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^ 248. 24. Oktober 1913. Redaktioneller Teil. ivörjenblatr f. b. Dtlchn. Buchhandel. 11207 sonstige Gewerbetreibende, deren Kredit stark beansprucht wird, treffen in ihrer Stadt zunächst folgende Abmachung: Keine Kreditgewährung ohne Verpflich tungsschein und ohne Anzahlung. Der Schein gibt genau Ort- und Heimatadresse, Zugehörigkeit zu einer Korporation und Stand der Eltern an. Die verlangte Anzahlung ist gleich ein kleiner Prüfstein für die Gewissenhaftigkeit des Kreditfordernden. Alle diese Geschäftsleute geben die Namen mit Heimatadresse ihrer neuen pumpenden Kundschaft an eine Zentralstelle weiter, wozu sich am besten der Vertreter einer möglichst weit verzweig ten Auskunftei eignet. Diese Auskunftei registriert, wo und bei Wievielen Geschäftsleuten einer Stadt der detr. Kunde Pump anlegt, und informiert sich über die Verhältnisse des Betreffenden in seiner Heimatstadt. Kommt der Auskunftei die Sache verdäch tig vor, so kann und muß sie die ihr angeschlossenen Gewerbe treibenden von selbst zeitig warnen und jederzeit auf Wunsch so fort Auskunft erteilen. Wer bei mehreren, vor allem bei mehre ren der gleichen Branche gleichzeitig Pump anlegt, ist schon ver dächtig und wahrscheinlich faul. Die neutrale Zentralauskunfts stelle beobachtet das sofort, jeder erfährt es zeitig, ohne daß einer von der Kundschaft des anderen direkt Kenntnis zu erhalten braucht. Ich weiß, daß Auskunfteien auf eine solche Art des Ver kehrs mit Gewerbetreibenden besonderen Wert legen, da sie auf diese Weise selbst ein großes, wertvolles Archivmaterial erhalten. Es bildet sich ein Kartell mit der betr. Auskunftei. Die Kosten des Einzelnen für den Anschluß an eine solche Auskunftei betragen pro Jahr 15 doch glaube ich, daß beim Ab schluß einer ganzen Gruppe von Gewerbetreibenden geringere Kosten jährlich in Ansatz gebracht werden. Gegen diesen Betrag werden selbstverständlich alle Auskünfte kostenlos erteilt, eine nachträgliche Einzelberechnung von Auskünften findet nicht statt. Ich bin fest überzeugt, daß uns dies Mittel, shstematisch ange wandt, vor manchen Verlusten von vornherein schützt, und daß jeder gern diese geringen Kosten auf sich nimmt, wenn er damit zugleich eigener Arbeit und Schreibereien enthoben wird und die Auskunftei Wache hält. In manchen Städten werden nun schon Listen unter Kollegen ausgetauschi. Diese Listen dürften aber folgende Nachteile haben: 1. Wenn sie wirklich gemeinsam aufgestellt werden, kommen sie meistens zu spät. 2. Wie oft wird es klappen, daß alle Sortimenter einer Stadt zu dem Zweck zusammenkommen? 3. Es bleibt immer eine Schwierigkeit, das Mißtrauen bei der Preisgabe geschäftlicher Interna zu überwinden. 4. Wir haben schon genug Arbeit, und die Führung und Ver vollständigung solcher Listen wird daran oft scheitern. Eine hierfür existierende neutrale und auf solche Dinge geschäftlich richtig zugeschnittene Auskunftei wird uns sicherer be dienen, sie muß ihrerseits in der Stadt Umfrage halten und uns die Auskunft erteilen, die wir gebrauchen. Dafür wird sie be zahlt, und es bleibt keine Gefälligkeit. Meine Herren, glauben wir nun aus eigener Erfahrung oder aus den Mitteilungen der Auskunftei erfahren zu haben, daß der oder jener faul ist und unfern und andern Kredit miß braucht, so ist es Zeit, diesen für eine »Liste fauler Kunden« vorzu merken. Ob diese Liste von einer Zentralstelle im Buchhandel oder von einer Auskunftei speziell für die angeschlossenen Buch händler aufgestellt wird, ist m. E. eine oura posterior, die ihre Erledigung auch vielleicht schon durch das nächste Referat findet. Ein Anschluß an diese beabsichtigte Vereinigung und ein Handm- handarbeiten ist gewiß durchzuführen und der Erwägung wert. Auch die praktische Einrichtung einer solchen Liste, wofür die Ber liner und Hamburger oder die des Vereins Creditreform bereits als Muster genannt werden, ist vorerst nicht so wichtig, als die Er kenntnis und der Beschluß, daß solche Listen überhaupt aufge stellt werden, daß sie schnell erscheinen und daß vor Ausgabe in Einzclfällen schon Auskunft erteilt wird. Die Mitarbeit an solchen Listen darf ferner nicht von dem guten Willen und der gerade zur Verfügung stehenden Zeit der Mitglieder und der mit der Führung Beauftragten abhängen, sondern sie mutz Pflicht sein. Wer keine