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Wochenblatt ^ für Fernsprecher: Amt Siegmar Nr. 244. Reichenbrand, Siegmar, Neustadt und Radensteiu. 37. Sonnabend, den 12. September 1908 Erscheint jeden Sonnabend nachmittags. Anzeigen werLen in der Expedition Meichenbrand, Nevoigtstraße 11), sowie von den Herren Friseur Weber in Reichenbrand und Kaufmann Emil Winter in Rabenstein entgegengenommen und pro Ispaltige Petitzeile mit 10 Pfg. berechnet. Für Inserate größeren Umfangs und bei öfteren Wiederholungen wird entsprechender Rabatt, jedoch nur nach vorheriger Verernbarung, bewilligt. Anzeigcu-Amrahmc in der Expedition bis spätestens Freitags nachmittags ki Uhr, bei den Annahmestelle» bis nachmittags 2 Uhr. Bekanntmachung. Am 1. September u. o. ist der HI. Termin der Gemeindeanlagen und des Schulgelde» auf 1908 fällig. Ls wird dies mit dem Bemerken zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß nach Ablauf der für die Bezahlung zugelassenen 14tägigen Frist gegen Säumige das Mahn- bez. Pfändungsverfahren ein- geleitet werden wird. Reichenbrand, den 28. August 1908. Der Gcmeindcvorftand. Bogel. Bekanntmachung. Es wird hiermit zur allgemeinen Kenntnis gebracht, daß das Reinigen der Schornsteine in der Gemeinde Ravenstein in der Zeit vom 15. bis 28. September 1908 stattfindet. Rabenstein, am 11. September 1908. Der Gemeindevorstaud. Wilsdorf. Bekanntmachung. Am 16. September er. wird der 3. Termin der diesjährigen Rente fällig und ist spätestens bis zum 24. September 1908 Rabenstein^ am 11. September 1908. Der Gemeindevorstand. WilSdorf. Meldungen im Fundamt Gefunden: 1 Kaffett-nschlüss-l. Rabenltein, am II. September 1908. Der Gcmeindcvorftand. WilSdorf. Bekanntmachung, Handelsgewerbe am Kirmes-Sonntag betr. Zufolge der von der Königlichen Amtshauptmannschast zu Chemnitz unter dem 27. September 1894 erlassenen Bekanntmachung wird den hiesigen Handelsgewerbetreibenden für den ttirmetz - Sonntag folgende Vermehrung der Geschästsstunden zugelassen. » Öffentlicher Handel in den Verkaufsläden darf stattfinden: 1. beim Handel mit Fleischwaren und Delikatessen von Bormittags 6 bis 8 Uhr und von Nach mittags 1 bis 9 Uhr, 2. desgleichen mit Milch von Vormittags 6 bis 8 Uhr. Mittags ll bis 12 Uhr und Nachmittags von 3 dis 9 Uhr, 3. desgleichen mit sonstigen Eh-, Trink- und Materialwaren — einschließlich Tabak und Zi garren, ingleichen mit Heizungs- und Beleuchtungsmaterial — im Alleinhandel — von Vormittags 6 bis 8 Uhr. Mittags von ll bis l2 Uhr und Nachmittags von 3 bis 9 Uhr. in allen übrigen Handelsbetrieben von Vormittags 11 bis Abends 9 Uhr. Neustadt, am 11. September 1908. Der Gemeindevorstand. G-Wcr. Bericht über die Sitzungen des Gemeinderats zu Neustadt vom 28. August und 4. September 1908. Sitzung vom 28. August. Vorsitzender: Herr 1. Gemeinde-Ältester Starke. eines Handdarleyns d.an» zu gmehmigen, wmn der Gcsucksteller * sicheren Unterpfand zur Verfügung stellt. 2. wird einem Anträge auf Anschluß eines Grundstückes an die Wasserleitung stattgegeben. Sitzung vom 4. September. Vorsitzender: Herr Gemeindevorstand Geißler. Berufsgenoffenschast wird Herr Gutsvorsteher Hauptmann und als dessen Stellvertreter Herr Earl Lohse auf die Zahre 1909—1912 wiedngewählt. ^ V " ' Sch 5. findet ein Gemeindeanlagmerlaßgesuch seine Erledigung. - 6. Das Entlasfungsgesuch des Schreibers Römer für den 30. September c. infolge seiner Anstellung beim Stadtrate zu Limb ach wird genehmigt. 7. 2n Besitzveränderungsabgabensachen wird der Zurücknahme der Zahlungsverfügung zugestimmt, nachdem die Beitragspflichtigen den geforderten Nachweis über den Weiterverkauf innerhalb der für Erbanfälle vorgeschriebenen Frist erbracht haben. 