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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 11.08.1905
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-08-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19050811014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1905081101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1905081101
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-08
- Tag 1905-08-11
-
Monat
1905-08
-
Jahr
1905
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 11.08.1905
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mit der Eräfi» Montignoso »urückjusühren, und es ist »m allge meinsten Interesse dringend zu wünschen.das, diese Dinge a a n »zurRuhe kommen. Dos schöne, schlichte und innige Familienleben. welches König Friedrich August »nt seinen Kin dern führt, und die hochherzige und vornehme Art, in der er vertragsmäßig mit der Grasin Montignoso sowohl deren ver- möaenSrechtliche wie deren Ansprüche als Mutter ihrer Skinder geordnet hat, sind zwingende Beweise dasür, daß von dieser Seite alles geschehen ist und geschieht, tvaS Heilung der Tausenden von Wunden und der Oessentlichkeit Ruhe bringen kann. Dies ist aber nicht nach dem Sinn einer kleinen Clique, die sich persönlich gern zur Geltung bringen oder aus besonderen Gründen ihr Mütchen irgendwie kühlen will, und eine Reihe sensationslüsterner Korrespondenten macht sich dieses Treiben zu nutze, um ihren Blättern zeitweilig pikante Nach richten gegen gute Honorare senden zu können. Derartige Tar- tarennachrichten in die Welt zu setzen, verschmähen leider aber auch nicht solche Korrespondenten, die sonst das Vertrauen an- gesehener Blätter mit Recht genießen. Ob das erwähnte Dresd ner Blatt mit seiner Bezeichnung „Schwindelkorressiondent" ans eine bestimmte Persönlichkeit abzielt, ist nicht erkennbar. Es wäre aber jedenfalls für die Kreise der Dresdner Preßvertreter, welche das Standesansehen mit Recht gewahrt sehen wünschen, eine dankenswerte Ausgabe, den Ouellen solcher Schwindel- Manöver nachzngehen, denn durch -sie wird das gesellschast- licheund wirtschaftliche Leben in Dresden auf das empfindlichste geschädigt. — Die Uhrenfabriken Straffer u. Nohde, A. Lange u. Söhne, I. Abmann, sowie die Uhrenfabrik „Union" iDürrstci» u. Eo.j in Glashütte halten aus der jüngst slaltgesnndenen U h re na » s st e l l u n g z u Nürnberg ihre Fabrikate sowie die Sammlungen alter Uhren zur Ausstellung gebracht. Sämt- lichen vorgenannten Firmen ist auf ihre Ausstellungsobjekte der erste Preis sgoldene Medarlies zuerknunt worden. Diese Ans- zeichnung ist uni so höher anznschlngen, als bei dem Preisrichter- amte für diese Ausstellung anöschlieblich anerkannt tüchtige Fach- leute, sowie einige hervorragende Uhrenfachknnslkenncr tätig waren, wie ja auch die Ausstellung eine rein sachliche war. -- Die Arbeite» der mit einem Anfwaude von rund IV« Millionen Mark bewilligten neuen Eisenbahnlinie von Thum über Ehrcnfriedcrsdvrf nach Ge »er sind derart vorgeschritten, daß die Inbetriebnahme der Neubaulinie in nicht mehr allzu ferner Zeit bcvvrsteht. Die schwierige Uebcrsctzniig des Greisenbachtals mittelst einer 38 Meter hohen und 225 Meter langen eisernen Gerüstvfeilerbrucke ist bereits erfolgt und auch die mit dem Bahnban zusammenhängende neue Staatsstraße Ebre»- sriedersdorf-Thum ist fertig. Mit der Inbetriebnahme obiger Bahn soll die dann überflüssig werdende