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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.11.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-11-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19021127010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902112701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902112701
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-11
- Tag 1902-11-27
-
Monat
1902-11
-
Jahr
1902
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VezugS «Preis bl d« HauptrrVbttwn ,d« den b» Stadt- hmb» «ad d« vo«rt«i erricht^« »ns- Gaboßel« «d,«halt! ckerteljShrltch ^4 4.50^ — ziootmakip« tätzNche, Knpellan» in« H« ^l 4.LV. Durch dt« Post b«»og« stüe L«1ichl«id ». Oesterreich oierteljührlich 4, st» tzW übrigen Länder laat ZeituogSpreiSlist«. Lrtaktion ond LrpedM-»: Aehaanttzaff« 8. Fernsprecher ISS «nd SLL Ulfrad Hah«, Bnchhm»dlg., üninersitätsst^i, ». «sch^ »ach«b«isk. 14, ». «ta^tpl. t. Havvt-Flliaie Drerdea: Stwhlener bttaß« 4. Fernsprecher Amt I Nr. 171L. Hauvt-/iliale Serlin: L-niggrätzer Straß« 11«. >er»sp«cha Amt VI «r.««. Morgen-Ausgabe. MpMer. T ag kbl all Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- «nd des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Rates «nd des Volizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Nnzeigen-PreiS die ögefpaltene Petiljeüe 2S Retlame» mrter dem NedakttonAstrtch (4 gespalten) 75 »« v« Familiemu«^ richten («gespalten) 50 H. ^t ibellarischer and Ziffernsatz entsprechend höher. — Eebübrra fiir Nachweisungen und Offertenaanahme 85 («xcl. Porto) Ertra-Vellage« (gesalzt), nur mit der Margen-Ausgabe, ohne Postbesörderung ^5 VO.—, mit Postbesürderung ^5 70.—. Annahmeschluß fiir Anzri-en: Abrud-AuSgaü«: vormittag« 10 Uhr. Morg«»-Ln«gabe: Nachmittag« 4 Uhr. Anzeigen find stet« an die Expedition za richte«. Die Expedition ist Wochentag« «»unterbrochen geöffnet von früh S di« abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol« in Leipzig. Siu 803. Donnerstag den 27. November 1902. 96. Jahrgang. Militärische Lekleidungs- und Ausrüftungssragen in Frankreich. u. sss. Es ist durchaus keine banale Redensart, sondern eine auf Erfahrung beruhende Tatsache, daß von der feld mäßigen Ausrüstung des Infanteristen in nicht geringem Maße -er Verlauf und der Ausgang von Schlachten, ja mitunter des ganzen Krieges abhängen kann. Dieser Tat sache Rechnung tragen-, hat man in Frankreich unmittel bar nach dem Stiege 1870/71 zahlreiche Versuche zur Ab änderung der bisherigen Bekleidung und Ausrüstung des Infanteristen gemacht, ohne jedoch bis jetzt zu Resultaten gelangt zu fein, die allgemein befriedigt hätten oder von fundamentaler Bedeutung gewesen wären. Erst die nach dieser Richtung von dem französischen Expeditionskorps in China gesammelten Erfahrungen und wohl auch die Er gebnisse des Südafrikanischen Krieges haben die etwas in Stillstand geratenen Beratungen über den in Rede stehen den Gegenstand in Fluß gebracht und dahin geführt, daß man nunmehr an einschneidende Aenderungen in der Ge samtausrüstung des Infanteristen hcrangetreten ist. Der Fußsoldat der französischen Armee trägt insgesamt 26^)70 Kilogramm und steht damit, wie aus der nachstehen den Uebersicht über die Belastung des Infanteristen der europäischen Heere hervorgeht, ungefähr in der Mitte, zwischen dem Höchstgewicht des dänischen Soldaten und dem niedrigsten Gewicht, das der holländische Infanterist zu tragen hat. Die Gepäck- und Ausrüstungslast beträgt zur Zeit: Beim dänischen Infanteristen. a , . 