8. Von dem Bezüge der Schrift »Die Kreis- und Gemeinde verwaltung" wird abgesehen. 9. werden die Vorschläge des Sparkassen-Ausschusses wegen Ge- Währung voll Darlehm zum Beschlüsse erhoben. 10. wird Herr Gemeindevorstand Geißler auf die zweite Wahl periode wiedergewählt. Rabenstekn. Für den Luftschiffbaufonds des Gra fen Zeppelin sind im hiesigen Otte 233 Mark 70 Pfennig ein gegangen. Dieser Betrag wurde an die Allgemeine Rentenanstalt in Stuttgart eingesandt. Die Freundinnen. Original-Roman von Irene v. Hellmuth. (Fortsetzung) LNachdnuk verboten.) Die beiden Alten wurden hier unterbrochen. Ein Wagen fuhr langsam vorbei und eine jugendliche Stimme rief dicht bei ihnen in anscheinend freudiger Ueberraschung: „Aber sieh nur Mama, — das ist ja — das ist doch unser alter Franz! — Ja wirklich — Franz, — nun werden wir gleich haben, was wir suchen!" — Der Angerufene drehte sich hastig um und sein Gesicht glänzte ordentlich vor Freude. „Alle guten Geister!" schrie er überlaut, — „die gnädige Frau Baronin, und das gnädige Fräulein Otti! Und so was! Wie ich mich freue, Frau Baronin! Und wie das gnädige Fräulein gewachsen ist in den paar Jahren! Nein, — was wird mein Herr sagen, wenn er erfährt, daß die Fra» Mama gekommen ist!" Der Alte schlug die Hände zusammen. Das altmodische, bäuerische Gefährt, in dem die beide» Damen saßen, hielt mit jähem Ruck. Fräulein Otti sprang leichtfüßig auf die Erde und half dann der älteren Dame beim Aussteigen. „Gott sei Dank", lachte das junge Mädchen fröhlich, „daß wir ans diesem vorsündflutlichen Rumpelkasten endlich herauskommenl Aber etwas gyderes war ja in dem Nest da draußen SWInt incht aufzntteibm. NahoffenkMM unsere Mission bald beendet!" — Franz, der seinen alten Freund Fritz mit kurzem Gruße verabschiedet hatte, wandte sich voll Eifer an die ältere Dame: „Bor allen Dingen, Frau Baronin, darf ich mir die Frage erlauben: „Kommen Sie von zu Hause? Bleiben Sie länger hier? Wie geht es dem Herrn Baron ? Noch immer feindlich gesinnt? Hat der gnädige Herr gehört, wie berühmt wir geworden sind?" „Ein bischen viel fragst du auf einmal, Franz", lächelte die Baronin belustigt. „Du sollst alles erfahren, doch nicht hier. Ist es weit bis zur Wohnung meines Sohnes?" „Nein, gnädige Frau, nur die Straße hinauf, man ist gleich da." „So laß uns gehen, doch zuvor müssen wir das Fuhrwerk unterbringen." Franz bezeichnte dem Lenker des Wagens ein in der Nähe gelegenes Gasthaus, wo er einstweilen warten sollte. Dann geleitete er die Damen nach der Wohnung seines Herrn. „Wo ist denn mein Bruder?" fragte Otti lebhaft. „In der Probe, gnädiges Fräulein." „Dauert es lange, bis er kommt?" „Manchmal sogar sehr lange." Das war nun nichts für die Ungeduld der jungen Dame. „Warten, ein schreckliches Wort", sagte sie. In der Wohnung des Bruders angckommen, suchte sie sich einstweilen die Zeit damit zuvertreiben, daß sie sämtliche Schubfächer, die nicht verschlossen waren, einer genauen Musterung unterwarf. Dem alten Diener wurde es ganz unheimlich dabei zu Mute. Er empörte sich im Stillen über die Unordnung, welche die kleinen Hände der Baronesse an richteten, doch wagte er nichts zu sagen. Als Fräulein Otti mit der Kommode fertig war, die nur Wäsche und sonst allerlei uninteressante Dinge enthielt, fand sie zu ihrer Freude, daß auch am Schreibtisch der Schlüssel steckte. Dort gab es hoffentlich etwas, das sie besser befriedigte. Sie sah sich nicht getäuscht. Nachdem sie allerlei Rechnungen und Papiere herausgekramt, fiel ihr ein kleines Kästchen in die Hände, dessen Deckel sich leicht öffnen ließ. Die