Strecke Oberhcrold- Eh«nfriedersdorf der Wilischtalbahn für den öffentlichen Betrieb eingezogen und nur noch als Zwcigglcis zur Herstellung von Anschlüssen an industrielle Anlagen vis ans weiteres verwendet werden. Die neue Eisenbahnlinie stellt eine bessere Verbindung der in Betracht kommenden Gemeinden mit dein oberen Erz gebirge her. — Im Krankenhause in Leipzig gestorben ist der 40 Jahre alte Fleischer Otto Franz Karl Neichardt aus Leipzig. Eutrrhich, der, wie gemeldet, am 3. August, a>s er mit seinem Geschirre durch die Hauptstraße in Mockau fuhr, von drei pol nischen Arbeitern vom Wagen hinabgeworfen und mehrfach in den Kops und in die Brust gestochen worden war. Die behörd liche Untersuchung gegen die Messerhelden ist im Gange. — lieber das freche und unbotmäßige Benehmen der pol nischen Landarbeiter wird übrigens in diesem Jahre in der Leipziger Gegend sehr viel geklagt. Unter diesen Land- arbeitern tollen sich Elemente befinden, die vor nichts zurnck- schrecken. Erst vor kurzem wurde in Dölitz ein .Hofverwalter von den Polen aus geringfügiger Ursache schwer mißhandelt und fast gesteinigt, auch sonstige Unruhen sind an der Tagesordnung. Einen sehr schweren Standpunkt haben auch die sicherhcits- vrgane, die die Mägdckammern der Polen zu revidieren haben. Kürzlich muhten die Schutzleute den Landarbeiter Bonislaw Malkowsky mit Gewalt aus der Mädchenkainmer entfernen. Der Mann gebärdete sich wie rasend, würgte einen der Schutzleute, schlug den anderen usw. Malkowsky erhielt dafür 30 Tage Gefängnis. — Uebcr das blutige Drama in Hof, bei welchem, wie schon kurz gemeldet, eine aus Plauen i. V. stammende Ehefrau lebensgefährlich verletzt wurde, während sich ihr Ver führer selbst den Tod gab, schreibt der „Vogtl. Anz. : „Im Gaschof „Zum Posthorn", Sedanstraße, logierten sich Diens tag nachmittag ein Mann und eine junge Iran cm, die für eln Liebespaar gehalten wurden. Nach kurzer Zeit hörte man aus dem Zimmer Schüsse und Hilferufe ertönen. Die Frau stürzte heraus, hinter ihr der Mann, der, als er die Frau nieder sinken sah, den Revolver gegen sich selbst richtete und sich sofvrt tödlich traf, so daß er leblos znsammenbrach. Es wurde fest- gestellt, daß die schwerverletzte Frau die Gattin des Expedienten Böhme, Lina geb. Hollerung, ans Plauen ist. Der Selbstmörder war ebenfalls verheiratet: er hieß Ludwig Fromm und war als Reisender bei der Firma H. Lanz, Maschinenfabrik in Mann heim, angcslellt. Wie die 29jährige Fra» ausgcsagt haben svll, hätte sich das Paar vor etwa cincni Jahre in Plauen kennen gelernt, wo Fromm bei dem Ehepaar Böhme wohnte. Fromm wußte sie zu überreden, daß sic mit ihm nach Hof fuhr, während ihr G" ° ^- --- . " hatten und deshalb nicht als Selbstkäuser und -Verkäufer an» zrsehen werden könnten. Au» diesem Grunde versage das Ge» etz, dos nur da» Feilhalten und Verkaufen von Saccharin be- strafe. Die Staatsanwaltschaft legte hiergegen Revision ein, in der Verletzung der 88 2 und 7 des neuen Süßstbffgesetzes gerügt wurde. ES wurde der Verdacht ausgesprochen, daß die Angeklagten nur daS Gesetz umgehen wollten, weshalb sie seiner zeit auch die Abnehmer des Bieres darauf aufmerksam gemacht hätten, wie es nun zu machen sei. Das Oberlandesgcricht unter Vorsitz des Senatspräsidenten Kurtz lwl die Revision verwarten und zur Begründung ansgeführt, die Feststellungen des ange- sochtencn Urteils gingen dahin, daß die Angeklagten für die Abnehmer von