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Beilage Dienstag, 10. Januar 1905. Leipziger Tageblatt. Wette 5. Nr. 17. Abend-Au-gaLe. haben jetzt ihren Höhepunkt erreicht. Dennoch wird mit der Platzverteilung endgültig erst Ausaang dieses Monats begon nen werden können, da sich die Anmeldungen in der letzten Zeit noch ganz bedeutend gemehrt haben. Jede Gruppe hat sozusagen ihren Clow Das Vorhaben l. Leipziger Mgelegeubettelt. LeiZti», 10. Januar. * Kö«ia Friedrich August in Leipzig. Wie wir erfahren, wird König Friedrich August Mitte Februar unsere Stadt besuchen. Nach den bisher aufgestellten Dispositionen wird der König am D i e n s t a g, den 14. Februar, in Leipzig ein treff en. Für den folgenden Tag ist der Besuch der Universität, deren Rektor Magnificentissimus der König ist, in Aussicht genommen. An diesem Tage, wie auch am nächsten wird der König sodann mehrere gewerbliche Etablisse ments besichtigen. Weiter wird er am Donnerstag, den 16. Februar, dem Gewandhauskonzert beiwohnen. Die Abreise erfolgt voraussichtlich am Freitag, den 17. Fe bruar. * Bo» der Universität. Der außerordentliche Professor Herr Dr. jur. Albrecht Mendelssohn-Bartholdy halt am kommenden Sonnabend, den 14. d. M., vormittags II Uhr, in der Aula der Universität seine Antrittsvorlesung. Das Thema lautet: „Tierquälerei im Strafrecht". — An der hiesigen Universität hat sich eine Ortsgruppe des Deutschen Vereins abstinenter Studenten gebildet. Schriftführer ist Herr Stud. jur. Robert Kühn, Sternwartenstraßc 26. * Zu den KirchenvorstaudSwahlen in der Nikolaigemeiude. Wir werden ersucht, darauf aufmerksam zu machen, daß das „Eingesandt" vom 8. Januar d. L.. Nr. 13, S. 7 „Zu den Kirchenvorstandswahlen in der Nikolaigemeinde, unterzeich net X" uns von zuständiger Seite zur Abwehr irre führender Behauptungen als offiziöse „Berichtigung" seitens des Kirchenvorstandes zugegangen ist. * Verbreiterung der Königftrahe in L.-Conuewitz. Der Besitzer des Grundstückes Königstratze 16/Ä) in L.-Cvnnewitz, der dasselbe neu einsriediaen lassen will, hat sich auf Ersuchen des Nates bereit erklärt, bei der Einfriedigung gleich die neu sestgestellte Fluchtlinie einhalten zu wollen, wenn die Stadt gemeinde die Kosten der Fuhweaherstellung übernehme. Die selben sind auf 1110 F. veranschlagt, wogegen 105 Quadrat- Meter Land zur Strotze fallen. Der Rat hat hiermit Einver- ständnis erklärt und die Stadtverordneten um ihre Zu- stimmung ersucht. * Fluchtlinienregulierung in der Kohlgartenftratze. Die Allgemeine Deutsche Kreditanstalt und die Bank für Grund besitz beabsichtigen bekanntlich auf ihrem Areal zwischen der Kohlgartenftratze und dem Rabet die Anlegung einer neuen Strotze (Fortsetzung der Comeniusstraßej. Sie haben nun um eine veränderte Fluchtlinienfeststelluna der Kohlgartenftratze vor ihrem Grundstück gebeten. Der Unter- schied in der Bebauung ist gegen früher em unbedeutender sim ganzen kommen 7 Quadratmeter mehr zur Bebauungj, und was die Kohlgartenftratze anbetrifft, so behält sie eine Breite von 21,75 Meter, was für den Verkehr in icder Weise genügt. Vom Rate sind daher gegen die erbetene Fluchtlinien veränderung keine Bedenken erhoben worden. * Der Rechnungsabschluß der Landes-Versicherungs anstalt im Königreich Sachsen weist für das Jahr 1903 an Beiträgen eine Einnahme von 13 584 453,68 ^l. auf. Die Zinsen erbrachten 3 779 947,16 Miete und Pacht aus Grundbesitz 75 662,94 .ll. Aus dem Heilverfahren (Zuschüsse von Krankenkassen usw.j wurden 124665,87 erzielt. An Renten kamen 6477641,61 ^l., an Beitragserstattungen 836 779,38 und für das Heilverfahren 726 579,50 zur Verausgabung. Der Vermögensstand betrug Ende 1903 III 251 562,79 ^l., und zwar 3 282 499,83^l. Gemein- und 107 969 062,96 ^l. Sondervermögen. * Die Vorarbeiten zur „Internationalen Kochkunst- und Fachausstellung für das Gastwirtsgewerbe", die in den Tagen vom 