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14286 d. Dtlchn. «uchland-r. Mchtamllicher Teil. ^k265, lS. November 1912. ordnung fallen, müssen wir Sortimenter uns selbst helfen. Nur so können wir uns die Achtung vor unserem Stande wie dergewinnen, die vielen Verlegern verlorengegangen zu sein scheint und deren Mangel der Grund für die an Übermut grenzenden Übergriffe ist, über welche wir uns beklagen. Ohne diese Achtung, die auf Gegenseitigkeit beruhen muß, ist nir gends im kaufmännischen Leben ein gedeihliches Arbeiten zwischen Hersteller und Wiederverkäufer zu denken. Der Berliner Buchhandel hat in diesen Tagen durch einen einigen, kraftvollen Vorstoß den Anfang gemacht. Eine Anzahl der bedeutendsten Berliner Sortimentssirmen hat an 28 Verleger, welche an das Kaufhaus des Westens Re- mittendenexemplare geliefert haben, die folgende Erklärung gesandt: »In letzter Zeit häufen sich die Fälle, in denen kleinere und größere Posten von teils erst kürzlich erschienenen Werke» als sogenannte »Remittenden-Exemplare« durch den Verleger direkt oder indirekt an Warenhäuser verkauft und von diesen in einer für das Sortiment schädlichen Weise zu herabgesetzten Preisen an das Publikum angeboten werde». Ein kürzlich vom »Kaufhaus des Westens« in Berlin herausgegebener Katalog »Der elegante Leser« bildet ein besonders krasses Beispiel hierfür, da es sich in diesem Kata log nicht um »Ramschware«, sondern um Erzeugnisse erster Firmen handelt und sogar um Werke, welche einen biblio philen Charakter tragen. Derartige Angebote sind daher besonders geeignet, das Vertrauen in die Reellität des Buchhändlers zu erschüttern. Es scheint einigen Verlegern nicht bewußt zu sein, daß dieses Vorgehen eine unerhörte Rücksichtslosigkeit gegen die Inter essen ihres berufenen Vertreters, des Sortimentsbuchhan dels, darstellt. Die Unterzeichneten Firmen haben sich daher gezwungen gesehen, energisch Stellung zu nehmen gegen diese neue Art der Unterbietung und als Erfolg der ersten Unterhandlungen die Unterzeichnung des beiliegenden Verpflichtungsscheines durch die folgenden Firmen erreicht: (Folgen Namen.) Da in dem grnannten Katalog auch Erscheinungen Ihres Verlages aufgeführt sind, machen die Unterzeichneten Ihnen davon Mitteilung, daß sie 1. Ihren Reisenden nicht mehr empfangen, 2. Prospekte über Neuerscheinungen Ihres Verlages nicht mehr verbreiten, 3. von einer Verwendung für Ihre Firma in Zukunft ab- sehen, falls Sie sich Wider Erwarten nicht bereit finden sollten, die beifolgende Erklärung zu unterzeichnen. Wir zweifeln nicht daran, daß Sie die Berechtigung unserer Forderung anerkennen werden. Hochachtungsvoll Amelang'sche Buchh., Charlottenburg. Atlantic-Buchh., Berlin. Gsellius'sche Buchh., Berlin. A. Juncker, Berlin. Nicolai'sche Buchh. (Borstell L Reimarus), Berlin. M. Schildberger, Berlin. August Schultze's Buchh. (Paul Nitschmann), Berlin. A. Asher L Co., Berlin. S. Calvary L Co., Berlin. Gutenberg-Buchh., Berlin. E. Meyer, Berlin. Reutz L Pollack, Berlin. Schneider L Amelang, Berlin. W. Weber, Berlin. Der Wortlaut des Verpflichtungsscheins ist der folgende: Infolge der Unzuträglichkeiten, die durch das üffent-, liche Anbieten von Remittenden-Exemplaren von Wer- ken meines Verlages durch das Kaufhaus des Westens in Berlin entstanden sind, verpflichte ich mich hierdurch, für die Folge weder dem Kaufhaus des Westens, noch