Jungbier Saccharin nur besorgt haben, indem sie einen ihnen erteilten Auftrag ausführtcn. Daß aus seiten der Angeklagten die Absicht Vorgelegen habe, daS Gesetz szu um gehen, sei nicht festaestcllt worden, ebeniowenig die Einheitlich- reit zwischen der Besorgung von Saccharin und dem Verkauf von Süßstoffen. Die Kosten werden der Staatskasse aufcrlegt. — Wegen Zuwiderhandlung gegen die Bestimmungen der Ncichs- gewerbeordnung ist der Fabrikdirektor Rumcnavp, verantwort licher Leiter eines in Böhrigen bei Noßwein bestehenden größeren Fabriketablissements, zu 50 Mark Geldstrafe verurteilt worden. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Angeklagte im Borsahre das Pack- und Mustcrzlmmer aus dem Fabrikgebäude in das Konlorgebäudc verlegt und nach einer dort ausgchängte» Arbeitsordnung eine Arbeitszeit von früh 7 Uhr bis abends 7 Uhr eingefüyrt. In dem Pack- und Musterzimmer wurden auch vier Arbeiterinnen beschäftigt, die jene Arbeitszeit ebenfalls einhaltcn mußten, auch an Sonnabenden und an Wochentagen vor sonstigen Feiertagen. Der Angeklagte hat sich damit verteidigt, daß die Waren schon fix und fertig seien, sobald sie in das Musterzimmer kämen. Die Waren würden meistens nur noch mit Etikette» versehen und dann verpackt, eine Arbeit, die unter Anordnung und Anleitung von männlichem Personal verrichtet werde. Die Tätigkeit der Frauen sei keine mechanische, sonder» erfordere eine gewisse Intelligenz »nd müsse als kaufmännische angesehen werden: auf keinen Fall handle es sich sedoch um Fabrikarbeit. Das Landgericht hat diese» Gründen nicht zu folgen vermocht und, weil es eine technische Arbeit für vor- liegend erachtete, eine Bestrafung aus 8 47, Zitier 1 der Gewerbe ordnung ausgesprochen. Die vom Angeklagten eingelegte Revision rügt Verkennung des Begriffs Fabrikarbeit mit dem Bemerken, schon durch die Verlegung des Pack- und Musterziinmers hätte angedeutet werden sollen, daß das Sortieren von Mustern »nd Packen nicht der fabrikmäßigen, sondern der handelsgewerblichen Tätigkeit unterliege. Der Strafsenat schließt sich der Ansicht der Vorinstanz an und verwirft kostenpflichtig die Revision. sich Hatte in Schwarzenbach a. S. aufhielt. Er soll sie veranlaßt haben, noch weiter mit ihm zu reisen, wofür iie jedoch nicht zu haben gewesen sei. Als die Frau auf dem Sofa eingeschlummert war, hätte Fromm plötzlich die Mordwaffe gegen sie gerichtet und sie in die Schläfe geschossen. Davon sei sie erwacht, und eS habe sich nun zwischen beiden ein Kampf aus Leben und Tod entspannen, wobei der Mann noch drei weitere Schüsse auf seine Begleiterin abgeseuert habe, ohne sie jedoch zu treffen. Dann erreichte sie die Türe und eilte hinaus. Er folgte ihr mach. Sie sank besinnungslos nieder, und er schoß sicy über ihrem Körper eine Kugel in den Kopf, wobei er sich so gut traf, daß sofort der Tod eintrat. Die Frau Böhme wurde >n das Krankenhaus gebracht. Da die Kugel nicht in das Gehirn eindrang, dürste sie mit dem Leben davonkommen. Fromm hinterließ einen Brief an seine Frau, nach welchem das Paar angeblich gemeinsam den Tod suchen wollte. Nach weiteren Feststellungen hat sich das pflichtvergessene Paar schon seit ver gangenem Donnerstag in Hof im Gasthause .,Zum Posthorn" aufgchalten und sich zuvor in Bamberg getroffen. Frau Böhme ist Mutter eines achtjährigen Töchterckens, das sich jetzt, wie alljährlich, bei der Großmutter, der Seilerswitwe Hollerung, in Schwarzenbach a. 