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Dresdner Neuefte Nachrichten Wiss EIN M est-W XII-W Unabhängige Tugeszeituug EIN-IMME- ZMMLZZWM —1 CON MZZM«·»Z«O.-quÆ« THATka VII-TM nH d l d dri n PMB RAE-« VVYMRZFM« MERMIT- I « optd Inn- c , st «2 . . : www-ess- MOM a- MMMWD M m Mcs Un In U e e Uns MLIYMM Wssmsssssw 10 Ewig ists Keimva VMW Und Vaupfseschckstsstelle Dresden-M Fetdiuaudstn H. · Form-us- 20 029 22 Ost, 22982, 22 gös. · Decechmmu Reuesie Dresden. · Postschecks Vase-den 2060 Mcks CITMWM COVM RUCIOIMLMM W stritt-gesandt noch aufbewahft - Im Falle höhern Gewalt, Befriedistökuna odsk streckt beben wish Bezieht seinen Inst-nnd M RQUMI Id« USE-111 « WHAT CIMM Freitag, s. Dezember 1924 xxxll Jahrg M 285 Die iiieitiee Politik iet Beteiligten Staaten SUfammenkunft zwischen Herrkot und Chamberlakn - Die Gelt-quellen des HitlersPutsches Beginn des Niesenprozesses gegen Haarmann General n. Knvl gegen nie nenllmnauanale Dalmitoßleuenne P.«Bekl«kk·. 4.« Deapmlzet «(Eia. Drahtbexkchtj sind den bisherigen (nnd, wie man fest weiß, aus Anspruch eines Reichdmintstersf nicht oerdssentlichten Gntachten ftir den oarlantentarischen Untersuchungsausschnß verdssentltchen heute Berliner Blätter ein paar Auszüae In dem G n t - achten des Generals v. Kuhl heißt es nach dieser Quelle unter anderm: »Einem-read ist es anaiiuaia. zn behaupten, der stieg sei ledialich durch Unterwühlung des seeres nnd die Revolution ver loren u- o ed e n . . . Unsertn bis zum äußersten Grade menschlicher Leistungsfähigkeit erfchöpiten Decke sefslte der Erfah. Es unterlaa der außerordentlichen Ueberleaenheit des Feindes. nachdem die Amerikaner in unaenhnter Stätte ans dem westlichen Kriegsschanolatt erschienen waren. Der Zufammenbruch von Bulaariem Tiirtei und Oesterreichsliuaatn raubte iede soffnnna ans den glücklichen Ansaana . . . Die Behauptnna, daß lediglich der «Doltilftosz« ans der Heimat nnö des .Sieaes beraubt habe, lässt sich somit nnter He keinen Umständen aufrecht er , halte n ~ . .·· Jn dem Gutachten des Obersten Schwerdt fege r wird als besonders schlimm bezeichnet, daß man ed unterlassen habe, die w i r l l i ch e Gesamtlage dem ganzen deutschen Volk mit hinreichender Deut lichkeit zu schildern. Man hätte schon nach dem » Scheitern der Ossensive bei Reims den Entschluß fassen müssen, der Nation volle Klarheit zu geben.l Gin Ausruf an Volk und Heer hätte jedenfalls ersolgenl müssen, ehe die Nation ganz unvorbergcsehcn mit der Notwendigkeit eines soforttaen Waffenftllls statt-des bekannt-gemacht wurde. - Es tft wünschens wert, daß das gesamte Gutachtcn so bald al- möglich veröffentlicht wir-d. Schweizerische Geldgeber Billet-IT B. Berlin. 4. Dezember. sEigener Drahtbericht.) Von einer bekannten Persönlichkeit in der Seh weiz, die sich aus amtliches Material stützt, wer den dem »Sozialdemokratischen Pressedienst« Ent hüllungen über die Finanzierung des Hitlers P u tsch e s im November letzten Jahres gemacht. Da lnach sollen seit langer Zeit Beziehungen zwischen ge ! wissen Kreisen der Schweiz thinaewiesen wird dabei sbesonders aus eine hochgestellie militärische Persönlichkeit der Schweiz, die unter Um ständen mit General Wille, der eine Gräsin Vismarct zur Frau hat, identisch sein dürstei und den völkischen Organisationen bestehen. Diese Be ziehungen hätten das Schweizer Justizdepartement und die Bundesanwaltsehast zu einer a m t l ich e n U n t e r suchung veranlaßt. Nach Aussage des gleichen Ge währsmanneg sei die Finanzierung des HitlersPuischeZ im wesentlichen durch schweizerische Geld g eb e r besorgt worden. die von Hitler und Ludendorss persönlich dazu veranlaßt worden seien. Hitler sei im Herbst vorigen Jahres zu dem Zwecke in der sssweiz gewesen. Auch Ludendorss habe sich in der Schweiz auf gehalten. Auch in München hätte Ludendorss den Be - suli eines schweizerischen Generalstabs offizte r s erhalten, der sich mit ihm über die gegen seitigen Beziehungen dieser Organisationen unten-hielt Die Botschaft Coolidges an den Kongreß Hilfe für Europa, aber sein Geld für militärische Zwecke - Ablehnung des Völkecbundes - Bediugte Anerkennung eines Weltschievsgerichtshofs O Washington, 4. Dezember. iDurch United Prcßi Juseinerßotschaft an den Kongreß betonte Präsident Coolidae zunächst die guten Beziehungen der Vereinigten Staaten sum Ausland, die in den letzten zwölf Jahren niemals so befriedigend gewesen seien wie jetzt. Frieden sei der leitende Grundsatz aller ame rikanlfchcn Außenvolitik. In der Betonung und Durch führung der Auffassung, daß der Wiederaufban Euro pas ein wirtschaftliches und kein politisches Problem sci- habe Amerika seine Mitarbeit geleistet, deren Er folge bereits erkennbar seien. »Wir wiinschen Europa wiederher neitellt sn fehen«. beith es weiter in der Vot schaft. «danrit es seine Produktivitiit wiederaewinnt nnd den Fortschritt der Zivilisation fördert.« Auch Privatleute sollten diese Bestrebungen unter stützen, doch sollte eine derartige Hilfe nicht ftir wilitärische Zwecke noch für nngesnnde Unterne h m n n g e n gewährt werden« Ein Erfolg würde aber nur eintreten, wenn in der ganzen Welt man zu Opfern bereit wäre. Coolidge forderte die ganze Welt auf. »b art zu arbei t e n. Selbstver leugnung zu üben,«die Ausgaben einzuschränken, mehr du sparen und die Schulden zu bezahlen«, denn das seien die besten Mittel zur Sicherung von Ruhe itn Innern und Frieden in den internationalen Beziehungen Trotz des Willens, ain Frieden mitzuarbeiten, seien die Vereinigten Staaten nicht bereit —- dies betonte Coolidge tnit besonderer Schärfe —, in den Völkerbnnd einzutreten Die Teil nahme an einem Weltaerichtshof nntersttitzte Epo lidge. allerdinas niit den bekannten Hundes-Dar dlnnichen Einschränkungen daß ein Land nicht ge zwungen sein soll. den Gerichtshof anzurufen, son dern das- dieses Unrnsen ein freiwfliges sein soll. Er erklärte sich mit einer weiteren Ein schränkung der Rüstungen einverstanden wies aber darauf bin, daß die Pläne dastir vorläufig ruden in Erwartung der Resultate der profektierten enropäischen Konserew Nach seinem Dafürhalten sollte die Frage der Kodtsikation des Völkerrechts zu erst von Juristen untersucht werden, ehe sie einer Kon sereni der Regierungen unterbreitet wird. Cooltdgc stidrte weiter aus, daß er seine volle Sympathie der Frage der Ungeseylichkeitsertlärung aller Kriege ent ataenbrtnge " Einer Streits-sing der Schulden widersetzt sich die Voischaft aqu entfchiedenfte, weist aber auf die Mög lichkeit bin, daß die Bedingungen sue Fundienmg v e r - ichiedeue fein ihn-um« te mich der Fähigkeit des. Sondetkabeldienst der Dresdner NeuestenNachrtchten Schuldner-T Aber im Prinzip ~foll jedes Land feinen Vexpflichtungen nachkommenx hierin gibt es keine Unterschiede-C Sodann verteidigt die Botschaft di.e Schutz-Hölle fo mie die Einschränkung der Einwanderung, unterstützt aber mit Bezug auf letztere eine gewisse Milderung, die die Einreife von Personen, deren Familien sich bereits in den Vereinigten Staaten befinden, erleichtert wissen