den übrigen Kauf- und Warenhäusern in Groß-Berlin Werke meines Verlages zu ermäßigten Preisen zu lie fern und Abnehmern von Remittenden-Exemplaren die Weitergabe an Warenhäuser oder deren Vermittler zu verbieten. Der Erfolg unseres Vorgehens ist als ein glänzender zu bezeichnen. Von den beteiligten Firmen haben 26 den Ver pflichtungsschein unterzeichnet oder befriedigende Erklärun gen gegeben. Mit den zwei übrigen Firmen wird zurzeit noch verhandelt, doch ist Aussicht vorhanden, auch hier ein Ver ständnis für unsere Forderungen zu erlangen. Von dem Verkauf der Remittenden-Exemplare an Waren häuser ist nur ein Schritt weiter zu ihrem direkten Verkauf an das Publikum, wie er durch den »Buchberlag der Hilfe« schon seit längerer Zeit betrieben wird. Aus dem Börsen blatt ist der Kampf, welcher gegen die »Hilfe« geführt wird, uns allen zur Genüge bekannt. Es ist nur außerordentlich beklagenswert, daß es dem Börfenverein bisher noch nicht möglich war, hier einzuschreiten. Machen sich auch andere Firmen diese Praxis zu eigen, so gehen wir einer buchhändleri schen Anarchie entgegen. Nicht allein der Vertrieb der wissenschaftlichen Literatur, der bei dem im Verhältnis zu den Unkosten ungenügenden Rabatt von vielen Firmen nur konoris causa beibehalten wird, ist eine Lebensfrage für das Sortiment, sondern der Vertrieb unserer Brotartikel, der durch den Wettbewerb der Verleger gut rabattierten Geschenkwerke; gerade hier haben wir die Möglichkeit, diejenigen Firmen auszuschalten, welche gegen unsere Interessen handeln. Aber nur ein einiges Sortiment wird zum Ziel kommen. Den Warenhaus-Buchhandel werden wir nicht aus der Welt schaffen, aber diejenigen Verleger, welche das Waren haus in die Lage versetzen, ungestraft unsere Interessen aus das empfindlichste zu verletzen, müssen wir bekämpfen. Sie schädigen das Ansehen unseres Standes und rauben dem Publikum das Vertrauen in unsere Reellität. Der volle Erfolg, den unser einmütiges Vorgehen gehabt hat, gibt mir die Zuversicht, daß auch in Zukunft die Ber liner Kollegen mehr als bisher Zusammenhalten werden. Wenn andere Orts- und Kreisvereine unserem Beispiel folgen, sind wir einen großen Schritt vorwärtsgekommen auf dem Wege zur -Gesundung des Sortiments, und nicht in letzter Linie der solide Verlagsbuchhandel wird es uns Dank wissen. (Beifall.) Herr Paul Nitschmann, Berlin: Das Vorgehen eines Dutzends großer Berliner Fir men, die sich zur Abwehr verlegerischer Maßnahmen verbun den haben, sei nur eine Probe auf das Exempel gewesen, wie notwendig ein strafferer Zusammenschluß des Sorti ments sei. Die Kreis- und Ortsvereine mögen darauf vorbereitet sein, daß über kurz oder lang der Versuch eines solchen engen Zusammenschlusses wiederholt werden würde. Nicht gegen den Verlag, sondern ganz allein, um Übergriffe eines kleinen Teils des Verlags zurückzuweisen, um die In anspruchnahme schrankenloser Handelsfreiheit seitens mancher Verleger zu beantworten. Die Notwendigkeit einer Organi sation des Sortiments werde heute wohl ganz anders erkannt, als in der Ostermesse 1909, auf der Redner bereits den Zu sammenschluß befürwortet habe. Die Kreis- und Ortsvereine mögen sich also vorbereiten auf einen solchen Zweck- und Schutzverband des deutschen Sortiments und mögen überall, wo es auch sei, auf ihn hinarbeiten und ihn seinerzeit mit allen Kräften unterstützen. (Schluß folgt.)