2., zum Besuch befindet. Ihrem Gatten hatte die Frau vorgeschwindclt, daß sie zu ihrem Kinde reisen wolle. Der Ehemann ist abends 9 Uhr aus Plauen in Hof ein- getroffen und hat dort erst das Vorgefallene erfahren. Es ist dabei festgestellt worden, daß sich das Liebespaar schon im ver gangenen Jahre unter falschem Namen im gleichen Hotel auf- gehalten batte. — Oberlandesaericht. Die Kausleute Karl Friedrich Schmidt, Karl Hugo Schmidt und Karl Alfred Kunze in Leipzig- Kleinzschocher handeln mit Jungbier, das gern süß genossen wird. Früher, bis zum 1. April 1903, dem Inkrafttreten des neuen Süßstoffgesehes vom 7. Juli 1902, führten sie stets Vorräte von Saccharin bei sich, von denen sie ihren Kunden abgaben. Nach den neuen Bestimmungen ist der Handel mit Saccharin aus- schließlich den Apotheken und solchen Geschäftsleuten cingeröumt, die hierzu ausdrückliche ministerielle Erlaubnis erhalten haben, doch hat die Abgabe von derartigen Süßstoffen nach den vom Bundesrate fcstgestellten Bedingungen zu erfolgen. Die Ge nannten machten damals ihre Kunden auf die veränderte Situa tion aufmerksam mit dem Hinzufügcn, daß sie nun selbst kein Saccharin mehr führten, die Kunden sich deshalb an die Apo- theken wenden möchten. In der Folgezeit ist es nun wiederholt vorgekommen, daß sich die Drei auf Wunsch ihrer Kunden bereit erklärten, mit dem Jungbier gleich die erforderlichen Quantitäten Saccharin auS den Apotheken mitzubringen. Kunze ließ sich den Betrag hierfür zuvor geben, während die beiden anderen da« Geld verlegten, es dann aber »urückerstatlet erhielten. Sie hoben sich indessen niemals meh-r bezahlen lassen, als das Saccharin in Wirklichkeit kostete. Das Schöffengericht erblickte in dem Verhalten der Genannten eine Zuwiderhandlung gegen daS neue Suhstoffgesetz „nd warf dementsprechend Geldstrafen aus. Aus die Berufung der Angeklagten hin hat das Land- aericht jedoch unter Aushebung des angefochtenen Urteils auf Freisprechung erkannt, da es nicht für festgestellt hielt, daß sie Süßstoff unbefugt verkauft hätten. Es betonte, daß die An geklagten nur im Aufträge der Kunden Saccharin cingekaust Das Mseilbahmmqliitk bei Spremberg wird die öffentliche Erörterung über das beklagenswerte Er cignis nicht so bald abreißen lassen. Nachdem die Klagen aus dem Publikum über den eingleisigen Bahnkörper und die Mangel- haften Sicherheitsvorrichtiingen, sowie nicht zuletzt über die un genügende amtliche Berichterstattung bei Eisenbahn - Unfällen einen beredten Widerhall in der Presse gefunden haben, hat br kanntlich der preußische Eisenbahnminister in der „Nord> deutsche» Allgemeinen Zeitung" eine offiziöse Auslassung veröffentlicht, die aber nicht im stände ist, alle Bedenken zu beseitigen, die gegen die preußische Eisenbahnvcrwaltung jetzt erhoben werden. So schreiben z. B. die „Berl. N. N." zu der von uns bereits telegraphisch mitgeteilten offiziösen Verlaut barung folgendes: „Also auch die Eisenbahnverwaltung bcharrt auf dem Standpunkte, daß lediglich die unverzeihliche Nach lässigkeit des Stationsafsiftenten die Katastrophe herbeigeführt hat. Die Ocsfciiltichteit aber dürfte, so weit wir die Stimmung zu kennen glauben, kaum geneigt sein, alle Schuld aus den Beamten abzuwälzen, der allerdings strenge Bestrafung auf jeden Fall verdient. Im Publikum steht man nach wie vor aus dem Standpunkte, daß das Fehlen des zweiten Gleises am meisten schuld an der entsetzlichen Katastrophe