30,100 strr . 28,836 - * österreichischen - deutschen . 27,706 - spanischen o . i 27,350 - schweizerischen s , 26,455 , schwedischen er i 26,375 . russischen - . 26,260 - italienischen . 26,200 - B belgischen - . 24,870 - englischen - . 24,500 - s holländische» s . . 23,570 - In vorstehenden Zahlenangaben sind das Schanzzeug und die Zeltausrüstung mit einbegriffen, obgleich diese Gegenstände nicht bei allen Armeen gleich und in überein stimmender Zahl eingesührt sind, so z. B. in Frankreich nicht, wo im Jahre 1876 das Einzelzelt aufgegcben und aus der Ausrüstung des Infanteristen ausgeschieden wurde. Es mag aber hierbei gleich eingeschaltet werden, daß in militärischen Kreisen Frankreichs vielfach der Wunsch be steht, dasZelt wieder in die infanteristische Ausrüstung aufzunehmen und dafür andere Teile des Gepäcks, die weniger notwendig erscheinen, fallen zu lassen. Zu den Gegnern dieses Austauschgcdankens gehört freilich einer der einflußreichsten Generale des gegenwärtigen Frank reichs, der General NLgrier, der auf zwei Gesichts punkte hinweist, die für die Entscheidung in dieser wichti gen Frage nicht außer acht gelassen werden dürften. Ein mal, meint der General, werde der französische Soldat bei einem Feldzuge im eigenen Lande, infolge der hier so außerordentlich zahlreichen Ortschaften, nur in den selten sten Fällen zum Biwakieren kommen und meist OrlSunter- kunft beziehen können, nnd weiter erinnert er an die schlimmen Erfahrungen, die gerade 1870/71 mit den Zel ten gemacht worden seien. Häufig, auf Befehl, unter un günstigsten Boden- und Witterungsverhältnissen benutzt, habe das Zelt nicht nur bei der Aufstellung ungewöhnlich viel Zeit erfordert, sondern auch beim Etnpacken und beim Transport oft unendliche Mühe verursacht, wenn durch Nässe und Schmutz sein an sich schon so hohes Gewicht von 1,820 Äilogrannn um die Hälfte erhöht worden sei. Der endliche Ausgang der Meinungsverschiedenheit über diese Angelegenheit dürfte auch bei uns mit einigem Interesse verfolgt werden, wo ja bekanntlich auch zur Zeit Versuche aller Art in der Gepäckerleichtcrung und Ausrüstungsvcr- Änderung im Gange sind und alle Gründe für und wider das Tragen des Zeltes durch die Mannschaft ganz beson der- in Erwägung gezogen werden. Was nun im einzelnen die bis jetzt einer wahrschein lichen Aenderung unterworfenen Bcklcidungs- und AuS- rüstungsgegenständc für den französischen Infanteristen anlangt» so beziehen sich dieselben auf folgende Punkte: 1) Ersatz der bisherigen Eßschüssel durch einen praktisch geformten Topf aus Aluminium. 2) Ersatz des bisherigen Paares Rcservestiefel durch leichte Schnürschuhe und ein Paar Gamaschen. 3) Annahme eines leichtern, höhern und schmälern Tornisters mit an der Grundfläche angebrachten Taschen zur Ausnahme der Reservcpatronen. Im Zusammenhänge hiermit soll auch gleichzeitig die wichtige Frage der MnnitionsauSrüstung de» einzelnen Mannes gelöst werden, wobei im Vordergrund, ähnlich wie zur Zeit bei uns, der Wunsch steht, die Patro nenzahl zu erhöhen und sie auf 150 pro Ntann zu bringen. Mau hofft für diese Mehrbelastung an Munition einen Au-gleich dadurch zu schaffe»», daß man nach Anbringung der vorerwähnten Taschen am Tornister die Hintere Patronentasche, den Aushänge- und großen Umlauf riemen werde