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Wochenblatt für ReiLenbrand, Siegmar, Neustadt, Rabenstein und Rottluff. Erscheint jeden Sonnabend nachmittags. Anzeigen werden in der Expedition lNeichenbrand, Nevoigtstratze 11), sowie von den Herren Friseur Weber in Reichenbrand, Kaufmann Emil Winter in Rabenstein !und Albin Thiem in Rottluff entgegen- genommen und pro Ifpaltige Petitzeile mit 16 Pfg. berechnet. Für Inserate größeren Umfangs und bei öfteren Wiederholungen wird entsprechender Rabatt, jedoch nur nach vorheriger Vereinbarung, bewilligt. Anzeigeu-Auuahme in der Expedition bis spätestens Freitags nachmittags » Uhr, bei den Annahmestellen bis nachmittags 2 Uhr. vereinsinserate müssen bis Freitags nachmittags 8 Uhr eingegangen sein und können nicht durch Telephon aufgegeben werden. Fernsprecher Amt Siegmar 244. M 33 Sonnabend, den 19. August 1316 Sammlung von Konservenbüchsen und ähnlichen Absällen. Sammelstellen sind: Die Schulen und Gemeindeämter. Die Gemeindevorstande zu Reichenbrand, Siegmar, Neustadt, Ravenstein und Rottluff, am 17. August 1916. Gesunden: 1 Damenuhr. Siegmar, den 17. August 1916. Der Gemelndevorstand. Letzte Ausgabe von Frühkartoffeln Montag» den 21. August 1916 zu den bekannten Zeiten in der Brauerei (Iohs. Esche). Rote und weiße Marken gelten zu gleicher Zeit. Der Kommunalverband wird Frühkartoffeln nicht mehr erhalten. Der Gemeindevorstand zu Rabenstein, am 17. August 1916. Der Brauer von Gent. „Nikolaus von Warden," wiederholte Herr von Leuven den Namen des Stadtregenten mehr für sich, „Wahrscheinlich nur ein Komödienspiel, oder sollte Schocllart doch —" Jäh brach Herr von Leuven dieses Selbstgespräch ab; ein furchtbarer Verdacht stieg in ihm auf — wie hatte er auch einem solchen Menschen diesen Brief anvertraucn können. Alles um ihn her drehte sich im Kreise — das fahle Licht der Laterne beleuchtete die auf ihn eindringcuden Männer gespcnstcrhaft, sodaß deren Gesichter ihm wie wahre Teufels- sratzen erschienen, die ihn hohnlachcnd angrinsten, „Mein Kind, mein Kind — Bianca," stöhnte er, „warum habe ich auf Dein Bitten nicht gehört." Bianca, die diese Worte zwar nicht gehört hatte, aber durch die anderen Männerstimmen noch mehr in Angst geriet, kam wieder aus dem Wohngcmach, wo sic von der alten Brigitte schon erfahren halte, daß es aus dem Hause keinen zweite» Ansgang gebe, als etwa durch die Fenster. „Vater! Vater! Was geht hier vor?" mit diesen Worten warf sie sich schluchzend an die Brust ihres Vaters, der sie fest umschlang, als wolle er sich nimmer von ihr trennen, dem einzigen Wesen auf dieser Welt, welches ihn liebte und welches nun in banger Sorge um ihn schwebre. „Jungfer, entfernt Euch und laßt den Mann mit uns gehen," suchte der Befehlshaber der Stadtknechte einzuwenden. Unsere Zeit ist geniesten und wir können uns hier nicht lange aufhalten," „Ich laste meinen Vater nicht alleine fortgehen!" rief Bianca verzwciflungsvoll. „Wohin man ihn auch bringen mag, ich will seinen Aufenthalt, sein Los in allem getreulich mit ihm teilen," „Jungfer, das geht nicht," „Ich fürchte mich nicht — nein, ich verlasse meinen Vater nicht." „Aber unser Befehl lautet nicht dahin, die Jungfer mit zu verhaften, also laßt den Mann los und begebt Euch wieder in Euer Zimmer, wenn ich Euch raten soll." „Keine Macht der Erde soll mich von meinem Vater trennen!" „Oho, das werden wir sehen!" Der Sprecher gab zweien seiner Leute eine» Wink und diese riffen mit brutaler Gewalt die Tochter von dem Vater los und drängten sie zurück., „Ich sage Euch noch einmal, beruhigt Euch, Jungfer, wir können nicht anders handeln," „Sei mein mutiges Kind, Bianca," tröstete jetzt auch Herr von Leuven, der sich gefaßt hatte, seine Tochter, „Wir werden uns schon Wiedersehen." „Wohin bringt man meinen Vater jetzt mitten in der Nacht?" fragte Bianca, die nun einsah, daß sie gegenüber diese» Männer» machtlos war und wohl auch eher einen Stein, als deren Herz