Volltext Seite (XML)
14346 Börsenblatt f. d Dkschn. Buchhandel Nichtamtlicher Teil. .1k 266, 14. November 1912 «luinec für jeden aufgefundencn Druckfehler in gewissen Aus- ! gaben ihrer privilegierten, oft gedruckten und stereoty pierten Bibeltexte bieten«. Von den Illustrationen der Festschrift seien hervorgehoben ein verkleinerter Faksimile- Abdruck des Titelblatts der ersten Stuttgarter Bibel <1704 bei Augustus Metzler) und des Titelblatts eines katholischen Neuen Testaments, übersetzt von Or. Leander van Etz <1822 in Sulzbach, »in des Kommerzienrats I. E. Seidel Kunst- und Buchhandlung erschienen«). Im ganzen bringt die Fest schrift gegen 20 derartige Faksimile-Abbildungen. Die Bibelanstalt besitzt selbst eine äußerst wertvolle Sammlung von alten Bibeln. Aus diesem Besitz hatte sie eine Anzahl im Anschluß an das Jubiläum in der König Karls-Halle des Landesgewerbemuseums zusammengestellt, wozu die Landesbibliothek aus ihrer weltberühmten Bibel sammlung Schätze beisteuerte. Herzog Karl Eugen hat sie im Jahre 1784 begründet durch Ankauf der Bibelsammlung des Kopenhagener Pfarrers Lorck, der seit 1753 Bibeln ge sammelt und es auf 5000 Bibeln in über 6000 Bänden in 41 Sprachen gebracht hatte. In der <bis 3. November geöffneten) Ausstellung sind u. a. die nachstehenden Inkunabeln, die wir nach dem Kata log zitieren, vertreten: öidiia latina. Fol. ca. 1455. Bamberg, Albert Pfister. Die Zbzeilige Bibel. Lidlia latina. Fol. 1462. Mainz, K»st und Schösser. Der älteste datierte Bibeidruck. öidiia IrNins. Fol. 1471 Rom, Sweynheim und Pannartz. Libl!» latina. Fol. 1475. Nürnberg, Aoberger. öidiia latina. Fol. 1480. Ulm, Zainer, öidiia latina. 8°. 1401. Basel, Kroben. öidiia pauperum. 1470. Holztaseldrnck. öidiia kedraica. Kol. 1401. Neapel. < Anher dem vorliegenden nur noch 5 Ex. vorhanden.) öidiia graoca. 4°. 1481. Mailand. Lidlia grasca. 4°. 1486. Venedig. öidiia germanica. Fol. i486. Straßburg, Mentelin. Lidlia germanica. Kol. ca. 1470. Strahlung, Eggesteyn. öidiia bokemics. Fol. 1488. Prag. Der 32 Seiten starke Katalog wird zu einer typographi schen Merkwürdigkeit durch einen Anhang, den die Britische und Ausländische Bibelgesellschaft als Geschenk beigesteuert und mit dem sie der in der Festschrift so viel gerühmten Unterstützung der deutschen Bibelgesellschaften auch bei der vorliegenden festlichen Gelegenheit Ausdruck gegeben hat. Es ist eine Übersetzung des Spruchs Joh. 3, 16 in 408 Sprachen und Dialekten, in denen Bibeln und Bibelteile bis jetzt ge druckt wurden. Ca. 180 fremde Schriften haben in diesem sieben Bogen starken Anhang Verwendung gesunden, den der Universitätsbuchdrucker Horace Hart in Oxford gedruckt hat. Einen Bericht über das Jubiläum hat das Börsenblatt in Nr. 231 gebracht. Der Katalog ist vergriffen. Bei unseren Hoteliers werden nicht viele Tage in so an genehmer Erinnerung verbleiben wie die Zeit vom 24. bis 27. Oktober, die das Gordon Bennett-Wettfahren und die Erstaufführungen der »Ariadne auf Naxos« brachte. Am Svnuabend, den >0. Oktober, veröffentlichte einer unserer tüch tigsten Musikkritiker, Oskar Schröter, ein Mmnentbild aus Strauß' »Ariadne auf Naxos« im Tagblatt. Bis zur Stunde der Ausführung sei das Werk wie ein Staatsgeheimnis von den Autoren und dem Verleger gehütet worden, so daß er spionieren und einen flüchtigen Einblick habe erschleichen müssen. Das mit Notenbeispielen versehene Vor-Referat sein endgültiges Urteil mutzte selbstredend bis nach der Auf führung verschoben werden) kam zu einem für das Werk recht schmeichelhaften Resultat und wird die Ungeduld auf den großen Tag der Erstausführung noch vermehrt haben. Wie viele Federn werden diese beiden Ereignisse, das Sport- und das Kunst-Ereignis, in Bewegung gesetzt, wieviel lGcld werden