fallen lassen können. Auch die Trageweise des neuen Tornisters will man insofern ändern, als man ihn ein beträchtliches Stück tiefer als bisher hängen und dadurch sein Gewicht gleichmäßiger zwischen die Schultern verteilen wird. Zur Zeit noch ungelöst ist die sehr wichtige Frage der Aenderung des Nocks und des Mantel s. Bekanntlich trägt der französische Infanterist im Manöver wie im Kriege, bei schlechtem wie bei gutem Wetter, stets den Mantel; erst im Quartier vertauscht er ihn mit dem Rocke. Der Mantel ist schwer und lang und behindert die Be wegungen des Mannes auf dem Marsche wie im Gefechte ungemein, und auch der Rock ist unverhältnismäßig dick, so daß er in» Sommer kein gern getragenes Kleidungsstück abgibt. Es wird nunmehr beabsichtigt, den Rock durch eine Art Litewka zu ersetzen und diese als Hauptbekleidungs- stück an Stelle des aus leichterem Stosse hcrzustellcnden Mantels treten zu lassen, der in Znkunst gerollt auf dem Tornister befestigt werden soll. Wahrscheinlich wäre diese Bekleidungsfrage schon längst gelöst, wenn man sich über die Farbe hätte einigen können, die man in Zukunft der gesamten Uniform in der Armee geben will. Durch bis herige Versuche ist in Frankreich festgcstellt worden, daß Weiß am weitesten sichtbar ist, daß dann Blau, Grün und Rot in der Erkennbarkeit ans einander folgen, und daß Grau und Laubbraun am wenigsten zu sehen sind. Kürz lich hieß es in französischen Blättern, zur Zeit würden Proben in Maroncn-Farbe für Mäntel und Hosen an- gesertigt. Wenn mal» bedenkt, daß der französische Soldat zur Zeit Napoleons I. 32,3 Kilogramm zu tragen hatte und trotzdem große Siege erfocht, und daß auch die Ausrüstung des Legionärs unter Julius Eäsar 30 Kilogramm betrug, so könnte man sich fast wundern, warum man sich so viel Mühe mit der Gepäckerleichtcrung für die Infanterie der Jetzt zeit gibt. Die Antwort lautet aber ganz einfach dahin, daß die an den einzelnen Mann gestellten körperlichen Anfor derungen sich gegen ehedem außerordentlich gesteigert haben nnd daß in den Kriegen der Zukunft das „den Geg ner Ausmarschicren" mehr wie zuvor entscheidend in die Wagschale treten wird. Um aber das leisten zu können, muß der Mann besonders gut, praktisch und leicht ausge rüstet und bekleidet sein. Zubilligung einer Entschädigung an Arbeiter vertreter bei entgangenem Arbeitsverdienst. Durch die neuere sozialpolitische Gesetzgebung sind allcrwärts auch Vertreter der Arbeiter selbst zur Verwaltung der aus ersterer beruhenden Einrichtungen bcz. zur Rechtsprechung mit herangczogen worden. Dabei ist man zwar allenthalben von dem Grundsätze aus gegangen, daß die durch die Gesetzgebung übertragenen Funktionen der Selbstverwaltung usw. von den dazu ge wählten Personen als Ehrenamt zu verwalten seien. Wie hierdurch aber der Ersatz barer Auslagen, die den zu einem solchen Ehrenamte Berufenen erwachsen, z. Ä. Reisekosten, nicht ausgeschlossen wird, so hat man bei dem Erlasse bczw. der Revision der betreffenden Gesetze der Notwendigkeit Rechnung getragen, insbesondere den in solchen Ehrenämtern stehenden Arbeitern für die durch deren Verwaltung ihnen entstehende Zeitversäumnis, welche in der Regel die Ursache eines Verlustes an Arbeitsverdienst für den Arbeiter sein wird — denn speziell für den Arbeiter beansprucht der Satz „Zeit ist Geld" volle Geltung —, eine Vergütung zu ge währen, deren Regelung der statutarischen Festsetzung anhcimgestcllt