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Redaktioneller Teil. 167, 21. Juli 1916. Der Vorsitzende des Verbandes der Kreis- und Ortsvereine, Herr R. L. Prager (Berlin), crössnet die Sitzung uni 3 Mir 40 Min. Vorsitzender: Meine Herren! Ich crösfnc die 38. ordentliche Abgeordnetenversammlung des Verbandes der Kreis- und Orts- Vereine im Deutschen Buchhandel und heiße Sie, die Herren Ab geordneten, wie unsere Gäste herzlich willkommen, vor allem den Vorstand des Börscnvcreins mit dein Ersten Vorsteher, Herrn Ge- heimrat Siegismund, an der Spitze. Vom Berlegcrverein sehe ich noch keinen der Herren; ich hosse aber, daß sic ebenfalls noch kommen werden. Die Einberufung der Versammlung ist ordnungsmäßig im Börsenblatt vom 4. Mai 1916 erfolgt; ebenso ist den Vereinen die Einladung nachträglich noch direkt zugegangcn. Das Protokoll wird wieder Herr Nitschmaiin zu führen die Freundlichkeit haben, die Rednerliste Herr Schuchardt und das Stenogramm Herr 11r. Burmeistcr. Als Ordner haben die Herren Greve und Hanfs einzutreten sich erboten. Meine Herren, es ist das zweite Jahr, daß ich diese Versammlung im Kriege crüssncn niuß. Wir haben inzwischen manches erreicht, weit im Feindeslande stehen unsere Truppen, und auch wir zu Hause halten aus trotz mancherlei Entbehrungen, wie wir sic ja alle uns aus- crlcgen müssen. Ich denke, wir werden auch weiter durchhalten und können nur die Hoffnung aussprcchen, daß recht bald ein siegreicher und sicherer Friede uns die Ruhe zum Arbeiten wiedcrgibt und unsere Grenzen so sichert, daß wir so bald nicht wieder eines feindlichen Über falls und einer Bedrohung gewärtig sei» müssen. (Bravo!) Und so heiße ich die Herren willkommen und erössnc die Versammlung. Die Feststellung der Präsenzliste werden wir erst später vornehmen. Wir können also gleich in die Tagesordnung eintrctcn und kommen z» Punkt 1: Jahresbericht des Vorstandes. Meine Herren, mit der Fertigstellung des Berichtes haben wir diesesmal unsere liebe Not gehabt; denn Sie wissen, wie schwierig es heute ist, einen Drucker zu finden und Papier zu bekommen. Trotz- dem ist cs uns gelungen, Ihnen den Bericht rechtzeitig zugängig machen zu können (abgedruckt im Börsenblatt Rr. 134). Ich frage nun, ob Sie wünschen, daß der Bericht im ganzen verlesen wird. (Ruse: Nein!) — Dann werde ich also nur die einzelnen Punkte ausrusen und bitte diejenigen Herren, die das Wort dazu zu nehmen wünschen, sich unter Nennung ihres Namens zu melden. Wir kommen also zunächst zur allgemeinen Einleitung: Kriegs lage und FricdenSarbeit. — Kundenrabatt und Tcue- rungszuschläge. Dazu hat Herr Pape aus Hamburg das Wort. Pape (Hamburg): Meine Herren! In diesem Abschnitt finde ich am Schluß einen Satz, der dahin lautet, daß der Vorstand bereit ist, gleichzeitig mit der Ladenprciserhöhung für die Abschaffung des Kundenrabatts einerseits und des Bibliotheken- und Behörden rabatts andererseits einzutreten. Diese Anschauung teilen wir im Kreise Norden und in Hamburg-Altona in vollem Umfange, und es ist Ihnen wohl alleil bekannt geworden, daß wir »ns in zwciRnndschreiben an die sämtlichen Mitglieder des Deutschen Berlegcrvereins gewandt und sie unter Darlegung der Verhältnisse gebeten haben, doch eine baldige Erhöhung des allgemeingültigen Normalrabatts von 25HH bei wissenschajtlichcr Literatur eintretcn z» lassen, weil diese 25HH gegen über den allgemeinen Unkosten des Sortiments ungenügend geworden sind. Wir gehen von der Grundanschauung aus, daß das Recht, den Ladenpreis scstzusctzen, die Verpflichtung in sich schließt, einen auskömmlichen Rabatt zu gewähren. Dieser Rabatt von 25HH ist, gegenüber den allgemeinen Geschäftsunkosten, eigentlich jeder Sortimentssirma, ungenügend geworden. Die allge meinen Unkosten im Sortiment belaufen sich aus 18 bis 21 und 22tz(, des Jahresumsatzes. (Zuruf: 27! > Und wenn dann nur 25tzh Rabatt aus diejenigen Bücher, die eigentlich das Rückgrat des Buchhandels bilden sollen, aus die wissenschaftlichen Bücher, gegeben werden, dann ist das vollständig ungenügend, dann verdient der Sortimentsbuch- händler nichts daran. Die Verhältnisse sind so geworden, daß der Sortimenter heutzutage nur noch von dem lebt, was er etwa an Märchenbüchern, Bilderbüchern, Jugcndschristen, Reiseführern und ähnlicher Literatur verkauft, nicht aber von dem leben kann, was er an wissenschaftlicher Literatur abjetzt. Aus Anlaß dieser beiden Rundschreiben haben wir eine große 958 Zahl von Zuschriften bekommen — ich will einmal sagen 160; ich weiß cs im Augenblick nicht ganz genau, denn