unli. Coolidge defürwortete sodann eiue Flotteupolitik, die sich eng an das Washingtoner Ahkommen hält. Er wandte sich scharf gegen die von einigen Marinekreisen getriebene Propaganda, deren Berichte von einer Nicht erfüllung des Abkomntens durch die andern Unter zeichner wissen wollen. »Die Berichte häufen fich«, sagt die Botschaft, »die uns von der Größe der militärischen Austtistungen andrer Nationen erzählen. Wir werden gut tun, uns nicht zu sehr durch diefe Berichte, auch wenn sie sich auf Tatsachen stützen-, beeinflussen zu lassen« Jede Nation, die ihre Militärntacht aufrecht erdält zwecks Verfolgung imperialistischer Ziele, wird bald finden, daß sie wirtschaftlich schwer gehanditaupt ist. Jch glaube, daß unsre Armee und Marine für die Landesverteidigung genügt. Ich bin aber gegen jedes Wettriilten zu Lande nnd zu Wasser. Der Präsident weist die Armee und Mariae darauf hin. sich immer vor Augen zu halten, daß die Ver einigten Staaten die alte Idee der Gewaltanwendung zur Regelung von Mcinungöverschiedenheiten auf gegeben hat. »Ich wünsche ganz besondere-C erklärte Coolidge, »daß das Ausland die Aufrichtigkeit sieht, mit der wir diese Stellung eingenommen haben-C und schließt: »Ich wünsche, daß alle Völker der Erde in der amerikanischen Flagge das Symbol einer Regierung scheu, die keine Unter drückung in ihrem eigenen Lande und keinen Angriff auf andre Länder will.« Chambetlain in Paris Telearamm unsres Koxtesponhentezt oh. Paris, 4. Dezember. Heute vormittag wird Her-riet den englischen Bottchaiter empfangen. um die letzten Dispositiouen für den Em p i a n g d e s e n g - lilcheu Außeumiuiiters Chambetlaiu su treue-. Heute abend trifft Champerlain in Paris ein« Die Zusammkuuit mit Herriot ist iiit morqu U Uhr am Quai »Ortss- ieiiaeiest. wo zu Ehren Mit-bet lains ein Essen itattfiudet. Nachmittags wird der-emi iiiche Auf-entnimmt dem Präsidenten der Reyublik einen Beiuch abstatten. Die Gegensätze innerhalb ver Deutschen Volkspartei B. Berlin, 4. Dezember-. (Eigener Drahtbericht.i Herr Dr. Scholz, der derzeitige Jst-ihrer der Deut fchen Volkspartei, von dem man merkwürdigerweise während der Wahlzeit nichts gehört bat, obschon er doch nicht ganz unschuldig daran ig, daß wir jetzt wählen müssen, verbreitet sich im ~ okalanzeiger« über die immerhin ja ganz zeitgetnäße Frage: »Wer wählt weis e ?« und kommt schließlich zu folgender Parole ,,Getreu meinem alten Grundfatz: »Das Vaterland allezeit über die Partei«, will ich meinen Rat »an alle-« dahin zufammenfaffem W ä hie überb an pt - so nur erfüllft du deine Pflicht gegenüber der Gesamtheitl Wäble bürgerlich -- II nur förderft du den wirt fchaftlichen Wiederaufftieg Wilh le va te rol än - difch - fo nur dienft du dem Vaterlandl« Herr Dr. Scholz wird fich mit dieser Parole offenbar sehr weise vorgekommen fein. In Wahrheit läuft sie aber doch darauf binaud daß er freistellt ob man d euts ch national oder Deutsche Volkspartei wählen will. Und das ist eigentlich doch etwas andres, als wag dieser Tage crft in Liegnitz der Partei chef Strefemann empfohlen hat« als er den libe rale n Charakter der Volkspartei auch nach rechts fcharfabgrenitg - Die deutsch-italienischen Wirtschafts verhandmngeu sls Rom, 4. Dezember. (Eig. Drahtbcricht.) Heute beginnen die Vorbesprechungeu für die deutsch italienischen Handelsvertragdvethandlungetn . Das Niefendesizit von Wembley 1 050 000 Pfund Sterling Telcaramm unsres Korrespondenten n-. London, 4. Dezember Der Riefenverlnft der britifchcn Retchsansftellunq