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126, 3. Juni 1904. Nichtamtlicher TetL. 4831 bar. Was Cohn über die Verdickung der Grundstriche sagt, ist richtig, und sie wird in vielen neueren Schriften bereits geübt. Dagegen ist es unrichtig, daß eine möglichst quadra tische Form der Buchstaben n, u, r, e, a, s am besten sei; denn erstens sind diese Buchstaben deshalb nicht besser zu lesen und zweitens wirken sie unschön. Über die Ver besserungen des Fraktur-u zwecks besserer Unterscheidung vom Fraktur-n ist zurzeit im »Journal für Buchdrucker kunst« No. 6, 10 ff. eine sehr interessante Auseinander setzung im Erscheinen begriffen, die durch die Vorschläge des Verlags der Kölnischen Volkszeitung veranlaßt ist; eine end gültige Lösung der Frage steht zurzeit noch aus. Wenn Cohn ferner behauptet, daß man früher im allgemeinen mehr Ab stand zwischen den Zeilen hatte, so stimmt das nur be dingungsweise. Die klassische Epoche der Buchdruckerkunst, die Werke Gutenbergs und Schössers haben gerade sehr geringen Zeilen abstand, sowohl absolut, wie auch im Verhältnis zur Höhe der Buchstaben und Dicke der Grundstriche; trotzdem wird wohl niemand behaupten wollen, daß die 36zeilige oder 42zeilige Bibel schlecht zu lesen sei. Es läßt sich hier nicht schematisieren, sondern die Lesbarkeit und gute Wirkung der Schrift hängt ganz von der Schriftgattung und dem Ver hältnis der Wortabstände zu den Zeilenabständen ab. Eine schöne Wirkung wird bedingt namentlich durch das richtige Verhältnis zwischen den beiden ebengenannten Größen. Zeitungs- und Werkschriften zeigen nun meistens aus öko nomischer Rücksicht ein großes Bild, das den Kegel möglichst ausnützt; da nun anderseits am Durchschuß gespart werden muß, so wird beim üblichen Satz mit Halbgevierten der Zwischenraum zwischen den Wörtern im Verhältnis zum Zeilenabstand zu groß werden. Deshalb wird neuerdings mit Recht gefordert, daß anstatt mit Halbgevierten bei solchen Schriften mit Drittelgevierten gesetzt wird; auf dieser Methode beruht zum Teil auch die wundervolle Wirkung der Guten- bergschen und Schöfferschen Drucke. Was Cohn über die wünschenswerte Länge der Zeilen sagt, dem kann inan ohne weiteres zustimmen. (Schluß folgt.) Kleine Mitteilungen. Henry Stanley als Autor. (Vgl. Börsenblatt Nr. 109.) — Unter der Spitzmarke »Wie Stanley sein letztes Buch schrieb« geht eine Schilderung von der Fertigstellung des Manuskriptes zu seinem Werke über Emin Pascha und von der Tätigkeit der Verleger bei der Drucklegung usw. durch die Tageszeitungen, die auch für den Buchhändler interessant zu lesen ist, selbst wenn einige unwichtigere Angaben nicht ganz stimmen sollten. Zu nächst sei erwähnt, daß das Stichwort »Wie Stanley sein letztes Buch schrieb« von den Zeitungen falsch gewählt worden ist. Denn der Aquatorialprovinz, der von den Mahdisten abgeschnitten worden war, zu retten, und das hat Stanley fertig gebracht, oder, wie seine Feinde sagten, er hat Emin fortgeschleppt. einem Balkon zu stürzen und war in Gefahr, am Rande der Kultur ein Leben einzubüßen, das im innersten Afrika jahr zehntelag tausend Gefahren ausgesetzt gewesen war. Die ganze zivilisierte Welt, vor allem aber Deutschland, das Vaterland England, das die Expedition ausgerüstet hatte, und Amerika, das Adoptiv-Vaterland Stanleys, warteten mit fieberhafter Ungeduld auf die streng gehüteten Geheimnisse jener Forschungsreise, von der man nur über^das glückliche Ende, über ^u^endliche Kämpfe sich die Priorität wahren wollten. Bekannt war jenen ein Aus spruch Stanleys: »Eines Mannes Geld ist so gut als das des anderen — vorausgesetzt, daß in Gold gezahlt wird!