Beiträge liefert, erhält auch keine Auskunft. Die Arbeit, festzustellen, welche Kunden schlecht zahlen oder faul sind, oder ver klagt werden müssen, oder manifestierten oder Bücher kauften, um sie dem nächsten Antiquar wieder zu verkaufen, ist gar nicht so groß, als daß sie in einem geordneten Betrieb nicht glatt, schnell und regelmäßig erledigt werden könnte. Von vornherein muß die Sache praktisch und einfach eingerichtet und gehandhabt werden, wenn sie nicht schnell wieder sanft entschlummern soll. Die oben ge schilderte Arbeit mit der Auskunftei am Ort bildet aber eine un bedingt nötige Vorarbeit für die Bewertung der für die interna tionale Liste reifen Kunden. Sodann halte ich es für dringend wünschenswert, daß der barzahlende Kunde, ebenso der ständige '/.- oder ^jährlich regu- lierende Kunde Vorteile genießen muß gegenüber dem, der die gleiche Gegenleistung in Waren erhält, aber außerdem langen Kre dit oder langfristige Abzahlungen beansprucht. Bei der hierauf bezüglichen Anfrage haben offenbar viele gefürchtet, ich würde die früheren 5"/> Kundenrabatt dem jetzigen Zustand vorziehen und deren Einführung wieder empfehlen. An einen solchen Vor schlag denke ich nicht im entferntesten. Ich wiederhole vielmehr meinen früheren Vorschlag, der freilich damals ebenso wie der Hinweis auf die kaufmännische Inkonsequenz beim Ratengeschäft als unmöglich zurückgewiesen wurde: daß nämlich der vom Verleger festgesetzte Ladenpreis, der Netto barpreis ist und jeder Kundenrabatt fortfällt.*) Statt dessen ein Zwei-Preise-System; der vom Verleger festgesetzte Ladenpreis ist der Netto-Barpreis und der Nettopreis bei stän digen Kunden, die oder ^jährlich regulieren. Wer längeren Kredit beansprucht, zahlt nach 1 Jahr 5 °/° Zinsen. Bei Ab zahlungsgeschäften jedoch mutz von vornherein eine Preiserhöhung um mindestens 10 °/> eintreten. Zuwiderhandlungen unterliegen einer Konventionalstrafe und den gleichen Folgen wie sonstige Schleuderei. Die Reisegeschäfte werden nicht mitmachen, werden viele einwenden. Der Redegewandtheit der Reisenden wird es aber ebensogut gelingen, ein Werk für 165 -1t wie seither für 150 -1t an den Mann zu bringen. Dieses Zwei- Preise-Shstem ist auch absolut nichts Neues und Un gewöhnliches. Im Klavierhandel, im Möbelgeschäft haben wir es, in anderen Branchen durch Einführung des Rabatt markensystems mit 5 und 10 °/o, das aber bei uns prinzipiell ver boten ist. Ich freue mich, daß noch andere Kollegen von sich aus diesen Preisaufschlag bei Abzahlungsgeschäften vorgeschla gen haben, und ich hoffe, daß dieser Vorschlag immer mehr an Boden gewinnt und vielleicht schon zur nächsten Ostcrmesse zur Verhandlung gelangen kann. Mit diesem Vorschläge Hand in Hand muß natürlich eine Einigung mit den Abzahlungs- und Versand geschäften gehen. Wir Sortimenter dürfen es uns auf keinen Fall länger bieten lassen, daß wir durch die geduldeten Aus nahmen eines bestimmten Zweiges des Buchhandels zu Liefe rungsbedingungen gezwungen werden, die streng genommen mit der Verkaufsordnung im Widerspruch stehen. Das geht nicht an, und wir müssen bei jeder Gelegenheit dagegen Front machen, daß diese Geschäfte Zahlungsfristen anbieten, die umgerechnet einen ganz unzulässigen Barrabatt bedeuten; daß innerhalb des Buchhandels verschiedene Rechte gelten und mit zweierlei Maß gemessen wird. Ich verweise auf meine Ausführungen zur dies jährigen Ostermesse und bemerke, daß auch der Kommentar zur Verkaufsordnung keine ^klare Antwort gibt und sich um diese kitz lige Sache herumwindet, ohne auf meine präzise Anfrage einzu- gchen. Die Fassung des jetzigen Z 8 gibt jedenfalls eine vollauf berechtigte Handhabe zu Verhandlungen mit Abzahlungsgeschäf ten. Zeigen sich diese ablehnend und beanspruchen sie für sich wei terhin Ausnahmen, die den übrigen Buchhandel zu untergraben geeignet sind, so muß an die Verleger mit der Forderung heran getreten werden, all diesen Geschäften, zumal sie sich um sonstige Literatur und Nova-Vertrieb nicht kümmern, keinesfalls andere Bedingungen und Zahlungsfristen zu bewilligen, als dem übrigen Sortiment. Verlagsfirmen, die in dieser Weise das Sortiment zu schützen sich weigern, sind zu veröffentlichen und der Allgemein heit zur Kenntnis zu bringen. *) Siehe die inzwischen erfolgte Resolution des Mitteldeutschen Verbandes in Friedberg (Bbl. 1913, Nr. 240). 1460"