18. -26. März im Leipziger „Kristall-Palast" stattfindet, haben jetzt ihren Höhepunkt erreicht. Dennoch wird mit der Platzverteilung endgültig erst Ausaang dieses M ganz bedeutend gemehrt haben. Jede einzelne sozusagen ihren Clou. Das Vorhaben der Aus stellungsleitung, die einschlägige Litertur vollständig zu ver einen, darf heute schon als gelungen angesehen werden. Fach mann und Laie wird in der Abteilung ein Material finden, von dessen Vorhandensein er bislang keine Ahnung hatte. Natürlich brilliert hier nicht nur der Buchhandel Deutsch, lands, sondern auch der des Auslandes, und zwischen allge meinen Kochbüchern wird man in reicher Zahl Spezialkoch bücher finden, solche nach dem Ritus bestimmter Konfessionen, wie z. Ä. des Judentums usw. Auch uralte interessante Druck werke werden sich hier vorfinden. Sehr reich vertreten wird auf der Ausstellung die Fabrikation von mechanischen Musik werken sein, die in den letzten Jahren eine immense Aus dehnung angenommen hat. Trotz der reichen Repräsentation auf der Ausstellung werden die einzelnen Firmen doch so an geordnet und verteilt sein, datz immer nur eine in dem be stimmten Raume dominiert. Führende Firmen bestimmter Zweige der Nahrungsmittelbranche haben vielfach ganz aus- nahmslos angemeldet. Das ist z. B. bei der Margarine erzeugung der Fall. Darüber was die Kochkünstler zu bieten gedenken, herrscht noch tiefes Schweigen, da keiner dem andern seine Ideen und Intentionen preisgeben will: nur soviel ist bekannt, datz der „Blaue Saal", wo die Kochkunsterzeugnisse Aufstellung finden werden, kaum auSreichen wird. Enorm sind die Kosten, die sich verschiedene Firmen auferlegen. So befindet sich u. a. schon jetzt ein Objekt auS England aus der Reise, das ein Gewicht von bald 4000 Kilo hat, also schon an Fracht eine ganz gewaltige Summe verschlingt. * Der erste Meifterkursus für das Schaeideraewerbe hat am 9. d. M. abends unter großer Beteiligung an der Moden akademie zu Leipzig begonnen. Von der Gewerbekammrr waren der Herr Vorsitzende Grüner und Herr Syndikus Herzog, als Vertreter der Schuldeputation des Rates Herr Direktor Kohl erschienen. Herr Vorsitzender Grüner, Herr Obermeister Götze der Leipziger Schneiderinnung und Herr Direktor Thiel der Modenakademie zu Leipzig hielten An sprachen. * Feldpofte« van Afrika nach der Heimat gehen im Ia - nuar an mehreren Terminen ab und sind im Laufe des Februar hier zu erwarten. Die erste Feldpost verläßt Swakopmund voraussichtlich am 12. Januar. Sie benutzt den Dampfer der Deutschen Ostafrika-Linie, der in unmittelbarer Fahrt nach Hamburg fährt. Der Dampfer ist am 2. Februar im heimischen Hafen fällig. Der folgende, am 17. Januar in Swakopmund seine Heimreise antretende Woermann- Dampfer kommt kaum in Betracht. Er geht zwar ebenfalls unmittelbar nach Hamburg, trifft aber dort erst am 15. Fe bruar ein. Er wird überholt von dem am 18. Januar wieder von Swakopmund abgehenden Dampfer der Deutschen Ost afrika-Linie. Dieser ist voraussichtlich schon am 12. Februar in der Heimat. Am folgenden Tage, dem 19. Januar, geht schon wieder ein Dampfer in See nach Kapstadt. Er gehört der Woermann-Linie an. Auch die mit ihm beförderte Feld post fft am 12. Ffibruar in Hamburg zu erwarten. Ebenfalls ein Woermann-Dampfer befördert die letzte im Januar von Afrika abgehende Feldpost. Sie verläßt Swakopmund am 30. Januar und ist am 28. Februar, dem letzten Tage des Monats, in Hamburg zu erwarten. Das Eintreffen der Posten an den einzelnen Orten der Heimat läßt sich genauer nicht bestimmen. * Ei» gefährlicher Betrüger brandschatzt zurzeit die katholische und evangelische Geistlichkeit Deutschlands. Im Jahre 1902 entwendete er einem Priester Augustin Blank einen Ausmusterungsschein und fand unter diesem Namen Stellung als Hilfsarbeiter beim deutschen Generalkonsulat in Genua. Dort stahl er amtliche Siegeimarken, Formulare und