ist. Wäre ein zweites Gleis vorhanden gewesen, so hätte es eines Meldever fahrens nicht bedurft, bei dem ein einziger Fehler eines Beamten jo verhängnisvolle Folgen haben kann. Wäre ein zweites Gleis vorhanden gewesen, so hätten die beiden Züge niemals direkt gegeneinanderfahren können! Mit vollem Rechte wird in der Presse deshalb schon seit Jahren wieder und immer wieder ans die Unhaltbarkeit solcher Zustände hingewiesen. Nun. da unsägliches Leid über zahlreiche Familien gekommen ist, da bange Sorge in die Gemüter aller derer gesenkt worden ist, die jetzt zum Ferienschluß der Heimkehr lieber Angehöriger entgegen setzen, werden sich hoffentlich die zuständigen Behörden trotz der Erklärung des Regierungsblattes von der Unzulänglichkeit ein gleisiger Betriebe überzeugen und sie beseitigen, wo sie, auf be lebten Strecken wenigstens, noch vorhanden sind! Die Beseitigung solcher gesährlichcr Mißstände erscheint nicht nur »ns, sondern gewiß auch weiten Kreilen der Bevölkerung eher des Schweißes der Edlen wert, als die Sorge um eine Torisresorm, die ja ohnehin auf eine Tariferhöhung hinauslausen dürfte. Mit Genugtuung entnimmt man aber der amtlichen Erklärung, daß auch der Herr Eisenbahnminister mit der unglaublichen Nachlässigkeit des amtlichen Nachrichten dien st es in diesem traurigen Falle nicht einverstanden ist. Hoffentlich hat die angekündigte Untersuchung heilsame Folgen für die Zukunft: denn die Oessentlichkeit hat ein Recht darauf, unmittelbar und unverhüllt den Umfana und die Ursachen von Katastrophen zu erfahre», bei denen Menschenleben vernichtet worden sind oder auf dem Spiele stehen! Daß ini Zeitalter des Verkehrs die Eisenbahnverwaltung eines Landes, das mit das dichteste Eisenbahnnetz auf der Welt bat, in erster Linie an die .Betriebssicherheit und dann erst an die Ueb erschösse denkt, sollte eigentlich selbstverständlich sein. Und doch wirft die Sprem bcraer Katastrophe, die in den Mängeln des eingleisigen Be trieoes ihre Ursachen hat, ein bedenkliches Licht ans die Grundsätze einer Verwaltung, deren oberster Chef vor wenigen Monaten erst im Parlamente ganz besonders der Genugtuung Ausdruck gab, daß er in der glücklichen Lage sei, mehr abzuliefcrn, als der Etat von ihm fordere. Hoffentlich ist der traurige Spremberger Fall tatfachlich der Beginn einer EisenbahnpoUtik, die nur an die Sicherheit und nur an die der Neuzeit entsprechende Gestaltung der Eisenbahnfahrten denkt. Die Ucbcrschüsse werden dann ohnehin von selber wachsen." Die „Voss. Zig." laßt sich folgendermaßen vernehmen: „Aber wer in diesen traurigen Tagen die Strecke befahren hat, wird die Wahrnehmung gemacht haben, die freilich für viele Fahr gäste alles eher als neu ist, daß die Leistungen der Bahnver waltung auch hinter den bescheidensten Ansprüchen Zurückbleiben. Weshalb die Züge mehrstündige Verspätungen erleiden muhten, nicht nur beim Verkehr »ach den nächsten Stationen hinter Sprcmberg: weshalb nicht der größte Teil der Passagiere, ohne nennenswerten Zeitverlust, über Kottbus-Forst nach Weihwasser befördert werden konnte,ffo daß die Unfallstellc umgangen wurde: weshalb die Züge von Svremberg nach Berlin nicht fahrplan mäßig abgehen und sür die bei ver Nnsallstelle umgestiegenen Personen ein Sondcrzug gestellt wurde: dafür wissen wir keine Erklärung, es seien denn Ersparnisrücksichten. Und nur diese Ersparnisrücksichten und ein beklagenswerter Mangel an Ueber- blick erklären auch