zu Wembley tst jetzt in Kahlen festgelegt. Er beträgt 1 950 000 englische-Pfund Sämth stiegen erhielten ein vertrauliches Zittnln von der Neste cung, in welchem diese Tatsache angesündtqt wirb. Do die gesamte gatanticrte Summe nur l 700 000 Pfund beträgt, würden die Büvgeu für ihre ge samte Büraschaft aufsntckmmen haben, falls die Ansstellnnq tm nächs· ten Fabre W wieder eröffnet wind. Der Rest des Ver nsteg wüste onus den Verkauf von Land und UMellinlsoFesäuden deckt werden. Dtc Mittetknng weist jed daran OF: daß eine Fortsetzung der Ausftcllung Im nächsten Jahre die Situation ändern könne. Es set alle dosimmg vors-. banden- baß sie einen staat-stellen crfola beben W Staatsraison und Wahlen Die Angst vor ver Wählerfchaft Das sich selbst befehvende Neichskabineti Von Richard Balus Am 28. November vorigen Jahres-, als Streit-· manns Kanzlerschaft zu Fall kam, rühmie der »Vor wärtd« vom Parlamentarismus: der triebe die Par teien durch die Regierungsnilihle und c,crschwere ihnen so das Demagogenhawdwcrk bei den nächsten Wahlen . Wer den Wahllampf, der nun, gottlob, dem Ende sich neigt, durchlebt hat, wird dieses Urteil kaum unter schreiben mögen. Demagog i s ch e r , mit allen Mit teln einer raffinierten, von keinerlei Ethos kontrol lierten und gehemmten Technik ist in deutschen Landen wohl noch nie gekämpft worden, und mit Betrübnis bleibt festzustellen, daß auch Par teien, die schon in der Realcrunadmüble geschüttert wurden tviclleicht sogar es heute noch werden), g l e i ch fa l l s auf diesen Pfaden betroffen wurden. Die Wahlschlacht wird in ein paar Tagen geschlagen sein, und alles, was man zu ihr sagt, kommt eigentlich zu spät. Immerhin wird man sich Rechenschaft geben dürfen über das, was gefchab, und das andre, wag nach solchem Vorspiel zu erwarten sein w i rd. Es ist in diesen Wochen so viel, oon hüben und drüben, von dem ~starlken Staat« deklamiert worden, den man wieder aufzurichten wünsche. Dennoch sind der ohnehin beträchtlich gefchwächteu Staatsautorität, von den stiirinischen Tagen des Umsturzeö abgesehen, kaum je so viel Wunden zugefügt worden wie zwischen Oktoberende und heute. An sich war dieser Wahlkampf ia überhaupt eine Anomalie und ein Verstoß wider alle parlamen tarische Logik. tEiner von unsern vielen Verstoßen, weshalb wir im allgemeinen Grund hätten, uns bei uns selber und nicht beim Parlamentarismus zu be schweren, wenn dieser nicht immer nach Wunsch funk tioniert.) Als wir, noch vor der Auslösung, einen der Retchsministcr in aller Ehrfurcht auf besagte Anoinalie hinwiesen-ein aktives, nicht nur die Geschäfte führen des Reichskabinett, dessen Basis-, das Bündnis der drei Parteien der Mitte, zerbrach ward uns die Antwort: Glauben Sie denn, daß wär im Kabinett uns ernsthaft zerstreitcn werden? Das maa äußerlich auch nicht der Fall sein. Wirklich berichtet man uns. daß durch die Kabinettssitzunaen allemal auf leisenSchwingen der Engelder Eintracht( zöge Deshalb bleibt die Tatsache doch bestehen, daß dieses Ministerium Tag für Tag in so nndfo vielen Versammlungen mit sich selber in bitterster Fehde liegt. Das Kabi nett Marsztresemann hatte den Reichstag aufgelöst- Und das Kabinett SDZarxStresemann hatte, was für unser Gefühl schon ein Wagnis war, dann noch mit einem gemeinsamen Ausruf an die Wählermassen sich gewandt. Das aber war, mit Fritz Reuter zu reden, »dat Letzte von Jebannen«. Seitber trabt der eine ~.l)ott« nnd der andre »hüh«, nnd mit-unter beben sie die Rüste-am um einander recht unfreundlich