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Redaktioneller Teil. ^>5 273, 25. November 1914. Arbeit eines Redakteurs sich nicht darin erschöpft, daß er die Nummern fertig zusammenstellt, sondern daß dies nur ein Teil seiner umfangreichen Betätigung ist, die zu einem ganz überwiegenden Teil vielmehr Wechsel auf die Zukunft zieht. Noch eins muß dabei berücksichtig! werden: Der Redak teur, oder wenn es mehrere sind, umso sicherer, ist nicht eine Privatperson, sondern eine Gemctnschaftsperson oder, wie man sich ausdrückt, eine juristische Person. Gerade in dem Falle, wo der Verleger alles bezahlt und der Redakteur gewisser matzen nur ein Teil des Unternehmens ist, dem gekündigt werden kann, ist alles, was er für diese Zeit getan hat, von ihm als einem Vertreter dieses unpersönlichen Subjekts »die Redaktion« getan worden. Die Geschichte des Deutschen Buchhandels. VIII. (Schluss.) (VII siche Nr. 25g.) Am I4./I5. Septbr. 1843 erhielt der Börsenvcrein neue Statu ten, durch die die Aufnahme des Sortimentsbuchhändlers in den Verein an den Nachweis, datz er den Buchhandel ordentlich nach Geschäftsbrauch erlernt, mindestens 3 Jahre als Gehilse gedient habe und die zur Führung des Geschäfts nötigen Fonds besitze, geknüpft ist. Schleuderern gegenüber soll jeder Verkehr abgebro chen werden. Der Verein der Buchhändler zu Leipzig hoffte, »daß es der Einsicht und Wirksamkeit des Leipziger und der übrigen Kreis- Vereine gelingen möchte, den Börsenvcrein zu Maßnahmen zu be stimmen, welche schon in ihrer moralischen Kraft eine Hauptstütze haben und welchen der Verein gewiß die von dieser Seite mög lichen Unterstützungen mit größter Bereitwilligkeit darbringen werde«. Die Antwort von Berlin stand noch aus, da die be hördliche Genehmigung der Statuten des dort geplanten Lokal vereins bis dahin nicht erfolgt war. Die von dem Rheinisch- Westfälischen Verein entworfene Vereinbarung vom 4. September 1843 zu gänzlicher Abschaffung des Rabattgebens an Privat kunden lag der Generalversammlung des Börsenvereins vor und wurde von ihr einem außerordentlichen Ausschüsse, unter Vorsitz Karl Reimers, zur Beratung übergeben. Die von den verschiede nen Ausschutzmitgliedern erstatteten Gutachten werden von Gold- frtedrich in knapper, aber ausreichender Form besprochen. Hier sei nur erwähnt, datz die Reformaktion scheiterte, da man sich nicht einigen konnte. Man muß bedenken, datz es das Jahr 1848 war, das die Gewerbefreiheit brachte, und deshalb für eine Beschrän kung des Einzelnen, wie sie die Reformfreunde planten, wenig Neigung bestand. Freilich war der Buchhandel für die Gewerbefreiheit nicht sehr eingenommen. Als im November 1848 in der Berliner Na tionalversammlung der Antrag eingebracht wurde, Z 48 der preußischen Gewerbeordnung vom 17. Januar 1845 aufzuheben, rief die buchhändlerische Fachpresse: »Dann sei der Himmel uns armen Preußischen Buchhändlern gnädig!« In der Generalver sammlung des Börsenvereins Kantate 1848 machte sich die Em pörung des Buchhandels gegen die geplante Gewerbefreiheit Lust. M. Simion in Berlin stellte den Antrag auf »Reorganisation des Börsenvereins und Annahme neuer Statuten, um durch den Bör senverein die Selbsterhaltung und Solidität des deutschen Buch handels zu wahren«. Nach diesem Anträge sollen am Börsen verein nur diejenigen teilnehmen, die sich seinen Gesetzen unter werfen wollen, und das Statut solle die Einteilung in Kreisver eine vorsehen, die mit dem Börsenverein in organischer Verbin dung ständen. Ein vom Verein gewähltes Buchhandelsgericht solle über gewerbliche Streitigkeiten endgültig entscheiden. Der Antrag auf Statutenänderung wurde angenommen, und der Aus schuß tagte im September 1849 in Dresden. Der Simionsche Ent wurf beabsichtigte Eintrittszwang sämtlicher Buchhändler in den Börsenverein, mit dem Börsenverein organisch verbundene Kreis vereine, Recht der Gesetzgebung über buchhändlerische Geschäfts gebräuche für den Börsenverein, Gerichtsbarkeit des Vereins über seine Mitglieder mit unbedingter Gültigkeit, Ausschließung der Mitglieder, die den Entscheidungen des Vereins in der festgesetzten Zeit nicht Folge leisteten. Aber auch dieser Entwurf scheiterte in der Generalversammlung des Jahres 1850. Frommann und Hein-1 1892 rich Brockhaus waren seine