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Wochenblatt „„ Amt ftir Fernsprecher: Siegmar Nr. 144. Reichenbmnd, Siegmar, Neustadt und Rabenstein. 4. Sonnabend, den 25. Januar LLM8. Erscheint jeden Sonnabend nachmittags. Anzeigen werden in der Expedition iRelchenbrand, Pelzmuhlenstraße 47v), sowie von den Herren Friseur Weber in Reichenbrand und Kaufmann Emil Winter in Rabenstein entgegengenommen und pro Ispaltige Petitzelle mit 10 Pfg. berechnet. Für Inserate größeren Umfangs und bei öfteren Wiederholungen wird entsprechender Rabatt, jedoch nur nach vorheriger Vereinbarung, bewilligt. Anzeigen-Annahme bis spätestens Freitags nachmittag 5 Uhr. Bekanntmachung. Di- Anmeldung der Ostern >908 schulpflichtig werdenden «Inder in dcr Gemeinde Nelchenbrnnd ha, Dienstag, den ». Februar 1808 nachmittags :, Ahr im Zimmer 2 dcr hiesigen Schule zu erfolgen. Hierbei find für alle Kinder die Impfscheine und für solche, die auswärts geboren find, die Geburtsurkunden und lausbeschelnigungen beizubringcn. Für jedes aufzunehmende Kind ist bei der Anmeldung ein Impfschein und für die nicht in Rabenstein geborenen Kinder außerdem noch ein Tauf« und Gebnrts-Zeugnls beizubringcn. Zur Vermeidung von Nachteilen wird dies hiermit zur Kenntnis gebracht. Ravenstein, den 24. Januar 1908. Der Schulvorstand. Fr. Schmidt, Vorsitzender. Neichenbrand, am 23. Januar 1008. Der Schulvorstand. G.-V. Vogel, Vorsitzender. Bekanntmachung. Montag den 27. Januar s. o. Dorm. 10 Uhr findet anläßlich des Geburtstages Sr. Maj. des oeutschen Kaisers Wilhelm ll. in der Turnhalle der neuen Schule ein öffentlicher Festaklus, Es ladet hierzu alle Freunde und Gönner der Schule ergebenst ein Rabenstein, den 21. Januar 1908. das Lehrerkollegium. Versteigerung. Freitag den 31. Januar d. I. nachmittags 4 Uhr sollen im hiesigen Gemeindeamte mehrere Pfänder, als 5 Spiegel, 7 Stück Singvögel mit Bauer, l Sofa und 1 llieiderschrank gegen sofortige Barzahlung versteigert werden. Neichenbrand, den 21. Januar 1908. Der Vollstrcckniigsbcanitc. Bekanntmachung. fleißige Benutzung derselben ersucht. ^ Die Bibliothek enthält gegen 800 Bände, sie befindet sich im hiesigen Schulgebäude und ist Sonntags vormittags von 11—12 Uhr geöffnet. Bibliothekar ist Herr dir. Lehrer Benndorf. Bekanntmachung. Gefunden wurde 1 Spazierstock und 1 Kindermütze. Rabenstein, am 21. Januar 1908. Der Gcmeindevorstand. Wilödorf. Bekanntmachung, die Anmeldung der schulpflichtig werdenden Kinder zur Schule bctr. Neustadt, am 20. Dezember 1907. Der Gcnicindcvorftand. Geißler. Nach 8 1 des Volksschulgesetzes vom 26. April 1873 in Verbindung mit 88 5 und 6 der dazu gehörigen Auoführungs-Verordnung vom 25. August 1871 werden bevorstehende Ostern alle diejenigen Kinder schulpflichtig, welche bis dahin das 6. Lebensjahr erfüllen. Aus Wunsch dcr Eltern oder Erzieher dürfen jedoch auch solche Kinder ausgenommen werden, welche bis zum 30. Juni dieses Jahres das 6. Lebensjahr vollenden. Der Unterzeichnete Schulvorstand hat beschlossen, die Anmeldung der Knaben und Mädchen Montag, den 3. Feornar 1908, nachmittags vmr L-4 Uhr im Direktorzimmer der Eentralschule entgegcnzunehmen. Die Sparkasse zu Neustadt T.ltptzon Nr. SV. Um« Siegmar. unter Garantie der Gemeinde verzinst Einlagen mit 3»/r o/^ Für Einlagen, welche bis zum 3. eines Monats bewirkt werden, erfolgt Verzinsung für dyn vollen Monat. - DIS TjMkasse expediert täglich vormittags vön A—12 Uhr und nachmittags von 2—6 Uhr. Durch die Post eingehende Einlagen werden sofort expediert. Bericht über die Sitzung des Gemeinderates zn Neustadt vom 17. Januar 1908. Vorsitzender Herr Gemcindeoorstand Geißler. 