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Redaktioneller Teil. 185, 11. August 1916. Generalversammlung gegen seinen Widerspruch folgende Satzungs änderungen beschlossen: »1. Gesellschafter, die für ein Konkurrenz unternehmen tätig oder an einem solchen beteiligt sind, können ihre Rechte ans dem Gesellschaftsverhältnis nicht persönlich ausüben, son dern sich darin nur durch andere Gesellschafter vertreten lassen; 2. die Versammlungen finden an demjenigen Orte statt, der durch den Ge schäftsführer oder den Aufsichtsrat bestimmt wird«. Der Kläger verlangte mit der Klage die Feststellung der Nichtig keit dieser Beschlüsse, welche das Kammergericht Berlin auch in vollem Umfange ausgesprochen hat. Die gegen dieses Urteil eingelegte Revi sion der Beklagten verwarf das Reichsgericht. Zunächst betonte das Reichsgericht in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht, das; der hier streitige Beschlich schon objektiv über einen früher (vgl. RG. in Zivilsachen Bd. 80, S. 385/91) abgeurteiltcn weit hinausgehe und das;, selbst wenn er sich inhaltlich mit ihm decke, in vorliegendem Fall persönliche Umstände hinzuträtcn, welche die Anwendung des § 138 BGB., wonach ein gegen die guten Sitten ver stoßendes Rechtsgeschäft nichtig ist, geboten erscheinen liehen. Es handle sich hier nicht nur, wie in dem früher entschiedenen Fall, um die Teil nahme an den Gcsellschaftsversammlungen. Schlechthin sämtliche Rechte aus dem Gesellschaftsverhültnis würden betroffen. Hier bestehe die Gesellschaft nur aus drei Personen, die beiden anderen hätten kein Wettbewerbsgeschäft und dächten weder daran, ein solches zu errichten, noch ihre Anteile an Wettbewerber zu veräußern. Dazu komme, daß der jetzige Kläger mit den beiden Mitgesellschaftern in erbitterter Feindschaft lebe, die zu zahlreichen, teils ausgetragcnen, teils noch schwebenden Prozessen unter den Parteien geführt habe. Der Kläger würde gezwungen sein, die Wahrnehmung seiner Rechte erklärten Geg nern anzuvertrauen. Lehnten aber beide Mitgesellschafter die Vcr-' tretung ab, so könnten die Rechte überhaupt nicht ausgeübt werden. ^ Auch der zweite Beschluß, wonach die Versammlung in Zukunft nicht mehr am Sitz der Beklagten in Berlin, sondern in einem jeweils durch den Geschäftsführer oder den Aufsichtsrat zu bestimmenden Ort ab gehalten werden solle, sei ohne Rechtsirrtum fiir sittenwidrig erachtet worden. Der Zusammenhang mit dem ersten Beschluß und das Fehlen jeder einleuchtenden Erklärung hätten beide Vorinstanzen zu der Überzeu gung gebracht, daß der Zweck der Maßregel nur darin bestehe, den Kläger zu schikanieren. Gerichtlicher Zwangsvcrglcich außerhalb des Konkurses (Zu ziehung von Bücherrevisoren). — Der Verband Deutscher Bücher revisoren E. V., Leipzig, richtete am 29. Juni in bezug auf das in Vorbereitung befindliche Gesetz über den Zwaugsvergleich außerhalb des Konkurses an das Neichsjustizamt eine Eingabe, die zu folgendem Schlüsse gelangt: »Wenn wir anch nicht dafür eintreten wollen, daß nur die Bestellung kaufmännischer Sachverständiger in dem in Vorbe reitung begriffenen Entwürfe zu einer Vergleichsordnung vorgesehen wird, so möchten wir doch darum bitten, in der Begründung zum Gesetzentwurf, und zwar sowohl in der Denkschrift als auch in den Kommissionserörterungcn, darauf Hinweisen zu wollen, daß die Be stellung kaufmännischer Sachverständiger als Ausgleichsverwalter (Vergleichsführcr) besonders zweckmäßig erscheint. Selbstverständlich kann cs sich nur um die Berufung solcher Persönlichkeiten handeln, die fachlich und moralisch einwandfrei und vertrauenswürdig sind. Dies aber ist in der Regel der Fall hinsichtlich der von Gerichten, sonstigen Behörden und Handelskammern beeidigten oder sonst anerkannten Bü cherrevisoren, die als kaufmännische Sachverständige sowohl in der Rechtspflege als auch im Wirtschaftsleben tätig sind. Gerade deren Arbeitsgebiet ist ein so vielseitiges, daß sie sowohl mit den Handels- gebräuchcn als auch mit den Nechtsbcstimmungen besonders gut ver traut sind. Vermöge ihrer Sachkunde nach beiden Richtungen hin können sie sehr wohl znm Schlitze der Gläubigerintercssen über dem Schuldner stehen und dabei doch letzteren wirtschaftlich stützen. Im allgemeinen ist die Tätigkeit sachverständiger Bücherrevisoren schon seit langer Zeit, namentlich anch während der Kricgszeit anerkannt worden. Sie werden deshalb zn den verschiedenartigsten Funktionen hcrange- zogen (Konkursverwaltungcn, Geschäftsaufsichtsführuugcn, Zwangsver waltungen und Staatsaussichtsführungen fcindesländischer Unterneh mungen, Prüfungen und Begutachtungen für militärische Behörden usw.).« Der Verband sandte seine Eingabe allen Handelskammern mit der Bitte um Befürwortung und bat am 22. Juli auch den Deutschen Han- dclstag um Unterstützung. (»Handel und Gewerbe« ) Kalender-Reform. — In Flugschriften und Zeitungsartikeln, aber auch in Eingaben an die Neichsämtcr, die bundesstaatlichen Negierungen und die Volksvertretungen in Reich und Einzelstaaten wird seit einiger Verantwortlicher Nedakteur: Emtl T h o m a — Verlag: v r s>c n 1068 Zeit gefordert, eine Kalender-Reform mit Wirkung vom 1. Januar 1917 ab durchzufiihren. Gcgeu dieses Bestreben richtete sich eine Ein gabe des »Bundes deutscher Vereine des Druckgcwerbes, Verlages und der Papierverarbeituug« au den Herrn Reichskanzler vom 15. Juli d. I. In der Eingabe wurde eine verständige Kalender-Reform als durchaus wünschenswert und notwendig bezeichnet; gegen ihre Durch führung zum 1. Januar wurde jedoch unter Hinweis darauf, daß die für 1917 gültigen Kalender aller Art und die sonstigen mit Datum angaben des nächsten Jahres versehenen Geschäftsbücher, kaufmän nischen Drucksachen u. dgl. zum größten Teil bereits in Arbeit ge nommen bzw. schon fertiggestellt sind, Einspruch erhoben. Auf die Eingabe ist dem Bund seitens des Herrn Staatssekretärs des Innern folgender Bescheid Angegangen: »Eine Kalender-Reform ist bis auf weiteres nicht in Aussicht genommen. Die Befürchtungen des Buildes entbehren daher der Begründung.« Der Kampf gegen die deutsche Sprache in Rußland. — Laut Be schluß des jüngsten russischen Ministerrats dürfen fortan die Vor lesungen und Übungen in der cvangelisch-lnthcrischen Fakultät der Dor- pater Universität nur noch in russischer Sprache abgehalten werden. Deutsche Gläubiger-Interessen in Serbien. — Die »Norddeutsche Allgemeine Zeitung« schreibt: Aus Anlaß der bei verschiedenen Amts- stcllen und insbesondere bei dem Kaiserlichen Konsulat in Belgrad in großer Zahl eingehenden Anmeldungen deutscher Forderungen gegen Schuldner in Serbien ist vor einiger Zeit darauf hingewiesen worden, daß gegenwärtig sowohl wegen der wirtschaftlichen Lage des Landes als auch wegen des bestehenden Moratoriums die Beitreibung oder i Sicherstellung solcher Forderungen nur in sehr beschränktem Umfange durchführbar ist. Aus Kreisen der Beteiligten ist schon vor längerer Zeit angeregt worden, für das Gebiet der k. u. k. Militärgouvernemcnts Belgrad eine Zentralstelle einzurichten, die die Interessen sämtlicher beteiligten Angehörigen der verbündeten Mächte gleichmäßig vertreten und mit behördlicher Unterstützung alle nach Lage der Sache möglichen Schritte zur Einziehung der Forderungen unternehmen, auch besondere Befugnisse zu diesem Zwecke erhalten soll. Zur Vertretung der deut schen Beteiligten bei einer solchen Organisation hat sich am 22. Juni d. I. in Berlin auf Anregung des Deutschen Handelstages ein »Deut scher Gläubigcrschutzverein für Serbien« gebildet, dessen Wirkungskreis sich satzungsgcmäß auf die besetzten Gebiete Serbiens, Montenegros nnd Albaniens erstreckt. Ein Vertrag über die Gründung einer »Gläu- bigerschutzzentrale für die südöstlichen Okkupationsgebiete« ist zwischen dem Verein nnd den österreichischen und ungarischen Jnteressenten- gruppen bereits zustande gekommen, so daß mit der Einrichtung der Zentralstelle in nächster Zeit gerechnet werden kann. Deutschen, die ihre Forderungen gegen Schuldner in Serbien bei einer deutschen oder österreichisch-ungarischen Amtsstelle angcmelöet haben, wird anhcimgestellt, sich wegen der weiteren Verfolgung ihrer Ansprüche an den Verein zu wenden. Eine diplomatische oder konsu larische Vermittlung in solchen Forderungssachcn findet grundsätzlich nicht mehr statt. Die Geschäftsstelle des Vereins befindet sich vor läufig in Berlin 0. 2, Neue Friedrichstraße 52 (Deutscher Handclstag). Vicrtcljahrsrcgister zum Börsenblatt für den Deutschen Buch handel. — Der heutigen Nummer 185 des Börsenblattes liegen das Inhaltsverzeichnis zum 2. Vierteljahr 1916 (April bis Juni) und die beiden Titel zum zweiten Bande des laufenden Jahrgangs bei. HttsoMnechrWen, Lilp Braun 1'. — Am 8. August ist in Berlin-Zehlendorf die Schriftstellerin Lily Braun den Folgen eines vor kurzem erlittenen Schlaganfalls erlegen. 1865 als Tochter des Generals von Krctschman geboren, verheiratete sie sich mit Professor Georg von Gizycki, mit dem sie zusammen die Gesellschaft für ethische Kultur gründete und deren Organ »Ethische Kultur« hcrausgab. Nach dem 1895 erfolgten Tode ihres Gatten verheiratete sie sich mit dein Schriftsteller Dr. Heinrich Braun nnd wandte sich der sozialdemokratischen Propaganda zu. Ihr Hauptwerk sind die »Memoiren einer Sozialistin« (1909— >911), in denen sie neben ihrem eigenen Werdegang die sozialistische Bewegung der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts schildert. Viel beachtet wurden auch »Im Schatten der Titanen« (1908), »Die Liebesbriefe der Marquise« (1912) und »Der Lebenssucher« (1915) so wie die von ihr herausgegebenen »Kriegsbriefc aus dem Feldzüge 1870/71 von Hans v. Krctschman«. Bis an das Ende ihrer Tage war sie in Wort und Schrift eine begeisterte Vorkämpferin der Frauenbewegung. o e r c i n der Deutschen Buchhändler -n^ctpztg, Dentscheö^llchbändlerhans.