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767 768 an die Schule eines Ortes, der die Praxis ^versieht, er fragt Euch, zu welchem Preise Ihr eine bedeutende An zahl Exemplare eines neu einzuführenden Schulbuchs lie fern könnt, Ihr schreibt an den Verleger recht lockend und beweglich und bringt es dahin, daß er Euch SO pC. Rabatt bewilligt, haltet Euch aber nicht für befugt, selbst mehr als 20 pCt. zu gewahren, so wird der Lehrer zu einem Buchbinder oder Antiquar gehen, oder an eine leip ziger Handlung oder einen andern Verleger selbst schreiben, wo er ungleich billigere Bedingungen erhalt; dann wird er seine Bestellung schwerlich bei Euch machen und bei der zweiten und dritten gar nicht wieder bei Euch ansra gen, so daß Euch der Verkauf der Schulbücher aus den Händen schwindet, Ihr wißt nicht wie. Denn Schul bücher und Compendien verschreiben, kann Jeder; dazu gehört nicht Kenntniß des Buchhandels und der Literatur, nicht Aemstgkeit und stete Aufmerksamkeit auf die Be dürfnisse und Launen des Publicums, sehr wenig Capital und nicht einmal ein besonderes Geschäftslocal. Wenn Ihr nun vorher nicht glaubtet, bestehen zu können, ohne an den Schulbüchern und ähnlichen einen mehr als gewöhnlichen Gewinn zu machen — wie wollt Ihr durchkommen, wenn Ihr den Betrieb derselben ganz oder größtentheils verliert? — Dieses unkaufmännische Verfahren, welches nicht ungewöhnlich im Buchhandel ist und mit dem ehrenwer- lhen Halten auf einen Gewinn, bei dem der rechtliche Mann bestehen kann, nicht verwechselt werden darf, hat mehr als irgend etwas anderes dazu beigetragen, die Pfuscherei der Buchbinder, Antiquare, Postsecr-taire, Professoren, Beamten u. s. w. in unser Geschäft ein zuführen, und keine gesetzliche Bestimmung wird im Stande seyn, dieses verderbliche Unkraut auszurotten, falls wir auf unseren falschen Grundsätze beharren. L. Ueber die sogenannte Pfennigliteratur. Einige schmähen gewaltig auf diese Art von Litera tur, weil sie glauben, sie schade dem Aechtwissenschaft- lichen, mache dem Buchhändler viele Mühe und ver schlinge große Summen Geldes; Andere sehen sie für etwas Löbliches an, weil sic Bildung und Aufklärung, Wißbegierde und Leselust da befördere, wo alle diese Ei genschaften noch wenig einheimisch waren. Jene glauben, sie werde wie eine Mode veralten und verschwinden, diese, sie werde, zweckmäßig gepflegt und behandelt, fortgedeihen. Alles Uebermaß tragt dm Keim des Verderbens in sich; wo keine Kraft ist, da ist kein Leben; das Gute wird sich erhalten, das Schlechte untergehen, und so wird die Literatur und Bildung Gewinn von den Pfennig- und Heller-Magazinen haben, der für das Beste der Nation höchst nützlich seyn wird. Als in dem letzten Jahrzehnde des 18. Jahrhunderts so viele Taschenbücher zum Vor schein« kamen, schrie man sie eben so für das Verder ben der Wissenschaftlichkeit aus und war der Meinung, daß sie dem Buchhandel großen Schaden zufügen würden. War dies wirklich der Fall? Nein! Die guten Bücher wurden mehr gekauft, gelesen und studirt, und es herrschte ein solcher wissenschaftlicher Sinn und Eifer, welcher die schönsten Früchte trug. Denn das selbstständige Denken zeigte sich nicht blos in den Wissenschaften, sondern der Charakter der Deutschen gewann auch an Stärke, Ent schlossenheit und Festigkeit. Der Verfasser dieses Aufsatzes hat die Pfenniglite ratur unter den Deutschen eingesührt, und das Pfennig- Magazin war in literarischer Hinsicht sein Werk. Er war nicht blos Redacteur desselben, sondern auch vom An fänge an Verfasser der meisten Aufsätze, und was er außer dem noch bei dem ersten Jahrgangs dieser Zeitschrift ge- than hat, das will er hier nicht erwähnen, aber sein Plan und sein Streben war ein anderes, als man jetzt befolgt; er wollte die Lesebegierde und also Aufklärung und Bildung unterVolksclassen einheimisch machen, welche sich bisher wenig um nützliche Bücher bekümmert hatten. Dies gelang ihm auch gleich anfänglich, und das Pfen nig-Magazin fand Leser aus Dörfern und in kleinen Städ ten, in Gegenden, wohin sonst nichts gedrungen war, was den Geist der Einwohner aufregte und ihre Wiß begierde nährte und vergrößerte. Die Aufsätze mußten daher kurz seyn, den Himmel und die Erde umfassen und die Menschen und die Thiere in ihren bewun- dernswerthen Eigenschaften darstellen. Nützliche Lehren wollte man geben, durch Beispiele klug machen, die Weisheit sollte das Erzeugniß von sittlichguten und re ligiösen Maximen seyn; kurz der Mensch sollte in seinem Busen einheimisch werden und die mancherlei Erscheinun gen der Nalur kennen und erklären lernen. Diesen Plan hat man zum Theil aufgegeben, und wir besorgen, daß der Absatz sich eben so sehr vermindern, als sich das Nützliche verlieren werde. Nur das Gute behauptet sich kräftig, nur ein bestimmtes Bestreben erreicht das Ziel, und nur ein fester Entwurf bewirkt für Menschen und Völker Nützliches und Großes. Wird sich nun die Pfennigliteratur behaupten? Sind die Redactoren solcher Zeitschriften einsichtsvolle Männer, kennen sie Menschen und Dinge recht genau, gebieten sie über die Sprache und Sachen mit Kraft und Gewandt heit, und ist ihr Verstand eben so reichlich mit Kennt nissen versehen als ihr Geschmack gebildet, und haben sie den sichern Takt, der nur wählt, was allgemein an ziehend und nützlich ist, so werden die Pfennig- und Heller-Magazine ohne Nachtheil für die höhere Literatur mit Glück fortbestehen. Mischt man aber Alles, Gutes und Schlechtes, Lehrreiches und Unbedeutendes, unter einander, so graben sie sich selbst ihr Grab; ihre eigene Schuld ist es, wenn sie zu Grunde gehen, und mehrere dieser Zeitschriften müssen dies Schicksal haben; bloße Bilder sprechen den Geist allein nicht an; eine lehrreiche und anschauliche Erklärung derselben fesselt Kopf und Herz, und hierin ist oft etwas von den Engländern zu lernen, welche das praktische Leben eben so wenig übersehen, als sie gemächlich zu der Einbildungskraft sprechen. Daß die Pfennigliteratur zum Theil dem Absätze anderer Bücher schade, mag gegründet seyn, über sind