Briefpapiere, um sie zu betrügerischen Zwecken zu verwenden. Auch unter dem Namen Dr. Zdesar ist er ausgetreten und hat Hauslehrerstellen bekleidet. Der Betrüger ist 1,65 Meter groß, mager, hat dunkelblondes Haar, spitzen Vollbart, große, braune Augen,, besitzt außergewöhnliche Bildung, spricht deutsch — österreichischen Dialekt —, französisch, englisch, italienisch, russisch, tschechisch, lateinisch, hat Kenntnis des Alt- und Neugriechischen, sowie des Sanskrit. Er schreibt eine klare, zierliche Handschrift, die er kunstvoll zu verstellen versteht. ' * Unfälle. In der Frankfurter Straße stürzte gestern nac^rittag ein 60jähriger Arbeiter infolge von Trunkenheit zu Boden und zog sich eine erhebliche Verletzung am Hinter kopfe zu. — Beim Einlaufen eines Zuges der Eilenburger Bahn scheuten gestern nachmittag in der Nostitzstraße die Pferde eines zweisvännigen Geschirrs und gingen durch. Sie jagten bis auf den Täubchenweg, wo die rechte Vorder achse brach und die Pferde aufgehalten werden konnten. * Selbstmord. In seiner Wohnung in der Liebigstrahe hat sich heute morgen ein 37jähriger Schriftsetzer wegen körperlicher Leiden erhängt. * Feuerbericht. Ein Stubenbrand fand gestern nachmittag in einer Wohnung der Hedwigstratze in Neustadt statt. Er wurde von den Hausbewohnern bald gelöscht. * jssolizelbericht. Freiwillig stellte sich der 24 Jahr« alte HandlungSgehülf« Blank von hier, der am 4. ds«. MtS. von hier flüchtig geworden war, nachdem er zum Nachteil einer Firma einen ansehnliche» Be trag unterschlagen, und auf Grund einer gefälschten Anweisung bei einer Bank 1000 .4l erkoben hatte. Er war nach Thorn gereift n,n sich nach Rußland zu flüchten, kehrte aber freiwillig zurück 500 hatte er «och in seinem Besitz. Zur Rechenschaft gezogen wurde rin 27 Jahre alter Kommis aus Dittmannsdorf, der die hiesige Filiale eines auswärtigen Zeitungsverlegers leitete und 263 einkajsierte Jnseratengelder unterschlug. Geflügeldiebe haben in der letzten Zeit auS Gartenabteilungen in der Bornaijchen Straße in Lößnig und der Ecksteinstraße in Connewitz eine Anzahl Gänse und Hühner gestohlen. Gestohlen wurde ferner auS Kellerabteilungen in der Könneritz- ftraße zu Schleußig und Weißenfelser Straße zu Plagwitz eine Anzahl Flaschen Wein, eingesetzte Früchte, sowie eine Kiste, gez. „Lsrokarck Lrieäemauu 2723' , enthaltend 28 ks Limburger Käse; aus einem Schaukasten an der Karl Heine-Straße in Pkagwitz elektrische Taschenlampen, Glühbirnen, Taschenmesser, Dainentäschchen und Tas chentoilettrn. Vereine und Versammlungen. * Ueber die Aufgaben und Ziele der Bodenreform in Bezug auf die grotzen Städte sprach am Montag abend Herr Adolf Damaschke aus Berlin in der Gemeinnützigen Ge sellschaft. Gerade in Sachsen, so führte der Vortragende aus, wo di« Regierung eine Steuer auf den Wertzuwachs d«S Boden» in Aussicht genommen hatte, sei die Frage einer Bodenreform besonder» aktuell. Eingefleischte Gegner der Reform seien natürlich dir Terrainspekulanten und zum Lett auch die Hausbesitzer. Die Lauheit de» übrigen großen Publikums zu der Frage erkläre sich au» der geringen Aufmertsamkeit, die man dem Bodeuprodlem bei un- in Deutschland, entgegen verschiedenen anderen Staaten, z. B. England uud seinen Kolonien, schenk«. Was wolle nun die Bodenreform? Bekanntlich seien die Grundfaktoren unserer heutigen Produktion Grund und Boden, Arbeit und Kapital. Bei der Berechnung der jedem Faktor zukommenden Anteile zeig« es sich nun, daß der Boden den weit größten Anteil habe. An Beispiel au dem Bodeu Berlin- zeige dies. Ein Kulturfort- Ichritt von 1000 Jahren habe ihn zu einem Wertobjett von 4000 Millionen Mark gemacht mit einer Grundrente von gering ge rechnet 160 Millionen Mark. Die Bodenreform wolle nun den Mißbrauch verhindern, der mit dein Boden getrieben werde. Der Wert de» BodenS beruhe auf der Kulturarbeit Aller und deshalb müßte auch die