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Dresdner neueste Nachrichten : 28.09.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-09-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id490223001-192409289
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id490223001-19240928
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-490223001-19240928
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner neueste Nachrichten
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-09
- Tag 1924-09-28
-
Monat
1924-09
-
Jahr
1924
- Titel
- Dresdner neueste Nachrichten : 28.09.1924
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DR ,- ck VUU ag - -’( ~ ««««. , ' . « t-« . « ODW Beicage zu den Dresdner Reuesien Nachrichten . 28. Oepiemer 1924 , . Der Gelehrte nnd die Göttin Ein Chamäleon « »Gut-r Gnaden, er hat den Hund mit einer brennenden Zigarettc geneckt, und der Hand, nicht dumm, hat angegriffen Er ist ein streitfüchttger Mensch, Euer Gnadenl« D e r V a t e r Von Johannes Bololt Eiu moderues Märchen im qltchinestfcheu Ton Von Ososts A. 11. schwit- Von A. P. Tsohochow Der Polizeiinspettor Otsfchumjelow macht feine Runde über den Marktplatz7 et bat feinen neuen Mantel an und hält die Kante in der Hand. hinter ihm schreitet ein Wachmqnn, der ein mit sonst-dienen Stachelbeeren vollqeftopftez Sieb trägt. Ringsherum herrscht Stille .. . Keine lebende Seele ist zn sehen, nicht einmal ein Bettler . . . Der bleiche Herr Venn hatte gerade sein Dotter- Mzmen gemacht. Als Amerikanist beschäftigten ihn besonders die Götterlulte eines uralten mer-i anischen Stammes, der Podlduzlihuentokerem über den seine hochgeschithie Dissertatidn handelte. Herr Venn hatte diesen schwierigen Untersuchungen die schisthen Jahre spmk Jugend geopfert, aber ich im sti en vorge nommen, nach dem Examen si endlich einmal dem Leben und seinen Freuden mit emselben Eifer zuzu wenden wie hisher seinen Studien. Schon war ein uier Beginn gemacht. Arn Abend nach der Prüfung satte Herr Venn seine besten Freunde zu einem Schmause zu sich geladen, und er selber war unter den kshlichen be onders munter gewesen. Seine sonst so gaffen Gelehrtenwangen färbte die Glut des Weines. Spät geleitete er die Freunde hinunter an die Haus sük, ja er ließ sich sogar noch ein Stück durch die Marz nacht ziehen, dieserste Frühlingsdiifte bewegten wie die Falten eines weiten Gewande-s. Schl eßlich ver abschiedete er sich von den Freunden unter heiteren Gesprächen, um heimzukehren. Zufällig geriet er in eine Nebenstrasze. Aus einem Haus drang üppige Musik, ein staatlicher Mann in bunter Livree öffnete eine Glastür, und Herr Venn trat in einen dämmerigen Raum, wo unter roten Lampen aus grünem Teppich Paare tanzten. Herr Benn setzte si« an einem Tischchen nieder und nahm eine Ersrischung. Jaårelang hatte er nicht tanzen ge sehen, nur gelegentli gehört, daß der Geschmack der Zeit sich völlig geändert habe, und nun sah er zum ersten Male die neuen Tänze, welche die altmodisch ver trauten seiner frühen Jugend eräätzt hatten. Er war etwas enttäuscht. Zu den alten alzern würde seine des Vergnügens entwühnte Seele schnell zurück gcsunden haben, denn bei seinen