sie unter die Leute gebracht haben! lUnd wieviel wird davon für uns Buchhändler ab- gesallen sein? Strauß-Karten wurden übrigens in der Zeitung kräftig gehandelt. Dafür, daß wir auch sonst auf dem Gebiete der Musik in Stuttgart nicht zu kurz kommen, sorgen u. a. unsere beiden Konzerl-Agenturen Ebner und Auer. Albert Auers Konzert-Kalender 1912/13, Ver zeichnis der in Stuttgart stattfindenden Konzerte und Bor träge, bildet für die beteiligten Kreise eine kleine Sensation. Der Verlag hat nämlich alle ihm bekannt gewordenen Kon- zerte und Vorträge schöngeistiger Art vom Oktober bis April nächsten Jahres darin verzeichnet, unter Hervorhebung der jenigen in Fettdruck, für die die Firma selbst den Karteu- Verkauf in Händen hat. Gegen 120 Veranstaltungen zählt der Kalender aus, der im Januar eine Ergänzung erfahren soll. Nach dieser überreichen Zusammenstellung, die hier zum ersten Male in dieser Form erfolgt, kann sich nun jeder bei zeiten die Abende für die ihm zusagenden Künstler frei halten und sich überlegen, von welchen Gängen dieses über reichen Kultur-Menus er etwas genießen will. Die Zu sammenstellung verzeichnet an literarischen Gaben: Vor lesungen non Walter Bloem, Ernst Zahn, Konrad Dreher, Millrath Dreesen, Caesar Flaischlen, Rezitationen von Marcel! Salzer, Frida Hummel und Max Hofpauer. Der Goethe bund veranstaltet außer reinen Unterhaltungsabenden noch 19 Volksvorlesungen wissenschaftlichen Charakters. Ein ideales Heim für seine Zwecke hat dieser Bund in dem so eben erösfneten Gustav Siegle-Haus gewonnen. Dieses Heim für Volksbestrebungen aller Art, das Theodor Fischer in Mün chen erbaut hat, verdankt einer Stiftung der Frau Kom merzienrat von Siegle im Betrage von 600 000 seine Ent stehung, die diese zur Erinnerung an ihren verstorbenen Gatten, den Geh. Kommerzienrat Gustav v. Siegle, der Stadt gemeinde überwies. Nach der Ansprache des Ministers von Pi schek bei der Einweihungsseier soll es »allen Bildungs- bestrebungen in Wissenschaft und Kunst ohne Vorurteile sozialer oder konfessioneller Art dienen, vorzugsweise für wis senschaftliche und künstlerische Vorträge, Volkskonzerte u. dgl.«. Vor allem ist es dem Goethebund geöffnkt, soll aber auch allen Vereinigungen und Bestrebungen, die der allgemeinen Wohlfahrt dienen wollen, eine Heimstätte bereiten. Im Gustav Siegle-Haus hat auch der Graphische Klub Stutt gart, der vor einem Dritteljahrhundert gegründet wurde, ein dauerndes Heim gesunden, das am Sonntag, den 20. Oktober, mit einer wohlgelungenen Ausstellung graphischer Arbeiten unter behördlicher Beteiligung eingewciht wurde. Der Buch gewerbesaal des Graphischen Klubs wird in Zukunft das Zentrum sllr alle Fragen und Interessen der graphischen Künste in Stuttgart sein. Gustav v. Siegle stand übrigens mit der graphischen Kunst in enger Fühlung, ist doch die Buchdruck farbenfabrik Käst L Ehinger G. m. b. H. der Farbenfabrik G. Siegle L Co. eingegliedert. Auch die seit zwei Jahren bestehende Musikalische Volks- bibliothek ist in das Gustav Siegle-Haus eingezogen. Sie be sitzt bis jetzt einen Bestand von 3000 Nummern und hatte im ersten Semester d. I. 849 Besucher zu verzeichnen. Aus dem Überschuß des Bachfestes, den ihr der hiesige Bachverein über wies, sah sich die Bibliothek in die Lage versetzt, ihren Bestand an klassischer Musik zu ergänzen; sie wirbt in der Presse Vercinsmitglieder <beliebiger Jahresbeitrag, jedoch nicht unter 3 ^k>. Mit dem Gustav Siegle-Haus haben wir einen neuen stattlichen Monumentalbau gewonnen. Was uns für die nächsten Jahre nottut, ist vor allen Dingen ein Museum zur würdigen Unterbringung der unvergleichlichen Altertümer Sammlungen, die jetzt in drangvoll fürchterlicher Enge in un genügenden Räumen aufgestellt sind. Nesenbächler.