zu begeiferie Von Friedrich Meinecke ist fo eben im Verlag von R. O l d en b o n r g, Mitinher ein geistreiche-T fleißiges nnd ausschiußreiches Buch über »Die Jdee der Staatsraison-« erschienen, ani das demnächst in anderm Zusammenhang zurückzu kommen wir nws vorbehalten Jn diesem Buch steht ein Satz, den man in den letzten Wochen täglich von neuem bestätigt sand. Der Parlauienbarismns, meint Friedrich Mein-echt in Anknüpfung an jenes Wort des »Vorwärt6«, von dem wir ausgingen, erfüllt die Parteiführer allerdings vorübergehend-, solange sie regieren, mit Staatsraison: »Aber es hält nicht vor- und die eingefogene Luft der Staatsraison entweicht unter get Angst vor der Wählerschast nur zu rasch wieder. Kein Unbefangener wird bestreiten mögen, daß in weitem Ausmaß Angst vor der Wählerschaft diesem Wahlkanipf die Richtung gewiesen hat. Gegen die Staatsraison, aber auch gegen den Parlamentaris mud selber. Wohl ist es dag gute Recht des parlamen tarifchen Kabinetts, in den Wahllampf führend ein zugreifen. Mit der Aufbietnng feiner ganzen Kraft in ihm für die Auffassung zu ringen, die ed geleitet haben und noch leiten. Im allgemeinen, wie in dem besonderen Fall, der sn der Auflösung den Anlaß gab. Aber einen Kampf, in dem das Kabi nett allmählich iich in verfchiedene ein ander befehdende Partetgrnppen anf iö st, verträgt auch ein fester gegründete-; politisch und fittlich reiferer Parlamentariömuz als der deutsche nicht. Darüber helfen auch die schönsten Fahnen- und Farbenbelenntniffe nicht hinweg: das ist einfach eine andre Form der Anarchie. Es war doch eine unendlich weife Einrichtung in dem alten, konsti tutionell verwalteten Staat, die felbst von den Parla mentspräfidenten schon verlangte, daß sie aus- ihren Fraktionen aus-schieden. Die Politik an fich mag den Charakter nicht verderben. Aber dasz das zumal unter dem Antrieb von Massenbypnose und Massenterror stehende Parteiwesen thn verdirbt, wird ernsthaft kaum sich bestreiten lassen. Den Charakter und, bisweilen, doch wohl auch die Schärfe des Erlenntnisoermögens. Wir haben vor ein paar Tagen berichtet, wie man in Kreisen, die den derzeit regierenden Männern nahe stehen, nach einem tin dem kritischen Punkt) vermut lich unentschieden ausgehenden Wahlkampf die näch ft e Zuku nst sich denkt. Nicht gerade himmel blau, aber doch violett. Etwa im Sinne des alten yStudentenliedesz »Holt ein Schmiß gesessen, ist der FTufch vergessen von dem kreuzfidelen Studio.« Richtia "ift, daß unsereinem, der das politische Geschäft als Be ruf betreibt, eine solche Lösung unter den ohtoaltcndcn Umständen nicht nur wünschenswert, daß sie ihm ancsv vorstellbar erscheint. Man braucht deshalb noch gar kcin Zyniker zu fein. Man wurde nur ab gchä r t et gegen die Macht der Schlagworte, und man lernte, hinter den Vorhang der menschlichen Komödie zu sehen. Die Menge draußen vor den Toren einp findet in den Stücken doch wohl anders. Nachdem man, von Woche zu Woche sich steigernd, die wüstesten Leidenschaften aufgepeitscht hat, wird es schwer werden ihr einzureden, daß alles, österreichisch gesprochen, nur ~Spasfetteln« waren und man eigentlich wieder von vorn anfangen könnte. Derlei vertragen Menschen nicht, die man anderthalb Monate lang durch Wort und Schrift und Bild in die Tobsncht hineingehetzt hat. Und also ist, leider, zu befürchten, daß an die parlamentarische Krise, die uns eine alte, vertraute Begleiterin ist, nach den Neuwahlen ankl) eine recht komplizierte Regierungskrise sich schließen wird.