2. Die Rechnung über die Verwaltung der Heinrich hähle- Slistung pro 1907/08 wird richtig gesprochen. 8. hat ^ch der Gemeinderat in WassersteuerrelUamationssachcn die Beleihung eines Grundstückes in der vom Gesuchsteller nach gesuchten Weise beschlossen. 5. Die bei dem allgemeinen deutschen Dersicherungs-Vercin in Stuttgart für die hiesigen Gemeindebeamten abgeschlossene Unfall Versicherung soll um weitere 10 Jahre verlängert und das Ver- sicherungsverhältnis auf einen weiteren Beamten ausgedehnt werden. 6. erfolgt Festsetzung des für 1908 zu erhebenden Anlagensatzcs. Nach Kenntnisnahme vom Schätzungsergebnisse beschließt man -10"/o Zuschlag zum einfachen Satz, wie im Vorjahre, zu erheben. Auf die Grundsteuereinheit entfällt nach dem Gesamtbedarfc pro 1908 Gertliches. — Montag den 27. Januar findet wegen Kaisers Geburtstag bei sämtlichen Postanstalten sowohl der Schalterdienst wie die Brief bestellung nur in gleicher Weise wie an Sonntagen statt. Geübte Spuler oder Spulerinnen, Beseherinnen, Repassiererinnen sucht bei höchsten Löhnen VI»v<»<L«»r MüLIvr, Neichenbrand und Neustadt. Das Heimatlied. Original-Roman von Irene v. Hellmuth. „Dieser Fall — ist mm ciiigctretcn!" Lothar schwieg tief mifscufzend still. Frau Betty schluchzte laut, der Bcrwalter hielt die Hände im Schoß gefaltet. Lothar wußte, er hatte sei» Spiel gewonnen, es galt nur noch, die Sache geschickt zu Ende zn führen. „lind die Kinder meiner Lisbcth, — wo sind sie?" schluchzte Fra» Betty, „reden Sie, gnädiger Herr, wir dürfe» keine Zeit verlieren, o, wir wollen sie an unser Herz nehmen," — Schluchzend erstickte ihre Stimme, auch Trautmann war tief ergriffen, er würgte an den aufstcigendcn Tränen. „Ich selbst werde Ihnen die Kinder znführen," sagte Lothar mit tiefer Bewegung. „Ich habe das der Lisbcth versprochen und werde mein Wort halten. Ihr Mann schrieb mir oder ließ mir schreiben, daß seine Frau gestorben sei, er hätte ihr ein ehrlich Begräbnis zuteil werden lasten, aber seine Kaste erlaube ihm nicht, länger zn rasten oder selbst hierher zn reisen. Er müsse Geld verdienen, wenn er leben wolle. Das Begräbnis habe unmenschlich viel Geld gekostet, er sei schon wieder unterwegs und habe die Kinder ein Stück weit mitgenommen. Tann habe er sie einem Reisenden, der denselben Weg zurückznlegen hätte, übergeben, und, — so teilte er mir mit, — heute abend werden sie ans der nächsten Station cintrcffcn, man solle sie dort abholcn. Mir schein!," schloß Lothar, „die Kinder sind dem Manne eine rechte Last, weil er sich ihrer so rasch zu entledigen sticht. Nun wiycn Sie alles, ich mache mich fertig, nach der Station zu fahren und bringe Ihnen die Kinder. Aber vergessen Sie nicht, was Sic versprachen, reine» Mund z» halten." Die beiden beteuerten cs nochmals. „Lasten Sic mich nach der Station fahren," bat T raut- mann, der seine Bewegung zu bcmcistcrn suchte, „Sie haben schon so viel getan, daß wir Ihnen dies Opfer nicht auch noch zumutcn dürfen." „Stein," wehrte Lothar eifrig. „Die Lisbcth hat mein Wort, daß ich selbst die Kinder in das Haus ihrer Eltern führen will, das darf ich nicht brechen." „O Dank, tausend Dank! Ohne Sie wüßten wir nichts von unseren Enkeln, wer kann sagen, was aus ihnen werden würde!" rief der Bcrwalter mit zuckenden Lippen. Frau Betty trocknete ihre Tränen. Sie hatte ja nun so viel z» tu», zn besorgen und anznordncn, damit die