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Mchtamtlicher Teil. ^ 58, 10. März 1906. 2590 von uns nicht umgangen werden konnten, veranlaßten uns, mit Eingaben an die zuständigen Stellen heranzutreten: ») an den Staatssekretär des Innern wegen des ameri kanischen Urheberrechts, zu dessen Neuregelung die bevorstehenden Handelsvertragsverhandlungen will kommene Gelegenheit boten, und b) an den Reichstag wegen des Entwurfs eines Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie, wobei wir enge Fühlung mit den andern Organisationen des Buchhandels, des Druckgewerbes und der Photomechanik nahmen. Die im November 1904 begonnene Vortrags reihe iiber Geschichte und Herstellung des Buches, die insbesondre für die Angehörigen und Angestellten des Buchhandels bestimmt war, wurde in den Monaten Januar und Februar 1905 zu Ende geführt. Der Erfolg, der diese Vorträge von Anbeginn begleitete, hat zu der Er wägung geführt, die gleiche Vortragsreihe im Winter halbjahr 1906/1907 nochmals halten zu lassen. Inzwischen haben auch die diesjährigen Vorträge unter gewohnter Teilnahme begonnen, wobei allerdings immer wieder die auffallende Tatsache hervortritt, daß das Interesse der Prinzipale leider in gar keinem Verhältnis zu dem regen Eifer der Gehilfenschaft steht. Herr Verwaltungsdirektor Woernlein hielt in der Leipziger Typographischen Gesellschaft, der Typographischen Vereinigung und dem Leipziger Faktorenverein Vorträge über: Menzel als Graphiker. Die Hauptwerke des Altmeisters graphischer Kunst wurden dabei durch Lichtbilder erläutert. Außerhalb Leipzigs wurde wieder eine rege Tätigkeit entfaltet. Vom 15. Januar bis 15. Februar 1905 fand auf Veranlassung unsers Pflegers, Herrn B. Merzbach, im Kaiser Friedrich-Museum in Posen eine große Ausstellung künst lerischer Drucksachen und graphischer Arbeiten statt. Im Monat März hielt Herr Walter Degener in den Typo graphischen Vereinigungen zu Augsburg, Bremen, Breslau, Cassel, Donauwörth, Frankfurt a. M., Hannover, Köln a. Rh., Mannheim-Ludwigshafen, München, Nürnberg, Offenbach a. M. und Posen, die korporative Mitglieder des Deutschen Buch gewerbevereins sind, durch Lichtbilder erläuterte Vorträge über: Das Buchgewerbe auf der Weltausstellung in St. Louis, in der Typographischen Gesellschaft Hamburg aber einen Vortrag über: Geschichte und Technik des Holzschnitts. Herr Verwaltungsdirektor Woernlein hielt im Monat März in der Typographischen Gesellschaft Magdeburg und in der Graphischen Vereinigung Goslar ebenfalls durch Lichtbilder erläuterte Vorträge über: Moderne Reklamedrucksacheu, ferner im Bezirksverein Braunschweig-Hildesheim des Deutschen Buchdruckervereins Kreis I Nordwest einen Vortrag über: Die Photomechanischen Druckverfahren. Eine auf Ver anlassung des Ausstellungs-Ausschusses zusammengestellte Ausstellung mit Proben neuzeitlicher Buchkunst, Künstler lithographien und sonstigen künstlerischen Arbeiten wurde im Monat März 1905 im Kunstgewerbehaus Georg Hulbe in Hamburg uud dann im Monat September 1905 in dem Kunstindustrie-Museum in Christiania zur Schau gebracht. In umfangreicher Weise waren Gegenstände der ver schiedensten Art aus unfern Sammlungen auf der Aus stellung moderner Buchkunst vertreten, die der Zentral- Gewerbe-Verein Düsseldorf vom 1. Oktober bis 30. November in Düsseldorf veranstaltete, während dem Mährischen Gewerbe museum in Reichenberg i. B. eine große Zahl Tafeln mit Neujahrs- und Glückwunschkarten zu Ausstellungszwecken, dem Kaiser-Wilhelm-Museum in Krefeld aber zu einem Vortrag des Herrn Prof, vn Kautzsch aus Darmstadt mehrere Original holzschnitte, sowie Nachbildungen von solchen leihweise über lassen wurden. Vor allem aber waren es wieder die Typo graphischen Gesellschaften, denen oft und