die unentschuldbare Ueberfüllung der Züge, die gestern von Spremberg nach beiden Richtungen verkehrten. Hat denn die Eisenbahnverwaltung mit ihren Hunderten Millionen Mark Ucberschuß nicht das Geld, die erforderlichen Wagen an- zuschaffen? Oder weiß sie nur nicht, wo die Wagen gebraucht werden? Und was für Wagen werden nicht vielfach für den schlesischen Verkehr verwendet! Sic sind lläglich ansgcstattet und jammervoll beleuchtet. In den Wagenabteilen zweiter Klasse nicht ein Platz frei, bei tropischer Hitze. Das Fenster nicht zu öffnen, weil der Lederzug fehlt. Schade, daß der preußische Eisenbahnminister mit seiner Familie nicht genötigt war, «inen dieser Wagen zu benutzen!" Die „Magdeburgilche Ztg." fordert dazu auf, gelegentlich des entsetzlichen Unglücks den preußischen Landtag mobil zu machen, indem sie ausführt: „Nach den vorliegenden Berichten über das Eisenbahn-Unglück bei Spremberg besteht der letzte Grund des erschütternden Ereignisses darin, daß jener Teil der Strecke eingleisig ist. Das Abgeordnetenhaus sollte daher die Spremberger Katastrophe zum Anlaß nehmen, vom Eisenbahn- minister die schärfst« Prüfung oller eingleisig betriebenen Strecken zu fordern. Sv gerirw im Verhältnis zur Zahl der Züge und zur Ausdehnung des Eisenbahnnetzes die Zahl der Unglückssälle ist, so dringend muß daraus bestanden werden, daß über mäßige Sparsamkeit nicht di« Quelle von Katastrophe^ werde." Tie „Schief. Ztg." endlich legt den Finger auf die unge» sunde dienstliche uederlastung der Beamte» mit nachstehenden Bemerkungen: „Der zweite Punkt, der zu ernsten Bedenken An laß gibt, betrifft die dienstlichen Verhältnisse der Beamten. Als schuldige Person ist zunächst der diensthabende Stationsossistent hinäesteut worden, der den Berliner Zug fahr lässigerweise habe absahren lassen, obwohl er von dem Mlassen des Nachzuaes Kenntnis gehabt habe. Die gerichtliche Unter suchung wird das ja klarstellen' in Sprcmberg ist inan der Meinung, daß die wenigen vorhandenen Beamten in dem be treffenden Moment fo mit Arbeit überhäuft gewesen seien, daß sie ihre Aufmerksamkeit nicht in dem erforderlichen Maße kon zentrieren konnten. Man darf aber das Los von zahlreichen Menschenleben nicht von der Leistungsfähigkeit übernormaler Naturen abhängig machen, sondern nur von normalen Kräften. Für solche ist der ungeheure Arbeitsandrang, wie er zur Zeit des Ferienverkehrs und bei Einlegung von Vor- und Nachzügen sich manchmal in wenigen Minuten zusammendrängt, nicht mit der absolute» Unfehlbarkeit zu bewältigen, d'e man angesichts dessen, was aus dem Spiele steht, verlangen muß. Hier liegt somit die Schuld an der Sparsamkeit in bezug aus die Zahl der Beamten. Mit Besorgnis denkt man daran, daß die Eisen- bahntarisreform auch zur Verringerung der Zahl der Stations beamten benutzt werden könnte." Mitgeteilt wurde schon, daß der S t a t i o n s a s s i st e n t Stolliuß unter der Anschuldigung, das Unglück verursacht zu haben, vom Dienste entsernt wurde. Nach einer Meldung soll Stolljuh, als er den Befehl zur Abgabe des Ausfahrts- signals für den Schnellzug l l3 gab, daraut aufmerkiam gemacht worden sein, daß der Nachzug 112 noch ausstehe, doch soll er aus seine Anordnung bestanden haben. Die Ursache des Unglücks wird in einer Unterlassung der für die Sicherheit des Verkehrs gegebenen Dienstbestimmungen gefunden. Die Bahnstrecke von Kottbus bis Görlitz ist, wie schon mehrfach erwähnt, eingleisig. Diese Tatsache bedingt ein besonderes Meldesystem zur Sicherung des Betriebes. Die Stati"i> Spremberg mußte in dem vor liegenden Falle, vor Ableistung des Zuges Nr. 7. 