entschiedensten Gegner. Ein neuer Ausschuß zur Ausarbeitung eines Statuts auf Grundlage des alten wurde eingesetzt. Inzwischen vollzog sich die Bildung zahl reicher Kreis- und Ortsvereine in den fünfziger Jahren, neben ihnen die Gründung einer Anzahl von Gehilfenvereinen. Aber dem Hauptübel, das bekämpft werden sollte, der Schleuderkonkur renz, konnten die Vereine nichts anhaben. Namentlich der Leip ziger Zentralplatz machte sich so unangenehm bemerkbar, daß zahlreiche Beschwerden bei dem Verein der Buchhändler zu Lelp- zig eingingen. Auch der Kampf gegen die Antiquare, der Kampf gegen das Konditionssystem ging weiter. Stöpel in seinen Gedanken über den deutschen Buchhandel betrachtete das Konditionsshstem »als das Grundübel des Deutschen Buchhandels heutiger Zeit«. Im Jahre 1883 beabsichtigte H. Kolck in Troppau die Gründung eines Sortimentervereins, der seinerseits versuchen sollte, die Übel, an denen das Sortiment krankte, zu heilen. Obwohl die Anfänge recht erfolgversprechend waren, hat auch dieser Verein sein Ziel nicht erreicht und ist nach kurzem Bestehen eingegangen. Das 11. Kapitel, das die Überschrift führt »Vom alten Bund ins neue Reich«, ist wesentlich statistischer Natur. Es zeigt die Anzahl der Städte, Firmen, Veröffentlichungen, untersucht, welche Rangordnung die Verlagsplätze um 1840 eingenommen haben, charakterisiert die Zeiträume 1848—66, das Kriegsjahr 1866 und die darauffolgende Ostermesse 1867. Es zeigt ferner, wie sich die einzelnen Verlagshandlungen spezialisiert haben, spricht von der Neuentwicklung des Kolportage- und Reisebuchhandels, erwähnt die Bestrebungen der Verkürzung der Abrechnung und die Ver wertung der dadurch gewonnenen Zeit für den kollegialen Ver kehr. So wurde der Sonntag Kantate, an dem ursprünglich die zu Jubilate eingeläutete Messe wieder ausgeläutet wurde, der Beginn der Buchhändlermesse, an dem das gemeinsame Kantate festmahl stattfand. Die Jahre 1867 und 68, die mit der alten Zeit endgültig auf räumten, brachten auch den vollständigen Untergang des soge nannten »ewigen Verlagsrechts«. Am 9. November 1867 erlo schen die Privilegien auf die sogenannten Klassiker, und eine starke Konkurrenz setzte ein, die die Geistesschätze unserer Literatur- Heroen auch den bescheidensten Börsen zugängig machte. Auch für den Musikalienhandel war das Jahr 1867 von ähnlicher Be deutung ; hier bestrebten sich H. Littolf in Braunschweig und C. F. Peters in Leipzig, durch die Herausgabe ihrer Kollektionen die Musik in die weitesten Kreise zu tragen. Auch die endgültige Einführung der Gewerbefreiheit wurde durch Bundesgesetz vom 8. Juli 1868 bestimmt, und der Buch handel, der früher ein Gegner dieser Einrichtung gewesen ist, nahm sie ohne Protest auf. Vorläufig blieb noch das in Preußen vorgeschriebene Buchhändlerexamen bestehen. Am 13. September 1867 wandten sich 31 Breslauer Buchhandlungsgehilfen an den Reichstag des Norddeutschen Bundes mit dem Ersuchen, das Buchhändlerexamen aufzuheben und den buchhändlerischen Ge werbebetrieb jedem andern gleichzustellen. Diese Petition hatte Erfolg. Otto Mühlbrecht und Albert Puttkammer waren die letz ten, die am 8. Februar 1868 das Buchhändlerexamen ablegten. Der Börsenverein reichte im April 1868 eine Eingabe an das Präsidium des NorddeutschenBundcs wegen Erlasses eines gemein samen deutschen Literargesetzes ein. Am 21. Februar 1870 wurde der vorgelegte Entwurf im Norddeutschen Reichstag beraten, der den Grundsatz der beschränkten Schutzdauer in Frage stellte. Aber auch dieser Kelch ging am Buchhandel und an der Literatur vor über; die vom Tode des Autors an zu rechnende 30jährige Schutz dauer wurde in den Entwurf ausgenommen und am 11. Juni 1870 das »Gesetz betreffend das Urheberrecht an Schriftwerken, Abbildungen, Musikalien und dramatischen Werken« publiziert. Im Sommer 1870 mußte sich der Vorsteher der Korporation der Berliner Buchhändler, Alexander Duncker, entschuldigen, daß er die Hauptversammlung der Korporation nicht leiten könne. Er stand als Rittmeister der Landwehr jenseits der Vogesen. Der Friede 1871 brachte uns die Wiedereroberung der alten deutschen Landesteile, denen ihre buchhänd lerische Eroberung bald folgte. Am 7. Mai 1874 wurde das neue Reichspreßgesetz publiziert. Sein Grundsatz war der bedin-