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mit salzigem Wasser bespritzt, nachdem Amor sie zuvor mit seinem Pfeile verwundet hat. Schließlich kommt Mars hinzu, worauf die beiden Liebenden sich zum Grabmal des Adonis begeben. Hier wird die jährliche Gedächtnisfeier der Venus für Adonis beschrieben und Polia veranlaßt, die Geschichte ihrer Liebe und Leiden zu er zählen. Beim Gesänge einer Nachtigall wacht Poliphilus schließ lich auf, und der Traum ist zu Ende. Das ist der Rahmen, in dem sich eine Unmasse der verschie densten Beschreibungen von Abenteuern und Merkwürdigkeiten drängt. Der darauffolgende, anschließende zweite Teil ist ganz kurz und liest sich wie eine Idylle. In Treviso sieht Poliphilus Polia (Lucrezia Lelio, aus alt- adeligem Geschlecht) zum ersten Male, wiesle sich von einer Dienerin auf der Terrasse ihres Hauses das goldblonde Haar kämmen läßt. Er verliebt sich rasend in sie, findet aber keine Gegenliebe. Da tritt in Treviso die Pest auf, Polia wird von ihr ergriffen und legt das Gelübde ab, sich der Diana zu weihen (ins Christ liche übersetzt, Nonne zu werden), falls sic mit dem Leben davon komme. Sie wird gerettet, bei der Einkleidung sieht Poliphilus sie wieder. Er trifft sie mehrmals allein im Gotteshause, bemüht sich vergeblich, ihr Herz zu erweichen, und sinkt nach einem solchen fruchtlosen Versuch leblos zusammen. Die erschreckte Polia flieht, wird von einer Reihe von Visionen gepeinigt, die ihr die schrecklichen Strafen vor Augen führen, denen eine jede, die Liebe verweigert, verfällt, kehrt dann nach Hause zurück, wo ihr die Dienerin die Richtigkeit des Geschauten bestätigt. Am nächsten Morgen begiebt sie sich in die Kirche, ivirft sich über den Körper des Poliphilus und beweint und küßt ihn so lange, bis die Seele in seinen Leib zurückkehrt, er sich erhebt und die Liebenden sich um armen. Nun kommen die Priesterinnen und peitschen sie aus; den Zorn der Diana fürchtend, flüchtet Polia nach Hause, aber Venus, bei der die Seele des Poliphilus in der Zwischenzeit geweilt, und ans deren Wunsch Amor die Polia mit seinem Pfeil ver wundet hatte, vereinigt die beiden für immer. — Wer, nach vorstehender Erzählung urteilend, meinen sollte, das ganze Werk lese sich so angenehm, irrt sehr. Aber hoch interessant ist cs auf jeden Fall, und kein Buchhändler, dem sich die Gelegenheit dazu bietet, sollte es versäumen, sich mit ihm, wenn auch nur flüchtig, bekannt zu machen, sei cs auch nur der Bilder wegen. Franz Unger. Kleine Mitteilungen. Neues Telegramm-Formular. — Ein neues Formular für ankommcndc Telegramme hat das Reichspostamt versuchsweise zur Einführung gebracht. Es ist bereits bei den Telegraphen- ämtcrn von Berlin, Hamburg, Breslau und mehreren anderen Städten in Gebrauch. Für das Publikum bringt das neue An kunfts-Formular die vielfach gewünschte Neuerung, daß an der zusammengcfaltcten Depesche von außen Ort und Zeit der Auf gabe des Telegramms zu lesen sind. Für den inneren Dienst betrieb bringt das neue Formular wesentliche Vereinfachungen und eine Beschleunigung der Abfertigung. An der rechten Seite des Formulars befindet sich ein abtrennbarer Abschnitt. Dort trägt der Aufnahmebeamte die nötigen dienstlichen Vermerke ein. Der Abschnitt wird