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Redaktioneller Teil. 252. 28. Oktober 1916. in der Preiskonvention liegt, im übrigen aber ebenso wesentliche Unterschiede in der geschäftlichen Organisation kaufmännischer und bnchhändlerischer Betriebe und in ihrem Verhältnis zu den Liefe ranten bestehen wie zwischen den von ihnen vertriebenen Waren. Die Verurteilung stützt sich aus die Massnahmen der Regierung gegen übermäßige Preissteigerung, insonderheit auf die Bundes- ratsvcrordnung vom 23. Juli 1915, mit der wir uns wiederholt im Börsenblatt beschäftigt haben. Wie wir in Nr. 206 ausführten, halten wir cs nicht für ausgeschlossen, daß unter Umständen auch Schul- und Lehrbücher als »Gegenstände des täglichen Bedarfs im Sinne dieser Verordnung« angesehen werden können, da die Aus legung des Begriffs Gegenstände des täglichen Bedarfs ziem lich weitgehend ist und eine Beschränkung auf bestimmte Waren nicht in der Absicht der Gesetzgebung liegt. Können doch lurch einer neuer lichen Neichsgerichtsentscheidung alle Gegenstände darunter verstan den werden, »die unter Berücksichtigung der Zeitverhältnisse zu einer unserer Kultur entsprechenden Lebcusführung erforderlich sind«. Dazu wird man also auch Bücher rechnen können, insbesondere Schul- und Lehrbücher, deren Anschaffung ja für viele als eine Notwendigkeit anzusehen ist. Zunächst wird man sich aber darüber klar sein müssen, daß der Zweck der Bundesratsverordnung vom 23. Juli 1915 nur aus eine Bekämpfung des übermäßigen, nicht im Verhältnis zu den Pro- dnttions- oder Erwerbskosteu stehenden Gewinns gerichtet ist. Mit Recht haben daher auch beide Instanzen den Schwerpunkt auf die Fest- stellung gelegt, daß es sich in dem vorliegenden Falle um einen in den ganzen Verhältnissen nicht begründeten übermäßigen Gewinn handelt, und daraus die Verurteilung hergelcitet. Eine Nutzan wendung ans dieser Entscheidung für den Buchhandel kann daher nur da zu Recht erfolgen, wo sich ein übermäßiger Gewinn Nach weisen läßt. Das ist aber nicht schon dann der Fall, wenn ein Ver leger eine allgemeine, sich auch auf vor dem Kriege erschienene Bücher erstreckende Preiserhöhung vornimmt, da die Verhältnisse im Buch handel wesentlich anders geartet sind als im Warenhandel. Tenn während die Markenartikel nur einen bescheidenen Teil des kaufmän nischen Warenumsatzes ansmachen, bildet bei Büchern die Preisfest setzung durch den Verlag die fast ausnahmslose Regel. Was Marken artikel und Bücher mit einander gemein haben, ist nur das rein äußere Moment der Preisbestimmung durch den Erzeuger. Während Marken artikel meist vertretbar sind, weisen Bücher, selbst ein und derselben Literaturgattung angehörig, so wesentliche Verschiedenheiten auf daß lein Käufer ein Lehrbuch von Müller nimmt, wenn er den Leit faden von Schulze haben will. Erstreckt sich nun die Preis erhöhung auch auf die im Besitz des Sortiments befindlichen Bücher, so wird dadurch nur ein ähnlicher Ausgleich erstrebt, wie er allgemein im Buchhandel üblich ist', wo oft der Gewinn an dem einen Buche dazu dienen muß, für den Verlust an dem anderen zu ent schädigen. Das gilt für den Geschäftsbetrieb des Verlegers wie für den des Sortimenters, dessen Verdienst ja durch den Verleger fest gesetzt wird. Ganz unberücksichtigt kann daher der Verleger — von seinen Mehrlasten abgesehen — auch die Tatsache nicht lassen, daß der Krieg eine wesentliche Steigerung aller Lebensbedingungen für den Sortimenter im Gefolge hat, dessen Gewinn schon vorher ein recht bescheidener gewesen ist. Gleichwohl lehrt die in Frage stehende Ent scheidung, daß auch der Sortimenter nicht schon durch die Genehmigung oder die Vorschrift des Verlegers, alte Bestände zu höheren Preisen zu verkaufen, gedeckt ist, sondern von sich ans zu prüfen hat, ob und inwieweit die Preiserhöhung sich aus den besonderen Umständen recht- fertigen läßt. Der Deutsche Schriftsteller-Verband hielt seinen zweite Kriegs tagung als reine Geschäftssitzung in Weimar ab. Er wurde vom Generalsekretär der Schillerstiftung, Professor I)r. Bulle, begrüßt. Beschlossen wurde die Schaffung einer Ncchtsschutzstelle mit Nach- druäsüberwachung. Außerdem wurde folgender Beschluß gefaßt: »Der Verbandstag spricht sein Befremden darüber ans, daß bei der Einweihung der Deutschen Bücherei in Leipzig die berufenen Ver tretungen der deutschen Schriftstellerwelt nicht zugezogen worden sind. Er erblickt darin eine Mißachtung des Schrifttums, die er von den Verlegern nicht erwarten durfte. Ein solcher Vorgang wäre seiner Ansicht undenkbar, wenn die deutschen Schriftsteller durch Anschluß au die Berufsvertretungen ihr Gemeinschaftsgefühl stärker betätigten . Zum Vorsitzenden wählte der Verband an Stelle des verstorbenen I)r. Paul Li mau den