Klängen hatte Herr Benu, ehe er ein so grosser Gelehrter wurde, bisweilen von zarten Stossöen umfangene Mädchenglieder ge drückt und die tschung der natürlichen Düfte von weiblichen Haar mit den künstlichen, verführerischen Essenzen gekostet. Aber die neuen Klänge und Ge bärden waren für ihn niest mit lockenden Grinnerungen beladen. Herr Venn ftt ltc sich tu dieser Lust plötzlich einsam und gänzlich unfähig, daran teilzunehmen. Um Zu her saßen mehrere Frauen und Mädchen, die sein vhlgefallen erregten, aber in einem fort wurden sie von Tänzern auf den grünen Teppich geholt. So kam es, das-, während eine besonders beliebte Melodie ge spielt wurde, die Ecke des Saales, in der Herr Venn sich befand, einen Augenblick ganz menschenleer war. » · i Während Herr Venn träumend über die verlassenen’ Tische und Stühle blickte, überkam ihn eine tiefe Ent-» tituschung- ja eine zähe Schwermut. Er hatte sich seinen Rückkehr ins Leben sehr einzach gedacht: das Vergnügens harrte ta. auf Schritt und ritt, man brauchte es nurs zutsassem Aber sv war es nicht. Auch hier gab es« bes mmte Brauche Riten, Symbole, und während ihm die der Podlduzlihuentokeken bekannt waren bis zu den Zehenbewegungen, die vorgeschrieben waren beim Anrufen der Gottheiten, fehlte ihm hier plötzlich jsede Kenntnis der Quellen-und Kommentar-e Jnde sen herr Venn voll Betrübnis diese Feststellung machte, vernahm er pldhlich hinter sich das Rascheln eines Gewandes. Er drehte sich um: hinter einer Säule war eine Frau hervorgetreten die ihn geheimnisvoll anlächelte. Ihre-Haut war sehr dunkel, das schwarze Haar lag glattsum den Kopf. Das regelmäßige Gesicht aber hatte einen Ausdruck, dessen Gewalt Herrn Venn völlig gefangen-tax . Die dunklen Augen und der erbarmungslvs s n gesormte Mund verrieten eine Tiefe, die an get i erinnerte und dennoch war nichts Finsteres. ni ts s neudes in dein GYcht. Wohl war die Nase streng ge chnitten, aber das « euer dieser nächtigen Augen«wur«sanst,· und als·sich die starken Lippen öffneten, zeigte ge zwischen warmem Rosa eine so süß lachende weiße ahnreihe, daß Herrn Venn in seiner Ehrfurcht gegenüber dieser Herrin zugleich ganz heimisch zumute wurde Er hatte sich unwillkürlich erhoben. Mit einer Unbefangenheit, die ebenso fern war von der Keckheii der gewöhnlichen Besucherinnen dieses Ortes, wie von der ängstlichen Zurückhaltung ehrbarer Damen, ließ sie sich bei ihm nieder, und jetzt erst bemerkte Herr Venn die Kostbarkeit ihres Ge wandes das sie zart und in erloscheuen Farben zu umschaumen schien.’ I " . »Du lügst, du Lahmert Du warst nicht dabei, weshalb lügft du also? Seine Gnaden, der Herr Jn fpektor ist ein gebildeter Mensch und er wird einsehen, wer vor Gott die Wahrheit spricht. Und selbst, wenn ich nicht die Wahrheit sage, soll der Friedensrichter entscheiden. Der kennt das Gesetz! Heute sind vor dem Gesetze alle gleich. Jch habe sogar einen Bruder, derll bei der Gendartnerie dient, wenn Sie wissen wo en . . . ! »Sei-« wohl, Vater«, sagte thinemarie. « » Er nahm ihre Hand und küßte ihr die ».-.ts.rn. « -,Möge es dir gut gehen im fremden Fano .-:1 willst fort, und ich maa deinen Witten nicht lie;;:ixi.:ii. Du hättest auch hier auf eigenen Fiiizen stehen trink-en. wenn dich die Abhängigkeit von deinen wies-n schreckte. Aber du hast es nun anders bei-I)lt:k...sn. Leb’ wohl, mein Kind« » Sie blickte sinnend und mit einem Anedrudl zarten Forschens zu ihm aus. Sein Gesicht ers-men anri) sejji in seinen festen Linien unbewegt. Und dann jun ne die Mutter, die ihm zur Seite stand, Sie»3k—-h ds- Mntter und erschrak über die schmerzliche, drumszenise Aufmerksamkeit, mit der die zierliche schnchterne »Hm in dieser Stunde aualoollen Abschied-z den ("-·7a«ien betrachtete. die in den stillen blauen Auan wie eine geheimnisvolle Flamme in dunklen Tiefen der Seele flatterte Der Mann spürte die seinen Schwingungen nicht, die aegen ihn prallten. Und die Tochter empfand iplötzlich tiefes Mitleid für ihn. Ihr wars-, als- sei ;er im Grunde einsam, als stände er fremd neben lMutter und Tochter. Und sie meinte, er habe bistana nie innigste Verbandenheit mit ihnen erlebt. »Vateri« ilüsterte sie und neigte jäh den tisws ,geaen seine Brust. Da fühlte sie seine Hand ans iihrem Scheitel. Und aus dieser Hand, von der sie .zuvor noch nie so. innig berührt worden war, dran-J Lein Strom von Liebe und Güte in sie ein. Betroffen gestand sie sich, daß sie in innerer Unzulänglichkeit das Empfinden des Vaters für sein Kind nie recht ermessen hatte. Die Scheu, die sie von jeher ihm gegenüber bedränat hatte und die ans der strengen Unerschütterlithkeit seines Wesens entstanden war, wich von ihr. Sie hob das Gesicht und küßte ihn auf den Mund. Zum ersten Male in ihrem Leben küßte sie ihn auf den Mund. Die Mutter fuhr betroffen auf. Doch dieer Erschrecken ward schnell erstickt von der harten Not wendigkeit, die nun gegen die Frau herandränate Die letzte Minute war da, erfüllte sich mit unaehenrer Bedeutung in einer schmerzdurchbebten Umarmnna, in der das scheidende Kind alles gab, was es unent wegter, unerschöpflicher Mutterliebe geben konnte. Dann verließ der Zug den Babnbof. ,Beißen tuft du, verdammtes Mehl« vernimmt plötzlich Otfchumielow. »Lasset ihn nicht ourcht Beißen ist verboten! Haltet ihnt Ah .. . Thi« Lautes Hundegebell. Otfchumfelow dreht sich um und er steht, wie vom Holzlagerpiatz des Pitfchugin ein Hund auf drei Beinen einherhtipft. Hinter ihm rennt aber ein Mann mit aufgekndpfter Weste. Er läuft hinter dem Hunde ber, mit vorgeneigtem Körper, fällt zu Boden, den Hund bei den Hintcrpfoten erst-sehend Wieder ist lautes Htindcgebell zu vernehmen. Der Mann ruft: »Laßt ihn nicht durcht« Aus den Geschäften kommen schläft-Mc Gestalten, nnd wie aus dem Erd boden hervorgefchoffen, steht plötzlich ein Haufen Leute um den Holzlagerplatz verfammeln Meine Ordnung, Euer Gnaden!« sagt der Wach mann. ! «Keine Erläuterungeni« » »Nein, der Hund gehört nicht dem General-C be merkte, in Gedanken vertiest, der Wachmann. »Der General hat keinen solchen Hund. Seine Hunde sind größer, rassiger.« »Weißt du das bestimmt-« »Ganz bestimmt, Euer Gnaden . . .