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7932Börsenblatt s. d. Dlschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. 130, 4. Juni 1924. ringer sei nur das Werk, das die altdeutsche Buchillustration behandelt, erwähnt. Sozusagen als Wetterführung dieser Arbeit können die schönen Einzelausgaben alter Holzschnitte angesehen werden, die als »Hauptwerke des Holzschnitts« den Kunstfreund entzücken. Es soll hier an die in dieser Sammlung erschienene Kölner Bibel und die Holzschnitte zur Passion des Urs Graf, zu denen beiden Worringer die Einleitung schrieb, wie auch an die Lübecker Bibel mit Einleitung von Max I. Friedländer kurz erinnert werden. Neben den Büchern der Gruppe »Das deutsche Torf« findet die Bücherei »Die schöne deutsche Stadt« vielen Auklang. Es liegen augenblicklich drei reichillustrierte Bände in einer Gesamtauflage von nahezu 130 Tausend Stück vor. Julius Baum (Süddeutschland) und Gustav Wolf (Mitteldeutschland und Norddeutschland) haben mit besonderer Liebe und Sorgfalt den Text verfaßt. Aus dem nicht allzugroßen Piperschen Musikverlag fesselt unter den ausgestellten Werken das kleine Buch von Otto Vrieslander über einen der größten Meister auf dem Klavier: Karl Philipp Emanuel Bach, den großen Sohn Johann Sebastians, unsere Aufmerksamkeit. Hat doch Mozart ernst von chm gesagt: »Er ist der Vater, wir sind die Buben. Wer von uns was Rechts kann, hat's von ihm gelernt!« Dic beiden viel beachteten Biographien von W. A. Thomas-San Galli über Beethoven und Brahms erleben wie auch die Studie Gustav Mahler von Paul Stefan andauernd eine Neuauflage nach der anderen. In schmuckem blauen Gewand sind die Geisteskinder des ernst-grübleri schen religiösen Christian Morgenstern ausgestellt, der für weite Kreise nur der Dichter der »Galgenlieder« war und zum Teil auch noch ist. Sein letztes Versbuch — Morgenstern starb 1914 — ist betitelt »Wir fanden einen Pfad« und liegt heute bereits im 29. Tau send vor, während die Aphorismen und Tagebuchnotizen »Stufen« in über 40 Tausend Exemplaren verbreitet wurden. Aus fremdem Ver lag wurden zwei frühere Gedichtbände übernommen und unter dem Titel »Ein Kranz« in neuer Ausgabe vereinigt. Uber japanische Kunst unterrichtet Julius Kurth. Bereits in 3. Auflage liegt der Abriß der Geschichte des japanischen Holzschnitts vor, wie auch die beiden Bücher Sharaku und Harunobu unsere Kennt nis über die Kunst des fernen Ostens bedeutend erweitern. Hierher gehört auch Friedrich Succos ursprünglich zweibändiges, in der Neu auflage (1924) einbändiges Buch Toyokuni und seine Zeit. Mit der Bildnerei exotischer Völker macht uns Wilhelm Hausensteins Buch »Barbaren und Klassiker« bekannt. Hausenstein trat erstmalig 1907 mit seinem Banernbruegel im Piperschen Verlag auf und fügte bald wichtige Werke hinzu. Es sei nur an das für Künstler und Laien eine reiche Fundgrube bietende Buch »Der nackte Mensch in der Kunst aller Zeiten und Völker« erinnert. Die Bücherserie »Atlanten zur Kunst«, die unter dem schlichten Sammeltitel »Das Bild« vorliegen, wird von Hausenstein mit großem Verständnis herausgegeben. Wie die weiter unten behandelten Piper-Drucke mit ihren Einzelblättern großen For mats die Mappenwerke der Maröes-Drucke ergänzen, so behandelt das Kunstjahrbuch »Ganymed« in von Lichtdrucktafeln begleiteten Aufsätzen künstlerische Themen, die für einen ganzen Atlantenband nicht geeignet sind. Im Gegensatz zu den ersten Ganymed-Bänden haben die beiden letzten (3. und 4. Band) ein stattliches Format. Wert volle Aufsätze, kostbare graphische Blätter und Lichtdrucke sind zu einer bedeutenden Gabe vereinigt. Bereits weiter oben wurde auf die Gründung der Maries- Gesellschaft hingewiesen, von der mitten im Kriege die ersten Publikationen erschienen. Entsprechend dem universellen Programm, nach dem die geistigen Beziehungen zwischen den Völkern gepflegt werden sollen, erschienen Werke großer Dichter und Künstler Deutsch lands, Englands, Rußlands und Frankreichs. Diese auserlesenen Stücke der Weltliteratur sind von hervorragenden, meistens deutschen Graphikern mit dem Geist der Dichtung angemessenem Bilderschmuck versehen und bilden mustergültige Kabinettstücke der Buchdruckerkunst, wobei der Radierung, dem Holzschnitt und der Lithographie in Origi nalverfahren ein breiter Raum gegönnt ist. In den Mappensamm lungen sind die Werke der großen Meister der Gegenwart und der Vergangenheit mit Hilfe verbesserter Neproduktionsverfahren als Far benlichtdrucke wiedergegeben. Es sind neben Delacroix, Maries, Dau- mier, Cezanne, van Gogh und anderen Talenten die Meister Dürer, Brucgel, Rubens, Nembrandt u. a. mit eigenen Mappenwerken inner halb der Drucke der Maröes-Gesellschaft vertreten. Um eine möglichst getreue Wiedergabe und Genauigkeit der Vorbilder — meistens Zeich nungen, Aquarelle und Pastelle — zu erreichen, sind Papiere verwandt, die denen der Originale möglichst nahekommen. Die besonderen Be dürfnisse der Marees-Gesellschaft machten eigene graphische Einrich tungen notwendig, die als Graphische Anstalt Ganymed in Berlin ihren Sitz hat und deren Leistungen von allen Kennern be wundert werden. Haben doch die offiziellen Vertreter Deutschlands im Ausland die Veröffentlichungen der Marees-Gesellschast »als wür digste und unbedingt nützliche Darbietung deutschen künstlerischen Geistes und Geschmackes« bezeichnet. Ein großer Teil der Marses- Drucke ist vergriffen. Die aus den Mappen herausgenommenen Blätter wie die Mappen selbst, die hier ausgestellt sind, einzeln zu würdigen, ist ausgeschlossen. Von den zuletzt erschienenen Drucken sollen kurz erwähnt werden: die Originallithographien von Richard Dreher zu dem Märchen Runges »Vom Fischer und siner Fru«, die als 40. Druck in Japan-Ausgabe (80 Exemplare) und in Büttenaus gabe (170 Exemplare) vorliegen. Karl Hofer schuf mit »Zenana« Original-Lithographien zum Frauenleben (41. Druck). Als 42. Druck paradiert die Mappe der Gegenwart, die 42 Faksimiles nach Aqua rellen, Pastellen und Zeichnungen modernster Künstler aller Länder enthält und von der in zwei deutschen Ausgaben 80 bzm. 220 Exem plare hergestellt wurden, während die Auflage der englischen und fran zösischen Parallelausgabe je 100 Stück beträgt. Tie Piper-Drucke sind augenblicklich bis zum 23. gediehen. Die Drucke geben, wie die ausgestellten Objekte bekunden, eine ver blüffend getreue farbige Wiedergabe von Gemälden und Pastellen in Einzelblättern großen Formats. Einfach mit grandiosem Geschick sind die Reproduktionen von der oben erwähnten graphischen Anstalt Gany med ausgeführt worden. Wer die einzelnen Bilder, die die Wände des Ausstellungssaales schmücken, gesehen hat, pflichtet ohne weiteres dem Zeugnis von Kennern nnd Künstlern einschränkungslos bei, daß es »noch nie vorher gelungen ist, dem Eindruck der Originale so täuschend nahezukommen wie in den Piper-Drucken«. Die von Julius Meier- Graese getroffene Auswahl der Werke, die einer Reproduktion für- würdig befunden werden, ist nicht an zeitliche und geographische Grenzen gebunden. Nicht nur Deutsche, Italiener, Holländer, Fran zosen usw., sondern auch alte und moderne Meister sind mit ihren genialen Schöpfungen vertreten. Die Verlagshandlung R. Piper L Co. in München — ein inmitten der Piperschen Kostbarkeiten ausgestellter famos durchgeführter Holz schnitt von Walter Trumm zeigt den Mitgründer der Firma Neinhold Piper — blickte in diesen Tagen auf eine zwanzig jährige Tätigkeit zurück. Wenn auch die Vorarbeiten für die ersten Verlagswerke schon viel früher begonnen haben, so gilt als offizielles Gründungsdatum der 19. Mai 1904. Beim Durchwandern der Aus stellung können wir feststellcn, daß als Hauptgebiete die bildende Kunst, das illustrierte Buch und die schöne Literatur gepflegt sind, wie auch Werke der Philosophie und der Musik betreut werden. Tie Fülle der gediegenen Verlagswerke zeigt die großartige Entwicklung des mit größter Fachkenntnis und Umsicht geleiteten Verlags. Ludwig Schönrock. Postscheckgeheimnisse. Plauderei von A. Nierth. Personen: Zwei Geschäftsfreunde. Ort der Handlung: Dicht besetzte Schalterhalle eines Postscheckamts, (nach kurzer Begrüßung): Weshalb stellst Du Dich hier am Aus- zahlungsschalter so lange an, wie srüher bei den Schlangen reihen vor den Lebensmittellgeschäften? L: Ich habe endlich das se-hnlichst erwartete Geld für gelieferte Waren ans mein Postscheckkonto gutgeschrieben bekommen und will den Betrag jetzt schleunigst abheben, um dringende Zah lungen an zwei Gläubiger zu leisten. H.: Und d>a vergeudest Du hier durch langes Warten am Schalter kostbare Zeit und nimmst bei der jetzigen unerhörten Geld knappheit zum Zahlungsausgleich ganz unnötig Bargeld in Anspruch? 6: Wie soll ich es denn anders machen, um meine Gläubiger schnell zu befriedigen? Sehr einfach. Tu gibst Deinem Gläubiger einen Postkassen scheck in Zahlung, das heißt einen Scheck, dessen Rückseite unaus- gesüllt bleibt. Durch diesen Zahlungsausgleich vermeidest Du den die Zahlungsmittel zum Schaden der Allgemeinheit verrin gernden, lästigen Baroerkehr und das lange Warten am Schal ter. Du mußt nur für eine sichere Übergabe des Kassenschecks an den Gläubiger sorgen, also, wenn eine Postversendung in Frage kommt, den Brief einschreiben lassen, weil der Kassen scheck als Inhaberscheck jedem, der ihn beim Scheckamte vor zeigt, ohne 'weiteres ausgezahlt wird. 6: Wie kommt dann mein Gläubiger zu seinem Gelbe? Er gibt den Scheck genau wie Du an Zahlungs Statt weiter, darf aber keinerlei Vermerke, also auch kein Indossa ment auf ihm anbringen und vermeidet dadurch auch deu Bar- vcrkehr mit »allen seinen Gefahren und Beschwerlichkeiten. tt: Tann ließe sich ja der Postkassenschcck ähnlich wie der Bank scheck verwenden?