erweichen konnte. „Unser Befehl lautet, ihn auf das Stadthaus zu bringen," entgegnete der Befehlshaber mit Achselzucken, „Das Weitere wird Herr Nikolaus von Warden bestimmen, der als Stell vertreter des Herrn Jakob von Artevelde uns den Befehl erteilt hat," ,,Ja, westen beschuldigt man eigentlich meinen Vater, um ihn um diese Zeit wie einen Verbrecher sortzuschleppen?" „Jungfer, mäßigt Eure Zunge, Es geziemt sich nicht, die Befehle und Anordnungen eines hochweisen Rates der Stadt mit solchen Worten zu kritisieren." Bianca schrie noch einmal laut auf vor Schmerz, als sie mit ansehen mußte, wie die Stadtknechte jetzt ihren Vater in die Mitte nahmen und das Häuschen verließen, Bianca starrte noch eine Weile durch die offengebliebene Türe und sah, wie die Gestalten wie ein Knäuel sich in der Dunkelheit fortbewegten, bis alles in unklaren Umrissen verschwand und schließlich auch die Schritte nicht mehr zu hören waren. Nun erst ging sie in das finstere Stübchen, wo die alte Brigitte noch in der Ecke kauerte, denn aus den verworrenen zu ihr gedrungenen Stimmen hatte sic hcrausgehört, daß die Männer Herrn von Leuven gesucht und mit sich genommen hatten, lieber den Grund befand sic sich natürlich ebenso im unklaren wie Bianca, Ihre Furcht hatte sich dadurch so vermehrt, daß sie sich aus ihrer Ecke garnicht hcrvorwagtc. Für diese Nacht war cs mit der Ruhe der beiden Frauen im Fischcrhäusen vorbei. Keine von ihnen fand Schlaf, der besonders für Bianca notwendig gewesen wäre, um sie wenigstens für einige Stunden ihrem grenzenlosen Schmerz, ihrer bangen Besorgnis um das Schicksal ihres Vaters zu entreißen. Der heraufziehende Morgen fand sie noch aus demselben Holzschemel, auf welchen sie nach der Fortführung ihres Vaters gesunken war, die Arme auf den Tisch und darin den Kopf vergraben. Sie hatte schon soviel geweint, daß ihre Augen davon gerötet waren und Tränen nicht mehr flössen. Brigitte hockte gleichfalls noch auf ihrem Sitz und ais jetzt der Tag zu dämmern begann, da erhob sie sich erst und schritt auf Bianca zu, um dieser Trost zuzusprechen und sie aufzurichten, damit sie nicht ganz verzage. Aber es fiel ihr dies schwer und ihr Trostsprnch fand nur wenig Anklang, der Schlag, der nach der voraufgegangenen Auf regung Bianca jetzt getroffen hatte, war zu hart, 20. Kapitel. Das Gerücht von einer Verschwörung gegen Jakob von Artevelde durchlief bald in den verschiedensten Erzählungen die Stadt Gent, so sehr auch die zuerst in das Vorkommnis eingeweihten Personen bemüht waren, möglichst wenig davon durchsickern zu lasten. Jedermann wußte etwas anderes darüber zu erzählen und war bemüht, seiner Erzählung den Stempel der Wahrheit auszndrücken, etwas bestimmtes erfuhr aber niemand, selbst diejenigen nicht, die an der Quelle nachzuforschen suchten, da man sich dort allen Ausfragern gegenüber in völliges Stillschweigen hüllte. Zugleich mit diesem, allerdings weniger erfreulichem Gerücht verbreitete sich noch eine andere Kunde in der Stadt, die mehr Freude bei dem grüßten Teile der Bürgerschaft hervorrief. In allen Städten Flanderns hatte die von Gent ausgehende Bewegung gegen das Regiment des Grafen Ludwig die Oberhand gewonnen und hatte man die Fahne der Freiheit erhoben, die Unabhängigkeit Proklamiert und selbst in Brügge, wo die Wage zu Gunsten der einen oder der anderen Partei am längsten geschwankt hatte, war schließlich die Partei des Grafen Ludwig, die sogenannte Franzosen partei, nach kurzem Widerstand Vertrieben worden. Nun waren aus allen diesen Städten Abgeordnete in Gent erschienen, um über gemeinschaftliche Maßregeln zur Aufrechterhaltung des eigentlich so leicht errungenen Sieges und über die neue Regierung, die fortan in Flandern die Gewalt ausüben sollte, zu beraten. Zum Teil, weil es hieß, Jakob von Artevelde iwerdc die Abgeordneten aus den verschiedenen Städten öffentlich in einer hierzu extra anberaumten Ratssitzung feierlich em pfangen, zum Teil aber