113, Station Schleife benachrichtigen, worauf letztere Haltestelle z;i ant worten hatte: „Strecke besetzt." Erst wenn die benachrichtigte Station eine Antwort gegeben hat, darf der Stationsvorsteher über die Abla-stüng oder das Zurückhaltcn des Trains enticheidru. In dem Sinne wie Station Spicmberg, hatte Bahnhof Schleife von der Durchfahrt des Nachzuges 1l2 an die Nachstalion Nach richt zu geben. Feststehend ist bisher, daß Spremberg diew vorgeschriebene Vorsichtsmaßregel^nicht dnrchgefiihrt hat. Wie weit eine Unterlassung seitens der Stationen Schleife oder Weih wasser vorliegt, dürften die weiteren Ermittlungen ergeben. TirgeSgeschikhte. Deutsch-Südwcstasrika. En glische Absichten aus unser Schutzgebiet sprechen sich in nachstehenden Auslastungen eines Londoner Blattes recht deutlich aus. Ter „Daily Expreß" erklärt, die britische Regierung habe genaue Mitteilungen darüber erhalten, daß zwischen den Buren der beiden früheren Buren-Republiken und den in Teutsck-Südwestosrika befindlichen Buren Verab redungen über einen Einfall in dos englische Gebiet getroffen seien. Tie gesamte holländische Bevölkerung Südafrikas erwarte mit Sehnsucht den Ausbruch eines Krieges zwischen Deutschland und England. Dann würden sofort die deutschen Truppen und die Burenkvrps in die englischen Kolonien einbrechen und sämt liche Buren bewaffnen, um ganz Südafrika den Engländern zu entreißen. In London kenne man diese Gefahr genau: falls daher Deutschland die Wiederherstellung freundschaftlicher Be ziehungen z» England wünsche, so werde die britische Regierung als erste Bedingung die Zurückziehung der deutschen Truppen aus Südwestafrika fordern. — Daß die Engländer dreist genug sein dürsten, eine solche Forderung als Vorbedingung ihrer „Freundschaft" zu stellen, wollen wir schon glauben, bemerkt dazu die „Deutsche Tagesztg". Aber sie irren sich, wenn sie sich einbilden, daß wir ein großes Verlangen nach dieser Freundschaft hätten. Da ziehen wir denn doch das jetzige Verhältnis bei weitem vor. bei dem wir zwar nach Möglichkeit schikaniert, aber doch nickt betrogen werden können. Die deutschen Truppen bleiben also in Südwestasrika! England möge die Hoffnung auigcben, sich dieses mit edelstem deutschen Blut getränkten Landes auf leichte Weise zu bemächtigen. Im Kampfe gegen die konfessionelle» Studentenverbindungen haben bekanntlich die „Vereine D e u t s cher S t u d en ten " iieuerdiiigs eine Sondcrslcllniig unter de» nationalen Studenten- vereiniaungcn insofern eingenommen, als sie de» Ausschluß der katholischen Verbindungen aus den Studentenausschüssen nicht mitmachen wollen. Auf der 25. Verbcmdstagung des Kyffhäuser- Vcrbandes der Vereine Deutscher Studenten ist diese Auffassung jetzt in dem folgenden Beschluß niedergelegt worden: 1. Die 25. Verbniidstggung des Khffbäiiser-Vcrbandcs der Vereine Deut scher Studenten begriffst mit sreudigcr Genugtuung den Zusammen schluß der deutsche» Studentenschaft zum Widerstand gegen An griffe ans die akademische Freiheit und den erfolgreichen Ausgang dieses Kampfes. Der Kystbänser-Vechand ist aber der Ansicht daß es noch einen weitere» Ausbau der studentischen Freiheiten zi erringen gibt. Er fordert sür die deutsche Stndcntenschast vvll> Freiheit in der Behandlung studentischer und nationaler Frage, auf akademischem Boden. Der akademischen Disziplin kann er sofern es sich nicht um Verletzung der studentischen Standcsehr und Störunge» der äußeren Ordnung handelt, nur das Recht zu- erkennen, aus den Hochschulen, als nationalen und staatlichen An stalten, gegen Bestrebungen einznschreiten, die sich gegen die Grundlggen des nationalen Staates richten. 