Bodenrente möglichst der Allgemeinheit zu Gute kommen. Besonders müsse aber der Boden der Speku lation entzogen werden. Eine hohe Grundrente müsse natur gemäß zu höhen Mieten führen, die jede Lohnausbesserung der Arbeiter absorbierten und so eine bessere Lebenshaltung dieser nicht aufkommen lasst, so daß man tatsächlich jetzt weniger von einem „ehernen Lohngesetze" als vielmehr von einem „ehernen Wohn gesetze" sprechen könne. Die hohen Mieten seien auch an den wirtschaftlichen Krisen mit Schuld, denn sie mindern die Kaufirast des Volke» und schwächen somit Konsum und Produktion. Diese llebelstände wurden hauptsächlich von den Spekulanten verursacht, die den Boden an der Peripherie der großen Städte besitzen und der Bebauung künstlich vorenthalten, so daß man bei der immer wachsenden Bevölkerung nicht zu billigem Boden komme. Wie sei nun dieser Svrkulantenring zu brechen? Die Bodenreformer haben heute zwei Vorschläge, die bereits spruchreif seien. Der erste sei der, diese Spekulanten zu besteuern und zwar durch die Ein führung der Grundsteuer nach dem gemeinen Wert. In Preußen sei sie in 160 Gemeinden zugelassen und das Resultat ein überraschendes gewesen, denn um zwei Beispiele anzuführen, betrage bei einem Spekulanten die Steuer nach der Einführung 1000 >4 statt 3 vorher und bei einem anderen 14000 statt noch nicht 100 ehedem. Ein weiteres Mittel, diese ungesunde Bodenspeku lation zu unterbindcn, sei die Zuwachssteuer. Auch die sächsische Regierung habe diese in einem Satze von 25 Proz. einführen wollen, aber die Einführung sei noch vertagt worden. Wo die Zuwachssteuer bis (jetzt in Geltung sei, habe sie überall gute finanzielle Erfolge gezeitigt. Der Redner berührte dann noch näher den Bauschwindel, und schloß unter lebhaftem Beifall mit dem Wunsche, daß, wenn eine Regierung in der Bodenfräse Reformen wolle, die ganze ehr liche Schicht des Volkes zur Mitarbeit ihre Hand bieten möge. In der sich anschließenden Debatte bezweifelte Herr Reichsgerichts rat a. D. Stellmacher, daß die Mieten durch eine Zuwachssteuer billiger würden; Redner betonte weiter, datz sich die Lebenshaltung der Arbeiter gegen früher im Allgemeinen eher gebessert hätte. Herr Lehrer Heger erklärte, daß die Steigerung der Mietspreise wohl zum größten Teil durch die Mehransprüche der Mieter und die höheren Arbeitslöhne veranlatzt sei. Die Grenze zwischen Spekulations- und Ackerland sei ost schwer zu ziehen und die Zu- machssteuer würde eher eine Verteuerung im Gefolge haben. Herr Oberlehrer Dr. Barge versprach sich von einer Steuer nach dem gemeinen Wert eher eine Mietsverbilligung, da sie eine schnellere Auflassung bewirke und vennehrtes Angebot schaffe. Herr Damaschke erläuterte in einer Entgegnung den Unterschied zwischen natürlicher und künstlicher Steigerung der Bodenrente und hob hervor, daß die organisierten Hausbesitzer ebenfalls gegen den Bodenwucher seien. Herr Professor Hasse ging, waS die Lebenshaltung der unteren Klassen anbelangte, näher auf das jo viel verbreitete Schlafstellen- westn ein, das als der Krebsschaden unseres Wohnungswesens zu bezeichnen sei. Ferner berührte Herr Professor Hasse die Boden- frage in unseren Kolonien und schlug zur Besteuerung der Gesell schaften, denen man sonst nicht beikommen könne, eine Zuwachs- oder Kriegssteuer vor. Nach einem Schlußwort des Herrn Referenten erreichte dst von Herrn Justizrat Gen sei geleitete Versammlung nach ^/,12 Uhr ihr Ende. Die vor Beginn de- Vortrages vorgeuommenen Vorstands wahlen ergaben die Wiederwahl der bisherigen Vorstandsmitglieder Herren Rechtsanwalt Dr. Dietsch, Justizral Dr. Gensel, Bankier Gerhardt, Fabrikbesitzer Gontard, Geh. Medizinalrat Prof. Hofmann, Bankdirektor Dr. Rothe, Bankdirektor Sauer und Reichsgerichtsrat a. D. Dr. Stellmacher. Der K. T. Milttärverern „Ehrenvoll verabschiedeter MklitärS" hielt im Theaterjaale des KristallpalasteS