« »Auch ich weiß," daß die Hunde des Generals wert voll nnd von edler Rasse sind, während dieser hier —- weiß der Teufel! Kein Fell, kein Aussehen; er scheint minderer Abstammung zu sein. Und ein solches Tier hält man?! Wo bleibt der Verstand? Wenn so ein Hund in Petersbuvg oder Moskau erwischt wird, wißt ihr, was dort geschieht? Da wird nicht erst lange im Gesetzbuch nachgeschlagen, man nimmt ibn und weg damit! Chriukin, du darfst die Angelegenheit nicht aus sich beruhen lassen. Man muß der Sache nachgehen!« ~Vielleicht gehört er aber doch dem General«, über legte laut der Wachmann. »Man kann es ihm zwar nicht von der Schnauze ablesen. Jch habe dort im Hofe neulich einen ähnlichen Hund gesehen.« »Natürlich gehört er dem Generali« sagte eine Stimme ans der Menge. »Hm! Eldyrin, werse mir den Mantel um, es fröstelt mich. Du wirst den Hund zum General bringen und dort nachfragen. Sage, ich habe den Hund gefunden und hingeschickt. Und sage auch, man soll ihn nicht auf die Straße lassen. Vielleicht ist es gar ein wertvolles’ Tier, und wenn ihn jedes Schwein mit der Zigarette necken wird, kann er leicht draufgehen. Und du Dumm kopf, gib die Hand herunter! Es ist nicht nötig, daß du deinen dummen Finger zur Schau trägstl Du bist dir selbst schuld darant« «Da kommt der Koch des Generalb, wir werden ihn fragen. Du, Prochori Komm näher, mein Lieber! Schau dir einmal diesen Hund an! Gehört er Euch?!« Otschumielow macht eine Biegung nach links und nähert sich der Ansammlung. Beim Tor des Holzlagers steht der Mann mit der ausgekndpsten Weste und die rechte Hand bochhaltend, zeigt er der Menge einen blutigen Finger. In seinem halbtrunkenen Gesicht ist zu lesen: »Ich werde dir schon geben, Besiiet« In dem Manne erkennt Otschumielow den Uhr macher und Juwelier Chrjukin. Der Urbeber des Auslanch aber, ein weißer junger Windhnnd mit großer Schnauze und einem gelben Fleck am Rücken, sitzt inmitten der Menge ans der Erde, die Pfoten ausgebreitet und am ganzen Leibe zitternd.- Seine tränenden Augen drücken Angst nnd Schrecken aus. »Was ist hier vorgesallen?« fragt Otschumjelow, sich durch die Menge drängend. »Was gibt es hier? Was ist mit deinem Finger? Wer bat geschrien?« »Ich gehe, Euer Gnaden, niemanden belästigend, meines Wege-BE beginnt Chrjukin, in die Faust bustend, »um Holz mit Dimitris Moitrosanowitsch da packt mich plötzlich, ich weiß nicht weshalb, dieser nieder trächtige Hund beim Finger. Sie entschuldtgen, ich bin ein Handwerker. Meine Arbeit ist äußerst sein nnd» präzis .. . Der Schaden muß ersetzt werden, denn es ist leicht möglich, daß mir wegen dieses Fingers eine ganze Woche verlorengebt. Auch das Gesetz läßt es nicht zu, daß man wegen einer Kreatur zu Schaden kommen soll. Wo kommt man bit; wenn einen jeder Hund beißen würde?« Abends mäßigte sich der Schmerz der Frau. Und nun erst sprach der Mann mit ihr über die Wenduna in ihrem gemeinsamen Geschick. »Wir haben heute nur das erlebt, was allen Eltern beschieden ist«-, sagte er. »Das muß uns trösten.« »Es ist nur ein dürftiger Trost.