ist. Hierbei ist in den einzelnen in Betracht kommenden Gesetzen zwar eine sehr verschiedenartige Ausdruckswcisc gewählt worden, allein nach Ansicht deS König!. Sächsischen Oberverwaltung«- gcrichtsist als unzweifelhaft anzusehcn, daß der Gesetz geber bei dieser verschiedenartigen Ausdruckswcisc keines wegs beabsichtigt hat, in den einzelnen Gesetzen ihren, Wesen nach verschiedene Vorschriften zu erteilen, sondern daß überall der Wille hat zum Ausdruck gebracht werden sollen, daß durch Statut ein Pauschquantum fest gesetzt werden könne, durch dessen «Bewährung die Ar- beitervcrtrctcr für den ihnen bei Wahrnehmung ihres Ehrenamtes entstehenden Zeitverlust und dadurch be dingtes Entgehen von Arbeitsverdienst entschädigt werden. So viel insbesondere das Kranke „«Ver sicherungs-Gesetz anlangt, so war in dessen ur sprünglicher Fassung nur bezüglich der Gemeinde- Krankenversicherung in 8 9 ausgesprochen, die Verwal tung seitens der Gemeinde habe unentgeltlich zu er folgen; bezüglich der Krankenkassen enthielt 8 20 — wie gegenwärtig noch — die Bestimmung, deren Gelder seien außer zu statutenmäßigen Unterstützungen und der statutenmäßigen Ansammlung des Reservefonds nur zur Deckung der VcrwaltungSkosten zu verwenden. Da der Ausdruck „Bcrwaltungskosten" aber Spielraum dafür ließ, daß die Vorstandsmitglieder Besoldung auS der Kaffe für ihre Tätigkeit beziehen könnten, so erachtete bei Revision des Gesetzes im Jahre 1802 die zur Vor beratung des Entwurfs bestellte Neichstagskommission es für erforderlich, noch ausdrücklich auszusprechen, daß das Amt der Kasscnvorständc ein unentgeltliches Ehrenamt sei, nnd cs wurde auf ihren Antrag in die neue Fassung des Gesetzes lvom 10. April 1802) deshalb der 8 34a aus genommen. Hierbei ist man, wie aus dem Kommissions berichte sich klar ergibt, von der Absicht geleitet morden, sestznlegcn, daß die Aemter der Vorstandsmitglieder nicht etwa zu besoldeten Aemtern sich ausbilden sollten. Gleich zeitig wurde aber in dem 8 34a den Kassen die Möglichkeit offen gehalten, den Erwerbsverhältnissen der im Vor stände tätigen Kasienmitglicder Rechnung zu tragen und letzteren durch Statut für den durch Wahrnehmung der Vorstandsgcschüftc ihnen erwachsenden Zeitverlust und entgehenden Arbeitsverdienst eine Entschädigung zu zubilligen, durch die der Charakter des Vorstands amtes als eines unentgeltlich zu führenden Ehrenamtes nicht verändert werde. Das Königl. Sächsische Obcr- verwaltungsgericht sieht es für zweifellos an, daß hierbei nicht die Absicht vbgcwaltet hat, durch das Statut den Kassenmitgliedern für jeden Fall einer von ihnen zu fordernden Entschädigung einen besonderen Nachweis deS durch den Zeitaufwand bei Verwaltung des Vorstands amtes ihnen entgangenen Arbeitsverdienstes anfzu- crlegen; cs glaubt, daß durch die Worte des 8 34a des Gesetzes e i n Begriff hat zum Ausdruck gebracht werden sollen, nämlich „der durch den erwachsenden Zeitverlust entgehende Arbeitsverdienst". Man hat bei der Formu lierung des 8 34a nach seiner Ansicht unzweifelhaft beab sichtigt, es solle durch das Statut für den durch Wahr nehmung der Vornandsgeschäfte dem Arbeitervertretcr erwachsenden Zeitverlust und entgehenden Arbeits verdienst ein Pauschquantum festgesetzt werden können, wie dann auch später in dem 8 02 des Jnvaliden-Ver- sjchcruugs-Gcsetzes die Bezeichnung Pauschbetrag für die dort erwähnte gleiche Entschädigung vom Gesetzgeber