seine mit rilker Christbelcheerung für hilfsbedürftige Hinterblie- ne» verbundene Weihnachtsfeier ab. Stimmungsvoll wurde der Abend durch den von einem dreiüimmiger? Knabenchor unter Leitung des Herrn LebrerS Leuschner vorgetragenen ChoralS eingeleitet. Herr Max Schreiter hielt die Festansprache. Mil herr lichen Worten begrüßte er die Festteilnehmer, insbesondere die Ehrengäste, beleuchtete die Bedeutung des Weihnachtsfestes und richtete mahnende Worte an die Erwachsenen zur Pflege der christlichen Liebe, an die Kinder zur Pflege der Dankbarkeit. Repner schloß mit einem Hoch auf Kaiser Wilhelm und König Friedrich August. ES erfolgte dann die Verteilung der auf einer mächtigen, von zwei prächtigen Chrislbäumen flankierten Tafel auf gestapelten Gaben an 23 Witwen, 6 Waisen, darunter 4 Kon firmanden und an 4 alte Kameraden, dleben den üblichen Weihnachtsstollen und Zubehör empfingen die Beschenkten An züge, Stoffe zu Kleidern, Wüsche u. d. m., sowie Geldbeträge. An erbaulicher Unterhaltung wurde im weiteren Berlqufe des abends noch manches Schöne geboten. Fräulein Martha Semi» sang mit schöner Stimme mehrere Lieder. Sehr wirkungsvoll war die Aufführung der Kinderkomüdie „Tas Weidnachtsfest in der Fischerhütte" von Lehahard und das Weihnachtsmärchen „Prinzessin Beate" von Mary Dietel, sowie dir in letzterem Stücke Vorkommen- den von Herrn Tanzlehrer Preller arrangierten Reigen. Auch die von Herrn Wildeck geleiteten musikalischen Darbietungen de- Reudnitzrr Bandonron-KlnbS fügten sich besten- dem wohlarluagenen Ganzen ein. AIS Abschluß der Feier folgte der übliche Ball. * Die Ltenoaratzhische Gesellschaft vo» 1885, Ltolze- Lchrey. hält am Sonntag, den 15. Januar, nachmittags 5 Uhr, »m Saale des Kasino zum Rosenthal ihr Weihnachts-Vergnügen ob. Vorträge, Tanz und Verlosung werden abwechselnd die Unter haltung bestreiten. Die speziell für die Verlosung bestimmten Gr- schenke sind beim Vorstände abzugeben. * I«e Privatkindergarten vsn Therese Findel fand eine stimmungsvolle Weihnachtsfeier statt, bei der Fräulein Findel mit ihrer kleinen Schar die vier Jahreszeiten aufführte. ES war eine gelungene, schöne Feier, genußreich für Groß und Klei», ein letztes Erinnern an die Lichter am WeihuachtSbaum, die nun wieder aus ein Jahr erloschen sind. Der wärmste Dank gebührt der liebe vollen Führerin und Leiterin der ihr onvertrauten Kinderschar, deren Zahl von Jahr zu Jahr steigt. Mr Zacdre». * Dresden, 10. Januar. 2. Vom königliche» Hof«. Auf Sporlitzer Revier fand heute königliche Jagd statt, wozu der König mit den Jagd gästen vormittags 149 Uhr am Rendezvousplatz in Leuben eintraf. TaS Jagdfrühfiück wurde im Restaurant Hobel in Gommern eingenommen. * * Meerane, 9. Januar. In der Angelegenheit deS ge planten Rathaus Neubaues ist nun wieder ein Still- stand eingetreten. Der Stadtrat hatte mit den Beisitzern des zwischen Markt, August us st raßeundMarren- straße gelegenen Häuserkompleres Verhand- lungen gepflogen, um die Häuser zum Abbruch anzu kaufen und so einen geeigneten Bauplatz für das neue Rat- Haus zu schaffen. Nun Koben aber die Stadtverord neten die betreffende Ratsvorlage in ge heimer Sitzung ab gelehnt. Das neue Rat haus wird letzt wahrscheinlich auf dem soge nannten Bürgergartenareal, daS in städtischem Be sitz ist, errichtet werden: — Der Stadtrat hat, einem Gesuche derAerztederGemeindekrankenversicherung entsprechend, beschlossen, die jährlichen Bezüge derselben von 800 .kl. auf 1000 ^l. zu erhöhen. * Reichenbach i. B., 9. Januar. Im Eicher Forste bei Treuen ist der 60jährige Gelegenheitsarbeiter Hummel von hier, der seit 5 Jahren von seiner Familie getrennt lebte, erfroren aufgefunden worden. * Aus dem Vogtland. 