« »Gewiß. Und eigentlich ist es überhaupt kein Trost. Immerhin: es liegt darin ein Hinweis auf das, was jeder rechten Ehe wahren Sinn gibt. Wir kamen in Liebe zueinander, aewannen ein Kind. auf das wir vereinigt unser Gefühl richteten, und sieben nun wieder da, wo wir anfangs waren. neben wieder seinand·e«3, was wir an Liebe geben können. Jst es o aut. »Ausgeresnet unsi Wir haben nie einen solchen Hund« gehabt! « »Das lange Hemmsragen ist ganz unnötig«, sagt Otschumlejom »Es ist ein herumvagabundierender Hund. Wozu die langen Auseinanderfetzungem Es steht fest, herumvagabunbierende Hunde müssen ausgerottet werden, damit bastai« »Der Hund gehört nicht uns«, spricht Prochor fort fahrend, »fondern dem Bruder des Generals, der un längft zu Besuch gekommen ist. Unser Herr hat keine Foxgebe Tür Windhunde. Aber fein Bruder ist ein ie .. . « »Hm! ja!« spricht Otschumjelow bustend, die Augen brauen zusammenziehend »Ja, wem gehört der Hund? Ich werde das nicht so auf sich beruhen lassen! Ich werde schon zeigen, wie man aus Hunde achtzngeben hatt Es ist höchste Zeit, den Herrschaften, die sich den be stehenden Vorschriften nicht fügen wollen, aus die Finger zu klopfeni Wenn der Kerl bestraft werden wird, wird er schon wissen, was Bunde und andre herumoagabundierende Tiere bedeuten! Ich werde ihm schon zeigen! Eldyrin,« wendet er sich dann an den Wachmann, ,eruiere, wem dieser Hund gehört und setze ein Protokoll auf. Am Ende ist er gar wutkrank. Wem gehört dieser Hund? srage ich.« »Mir scheint, dieser Hund gehört dem General Schigolew«, sagt jemand aus der Menge. »Dein General Schigolew? Hmi Eldyrin, halte mir den Mantel. Es ist schrecklich beißt Wir bekommen sicher einen Regen. Es ist mir nur riitselbast, wie dich der Hund beißen konnte«, wendet sich Otschumjelow an Chrjukin. »Er reicht dir ja gar nicht bis zum Finger. Er, der kleine Hund, und du, ein so großer, baumlanger Mann! Du hast dir gewiß mit einem Nagel den Finger verwundet, willst es, nun auf den Hund schieben. Du( glaubst scheinbar , . ·. wir kennen das schont« « ·"Sid schwieg. Es dämmerte, und sie saß im Schatten. Er konnte nicht erkennen, ob fic aus Wssdzsstpepen sde 111-s zSchJllFsskss Ochs-DIES-» . , "Ers ging auf und ab, ·blieljfabåkfsfc·kjließlich stehen, um anzudeuten, daß er von ihr eine Aeußernna erwapxetr. »So! Wladimir Iwanowitfch ist gekommen?« fragt Oifchumjelow mit einem vergnügten Lächeln. »Sieh mal! und ich habe es gar Uxcht gewußt! Zu Besuch ist er gekommen2«- -Ja.« »Wir wären ietzt unrettbar unglücklich-C fuhr er nach einer Weile sort, »wenn unsre Ehe nicht so gewesen wäre, wie sie sein mußte. Gottlob, wir haben keinen Grund, unglücklich zu sein.« Nun endlich sprach sie. »Hast du Annemarie wirklich lieb gehabt?« fragte sie langsam und stockend. Er machte einen Schritt zur Seite, der unaelenk zanssah und bei dem Manne des sicheren Schrittes jwie ein Ausdruck hilfloser Betroffenheit wirkte. »Eine solche Frage habe ich von dir nicht erwartet«, sagte er schwer. « »Nicht?« Er trat dicht vor sie hin. Sie fühlte sich bedrängt und leate verstört die Hände vor das Gesicht. »Törin!« schalt er sie ruhig und nicht ohne Freundlichkeit Dann schritt er von ihr sori, während das Wort in ihr nachtlana und unruhiae Nachdenklich keit in ihr wecktr. »Wir wollen dabei bleiben«, fagte er. »daß es so mit uns steht, wie wir es wünschen müssen. Mein Gefühl fiir dich ist nie erschüttert worden. Ich habe immer dir gehöri. Es ist möglich, dasz ich dir mehr gehört habe als unserm Kinde. Und es mag sein. daß ich in Annemarie vor allem dich liebte. Aber heute nicht wahr? heute darfst du dadurch beglückt sein. Ich war dir immer treu. Jn allen Begebenheiten meines Daseins, in allen Begeanunaen mit andern Menschen waltete bestimmend meine Liebe zu meiner Frau.