2. Der Kyfthäuser- Verband der Vereine Deutscher Studenten hält im Wesen der akademische» Freiheit begründet die volle Freiheit aller studen tischen Gruppen, sich ans Grund ihrer besonderen Ueberzcugimg zusammenznschließen. Die in den Gruppen ausgeprägten Grund sätze sind in o f s e » e m Geisteskampfe und durch nativ nale Erziehung auszutragen. Wir stehen mit der Mehrzahl der deutsche» Stndeuteiiscynft in der scharfen Opposition gegen die ticfbedancrliche Bindung bestimmter akademischer Gruppen unter das nltramontaiie Gedaiikeiisystcm. Gemäß unferer Resolution der vorigen Verbandstagung begrüße» wir cs. daß aus de» letzte» Hvchschnltage» die Erkenntnis klarer dnrchgedruiigcn ist, daß i» diesem notwendige» Kampfe mit Rcprrssiviiiittel» kein wirklicher Erfolg erzielt werden kann. Eine» Kampf gegen konfessio nelle Verbindungen schlechthin, sofern es sich dabei um eine Gruppierung einer ausgeprägte» religiösen Welt anschauung handelt, könne» wir vom Standpunkte der akademischen Freiheit nicht billigen und halten eine rein formelle Bekämpsunys- methodc durch Ausschluß aus den Ausschüssen für eine unfreiwillige Stärkung des Gegners. Das Interesse air der Stoßkraft der Nation sollte ferner Vvr allem die Studentenschaft davor bewah ren, die Scheidung zwischen den Gliedern eines Volkes auch von sich aus noch weiter zu verschärfe». Tic einzelnen Vereine ent scheiden, unter welcher Form unter den angegebenen örtlichen Bedingungen dies Zick am beste» zu erreichen ist. 3. Die Ver- bandstagnng macht es dem Verbandsorgan und den einzelnen Vereine» zur Pflicht mehr als cs bisher geschehen ist, auf die Gefährlichkeit des Ultramvntanismus huizuweisen. August Bebel „nd die auswärtige Politik. Einen offene» Brief August Bebels on die deutschen Arbeiter und Arbeiterinnen in Russisch-Pole» und Lithanen veröffentlicht die „Allgem. Ztg.". Das Schreiben enthält, wie Bebel selbst sagt, nur die n ä ch st e n Forderungen der russischen Umstürzler, ihre Erfüllung ist nur ein kleiner Schritt ins herrliche, russische Zukunftsreich. Wir wollen den Brief in seiner ganzen Unmittel barkeit wirken lassen, und jeder wird nach der Lektüre sich in der Bewunderung der Fähigkeiten verstärken, die Bebel als niiswär- tigen Politiker stets ausgezeichnet haben: „Es muß erobert werde»: eine freie Volksrepublik im ganzen russische» Reiche: das allgemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht für beide Geschlechter und sür alle Nationalitäten, ohne Unterschied der Religion, für alle VertretungSkörver: volle Ver eins-, ÄersaiiimlnngS und Vcrbiiidungsslkiheit und das Recht der Arbeitseinstellung ohne staatliche und behördliche Hindernisse: volle Preß- und Redefreiheit; volle religiöse Freiheit: Trennung der Kirche vom Staat und der Schule vo» der Kirche: volle Am nestie sür alle, welche wegen ihrer politische» oder religiösen Ueber- zeugungen verfolgt und bestraft wurden: Sicherung der Unpartei-. Dresdner Nachrichten. Nr. 221. Seite S. »»»»Freitag. " Augast I»«S
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