9. Januar. Ter Sturm, der in den letzten Tagen herrschte, hat in den Wäldern des Vogtlandes großen Schaden angerichtet. Im Forst revier Schleiz sind z. B. so viele Bäume entwurzelt worden, daß ihr Holz 1500 Festmetcr ergeben dürfte. Die Straße von Mühltroff noch Schleiz war durch gefallene Bäume für den Schlittenverkehr völlig gesperrt. * Planen i. B-, 10. Januar. Der seit etwa 4 Wacken vermißte Zcmcntwarensabrikant Louis W. hat sich wieder bei seinen Angehörigen eingefunden. Er war in der Besorg nis, mehr als 40 000 il. in geschäftlichen Unternehmungen zu vertieren, in geistige Depression verfallen und hotte in diesem Zustande einen Freund in Zürich aufgesucht, ohne seiner Familie Nachricht von seinem Verbleib zu geben. Eine gegen ihn gerichtete Anklage hat sich auf Grund der Feststellungen der Staatsanwaltschaft als gegenstandslos erwiesen. — Der hiesigen König!. Kunstschule für Textilindustrie bat ein ungenannter Freund 1000 .fl. zur Beschaffung einer Fahne gespendet. 1. Schneeberg. 9. Januar. Der bisherige Hülfslehrer an der hiesigen Kgl. Gewerbezeickensckule Herr Alber Major wurde zum ständigen Lehrer befördert ,und an dessen Stelle Herr Zeichenlehrer Friedrich Böhme aus Dresden ernannt. Ms Zacbsens Umgebung. -s- Halle a. S., 9. Januar. Ter Plan, eine Automo bilomnibusverbindung zwischen Halle—Dölau— .Neu-Ragoczy und zurück zu errichten, ist als gescheitert zu betrachten, da der Foritfiskus solche Fahrten durch die Dölauer Haide wegen Gefährdung der Haidebesucher nicht zuläßt. -7- Altenburg, 9. Januar. Die Bürgermeister der Städte des Herzogtums Altenburg hielten am Sonnabend in Gera eine Versammlung ab, nm städtische Ange legenheiten gemeinsam zu beraten. * Gera. 9. Januar. Die Stadt Gera zählte vor 25 Jahren rund 27 OOO Einwohner. Anfang dieses Jahres hatte sic 47 400 Seelen. Vor 25 Jahren waren im Fürstentum insgesamt 101 300 Einwohner vorhanden: gegenwärtig zählt das Fürsten tum ca. 142 000 Einwohner. Feuilleton. Mukk. Neue AbHnueuieiit-Asnzerte. VI. „So sprich doch, daß du die Ruhr kriegst!" — soll einst Donatello seiner Statue de- David wütend zugerufen haben. Nun bin ich zwar nicht der Florentiner Bildhauer, dafür ist aber R. Wetz, dessen symphonisches Orchesteraedicht „An meine Göttin" gestern zu Gehör kam, auch kein David. Aber seiner Göttin hält' ich gern so ähnliches zugerufen, denn sie hat verzweifelt wenig gesagt. Die Komposition ist die musikalische Travestie auf da- ihr zu Grunde liegende Poem, das gleichfalls den Tondichter zum Verfasser hat. Es zerfällt in zwei Teile; eine geängstete, gequälte Seele bittet, in glühender Sehnsucht ver gehend, die Götti« um einen einzigen beglückenden Blick und bald findet ihr Flehen Gehör. An sich ganz sicher ein schöner dichterischer Vorwurf mit trefflichem Gegensätze — nur schade, daß der Komponist diese» Kontrast musikalisch weder auszunutzen noch überhaupt darzustellen vermochte: Eine Musik, an deren Stimmung ich einfach nicht glauben konnte, eine Musik, die lediglich von außen kam, eine Tonsprache von fast abscheulicher Akkuratesse und ein Empfinden, dessen graphische Fixierung mit dem Linienblatt allgemeiner Konvemenz und gut bürgerlichen Anstand» vor sich gegangen ist. DaS Poem spricht da von „wonnedurch- schauert und sonneudurchlcuchtet" — va bene, alle« recht gut und schön, aber von dem Flammrnatem einer großen wahren Leidenschaft, von jenem wonnevollen Durchzittert- werden eine» unergründlich tiefen Verlangen», möge sich auch eine ganze Welt dagegen auslehnen — davon hab' ich rein nicht» miterlebt. Und doch hätte ich e» gern. Da» Gedicht machte mich neugierig auf die Musik. Statt dessen eine Musik, die älter erschien al» ihr Verfertige«, bei deren Anhören man förmlich um einige gute Borhalte, scharf klingende Durchgänge und Dissonanzen zu d«te» anfing. Aber kein» von alledem, e« ging immer höchst dezent zu und e» gab nicht», was dem hoch verehrten Publikum hätte auf die Nerven fallen können. Wie es in einem französischen Sprüchworte heißt, die Wetzsche Einbildungskraft ging diesen Fall- einmal im Schatten