Herausgeber des »Türmers« lli-. Karl Storck. Rektor Laug (Frankfurt a. M.) wurde zum Ehrenmitglieöe ernannt. Der Obmann der österreichischen Gruppe I)r. v. Thalcr (Wien), dem laut eines Vorstandsbeschlnsses die gleiche Ehrung zugedacht war, ist kurz vor der Tagung gestorben. Von einer »Mißachtung des Schrifttums« kann umso weniger die Rede sein, als zahlreiche Einladungen an schriftstellerische Kör perschaften anläßlich der Einweihung der Deutschen Bücherei er gangen sind. Darin aber hat der Beschluß des Deutschen Schrift steller-Verbandes vielleicht nicht ganz unrecht, daß die deutschen Schrift steller sich zu möglichst umfassenden Berufsorganisationen zusammen schließen müßten, sei es auch nur um erkennen zu lassen, in welchen Organisationen die eigentliche Vertretung des deutschen Schrifttums zu erblicken ist. Personalnmhritzteii. Gestorben: am 13. Oktober, kurz vor Vollendung des 52. Lebensjahres, Herr Karl Hanns;, Geschäftsführer des Sortiments der Friedr. Korn'schen Buchhandlung (Alfred Korn) in Nürn berg. Nach Besuch des Gymnasiums wandte sich der Verblichene, 16jährig, dem Buchhändlerbcrufe zu, lernte in Brünn und war dann als Gehilfe in großen Firmen in Rcgensburg (Pustet), Schweidnitz (Kaiser) tätig, um 1890 bei der Friedr. Korn'schen Verlags- und Sortiments-Buchhandlung einzutreten. Er war ein überaus fleißiger und gewissenhafter Arbeiter, der an seinem Teil redlich und erfolg reich an der Entwicklung der angesehenen Firma mitwirktc. Im April 1915 konnte er als Leiter des Sortiments, geehrt von Firma, Kollegen und seinem großen Bekanntenkreise, sein 25jähriges Jubi läum als Mitarbeiter der Firma Korn feiern. Schon vor 9 Jahren schwer an Rippenfellentzündung erkrankt, war er seitdem nicht mehr der frische Mann: er kränkelte fortgesetzt, ohne jedoch in seinem beruflichen Eifer zu erlahmen, bis er im Früh jahr dieses Jahres gezwungen war, aus dem ihm so lieb gewordenen Berufe zu scheiden. Nachdem er vergeblich Heilung an verschiedenen Plätzen gesucht hatte, fand er Aufnahme im Städtischen Krankcnhause zu Nürnberg, wo er aber schon nach etwa zehn Tagen verschied. Hans Kurclla f. — In Dresden ist der medizinische Schrift steller vr. Hans Knrella im Alter von 58 Jahren gestorben. Er übernahm 1889 die Redaktion des »Zentralblattes für Nervenheil kunde und Psychiatrie* und gründete die »Bibliothek für Sozialivisscn- schaften« und die »Zeitschrift für Elektrotherapie und ärztliche Elek trotechnik«. In seinen zahlreichen sozialpolitischen Schriften schloß er sich dem italienischen Kriminalisten Cesare Lombroso an, dessen Haupt werke er übersetzte. A. Oskar Klaußmann -f-. Der bekannte Schriftsteller A. Oskar Klaußmann ist am 25. Oktober in Berlin im Alter von 65 Jahren ge storben. Mit ihm ist ein ungemein fruchtbarer Schriftsteller aus dem Leben geschieden, der es verstand, allen Erscheinungen des Lebens eine interessante Seite abzugewinnen. Sehr umfangreich war auch seine Tätigkeit auf dem Gebiete der Jugendliteratur, auf dem er vielleicht sein Bestes geleistet hat. S-rechsaal. Zum österreichischen Nechnunqsstempel. In keinem anderen Berufe wird es Vorkommen, daß sich z. B. der Fabrikant, Grossist usw. von seinem Kunden den Nechnungs- stempel bezahlen läßt. Ich habe in den verschiedenen Branchen darauf hin Umschau gehalten und gefunden, daß nur österreichische Verleger sich die neue Stempelverordnung so zurechtgelegt haben, daß sie die Steuer abwälzen, die sie dem Sinne des Gesetzes nach selbst zu bezahlen hätten. Den Herren Kollegen vom Sortiment wird es gewiß auch auf gefallen sein, daß anfänglich nur einige wenige Firmen sich den Stempel bezahlen ließen, später aber haben auch viele Firmen, die den Stempel früher- nicht berechneten, sich der Ansicht angeschlossen, daß es einträglicher sei, wenn die Kundschaft den Stempel bezahle! Das sind aber Maßregeln, die sich nur österreichische Verleger erlauben, weil sic nicht cinsehcn wollen, daß der Sortimenter sein Knude ist, der ihnen Geld ins Haus bringt, sondern von dem einseitigen Standpunkt ausgehen, daß sie dazu berufen seien, durch Abgabe ihrer Verlags artikel den Sortimenter zu erhalten. Die Herren Verleger werden ja die Unhaltbarkeit der Stempelberechnung cinsehcn, aber schließlich wer den doch nur die Sortimenter die Benachteiligten sein, weil viele Ver leger, die sich heute ohne weiteres den Stempel bezahlen lassen, ihn voraussichtlich mit Zinsen und Zinseszinsen mit dem Nettopreise ver quicken werden. Wien. R udolf M ü ck. Verantwortlicher Redakteur: EmilThomaS. — «erlag: Ter «örsenvercin der Deutschen Buchhändler zu Leipzig, Deutsches BuchhLndlcrhaus. Druck: Ramm L Seemann. SämtUcy in Leipzig. - Adresse derStedaktivn und Expedition: Leipzig, Gerichtsweg 2« sBuchhändlerhanss. 1352