« Er lachte leise und glücklich. »Ich habe nie Versuchunaen kennenaelernt. Jch war der Treue würdia, die du mir bewiesen hast.« Sie ließ die Hände sinken und sah beunruhiat und nicht ohne Angst zu ihm aus. Ihr Gesicht schimmerte hell und geisterhaft im Dämmer-Frau des Zimmers. Jhr Blick war wie eine Walluna, die aeaen den Mann schwana und sein Herz traf. h »Was hast du?« fraate er und trat näher an sie eran. «Schauschau, zu Besuch ist er gekommen und ich habe es gar nicht gewußt! Dieses Tierchen gehört also ihm? Es freut mich sehr - immerhin - es ist ein lieber kleiner Hund . . . und so flink, beim Finger hat er ihn erwischtl Da,«ha, ha!« Prochor ruft den Hund zusich und cntsernt sich mit ihm. Die Menge sichert über Chrjukin. »Ich werde dich noch verhören!« droht ihm Otschttul - und sich fester in seinen Mantel hüllend, setzt er den Rundgang über den Marktplatz fort. (Dentsch von Grete Neufeld) Sie machte-Herrn Vcnn das Gespräch leicht, war entgegenkommend, aber ohne im mindesten Hoffnungen zu erwecken. Sie erriet, daß er cin Gelehrter fei, und zutraulichwte Jeiii«Kitabe erzählte er ihr von seiner Arbeit, dein Doktorschmaus, seinem Vorsatz, nun das Leben zu. genießende sich inzwischen andern Tänzen zugewandt hätte als den verirauten seiner Junan Sie zeigte ein faft mütterliches Verständnis nnd er tlarie, selber schon viele Modewechsel erlebt zu haben. Durch diese Worte wurde Herr Venn veranlaßt, sich zu fragen, wie alt seine Partnerin wohl sein mochte, die ausfah wie eine Frau in der Entfaltung ihrer schönsten Blute. Sofort erriet sie diese Frage und faaie lächelnd sie sei viel, unendlili viel älter, als sie scheint Die Musiker büllten ihre Instrumente ein, einige Lampen erloschen, der Raum leerte sich, es sollte ge schlossen wert-en. Herr Wenn-erwachte wie ans einem Txauny und» soffort fragte er sich, wie er es anfangen Unive, ohne au dringlich zu erscheinen, diese Bekannt schat fortzusetzen. Als sie auf der Straße standen und der stattliche Mann in bunter Livree die Tür von innen schloß, reichte feine neue Bekannte Herrn Venn M Hand und sagte-: »Gut-auen Sie mich in einer Stunde in Ihrer Wohnung.« Damit verschwand sie iv plötzlich, wie sie gekommen war. Sie senkte den Kopf. »Ich kann nicht« - stammelte sie - »ich" kann nicht in dieser Stunde unehrlich sein. Und ich möchte doch auch - dich vor Schmerz bewahren. Ich weiß nicht. was ich tun soll.« Er richtete sich aus und wandte sich lanasam dem Fenster zu. Sie beachtete voll Besorgnis sein strenges, sestes Profit, das nicht erkennen ließ, was ihn bewegte. »Doch«. sagte et ruhig. »Du weißt. was du tun sollst. Jedenfalls mußt du es wissen, wenn du dir Mühe gegben hast, mich kennenzulernen.