ge wählt worden ist. Wie es aber in der Natur des Pausch quantums liegt, daß einerseits das einzelne Kassenmit- glicd — selbst wenn ihm ein dieses übersteigender Arbeits verdienst entgangen sein sollte — nicht eine über das Pauschquantum htnausgcheude Entschädigung für Zeit- und Arbeitsvcrdienstverlnst zu beanspruchen berechtigt ist, so folgt anderseits naturgemäß aus der Festsetzung ines Pauschquantums auch daß den einzelnen Kassen mitgliedern nicht der Nachweis angesonnen werocir kann, daß und in welchem Umfange ihnen durch den Zeitverlust bei Wahrnehmung der Vorstandsgeschaftc Arbeitsverdienst wirklich entgangen ist. Deutsches Reich. Leipzig, 20 November. (Die Achtung vor dem Tode und die Sozialdemokratie.) Auf die Nachricht vom Tode Krupps schüeb der „Vorwärts": „Der Tod legt nnö die P> lickt aus, vorläufig von jeder weiteren Er örterung der an seinen Namen geknüpften Angelegenbeit ab- zu se Heu." — Auch ui seiner Nummer vom 25.Nvocmber spricht das sozialdemokratische Zentra'organ von der „Zurückhaltung", dic eS sich im Falle Krupp „auS a l lgemsin men ,ch lich er Acht ung vor dem Tove" auferlcgl habe. Diese Zurück haltung hindert den „Vorwärts" indessen nicht, die Wohl- sabriSbcsirebuiigen Krupps in spalteiilangen Ausführungen berunterzureißeu; und waS die Zurückhaltung vor der Per sönlichkeit KiuppS anbetiifft, so läßt sich der „Vorwärts" auch den Abdruck einer ihm in den Kram passenden Taktlosigkeit des „Berliner Tageblatt" nicht entgehen. Aber das Verhalten des „Vorwärts" mutet saft ritterlich an im Vergleich mck dem der „Sächs. Arbeiterztg". Das Dresdner Sozialistenblatt kennt zu einer Zeit, da Krupps Leiche noch nicht der Erde übergeben ist, keine würdigere Ausgabe, als die Beschul digungen deS „Vorwärts" wider Krupp nach Vermögen zu bekräftigen. Da wird zunächst unter Berufung auf einen — natürlich nicht genannten — Parlamentarier der rechten Seile des Reichstages von einer Art Warnung gesprochen, die eine sebr hochgestellte Persönlichkeit einmal Herrn Krupp babe zu teil werden lassen. Die Krone aber setzt die „Sächs. Arbenerztg." ihrer Achtung vor dem Tobe dadurch auf, daß sie au daS Vorgeben der Staaiöanwalischaft in Sacken Krupps folgenden Kommentar knüpft: „Da eine solche Handlung . . vorauSsetzt, baß von Amts wegen Klage erhoben werden sollte, so stand für Herrn Krupp fest, daß er vor Gericht unter dem Zwange deS Zeugeueideo über sein Geschlechtsleben ausjagen mußte. Für uns ist kein Zweifel, daß Liese Aussicht ihn mehr und stärker erregen konnte, alö der„Vorwärts"-artikel". — Auslassungen solcher Art, in diesem Augenblick veröffent licht, bezeugen eine GefinnungSroheit, eie mit der „all gemein menschlichen Achtung vor dem Tode" schlechterdings nichts gemein bat. * Berlin, 20. November. Für die Freiheit wissenschaftlicher Forschung ist der Bonner Universitätstnrator I)r. v. Rotten bürg eingetreten, als man am letzten Sonnabend in Bonn den Amtsantritt des neuen Rektors durch ein Festmahl feierte. Die neue Magnifizenz, Geheimrat Zitclmann, hatte nach einer Reihe von Trinksprüchen auch Kxccllcnz von Rotten- bnrg leben lassen, und darauf erhob sich der Gefeierte zu folgender Ansprache: Der Rektor, so Huh er an, bat mir des Lobes zu viel ge spendet. Nur eins darf ich accepkicren, nämlich, daß ich stets für die Rechte und Freiheiten der Universität cingctretcn bin. Nun, ich hoffe, niick dieses Lobes anäi in Zukunft würdig zu zeigen. Ick