spazieren .... und skatdeutsch zu reden, Komponist und Muse suchten einen dritten Mann, den sie ausgezeichneter al» iu der Person des Herrn Professor Panzner kaum finden konnten. Dieser treffliche Künstler brachte in der Tat mit der vorzüglich geschulten Cbemnitzer städtischen Kapelle die in Rede stehende Novität ausgezeichnet zu Gehör. Man batte sich redliche Mühe um die Kom position gegeben und nirgends mangelte es an Klang schönheit und großem Zuge. Herr Professor Panzner tat auch alle», um die rhythmische Armut, die im ganzen em pfindlich vorherrscht, zu bemänteln. Weitere Orchesterspendeu bildeten Weber» Euryanthen - Ouvertüre und Beethovens 0 moll-Symphonie. Erstere fand eine sehr stimmungsvolle und liebevolle Interpretation: zu Anfang und Ende hätten die Bläser sicher einige Zurückhaltung sich auserlegen solle», um den armen Streichern nicht iu corporo den Garau» zu machen. Die abscheuliche Akustik der Albert- Halle erlaubt nun 'mal kein lustiges Dreinblasen. Die Wiedergabe der 6 moll-Symphonie batte für mich hier und da einen gewissen professoralen Beigeschmack. Das freie dichterische Mitempfinden und die gewaltige» packenden Steigerungen nach dem 6äur-Schluffe hin fehlten. ES hieße Eulen auf irgend «ine Burg tragen, wollte man den bisher an den Tag gelegten guten Geschmack der Konzertleitung noch besonder» anerkennen. Er ist immer bewiesen worden, nur gerade diese» Konzert zeigte so eine richtige Allerwelts- physiognomie. Man täte gut daran, ein für alle Mal in den Neuen AbonnementSkonzerten ausgesprochen moderne Pro gramme zu bieten, und man würde sich damit ohne weitere» eine maßgebende Stellung für immer sichern. An Stelle de» erkrankten Herrn Kocian war sein Kollege Herr Arthur Hartmann emgesprungen und spielte Bieux- temp» OmoU-Konzert und die bekannte Bachsche Cbaconne. Die Ritter vom Biolinsteg haben in den letzten Wochen den Bortritt gehabt uud sind in bunter Reihe in Person von Burmester, Elmaa, Kubelik und Berber an un» vorüber- gezogen. So bunt, daß hoffentlich die Geigerin Irma Saenger-Sethe im nächsten Abonnemeutkonzert absagt» um wenigsten» einige Abwechselung zu bieten I Herr Hartmann ist kein schlechter Geiger. Gewiß nicht. Aber er steht so quasi musikalisch jenseits von Gut und Bös«. Und diese Unmöglichkeit de» Hörer», an seinem Spiel innerlich nicht Anteil nehmen zu konpen, erkältet. Die beiden, an sich ziemlich gedankenschwachr» Ecksätze de» Konzerte» spielte Herr Hartmann ohne Esprit und Rhythmus, da» Adagio dagegen mit gutem To«. Aber im allgemeinen fehst seinem Bortrage alle» Faszinierende und Geelenvolle, e» fehlt darin da» persönliche Moment, und Trockenheit und Reflexion herrschen vor, WaS sich besonder» in der Wieder gabe von Bachs Chaconne sehr bemerkbar machte. Herr Hart man trug auch sein gut Teil Beifall von dannen, ja einige Bei- sallsautomaten lärmten noch lange mit ibren Händen weiter, als die Konzertpause längst begonnen hatte. Lügen Legnit«. Leipziger Nenzerte. Felix Berber und Bernhard Ltadenhagcn. Margarete Tchmidt-Barkot. Zu dem von den Herren Felix B erber und Bernhard Stavenbagen am Sonntag veranstalteten Sonatenabend hatten sich zahlreiche Hörer eingesunden — mehr, als die» (leider!) fonst bei Kammermusikansführungen der Fall ,n fein pflegt. Die große Beliebtheit, der sich Herr Berber von der Zeit seiner hiesigen Wirksamkeit her bei ug- ersreut, mochte zu solch' reger Teilnahme wesentlich be'getragen haben. Zu Gehör kamen drei Sonaten für Pianoforte und Violine, und zwar eine von Mozart (LwoII), eine von Brahms (op. 108, vmoll) und alSdaun Beethoven» 6 woll-Sonate aus op. 12. Daß man die Werke in dieser Reihenfolge spielte, Mozart und Beethoven durch BrabmS trennte, war allerdings etwa- ver wunderlich. Ich weiß nicht, ob die Herren Berber und Stavenbagen schon anderweitig vielleicht in München, mit einander musiziert haben. Den Eindruck, daß