« Sie sann einen Augenblick. »Ja«. erklärte sie dann. »Du sollst erfahren, vie es war, was geschehen ist. Das beißt nein —- geschehen ist eiftmtlich nichts, wenigstens nicht-, was als Begebenbe gelten könnte. Aber da du nun einmal von Treue sind,-Versuchunan sprachst s- ich « IT? LäthFndYt Ti« ’M Im o e e sitt dann erlosg das Ungeme dieser Bewegung in eine ungelenk s wingenden Geste. Und vlddlich lächelte et. v Hyydchte wohl ersah-en. was du unter Undene In tiefer Niedersefchlagcnheit ging Herr Beim MS Haufe, denn er g anbte nicht einen Augenblick an dieses Versprechen Woher sollte sie denn seine Adresse Wissen? eine Bekannte war offenbar eine große, Vvknebmc Dame, die, weiß Gott warum, vielleicht ans Neugier an jenen Ort gekommen war und nun eine sehr nunmtige Form gefunden hatte, das harmlose Abenteuer zu beenden. . Herr Venn bewohnte zwei Stuben von bürseelicher Vsbaålichkeih wie es bei älteren Studenten ver Brauch ist« cs er sie in dieser Nacht betrat, kamen sie ihm recht trübfelig nor. Noch fak man auf dem Estäch die Reste des Dotterfchmanfes, eere Flaschen »und Mee. Stüble standen umher, und eine licht-Dem von kaltem Tabakstmalm durchtränkte Luft ag in dem Raum. M ob es denkbar wäre, daß feine Bekannte Wort halten würde, säumte Fett Venn ans lttßety deckte den Tisch neu und fte te eine Flaf e ein, zwei dickliche Gräser ansehen-teuer spat-ei made Dam schritt er wehmuti hin und hei, und m seit dem Abschied autder äteaß fast eine Stunde vezangen DU- ging er sich fetcbee einen Narren f ltend, Immer- mn die Schöne vor dem- cau- zn erwarten, je doch nmngsglgh txt der Dunxexbttt Allein ou ihm c- wtw als versuchte sie M feinem W Beistand zu gewinnen. Auch sie verzog den Min einem Ausdruck freundlicher Ungeriihttbeit « ~Vielleicht«, sagte sie, »iit meine Auffassung in deinen Augen engherzig. Eine Frau ist ja viel W G de- Mm sin- W slsinausfinden konnte. Das linde Märzlüsichen hatte sich inzwischen in einen schneidenden Wind verwandelt, Hund nachdem Herr Benn vergeblich eine Viertelstunde aus und ab spaziert war, ging er mißmutig hinauf, um Jsich schlafen zn legen. I Als er sein Wohnzimmer betrat, saß ans dem Sosa seine neue Bekannte und ordnete die Blumen in einer Vase. Die verschiedensten Gefühle erfüllten Herrn Venm Entzücken-, Ehrfurcht, Schrecken und soaar eine gewisse Ungehaltenheit iiber das Unbegreiflichc des Vorgange-, denn Herr Venn war ein Mann der Wissen schaft und. wünschte nach dem til-ersichtlichen Gesetz von Ursache nnd Wirkung zu leben, aber zugleich war er» swohlcrzogem und so näherte er sich seinem Besuch mit» einer Verbeugung nnd fragte: »Mit wem habe ich eigentlich die Ehre?« »Ich bin", so antwortete die Dame, »ich bin die Liebesgottin der Todlduzlibuentotekem deren Götter kulten Sie sich mt so anerkennenswertem Fleiß ge ivsdznet haben. Dies verdient Belohnung, und so bin a. Herr Vcnn sank auf die Knie, die Göttin zog ihn laqu zu sich und flüstertc: »Du gelehrter Mann weißt a meinen Namen-« »Qadlprizwuenkledidl!