abgetrennt und erspart weitere Buchungen. Auch der Name, der Abgang und die Rückkehr des Boten können auf dem Abschnitt vermerkt werden, so daß die Vermerke im Botenbuch ebenfalls wegfallen. Nachbildung von Postwertzeichen in Briefmarken alben und Zeitungen. (Vgl. Börsenbl. Nr. 131 u. 146.) — Das Rcichspostamt hat in der Frage der Nachbildung von Post wertzeichen eine bemerkenswerte Entscheidung getroffen, die nament lich für die zahlreichen Herausgeber von Briefmarkenzeitungen und -Alben von großer Wichtigkeit ist. Nach H 360 des Strafgesetz buchs unterliegt einer Geldstrafe bis 150 >6 oder entsprechender Haftstrafe, wer ohne schriftlichen Auftrag einer Behörde Stempel, Platten u. dergl., die zur Herstellung von Post- und Telegraphen wertzeichen dienen können, oder den Abdruck solcher Stempel an fertigt oder an einen anderen als die Behörde verabfolgt. Den Strafbestimmungen unterliegen gleichmäßig inländische und aus ländische Wertzeichen, jedoch nur solche, die bestimmungsgemäß zur Frankierung von Sendungen benutzt werden können, während außer Kurs gesetzte Postwertzeichen davon ausgenommen sind. Wie das Rcichspostamt soeben veröffentlicht, würden von ihm Nach bildungen giltiger Postwertzeichen als nicht wider die Bestim mungen im 8 360 des Strafgesetzbuchs angesehen werden, wenn die Nachbildungen entweder in einem von den Originalstücken wesentlich abweichenden Maßstab — in der Höhe oder Breite min destens um ein Viertel länger oder kürzer —, oder aber, falls die Größe der Originalstücke beibehalten werden soll, durch das unter der Bezeichnung -Raster-Autotypie- bekannte photomcchanische Ver- viclfältigungsverfahrcn, unter Benutzung eines höchstens 60linigen Rasters (60 Linien auf 1 Centimeter) hergestellt werden. In letz terem Falle muß die zum Druck verwendete Platte ein Merkmal enthalten, das jede verbotwidrigc Benutzung ausschlicßt. Dies würde z. B. in der Weise geschehen können, daß die Platte mit einer Einkerbung versehen wird, die beim Abdruck eine breite weiße Lücke (Streifen) im Markenbilde hervortreten läßt. Fälschung der neuen 50 .^-Scheine. —Bereits beim Er scheinen der neuen 50 .F-Scheine wurde von fachmännischer Seite mitgeteilt, daß die neuen Scheine, infolge ungenügender An fertigung, wohl bald der Fälschung verfallen dürften und das Schicksal der ersten Emission teilen würden. Kaum sind die neuen Scheine im Verkehr, so hat sich diese Voraussagung schneller als erwartet erfüllt. Berliner Blätter melden jetzt: In letzter Zeit sind wiederholt Nachbildungen der neuen Reichskassenscheine zu 50 vorgekommen, die sich von den echten Scheinen wie folgt unterscheiden: Die Falschstücke sind durch sorgfältige Federzeichnung in etwas dunklerer, mehr bläulicher und in Wasser löslicher Farbe hcrgestellt. Die echten Scheine zeigen eine grünlichere Färbung. Der bei den echten Scheinen auf der Vorderseite innerhalb der Umrahmung befindliche oliv-bräunliche Schutzdruck ist bei dem Falschstück durch eine leichte, gelbliche Tönung ersetzt. Statt des Guilloche-Unterdrucks auf der Rückseite zeigt das Falschstück eine grüne Tönung des Papiers; die Wilcox-Fascrn sind durch bunte Strichelchen angedcutet. (L. Tgbl.) Pariser Weltausstellung. — Der Rat der Stadt Leipzig hatte beschlossen, für