Baronesse stieß einen leisen Schrei aus, als sie das Bild gewahrte, das obenauf lag. „Was hast du, Otti?" fragte die ältere Dame. „Mama, komm einmal her, das ist furchtbar interessant!" „Aber Kind, du sollst nicht immer alles durchstöbern. Was wird Hermann sagen, wenn er erfährt, daß du in seinen Sachen hcrumgewuhlt hast. Das schickt sich nicht." „So steh doch nur, Mama, — das ist ja Sylvia, — Sylvia v. Schmettwitz — wie wunderbar! Und ein Brief liegt dabei, — Mama, ein richtiger Liebesbrief! Darf ich ihn dir vorlefen? Ach wie lieb muß sie Hermann haben! O, das ist reizend, — ganz köstlich. Was sie für Augen machen wird, wenn sie erfährt, daß ich Hermanns Schwester bin. Aber büßen soll sie, die Duckmäuserin, weil sie mir nichts sagte. Gestern beim Schlafengehen, da redeten wir so allerlei und ich fragte sie, ob sie einen Geliebten, Verlobten oder Bräutigam habe. Sie tat sehr verlegen und wollte nicht mit der Sprache heraus. Ich merkte ja Wohl, daß etwas los sei, aber sie verschwieg mir den Namen. Na, warte, dich kaufe ich mir. Ich habe ihr doch auch gleich mein kleines Abenteuer erzählt." Die Baronin war aufmerksam geworden. „Welches Abenteuer?" forschte sie. " Me'Mge DE MM Mf M MM,' ' „O, es war wirklich nichts, Mama, — nicht der Rede wert." „Ich möchte es aber doch erfahren!" „Na, wenn es sein muß; — ich machte, wie du weißt, gestern gegen Abend noch einen kleinen Spaziergang. Da ich ja fremd in der Gegend bin, — habe ich mich natürlich verirrt, — und — da begegnete mir ein Herr, — der, — na kurz, — der mir den rechten Weg zeigte, — das ist alles!" „Das ist doch weiter kein Abenteuer, albernes Kind", meinte die Mutter achselzuckend. „Ich habe es dir doch vorausgesagt." „Ich fürchte nur, du verschweigst mir noch etwas." Fräulein Otti lächelte schalkhaft. „Nichts als den Namen, Mama. Er war ein sehr hübscher Mann und hat sich mir vorgestellt." „Na, — und —?" — „Damit du auch das noch weißt, er nannte sich — Hugo v. Trostberg. Ein schöner Name, nicht Mama? Ich finde ihn wenigstens sehr schön." „Die Baronin betrachtete aufmerksam ihr Töchterchcn, dessen Wangen eine rosige Glut überzog. „Du, — du —" Sie drohte dem Mädchen lächelnd mit dem Finger. Dieses suchte abzulcnken. „Was sagst du nur zu dieser Entdeckung, Mama?" Sie zeigte auf das Bild, das die Mutter zur Hand nahm und sinnend bettachtete. „Ich freue mich, Otti! Das junge Mädchen hat auf mich den allerbesten Eindruck gemacht. Ich denke, Hermann traf da eine ausgezeichnete Wahl. Aber wie sonderbar doch hier der Zufall spielt! Aber still, ich glaube, da kommt Hermann!" Bild und Brief flogen in den Kasten zurück. Da wurde auch schon die Türe aufgeriffen. Hermann Walter stand ans der Schwelle. „Ist es möglich! — Mama! — Diese Ueberraschung! Wie ich mich freue!" klang es jubelnd. Im selben Augenblick lag die^Baronin v. Albersdorf an der Brust ibrcs Sohnes. „Wir haben uns lange nicht gesehen, Mama", begann er, nachdem er auch Otti lebhaft begrüßt hatte. Sie saßen nebeneinander auf dem bequemen Sofa und Hermann drängte: „Nun erzählt, wie kommt Ihr mitten im Winter hierher? Wie geht cs Papa? Ist er noch immer unversöhnlich?" Eine kleine Wolke flog über die heitere Stirn des jungen Mannes. „Der arme Papa!" seufzte Otti mit drolligem Ernst. „Du mußt nämlich wissen, wir haben ihn mitgeschleppt. Freiwillig ging er natürlich nicht, da mußten wir eine kleine Komödie aufführen. Das Ganze habe ich ausgedacht und du sollst sehen, mein Plan gelingt!" Sie schaute triumphierend den Bruder an; dieser jedoch schien wenig Respekt vor dem Genie seiner Schwester zu haben, denn er bemerkte in scheinbar geringschätzigem Ton: