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frühester Kindheit an zur Wahrheit erzogen, hast Du doch immer gesagt, daß es nichts Erbärmlicheres gebe, als Falschheit. Warm» sollte ich jetzt, wo wir reich sind, von meinem Geliebten lasten? Womit hat er sich gegen mich vergangen, der gute, treue Jens?" Ontzen war in der Stube, die er mit grobe» Schritten durchmeffe» hatte, stehen geblieben. Mit gerunzelter Stirn sagte er nun: „So habe ich mich also geirrt. Ich will Dich nicht tadeln, mein Kind. Ich kann Deine Denkungsart nur billigen. Aber — wie soll dann das werden mit Euch? Willst Du eine einfache Fischersfrau werden? Der Jens, glaube ich, Ist nicht fähig, auch wenn ich ihm einige tausend Kronen gebe, einen Hof zu bewirtschaften. Er ver steht ja wenig genug vom Fischen." Hansine wollte eben niit den, Eifer der Uebcr- zeugnng für ihren Geliebten eintreten und de» Vater in dessen Plan ei» Fischerportgeschäft cinznrichtcn, cinwcihcn. Aber da wurde das aufregende Gespräch durch de» Hausknecht vom Strandhotcl, in dem heute die erste» Badegäste der Saison cingetroffen waren, »ntcrbrochcn. Der Knecht mit den großen Ohren und dem langen Munde, Frcdcrik Jcpsen hieb er, fragte, ob hier auf dem Hofe vielleicht eine wohlhabende Familie aus Nipen gegen gute Bezahlung wohnen könnte. Es wäre ein Rentier Brodcrfen nebst seiner Frau und einem erwachsenen Sohn, die ihn hcrgcsandt hätten. Ovc Ontzen machte große Angen und sah seine Tochter fragend an. „Was meinst Du, Hanstne, sollen wir den Ver dienst mitnchmen?" sprach er nach einigem Ueberlegen. „Die gute Stube und das kleine Gartenzimmer können wir die paar Monate wohl entbehren." „Ja, wenn den Herrschaften die Zimmer gut genug sind," meinte Hansine, „so kann cs uns ja recht sein. Viele Umstände pflegen solche Leute nicht zu mache». Sie schlafen ja nur hier. Tags liegen sie im Sande draußen oder sitzen im Strandhotcl." „Nun denn meinetwegen," sagte Ontzen zu Frcdcrik, „wir werden die Zimmer einrichten, bitte die Herr schaften, sich hierher zu bemühe». Glaube nicht, daß sie in Ripen viel bequemer wohnen, als wie hier." Der Knecht ging, und Hansine machte sich sofort daran, die gute Stube ei» wenig ansznschinückcn und noch gefälliger zu machen, als sic ohnehin schon war. Das konnte ja eine nette Abwechselung werden mit den reichen Leute» aus Ripen! Am nächsten Vonnittage erschien die Familie Brodcrscn. Herr Brodcrsen war ein kleiner, korpulenter Mann, von etwa sechzig Jahren, hatte gutmütige, braune Augen und machte eine» sehr wohlhabenden Eindruck. Die Gattin, die nicht viele Jahre jünger sein mochte, war groß und schlank, sah recht leidend aus und hatte etwas überaus Vornehmes in ihrem Wesen. Der etwa achtundzwanzigjährige Sohn Detlef, ein talentvoller Maler, war ebenfalls groß und schlank, hatte ein hübsches, blasses, geniales Gesicht mit einem langen, schwarze» Schnurrbart, und schaute mit scinen großen, schwarzen Augen etwas scheu durch die dicken Brillengläser, deren er sich seiner großen Kurzsichtigkeit wegen bedienen mußte. Alle drei waren sie äußerst freundliche Leute. Die Zimmer gefielen ihnen sehr gut, sic wollten sofort Anziehen und erklärten sich ohne Bedenken bereit, die etwas hochbemcffenc Miete zahlen zu wollen. Ove Ontzen freute sich über den schönen Verdienst, und Hansine freute sich, daß es so gute Leute aus der Welt gab. Sie hatte nun nichts Eiligeres zu tu», als zu Olnfsens zu laufen, um denen die Neuig keit mitzutcilen und auch bei ihnen die liebenswürdigen Leute zu rühmen. Ove Outzen hatte sich trotz des Standes- und Bildungsniiterschiedes bald sehr mit seinen Gästen angefreundet. Auch Hansine stand schon »ach wenigen Tagen ihrer besonderen Gunst. „Kleine Nixe", nannte sie der alte Herr bisweilen scherzend, und die alte Dame sagte immer nur: „Mein liebes Kind." Der junge Herr hatte bisher noch wenig gesagt, aber er begegnete „Fräulein Ontzen", wie er Hansine hianntc, ganz wie einer vornehme» Dame. Das war den, bescheidenen Mädchen anfänglich sehr peinlich, doch böse konnte sic dem Herrn Maler mit der goldenen Brille und den sanften Gcstchtszügen deswegen nicht sein, denn er meinte es ja nur gut, er wollte sie ja nicht kränken. Sic interessierte sich sehr für diesen stillen, gutmütigen Mann, der so wundervolle Bilder malen konnte. Wie war er doch geschickt! So natur getreu waren Häuser, Menschen, Schiffe und die See. Fortsetzung folgt. Der Meister und sein Weib. Sie hatten sich so warm geliebt, Nun schien ihr Glück hinweg gefegt. Er sprach eilt Wort unüberlegt, Sic wähnte sich zu Tod betrübt Und schlich sich still in ihre Kammer. Er ging davon, er kam zurück, Da traf er ihren kalten Blick — Und nun begatt» ei» langer Jammer. Denn weiter rollten Stund' und Tag Und keiner fand ein herzig Wort, Und keiner brach die Schranke fort, Den Bann, der zwischen ihnen lag. Bei Tische herzt' er seinen Jungen Und trat zurück zur Werkstatt schnell; Dan» weinte sie, die just noch hell Ei» Lied dem Mägdlein vorgesungen. Der Herbst verging, der Winter schwand — Doch ach, der böse Zauber nicht! Sein düstres Auge, ihr fahl Gesicht Verrieten nur, wie's um sie stand. Stumm trugen sic des Tages Plagen, Untröstlich er, unglücklich sie; Oft schwuren sie's und hielten'» nie, Zuerst das Lösewort zu sagen. — Heut war der Meister ganz ergrimmt; Er rief den Liebling zu sich her, Der aber gab ihm nicht Gehör — Im Eckchen blieb er wie verstummt. Nun rief die Mutter ihrer Kleinen, Doch auch ihr Schclmchen folgte nicht; Dem Brüdcrlein zog's ein Gesicht Und spielte fort mit Marmclsteincn. Der Meister sah's. „Was schafft ihr da?" Er schrie's, er sprang vom Stuhl empor. Da lachten beide hell hervor: „Wir spielen mir Papa-Mama!" Das traf wie Richtcrspruch den Sünder; Die Gatte» sanken unbewußt Einander schluchzend an die Brust: „Wir waren törichter als Kinder!" G. Müller. Mannigfaltiges. — Gewissenhaftigkeit. „Ist es hier, wo ich das Geld kriege, das mein Wilhelm für mich geschickt hat?" fragte ein junges Mädchen an dem Schalter eines kleinen Postamts. Der junge Post beamte, dem die unwissende Kleine gefiel, sagte: „Ach, Sic sind die Margarethe Hartmcier?" Denn nur für diese war eine Postanweisung eingegangen. „Sie kennen mich?" lachte sic mit dem ganzen Gesicht. „Da hätte mir der Herr Gehcimrat den Zettel hier nicht erst mitzugeben brauchen." — „Die Post weiß alles: Sie heißen Margarethe Hartmeier, sind im Dienst bei Herrn Geheimrat Werner und erhalten 25 Mark von dem Kutscher Wilhelm Fröhlich. Den Zettel müssen Sic mir aber doch geben," erwiderte der Postbeamte mit großen: Ernste, während er der ihn mit offenem Munde verwundert anstarrenden Magarethe die Legi timation aus der Hand nahm. „Sie wollen doch alles haben, was ihr Wilhelm schickt?" fragte er scherzend, das Geld aufzählcnd. „Gewiß," erwiderte sie eifrig. „Na, haben Sie auch gelesen, was hier noch steht?" Er hielt ihr den Abschnitt für die Bemerkungen hin und sie buchstabierte: „Ich sen—de dir ei» Man—dcl Küs—se." „Die muß ich Ihnen nun auch noch geben," sagte der Beamte mit ernster Miene, „kommen Sie herein!" Die gewissenhafte Braut, die sich nichts von der Sendung ihres Verlobten unter schlagen lassen wollte, folgte bereitwillig der Anf orderung, und der „gewissenhafte" Beamte übermittelte nun auch mit großem Pflichteifer den zweiten „Auf trag". Freudestrahlend verließ Margarethe mit den 25 Mark in der Tasche und den Küssen auf den Lippen das Postamt. Der Beanitc aber soll trotz seiner liebenswürdigen „Gewissenhaftigkeit" von seinem Vorgesetzten eine derbe Verwarnung erhalten haben. Nachrichten dcSK. Standesamtes z» Reichenbrand vom !>. bis IS. Juli linit. Geburten: Dem Hüfsweichkvstiiler Einst Emil Krumbiegel in Rcichenbrand l Mädchen: dem Gastwirt Georg Hermann Küntzel in Siegmar l Mädchen: dem Poftassistenl Otto Paul Stecher in Reichenbrand 1 Mädchen: dem Handschuhmacher Max Emil Löbel in Siegmar 1 Mädchen. Aufgebote: Balat. Eheschließungen: Der Kansmann Eurt Hugo Acker in Chemnitz mit Clara Maria Lohs in Siegmar. Stcrbcfällc : Dem Handarbeiter Alwin Hartmann Gotischall in Siegmar I Tochter, U> Monate alt: dem Handarbeiter Oskar Alwin Fritzsche in Reichenbrand 1 Tochter. » Jahre alt: dem Fabrikarbeiter Alfred Willy Lindncr in Rcichc»- brand 1 Sohn. 6 Monate alt; der unvcrehel. Strickerin Marie Alma Kunze in Siegmar I Knabe. lotgeboren; dem Bahnarbciter Albin Hermann Kluge in Reichenbrand I Sohn, v Monate alt; die Bäckermeisters - Ehefran Anna Marie Schneider g-b. Böttcher in Reichenbrand. Ni Jahre alt: dem Handarbeiter Ernst Paul Seifert in Siegmar I Sohn. 8 Monate alt. Krpeditionszeit des Standesamtes. Wochentags: 8—12 Uhr vorm, und 2—6 Uhr nachm. Sonntags: V2I2—12 Uhr vorm, nur zur Entgegennahme von TotgeburtSanzcigen. Nachrichten des Kgl. Standesamtes Rabenstein vom 8. bis 15. Juli 1991. Geburten: 1 Sohn dem Kutscher Friedrich Hermann Kreische in Ravenstein; dem Gutsbesitzer Friedrich Otto Morgenstern in Rabenstein. 1 Tochter dem Handschuhfabrikanten Oswald Hermann Albin Arnold in Nabcnstein; dem Justierer Bruno Hermann Starke in Nabcnstein. Hierzu noch ein unehelich geborener Knabe in Rabenstein. Eheaufgebote: Keine. Eheschließungen: Keine. Sterbefälle: 1 Sohn dem Schlosser Oskar Alfred Berthold in Rabenstein, 8 Monate all; dem Handarbeiter Emil Eduard Gundermann in Rabenstein, 8 Tage alt. 1 Tochter dem Handschuhstricker Alfred Arno Wiedemann in Rabenstein. Zusammen: 0 Geburten und zwar 3 männl. und 2 weibl. — Eheamgebot. — Eheschließung. 3 Sterbefälle und zwar 2 mannl. und 1 weibl. Heschäftszeit. Wochentags: 8—12 Uhr vorm- und 2—8 Uhr nachm. Sonntags: 11—12 Uhr vorm, mir zur Entgegknnahme von TotgeburtSanzcigen. Kirchliche Nachrichten. Parochie Reichenbrand. Am 7. Sonntag 9. Drin, den 17. Juli n. c. vorm. >/z9 Uhr Predigtgottesdienst. Parochie Rabenstein. Ilm 7. Sonntag p. Tein, den 17. Juli n. c. vorni. 9 Uhr Predigtgottesdienst. Perfekte Schneiderin auf acht bis vierzehn Tage sofort gesucht. kmilio Vovlr, Reichenbrand 58, neben der Pclzmühlc. Einen sucht sofort ill. Svlineiikei'keinLe, Reichenbrand. Goldner Löwe, Ravenstein. Sonntag und Montag MM llWt- »Uli WiMll>i;M» der Schützengesellschaft zu Ravenstein. Sonntag von nachm. » Uhr an NM" öffentliche Ballmnsik. Montag von nachm. 4 Uhr an entreefreies Gartenkonzert. Hochachtungsvoll 0«m»i- L!vl»t«r. Zur Belustigung des Publikums ist p. Notmann'» t-uttvokisulcel ausgestellt. GiMiM Rlüikiißriii. Morgen Sonntag öfferrtl» Ballmusik. Rob. Börner. Johannisbeeren (auch schwarze) und Stachelbeeren verkauft RittcrgutSpachter 8«I»i»i»tt, Oberrabenstei». Ein eiserner 3-Etagen-Ofen ist zu verkaufen Rabenstein, Talstrabe 48. Ein Knecht von 16—19 Jahren wird sofort gesucht. Gntspächtcr Ott«», Rabcnstei», Kirchstr. 24. 9 Stück Läufer schweirre, mittelstark, verkauft billig 08«i» Rcichenbrand. Gutgehender Strumpswirkerstuhl ist billig zu verkaufen bei ttldin ktouker>k, Rabenstein, Kirchstr. 10 k.