gern Gegenstände zur Veranstaltung von Ausstellungen und Vorträgen lech weise überlassen wurden, so: Bremen, Bromberg, Braun- chweig, Düsseldorf, Hamburg, Hannover, Köln, Leipzig, Liegnitz, Magdeburg, Zürich, einigen von diesen mehrmals. Der Berliner Buchgewerbesaal, der von unsrer Berliner Pflegschaft verwaltet wird, erfreute sich reger und steigender Benutzung. Er ist nunmehr täglich geöffnet und bringt fort während Ausstellungen. Wir veranstalteten dort im Ok tober 1905 eine Ausstellung von Neuerscheinungen des Buch-, Kunst- und Musikverlags, die sich eines guten Be suchs erfreute. So dürfen wir wohl sagen, daß der Buch gewerbeverein sein Streben, überall im Deutschen Sprach gebiet anregend und fördernd tätig zu sein, auch im ver flossenen Jahr nach Möglichkeit in die Wirklichkeit nmsetzte. Im Buchgewerbemuseum begann das Jahr mit einer Vakanz des Direktorpostens, die bereits seit 1. Oktober 1904 bestand. Die Stellung wurde erst am 1. April 1905 wieder besetzt durch vr. Erich Willrich, der nach einer mehrjährigen Wirksamkeit am Königlichen Kunstgewerbe museum in Berlin, zuletzt an der Magdeburger Kunst gewerbeschule tätig war. Während der Vakanz hatte sich der Verwaltungsdirektor Herr Woernlein mit dankenswertem Eifer des verwaisten Museums angenommen, und ihm ist es zu danken, daß die Tradition nicht völlig zerrissen ist. Immerhin machte sich die Unterbrechung für den neuen Direktor recht fühlbar, zumal es in unfern in kurzer Zeit zu bedeutendem Um fang angewachsenen Sammlungen an innerer Ordnung naturgemäß noch sehr gebricht. Brachte doch allein das abgelaufene Jahr wieder einen Zuwachs von 367 Büchern und 460 Blättern! — Abgesehen von der Aufarbeitung der Rückstände wurde gleich auf das Hauptziel losgegangen, die reichen Sammlungsbestände so nutzbar wie möglich zu machen. Die wichtigste Arbeit in dieser Hinsicht ist die Anlage sachlicher Kataloge, die natürlich längere Zeit in Anspruch nehmen und wahrscheinlich für einige Zeit die Einstellung einer Hilfskraft notwendig machen wird. Einstweilen fand nur die Nachprüfung und Ergänzung der vorhandenen alphabetischen Kataloge statt, da sich Lücken ergeben hatten. Die ständige Bücherauslage des Museums wurde planmäßiger, instruktiver gestaltet als zu letzt. Eine genaue Bezettelung dient als erster Behelf für einen Führer, der geplant ist. Bei der Auswahl der ausgestellten Werke kam in erster Linie die künstlerische Qualität in Betracht. Daneben war natürlich auch die wissenschaftliche Forschung, namentlich die Jnkunabelforschung, die den in den achtziger Jahren entstandenen Klemm- schen Katalog in vielen Punkten überholt hat, zu berück sichtigen. Ferner machte sich das dekorative Moment, die Rücksicht auf möglichst gefällige Gcsamtwirkung gel tend. Die Mnseumsleitung hofft, daß es ihr gelungen ist, diese Rücksichten in ein rechtes Verhältnis zu bringen. In den Vordergrund wurden die deutschen Inkunabeln ge stellt. Recht wenig genügend ist zurzeit noch die Vertretung des XVII. und XVIII Jahrhunderts und namentlich der Einbände; hier ist eine wesentliche Lücke auszufüllen. Bis das geschehen ist, beabsichtigt das Museum durch gelegentliche Ausstellung von Leihgaben dem Mangel einigermaßen abzu helfen. Es ist gerade jetzt gelungen, eine hervorragende Privatsammlung für die Dauer eines Vierteljahres zur Aus stellung zu gewinnen. — Die Handbibliothek im Lesesaale ist vervollständigt worden und erfreut sich eifriger Benutzung. Aus den Zeitschriftenregalen sind minderwertigere Blätter entfernt und dafür neuere hervorragende, bis dahin fehlende Kunstzeitschriften eingeordnet worden. Der Besuch des Lesesaals ist recht rege (9017 Personen); es wurden außer den Zeitschriften und Blattsammlungen 1881 Bücher an Ort und Stelle be-