« rief Herr Beim über wältiqt, nnd in dieser Nacht wurde ihm mehr Freude «uteil, als er in den Jahren fleißiger Studien der Er »forichung des Stammes der Podl uslibuentokelen an jwe tlicher Lust geopfert hatte. - » Diese Besuche der Liebesqöttin Qadlprizwuens kledidl bei Herrn Verm wiederholten sich nun fast all nächtlich. Zur Zeit des Neu- und Voll-notwe- blieb ge freilich aus, weil iår in diesen geili en Nächten der erkehr mit Sterbli en wegen ltlsder Abhaltung verboten war. Der gelehrte Herr Venn verstand dies vollkommen« Nur unter ihrer Rölftägigen Abwesen-: Zeit qeqen Ende des Monats ai litt. er sehr. Um» iefe Fett wgr dei den Podldukltguentoxeten das Fest» der ünglingsweihe, dessen uYgdttin Qadlpriz-. Wes-« »He Des-»g- Mgss gess- Essig-Mist ~ an,endrgngee eme aes Herr Verm fekbst ifehr genau erforscht. . Die Nächte des Herrn Benn waren unerträglich· Von Eifersucht ge EIN-ruhte er- sich die-U iete vorstellen glx MXM Eli-stinkt ichamlviex Fiv .. en. denen sie ihr von ihm so geliebtes Lächeln zeigte. Es half nichts, daß er sich immer wieder sagte, alles dies könne sich ja nur in der sogenannten astralen Welt voll iehen, da der Stamm der Podlduzlihuentokeken im Fleische längst ausgestorben war. Schließlich erfaßte ihn eine wahre Wut gegen die siitenlose Göttin nnd er erwog. ob er sich nicht gänzlich von ihr lossagen und ein Mädchen aus einer ihn wohlbekannten Familie zur Frau nehmen solle· Nichtsdestoweniger erwartete er mit Ungeduld die Nacht, in der sie zurückzukehren versprochen hatte. Als die Stunde geschlagen hatte, um die sie sonst hinter einem an der Wand stehenden hohen Spiegel unhörbar hervorzntreten pflegte, er blickte Herr Venn plötzlich eine schwarze Spinne von einer Größe, wie sie unter diesen Breiten gar nicht vorkommt. Sie kroch in die Cfcke der Glasfläche und spann mit beängstigender Schnelligkeit ein graues, feines Netz, das in wenibgen Minuten den ganzen Spiegel bedeckte. Mit un eimlicher Eile turnte das schwarze Insekt an den Rändern seines Gewedes um her, die es allmählich über das ganze Zimmer aus dehntr. Schließlich war Herr Venn selber eingesponnen, und durch die silbergranen Hüllen konnte er beobachten, wie das unheimliche Tier in das Schlafzimmer kroch und dort dasselbe Werk begann. Als Herr Venn am Morgen in seinem Bett er wachte, fühlte er sich sehr schwach»und heftige Glieder schmerzen durchzogen ihn. Zusallig ans seine Hand blickend, bemerkte er, daß es eine runzlige Greisenhand war, und der Gedanke durchzuckte ihn: Bin ich es oder bin icg es nicht?« Als ihm aber wie immer eine alte Ist-m as Frühstück ans Bettbrachte ihn Herr Professor ;anredete und sich nach seinem Rheumatismus et kundigte, da wußte er ganz genau daß er der siebzig tiibrige Prktsessor Venn war, die hochgeschiitzie Autor - tät altmex anischer Götterknltur, ein Greis, Mut-r dem ein langes Leben gelehrter Arbeit lag die ihm bis heute ntdt die Zeit gelassen hatte, seine alte Stndenteuwohnuns m einer andern zu vertauschen. Die alte Wirtin ediente ihn schlecht und recht. Er stellte·keine grossen Insorderuncgen an ze, aber mai-Y -mal fiel ihm ihre Lässiakeii do aug. o sagte er"i r an diesem Morgen mit- großer San tmut: »Sie sollten doch die Wohnung wieder einmal segen, liebe Frau. überall sehe ich Spinnennetze« i 5220 lOs 110111 .. Me» um« s- 7-l(-- lUC ist-. Mel-sm- syst-»lst 21 s Uhr) nl·s w-·- C — u- s. m i. Eos-la sit Mk solt-n tun su. seist-. 21 111 mimkts U in Trioff spat-t- m- Ich-» Ist- M treu »sc- W« M Cis Nr. Es. -. los-. . W ekle Ik les- Ell »Ton- Ist-) M idlk 48250 IcEs s- is- 45261
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