den Besuch der Pariser Weltausstellung den Angehörigen des Buchgewerbes einen besonderen Beitrag (dem Vernehmen nach 5000 ^), vorbehältlich der Zustimmung der Stadtverordneten, zu bewilligen. Die Stadtverordneten, denen die Vorlage zur Cirkularabstimmung unterbreitet wurde, haben jetzt diesem Beschlüsse des Rates zugestimmt. — lieber das Ergebnis der Preisocrteilung in der Weltausstellung, die am 18. August mit besonderer Feier stattfinden soll, findet man in den Zeitungen die verschiedensten Mitteilungen. Bei 75531 Ausstellern soll nach der einen Nachricht die große Zahl von 42 790 preisgekrönt sein, und unter den den Ausländern zuerkannten Auszeichnungen be fänden sich 150 große Preise für deutsche Aussteller. Neue Bücher, Kataloge rc. für Buchhändler. blaussts IkrvvsrbunFon aus allen dobistsn. -Xntiguariats-Katalog Ho. 15 von dürgonssn L Lsotzor in Hamburg. 8". 40 8. 992 blrn. Ooorg, Larl, 8oblagwort-l!atalog. Vorrsiebnis dsr im dout- svbon lZuvbbandsl srsobisnsnsn Lüobor uncl I.anclüartnn in saeblieber ^.norcknuvg. III. Land 1893 - 97, bearbeitet von Larl 6sorg. Hannover 1900, I,. I-emmermann. (blrsobeint in oa. 50 lüeksrungen ä ./i! 1.30 orck., ./6 1.— no.) — 36. I-ie- korung. I,öx.-8'. 8. 112l—1152 (Llustersebutr—klivellisrlrunst). I-ist ok annual subsoriptions to Ilnglisb and korsign nsvspapers, magarines etc. kor bomo anck abroad, gtv. edition, dani 1900. I-ondon, IVilliam Oavvson >k 8ons I-imitod. 12". 93 8. Die ältesteLand karte und der älteste po st colu in bische Globus. — Für die älteste Landkarte gilt gemeiniglich die Peutingersche Tafel, die aus dem vierten Jahrhundert unserer Zeitrechnung stammt. Doch diese Tafel existiert nur in einer aus dein zwölften Jahrhundert stammenden Abschrift; außerdem kann man sie nicht eigentlich eine Landkarte nennen, da die Aufzeichnung der Straßen die Hauptsache ist, wogegen die Landforinen ganz zurücktreten. Seit einigen Jahren besitzen wir eine Originalkarte des sechsten Jahrhunderts, und nach vieler Ge lehrtenarbeit liegt sie nun endlich in schöner Ausgabe vor. Es ist die Mosaikkarte von Madaba in Palästina. Als vor kurzer Zeit auf den Resten einer byzantinischen Kirche zu Madaba ein neues Gotteshaus erbaut werden sollte, stießen die Arbeiter auf gut erhaltenes Mosaik. Sie achteten nicht darauf und hätten alles mit einem neuen Bodenbelag bedeckt, wäre nicht zufällig ein griechischer Geistlicher aus Jerusalem hinzugekommcn. Dieser erkannte sofort den hohen Wert des Mosaiks und konnte so noch einen großen Teil retten. Auf dem Boden der byzantinischen Basilika war die Landkarte Palästinas eingczeichnet, vom Nil bis zum Oberlauf des Jordan. Interessant ist die Karte durch einige hübsche bildliche Beigaben, die den Charakter der Landschaft ver deutlichen. So erscheinen in den Wüstenstrichen Palmcngruppen, auf dem Toten Meere schwimmen Boote, und im Jordan und in den Nilarmen tummeln sich zahlreiche Fische. Das Merkwürdigste aber an der Karte ist, daß sie nach Osten orientiert ist. Durch die zahlreich erhaltenen Namen, wodurch manches Rätsel in der Ortskunde Palästinas gelöst wird, gewinnt der Fund auch für die Bibel- und Geschichtsforschung den allergrößten Wert. — Im Anschluß daran ist folgende Beschreibung eines Globus aus