auch, weil durch Herolde in der Stadt verkündet worden war, daß ein weiser Rat heute, und so künftig allwöchentlich eine öffentliche Sitzung abhalten werde, zu der jedermann Zutritt habe, um Beschwerden und sonstige Anliegen Vorbringen zu können, fand ein so lebhaftes Gedränge nach dem Rathause statt und ergoß sich der Menschenstrom in die hohen weiten Räume, daß nicht alle Platz fanden und viele draußen auf dem öffentlichen Platze vor dem Rathause der Dinge harren mnßten, die da kommen würden. Die Ratsknechte hatten Mühe, die Ordnung aufrecht zu erhalten und mußten manche höhnische Bemerkung, manche Grobheit bei Ausübung ihres keineswegs leichten Amtes, in Kauf nehmen, die ihnen aus der Mitte der murrenden Menge entgegengeschleudert wurden, worauf jedesmal lautes Lachen der anderen folgte. Nachdem einige Zeit so vergangen war, wurde endlich das Erscheinen Jakob von Alteveldes angekündigt, der sich vom Brauhosc nach dem Stadthause begab. Würdevoll schritt er zwischen bewaffneten Trabanten einher und grüßte ernst die ihn jubelnd empfangende Menge. Es war heute das erste Mal, daß ihn bewaffnete Trabanten begleiteten und wenn diese Einrichtung auch zunächst aus die besondere Feier des heutigen Tages zurücksührte, so flüsterte man sich unter den Zuschauern doch auch zu, daß die geheimnisvolle Verschwörung gegen das Leben des neuen Stadtregenten die Ursache mit bilde und wohl nun eine ständige Einrichtung bleiben werde. Mit Mühe vermochten die Stadtknechte den Weg dem nahenden Stadtregenten über den öffentlichen Platz durch die Menschenmenge frei zu bekommen, sodaß derselbe endlich die große Freitreppe emporstergen und sich in das Rathaus begebe» konnte, welches zu Ehren dieses Tages in ganz besonderem Schmuck prangte, ebenso wie der große Ratssaal, in welchen sich Herr von Artevelde begab. Hier stieg der vor einigen Tagen als schlichter Brauer unter seinen Mit bürgern lebende Brauer von Gent auf den erhöhten Sitz, auf dem er Platz nahm. Dieser Sitz war stets für das Oberhaupt der Stadt Gent bestimmt. Im Hintergründe stellten sich die Trabanten auf, gleichsam als gelte es über die Sicherheit des Stadt oberhauptes zu wachen. Vor Herrn von Artevelde in einem Halbkreise saßen die übrigen aus der Mitte der Bürgerschaft gewählten Räte, unter ihnen Nikolaus von Warden, der zugleich der Stellvertreter Jakob von Arteveldes war. Die aus den beiden äußersten Flügeln aufgestellten Sessel bildeten die Ehrensitze der Städteboten, die sich gleich nach dem Erscheinen des Brauherrn auf denselben niedergelassen hatten. Kaum war die Sitzung durch das Oberhaupt des Rates der Stadt Gent mit begrüßenden Worten feierlich eröffnet worden und sollte dieselbe ihren programmmäßigen Verlauf nehmen, da entstand unter den Anwesenden, die dicht gedrängt bis zur Ausgangstür den Saal füllten, eine große Bewegung, indem eine schwarz gekleidete, tief verschleierte Frauengestall sich Bahn brach, bis sie sich endlich bis zu dem Sitz des Stadtregenten durchzwäugt hatte und sie dem Brauer von Gent gcgenüberstand. Nachdem sie noch einen schüchternen Blick auf den Mann geworfen hatte, welcher jetzt diel höchste Macht in der Stadt Gent repräsentierte, sank sie in die Knie mit den Worten: „Gnade für meinen Vater! Uebt Gnade an ihm!" „Wer seid Ihr?" fragte Jakob von Artevelde, der durch diesen unvermuteten Zwischenfall mehr betroffen als überrascht war, „Für wen bittet Ihr um Gnade? Rasch, stört unsere Sitzung nicht unnötig." „Ich bin die Tochter Gerhard von Leuvens, den man vorgestern von dem Orte fortgeschleppt bat, wo wir einst weilen eine Zuflucht gesucht hatten," „Ah, jetzt entsinne ich mich, Bianca von Leuven," „Ja, die bin ich und ich wiederhole hiermit meine Bitte um Gnade für meinen Vater," Das Gesicht Jakob von Arteveldes hatte sich merklich verfinstert. Dieser Auftritt hier vor allen Zuschauern und ?6iN5l,63 IsksISI. DvrvLprsvLvr ISO. Isäs NöilM lisksrdLi-. 0r«g«n« Lisgmsr kiffrk 5rkulre.