« Brockhaus eilte nach London zu Stanleys Freund und Agenten, dem Ver leger Marston, und dort wurde der Anteil festgesetzt, den jede der voraussichtlich zehn Ausgaben des Werkes in verschiedenen Spra chen zu übernehmen haben würde. Cs ging damals ohne Wider spruch eine Notiz durch die Zeitungen, daß Stanley schließlich ein Honorar von 800 000 erhalten habe, wie es vorher wohl noch nie für ein Werk geboten und gezahlt worden war, für ein Buch, von dem noch nicht eine einzige Zeile geschrieben war. Es wurde beschlossen, daß Marston sofort nach Kairo reise, Stenographen und zwei Zeichner mitnehme und so lange bei Stanley verweile, bis er das Manuskript des ersten Bandes in seinem Handkoffer mit nach Europa bringen könne. Am 25. Januar 1890 setzte sich Stanley in einer Villa in Kairo an die Arbeit mit dem Vorsatz, sie nicht wieder aufzugeben, bis die letzte Zeile des Werkes ge schrieben sei. Das hat er mit der ihm eigenen Energie durch- eführt; vormittags wurde geschrieben und diktiert, nachmittags er Zeichner instruiert. Zwischendurch ließ er sich, im Auftrag der Königlichen Geographischen Gesellschaft in London, malen und erledigte seine Korrespondenz, indem er Tausende von Briefen, fassenden Notizbüchern von der Reise angefertigt. So ward Tag sür Tag geschrieben und diktiert, bis nach fünfzig Tagen, am 14. März 1890, das Schlußkapitel beendet war. Der Verleger Marston war inzwischen in Sorge um das kostbare Manuskript, von dem er bei seiner^Ankunft bereits eine^ Anzahl großer Folio- der Post nach London, das zweite Exemplar aber mit den photo graphischen Negativen und den Kartenzeichnun^en vertraute er seinem Handkoffer an, den er während der Überfahrt nicht aus den Augen ließ. Am 12. März begann der Satz des englischen Manuskripts, vier Tage darauf die deutsche Übersetzung, und am 28. Juni 1890 erschien zur selben Minute — zur Wahrung Werk in elf Ausgaben. Die englische Ausgabe erschien im ersten Druck in 22 000 Exemplaren und die deutsche Ausgabe in einer so großen Anzahl, daß hohe Frachtwagen die geräumigen Höfe morgens die Erlaubnis erhielten, das kostbare Werk ^auf den Markt zu bringen. Allein die englische Ausgabe gab ungefähr 7000 Menschen wochenlang Beschäftigung. Der Erfolg des Werkes war ein ungeheurer. Es erschienen zwei englische (Low) und eine amerikanische (Scribner), eine deutsche (Brockhaus), französische (Hachette), italienische, spanische, norwegische, schwedische, hollän dische, böhmische und ungarische Ausgabe. Verein der österreichisch-ungarischen Buchhändler. — Die diesjährige Hauptversammlung soll am Sonnabend den 25. Juni, vormittags 10 Uhr, in Wien, im Saale des Kauf männischen Vereins I, Johannesgasse 4, stattfinden. Die vor läufige Tagesordnung weist folgende sechs Punkte auf: 1. Bericht des Vorsitzenden; — 2. Bericht des Schatzmeisters; — 3. Neuwahl des Vorstandes l§ 14 d. St.); — 4. Neuwahl der Sektions obmänner (§ 22 d. St.); — 5. Antrag der Innsbrucker Sorti mentsbuchhändler auf Abänderung der geltenden Bestimmungen betreffend den Verkehr mit staatlichen Bibliotheken; — 6. Antrag der Sektion Steiermark, Kärnten und Krain: »Die Hauptversamm lung wolle im Prinzip beschließen, die vierteljährliche Rechnungs legung im Verkehr mit dem Publikum einzuführen.« — Am Tage vor der Hauptversammlung, Freitag den 24. Juni, abends 6 Uhr, 639*