Kinder ihrer Lisbcth ein warmes, bequemes Ncstchen fänden, wenn sic kämen. Sie entwarf hundert Pläne, wie sic es den Kleine» recht behaglich machen wollte. „Und nicht wahr?" bat sie, „die Briefe, die meine Lisbcth an Sie schrieb, die geben Sic mir, damit ich sic lesen kann?" Dies schien Lothar einen Augenblick zn verwirren. Doch nur einen Moment, dann cntgegncte er mit fester Stimme: „Das ist unmöglich, Frau Trautmann, ich habe die Briefe sofort verbrannt, cs erschien mir nicht gut, dieselben anfzn- bcwahrcn. Warum sollte ich auch? Bedenken Sic, wenn meiner Braut oder dem Grafen so etwas vor die Singen käme? Das müssen Sie doch selber einsche», ich konnte die Briefe nicht ans bewahren, der Zufall spielt oft zu wunderlich." „Ja, das begreife ich wohl." „Aber das Grab unserer Lisbcth, wo liegt es, gnädiger Herr?" fragte Trantman». „O lieber Mann," Lothar legte seine Hund auf den Arm des Fragenden, „warten Sic — wie hieß cs doch nur gleich, cs ist ein Städtchen an der russischen Grenze — richtig, jetzt weiß ich es wieder — NiliUna!" „Nikitina?" Den Namen habe ich noch nie gehört. Das ist wohl recht weit von hier?" „Ja, sehr — sehr weit!" „Dann werden wir wohl das Grab unseres Kindes niemals sehen!" meinte Fra» Betty wieder. „Sie würden es vermutlich gar nicht finden, da cs eben weder den Namen, noch sonst ein Kennzeichen trägt!" meinte Lothar traurig. „So weit können wir alte» Leute nicht mehr reisen, Mutter," sagte Trantmann gutmütig. „Ja. ich weiß." Nach einer kleinen Pause fragte Frau Betty wieder: „Ob die Kinder wohl getauft sind? Das wissen Sie nicht, Herr?" „Getauft sind sie," entgcgnete Lothar rasch und bestimmt, „aber ob sic gerade ihren Taufschein mitbringcn werden, kann ich nicht behaupten. Wer weiß, ob derselbe überhaupt noch existiert? Bei solchem Leben, wie Lisbcth cs führte, gehen diese Papiere eben leicht verloren. Die arme Frau war ja niemals lange an einem Ort. Sie schrieb mir nur Alter und Namen der Kinder auf. Sonst weiß ich natürlich nichts!" „Auch nicht, wo sie geboren wurden?" Lothar machte eine ungeduldige Bewegung. Diese Frau trieb ihn ordentlich in die Enge, es war Zeit, all den Frage» ein Ende zn machen. „Auch das kann ich nicht sage», antwortete er, sich erhebend. „Wir sprechen später noch darüber, für heute nur noch dies: Sic machen den kleinen Jagdwagen zurecht, damit ich ohne viel Aussehen sortkonnnc, ich fahre hinten zum Parktorc hinaus, »in allen unnützen Fragen ans dem Wege zu gehen. Und noch eins, Trautniann. Wenn ich Ihnen einen gute» Nat erteilen soll, so hören Sie: Geben Sie den Kindern Ihren Namen, wer kann Wiste:,, was der Bagabnnd, der ihr Vater ist, noch für Streiche machen wird, so daß die Kinder, wenn sic einst erwachsen sind, sich vielleicht schämen müßten. Mir kann es ja egal sein —, aber — hm — ich meine, cs ist doch ein unschätzbares Gut, einen ehrlichen Namen zn haben, man wird nichts einzuwendcn haben, wen» Sie die Kinder adoptieren." „Ja, das werde ich, gnädiger Herr; die armen Würmer haben ja eigentlich gar keinen Familienname», wer will unter diesen Verhältnissen ergründen, wo sie geboren wurden?" „Ja, es würde schwer sei», das zu erfahren," meinte Lothar, „ich weiß nämlich nicht, wie jener Mann heißt, der sich in seinen, Briefe ,„,» allerdings mit seine», Namen Unterzeichnete, aber ich habe denselben leider vergessen! — Ich achtete in der Aufregung gar nicht darauf." Der Verwalter schüttelte Lothar treuherzig die Hand zn,» Abschied, ebenso Fra» Betty, die eiligst im Hause ver schwand.