sie ganz zusammen gespielt seien, batte mau von ihnen am Sonntag noch nicht. In der Art, künstlerisch zu empfinden, sind ja beide von Haus au» ziemlich verschiedene Naturen. Berber» Ver anlagung neigt besonders nach dem Lyrischen hin. Wenn seine Geige in süßen Tönen einen langsame» Satz singt« kann, zieht er den Hörer am sichersten ,n Bann. Staven- Hagen hingegen greift gern frisch und herzhaft zu, mit aller feinsten Gefühlswerten zu wirken unterlaßt er. Hinsichtlich der Subtilität der Ausgestaltung wurde er an diesem Sonatenabend von Berbers minutiös ciselierendem Bogen erheblich übertroffen. Wa» Stavenbagen bot, war an und für sich sehr schätzenswerte», aber nicht auf Kammer musik abgestimnlte» Können. Trug er doch manch mal auf, al» wolle er seinen Part gegen ein garnes Orchester verteidigen. So kam e», daß stellenweise der Biolinton in den Klangfluten de» Klavier» unterging. Die Anschlags nuance», die Stavenha^en die-mal zur Anwendung brachte, wart« nicht eben mannigfaltig und förderten keiuesweg« alle« zu Tag«, wa» an Klangpoesie einem Blüthner abzuaewinnen ,st. Anderseits allerdings mußte man die Berbersche Auf fassung hier und da etwa» energischer wünschen. So sehr alle», wa» der Künstler gab, iu Wohllaut ge taucht erschien, so bestrickend sein Spiel sich anhörte. ein paar kräftige Lichter mehr hätten nicht schaden können. Der größte Genuß wurde mir speziell mit den Adagiosätzen der BrahmSschen und der Beethovenschen Sonate bereitst, wo Herrn Berbers Interpretation-weise ganz am Platze war und auch von Herrn Stavenbagen zutreffend unterstützt wurde. Was die Vorführung dieser Sätze auszeichnete und ihnen verstärkte Eindrucksfäbigkeit verlieb, wird hoffentlich den beiden noch folgenden Sonatenabenven der Herren von Anfang bis zu Ende beschieden sein: volle Uebereinstimmung der Geister, fortlaufende psychische Korrespondent. em in sttter Wechselwirkung vor sich gebende» gemeinjckattlickes Durchleben der zur Wiedergabe kommenden Kompositionen. Das Konzert, welche-Fräulein Margarete Schmidt- Garlot mit dem Windersteinorckester gab, stellte der Begabung der Dame, ihrem künstlerischen Wollen und Voll bringen ein günstiges Zeugnis au». Biele werden es der Veranstalterin gedankt haben, daß sie nicht nur die Reihe der bloßen Klavierabende vermehrte, sondern durch orchestrale Mitwirkung ibren Darbietungen zu reickerem Kolorit verhalf. Und für die Spielerin selbst erwuchs daraus noch der Vorteil, daß sie ihre Kunst nach ver schiedenen Richtungen hin, auch aus dem Gebiete de» Klavier konzerte-, erproben konnte. Weber» L moU-Konzertstück an Len Anfang zu stellen, war insofern etwa» gewagt, al» da naturgemäß der Auftretende, zumal wenn ihm größere Konzertroutine mangelt, am befangensten ist, Webersche Klaviermusik aber immer eine sehr brillante Au-führuug er fordert. Zu dieier rang sich Frl. Schmidt erst in der zweiten Hälfte des Werkes durch, da« Vorhergehende litt nock unter einer gewissen Nervosität und Zaghaftigkeit. Von drei Chopin- schen Solostücken gelang am bestkn Nocturne in 6woU, op. 48, Nr. I, Charakter und Stimmung wurden hier gut getroffen. Io Ehren auch bestand die strebsame Pianistin mit GriegS ^moll-Konzert, über da» man zwar in einigen Punkten ander» denken konnte al» die Vortragende, dessen Wiedergabe aber, alle» in allem genommen, doch al- recht tüchtige Lnstung gelten durfte. E» fehlte dabei nicht an Schwung und Kraft, Klarheit de» Figurenwerke» war nur selten zu vermissen, di« lyrischen Episoden wurden, wen» auch noch nicht erschöpfend, so doch mit Geschmack behandelt. Für ein erste» große» Konzert auf Leipziger Boden darf Fräulein Schmidt mit dem Verlaufe de» Abend» zufrieden sein. Herr Kapellmeister Wiuderstein und sein Orchester begleiteten die Solisti« aufmerksam und steuerten auch eine -utgelungene Vorführung der Beethovenschen „Egmont"- Ouvertur« bei. p. IVilSerockt.