konnte dem Angeklagten andere als edle Motive Zutrauen, und so ist er auch aus der Berufungs- Verhandlung rein und niakellos in jeder Beziehung hcrvorgegan- gen. Der Angeklagte batte das Schlußwort, in dem er noch einmal auf Sinn und Zweck seines Vortrages kam. wobei auch Streiflichter auf sein Leben und Wirken überhaupt fielen. Er hob u. a. hervor, daß er ans den Inhalt der Bckenntnisschristcn vereidigt sei und sich verpflichtet sowohl wie berechtigt glaube, was in den Bekenntnissckristen stände, zu verkünden. Daher aber seien fast alle angefochtenen Sätze genoinmcn. Man merkte auch diesmal, wie die Seelcnkämpft, die er durchgemacht hat, noch in ihm nachzittertcn, und wie fest und innerlich ihn nach der Zeit des Schwankens der evangelische Glaube ergriffen hat." Deutsches Reich. Zu der vielbesprochenen jüngsten Hcrren- hansrcde des Grafen Mirbach über die Stellung des Fürsten Bismarck zur Sozialpolitik sendet jetzt ein Engländer, Herr William Harbistt Dawson, der „Köln Ztg." eine Zuschrift. Er schreibt: „In der Sitzung des preußischen Herrenhauses vom 28. Juni vertrat Graf Mirbach die Ansicht, daß Fürst BiSmarck innerlich ein Gegner der Invalidenversicherung gewesen sei. Vielleicht kann cs zur Wider legung dieser Ansicht beitrage», wen» ich einige Aeiißcrnngcn erwähne, die Fürst Bismarck in einer Unterhaltung getan hat, die ich einst mit ihm über die ganze Sozialpolitik hatte. Gegenwärtig auf der Reise, kann ich das Jahr nicht bestimmen: die Worte des Fürsten stehen mir zweifellos fest. In dieser Unterhaltung lobte Fürst Bismarck vor allem die drei Veisichcriinasaesetze. Ja. er ging so weit, zu behaupten, daß eigentlich bei der Invalidenver sicherung die Beiträge der Arbeiter hätten fortsallen müssen. Es sollte des Arbeiters gutes Recht sein, so drückte er sich ans. von dem Staat, dem er gedient hat, jedenfalls eine kleine Rente zu bekommen, mit deren Hilfe er ein unabhängiges, wenn auch be scheidenes Dasein führen könnte. Fürst Bismarck betonte, daß er seinerseits keine Beiträge erhebe» wollte, ober i» dieser Hinsicht gingen die Meinungen seiner Mitarbeiter auseinander. Die Unter haltung war beiderseits teilweise englisch, teilweise deutsch, und ich erinnere mich, wie Fürst BiSmarck. auf die Frage cmtwortcnd. wie er überhaupt zu der Idee seiner Vcrsichcrungsgcsetze kam, ganz unbefangen sagte: „1 nmnteä to nun orvr tbe n-oikinx olasses kor «de 8tato" <„Jch wollte die Arbeiter für den Staat — das heißt für den sozialen Frieden — gewinnen.") Er brauchte sogar den englischen Ausdruck „bribs", wobei bemerkt sein muß, daß das deutsche Wort „bestechen" einen ganz falschen Sinn von seiner Meinung gebe» würde. Seine Absicht war die Versöhnung der sozialen Gegensätze, die Abwehr sozialer Mißstimmung. Nebenbei di
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)