sie sind nach und nach cin- gclaufcn, und ich habe sic wcitcrgcgcbcn —, und wir hatten die Freude, daß einige große, angesehene wisscnschastliche Vcrlagssirmcn sich vollkommen zustiinmcnd geäußert und versprochen haben: sic würden künftig, ohne sich für jeden einzelnen Fall zu vcrpslichtcn, »ach Möglichkeit bestrebt sei», auch bei wissenschaftlicher Literatur einen höheren Rabatt eintretcn zu lassen. In einzelnen Fällen haben wir aber auch Einwendungen gehört. So hat namentlich der Inhaber einer wirklich großen wissenschaftlichen Berlagssirma geschrieben, es müsse ihm erst einmal der Nachweis erbracht werden, daß das Sorti ment diese hohen Spesen hätte; allgemeine Behauptungen dieser Art habe er genügend gehört, aber ein zisscrmäßiger Nachweis wäre ihm niemals erbracht worden, und beweiskräftig für ihn würde nur ein Nachweis auf Gruiid doppelter Buchführung sein. Nun, meine Herren, diese doppelte Buchführung ist in den Sortimcntsgeschäslcn wenig in Gebrauch. Aber es gibt doch einzelne Betriebe, in denen streng nach den Grundsätzen der doppelten Buchsnhrung verfahren wird, und wir haben in Hamburg eine Firma, die sie schon seit einer langen Reihe von Jahren durchgeführt hat. Ich bin ermächtigt, den Namen zu nennen: cs ist die Firma C. Boyscn. Herr Boysen hat mir ans meinen Wunsch zunächst nur die allgemeinen Sätze schriftlich angegeben. Daraus ergibt sich, daß er im Jahre 1911 20,8tz(„ 1912 20,7tz(, und 1913 21 allgemeine Unkosten von seinem Jahresumsatz gehabt hat (Hört! hört!), wobei zu berücksichtigen ist, daß die Firma Boyscn seit 30 Jahren im eigenen Hause wohnt, das seinerzeit billig gekauft worden ist; wenn da die übliche Ladenmicte gerechnet werden müßte, würden sich diese Sätze sicher noch um Itzß erhöhen. Das sind also zisscrmäßige Nachweise, die durch jeden vereidigten Buchhalter nachgeprüst werden können; Herr Boysen erklärt sich ausdrücklich bereit, Einsicht in seine Buchführung zu gewähren. Ich glaube also, diese Sätze sind nicht anzuzweiseln. Wenn nun die Verhältnisse so liegen, dann müssen die Herren Verleger tatsächlich mehr als bisher in ernste Erwägung ziehen, ob der Zustand so bleiben kann, wie er jetzt ist. Es geht auf die Dauer wirklich nicht an, daß das Sortiment um nichts arbeitet. Zwar ist uns von einzelnen Kollegen entgegengehalten worden: Solange das Sortiment noch Rabatt gibt, kann von einer Erhöhung des Verleger rabatts gar keine Rede sein. Ja, wo gibt denn das Sortiment Rabatt? Abgesehen von Berlin und Leipzig und von dem Behördenrabatt, der auf einem besonderen Konto steht, wird nirgends mehr Rabatt gegeben werden, und wenn noch 2tzß Kassenskonto gewährt werden müssen, so ist das doch etwas anderes als Rabatt. Also dieser Einwand trifft nicht zu. Ferner ist uns, nicht vom Vorstände des Vcrlcgervereins, solider» — ich spreche es ganz rückhaltlos aus — nur von einem einzigen Ver leger, der Einwand gemacht worden, daß die Ladenpreise der Bücher eine Erhöhung von ützh zugunsten des Sortiments nicht vertrügen; er meinte, das ginge nicht, die Preise der Bücher würden dann zu teuer. Nun, meine Herren, wir Sortimcntsbuchhändler haben doch auch ein Urteil über diese Dinge, und dieses geht überall in deutschen Landen dahin, daß es für den Verkaus eines Buches ziemlich gleichgültig ist, ob es 8 oder 8 .(( 50 L,, ob es 12 oder 13 ./( kostet. Diese etwa 5°d Mehrrabatt lassen sich in den Verkaufspreis des Buches sehr wohl hineinkalkuliercn. Sodann handelt es sich um den Zeitpunkt, z» dem diese Maß regel durchgeführt werden soll. Es ist uns von einigen Seiten ent gegnet ivorden: kein Zeitpunkt wäre ungeeigneter als gerade der gegenwärtige. Meine Herren, wir sind anderer Meinung. Die Preise der Bücher sind zum Teil schon erhöht worden und werden wahrschein lich noch mehr erhöht werden müssen, und gerade jetzt lassen sich diese 5o/o zugunsten des Sortiments nach unserm Dafürhalten am aller leichteste» und am allerehesten mit in die Preise hincinkalkulieren. Deswegen spreche ich auch an dieser Stelle ans: es ist eine unbedingte Notwendigkeit, daß der Normalrabatt sür den Sortimentsbuchhandel — als solchen sehe ich die 25tz(, an — erhöht wird! Schon vor 10 Jahren etwa haben wir in Hamburg-Altona die Sache in Angriff genonimen, und zwar auch in der Form, daß wir uns mit direkten Anschreiben an jeden einzelnen Verleger wandten. Das ist nämlich die einzige Form, durch die man etwas erreichen kann. Wenn wir hier und anderswo in den Versammlungen Reden halten, so ist das ja recht gut und muß auch sein; aber der einzelne Verleger