glaube nicht, daß ein Grund vorhanden isr, sorgen voll in die Zukunft zu blicken. Aber cs läßt sich nicht leugnen, daß der Horizont nicht vollständig klar ist, daß kleine Wolken am Himmel der Wissenschaft sich bilden. In gewissen Kreisen macht sich das Bestreben geltend, die wissenschaftliche Forschung an be st im inte Grenzen zn binden; man sucht darauf hinzuwirken, daß in Zulnnft nur noch solche Männer an die Hochschulen herasen werden, welche sich auf gewisse wesentliche Sätze einschwören lassen. Der Anfang wird gemacht bei der Theologischen Fakultät; aber daß auch hier der Satz gilt, ce n'est gne le Premier pas qui coüte, dafür liegen bereits Anzeichen vor. Derartigen Bestrebungen gegenüber drängt sich die Frage auf: Wer ist berufen, darüber Be stimmung zu treffen, waS in der Wissenschaft wesentlich nnd was nicht tocsentlich sei? Nur eine Antwort kann man aus diese Frage geben: Es werden jedenfalls die Kurzsichtigsten sein, die sich zur Uebernahme dieses Zensoramtes bereit finden werden. Die Weitsichtigen werden eine solche Zumutung weil von sich weisen, sie tvcrdcn sagen, die wissenschaftliche Forschung läßt sich nicht an die Kette legen; sie werden sagen, a l l e wissenschaftlichen Lehren und Vorstcl lnngcn müssen in den Fluß der Zeiten ge stellt bleiben, und derjenige, der dieser Wahrheit nicht nach- achrct, der schneidet der Wissenschaft den Lcbcnsfadcn ab. — Gestalten Sic mir, das; ich auf zwei Erscheinungen Hinweise, welche meines Erachtens außerordentlich lehrreich für die Bern teilnng der Frage einer Reglementierung der wissenschaftlichen Forschung sind. Unter den mannigfachen Großtaten, welche die Geschichte der Wissenschaft seit Schluß des Mittelalters zn verzeichnen har, ragen besonders zwei hervor: die Entdeckung, daß die Erde nicht den Mittelpunkt der Welt bildet, sondern, wie andere Planeten, sich um die Sonne bewegt, und die andere, daß das Weltsystem durch die Kraft der Attraktion zusammen gehalten wird. KopcruikuS sowohl, wie Newton stellten sick mit diesen Entdeckungen in den schneidendsten Widerspruch mit den wesentlichen Sätzen der Wii'cnschafr, Ivie ihr Zeitalter sie aussaßlc, und so haben sich denn auch diejenigen, welche fick damals für berufen hielten, eine Zensur auszuüvcn, ganz ent schieden gegen Kopcrnitus wie gegen Newton ausgesprochen. Die Tatsache, daß ein Mann wie Bacon die Lehre, daß die Erde das Zentrum des Weltalls bilde, für tvcscntlich ansah, die Tatsache, daß ein Mann wie Pernoulli für Descartes gegen Newton Partei ergriff — diese Tatsachen, zwingen sie nickt zu dem Schluß, daß es ein Unding ist, die wissenschaftliche For schung in Bande schlagen zu wollen? Meine Herren, das glaube ich sogar für die Theologie aussprechen zu dürfen. Es gibt wohl kaum eine Wissenschaft, auf deren Gebiet sich so viele Streitigkeiten abgespielt haben, wie auf dem Gebiete der Theologie. Bei diesen Streitigkeiten kann cs sich aber nickt nm querclles sllemanckes gehandelt haben, nein; auch für den Theologen gilt der Satz oinnis homo donus prsesumnur, und wir sind durch denselben zn der Annahme gebunden, daß die Theologen nur um wesentliche Fragen gestritten haben. Wer wollte sich nun aber unterfangen, aus allen diesen Streitig keiten den wesentlichen Kern herauszuschälcn? Wenn man den deutschen Professor auf etwas einschwören will, so schwöre man ihn darauf ein, daß er, wie Se. Magnifizenz vorher gesagt har, ehrlich strebe» und ich füge hinzu, daß er strebe, wie einDeut s ch c r i in Bismarcks cb en Sinne: nichts fürchtend, als Gon allein. Ich halte die besprochene Bewegung auch für aussichtslos. Wenn man dem deutschen Professor alles, was er als wesentlich lehren soll, verschreibt, so drückt man ihn aus das Niveau dcs F a n st s cb c n Famulus, des trockenen Schleictiers Wagner, herunter. Tas würde er nicht aushalten, auch die deutsche Jugend würde cs in den Hörsälen solcher Lehrer nickt auZhaltcn. Das ist eine sehr zeitgemäße Rede. Und es traf sich gut, daß uuter den Hörern auch Kronprinz Wilhelm und sein Bruder Eitel Friedrich saßen. D Berlin, 26. November. (Telegramm.) Unter den 400 Teilnehmer» an der beute vom Großberzoge von Oldenburg eröffneten 4. ordentliche» Hauptversammlung ver Schiffsbautechiiischc» Gesrllfchoft befanden sich u. a. Ercellen; Habnke, der Präsident des ReickSpatentamtS Haus, Korvettenkapitän LanS, der Präsident der Association teckuiquo maritime Henry Menier-PariS, der Besitzer der Sckickanwerke Elbing,GeheimratbZiehe. Nachdem derGroßherzogdieBersamui- lung begrüßt batte, teilte er mit, daß auf Wunsch de« Kaisers die Tagesordnung geändert worden sei. Infolge dessen seien die DonnerSkag-Vortröge auf heute verschoben worden. Sorann wurde in technische Beratungen eingelreten. Die Diskussion gestaltete sich sehr rege. Nach der Mittags pause fand eine geschäftliche Besprechung statt. L. Berlin, 26. November. (Privattelegramm.) „Auf Grund zuverlässiger Jusormationen" stellt die „Germania" fest, daß die Verständigung über die Zolltarifvorlagc noch nicht perfekt >st rnv daß die gestrigen Verhandlungen im ReickSkanzlerpalgiS, welche sich bis Mitternacht hmzogen, noch keine Einigung herbergesuhrt haben, die Verhandlungen vielmehr heute fortgesetzt werden sollen. — Der Reichstag bat bei der letzten Etatsberatung eine Resolution der Buvgetkommission angenommen, den Bundes rat zu ersuchen, daß er in Erwägung ziehe, ob sich nicht im Interesse der Ersparnis die Errichtung eines Panzer- plattenwerkeS auf Konten des Reiches empfehle. Hierauf beziebt sich wohl die Mitteilung der „Nbein.-Westf. Ztg." aus WilhelmSbaven, nach der dort erzählt werde, „baß die Marincvcrwaliung mit der Absicht umgehe, den gesamten fürlicken Stadtteil (Rconftraßc usw) zwischen Rathaus und Hafen, bezw. zwilcken Königstraßc und Ems- Zadekanal anzukansen, um dir Werst dem wachsenden Um fange der Flolie entsprechend zu vergrößern und ein fi-ka- lischeS Panzerplattenwerk zn errichten. Zum Ankauf würden etwa 25 Millionen Mark erforderlich sein". — Die „Post" entdeckt, daß die neue Form der Ab stimmung im ReickStage auch ihre Schattenseiten habe. Tie Mehrheit werde sick daran gewöhnen müssen, nicht nur vollzählig in Berlin, sondern auch in unmittelbarer Nähe des Sitzungssaales zu sein, um an den namentliche« Abstim mungen teilnebmen zu können. Zeit, wie bei dem früheren ÄbstimmungsniodllS, sich Herbeirusen zu lassen, sei bei der jetzigen AbslimmungSarl nicht mehr vorhanden. — Wie verlaute», soll die Sozialdemokratie noch einen so starte» Vorrat von Zusatz-Anlrägen zu 11 de« ZolltarifgesetzeS, daß die Buchstaben de» Alphabet« bis „1" Verwendung finden, die Anträge sollen Eisenbahnen, Kanäle:c. betreffe». — Der Staatssekretär des Reichsinaliueamts Lize-Admiral von Tirpltz gedenkt heule abend 8'/< Uhr wieder in Berlin einzutrefjen.
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