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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.10.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-10-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19021015014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902101501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902101501
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-10
- Tag 1902-10-15
-
Monat
1902-10
-
Jahr
1902
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7142 Der Lmiitzer Mord vor dem öerliner Gericht. Aus derBegründ u n g des bereits telegraphisch ge- kneldeten Urteils heben wir noch folgendes hervor: Gegen vr. Bötticher sind 26 verschiedene Artikel, gegen de» Angeklagten Bruhn zwei Artikel unter Anklage ge stellt. Ln diesen Artikeln sind Beleidigungen gegen Be amte, Behörden und Privatpersonen, nämlich gegen den tzleischermeitter Adolf Levy, gegen Moritz Levy, gegen Herrn Gropmann und Herrn Caspary, gerichtet. In zwei Fällen ist eine besondere Anklage wegen Beleidigung de- Bürgermeisters Detitius erfolgt. Das Gericht hat angenonmren, daß in einem Falle Beleidigungen in dem betreffenden Artikel nicht enthalten und die darin be haupteten Tatsachen im wesentlichen als wahr erwiesen sind. In allen anderen Fällen hat das Gericht den Tat bestand der Beleidigung im Sinne des 8 186 in Ver bindung mit dem 8 185 für vorliegend erachtet. Die Be leidigung der Privatpersonen liegt darin, daß in den Artikeln dem Schlächtermeister Levy, dessen Lohn und den beiden anderen Nebenklägern der Vorwurf gemacht wird, daß sic an der Tötung des Ernst Winter beteiligt seien. Gegenüber den Beamten gehen die Vorwürfe zum Teil dahin, daß sie pflichtwidriger Weise die Untersuchung nicht unparteiisch, sondern tendenziös und befangen geführt haben, teilweise liegen auch Wvrtbeleidigungen im Sinne -e- 8 18V vor. — Nach Ansicht des Gerichts ist den An geklagten der Schutz des 8 188 zu versagen. Die Presse hat nach den bekannten ReichSgerichtsentscheidungen nicht das Recht, bei Besprechung öffentlicher Angelegen heiten die Ehre von Privatpersonen anzutasten; nur soweit eine individuelle Beziehung obwaltet, ist ihr ein be rechtigtes Interesse zuzuRlligen. Dieses Recht können die Angeklagten auch nicht daraus herleiten, daß, wie der Ge richtshof als wahr unterstellt, der Schlächtermeister Hoff mann dem Angeklagten Br»chn gesagt hat, er möge seine Interessen wahrnehmen. Aus diesem allgemeinen Er suchen kann das Recht zu einer persönlichen Vertretung des Hoffmann nicht hergeleitet werden, denn sonst würde jede Zeitung sich leicht ein Recht »»erschaffen können, mit der Ehre der Mitmenschen nach Belieben umzuspringen. In allen Fällen ist der Wahrheitsbeweis nicht gelungen. Die Angeklagten haben im Laufe der Ver- yomdlüng selbst erklärt, daß sie den Wahrheitsbeweis gegen Deditius aus seiner früheren Amtstätigkeit nicht führen können, und auch gegen Großmann ist der Wahr heitsbeweis fallen gelassen. Der Angeklagte Bötticher hat hie Erklärung abgegeben, daß er auch gennsse Vorwürfe gegen die Regierung fallen lasse. In letzterer Beziehung war aber eine Anklage gar nicht erhoben worden. Da gegen ist von deü Angeklagten der Wahrheitsbeweis gegen die Beamten und gegen Levy noch aufrecht er kalten worden, allerdings gegen die Beamten nur in soweit, als die Angeklagter» aus tatsächlichen Momenten beweisen wollten, daß sie in gutem Glauben gehandelt haben. Bezüglich des Fleischermeisters Lev») haben sie ge- alaubt, noch in diesem Prozesse eine gewisse Mitschuld Levys Nachweisen zu können. In dieser Beziehung ist den Angeklagte^ keine Spur von Beweis gelungen, moder nach -er Richtung einer Täterschaft Levys, noch nach anderer Richtung, aus der sie sich zur Erhebung der Vor würfe berechtigt erachten konnten. Die Vorwürfe gegen die Beamten richteten sich gegen alle Beamte, die mit der Untersuchung betraut waren. Die eingehende Verhand lung hat erkennen lassen, daß sämtliche Beamte mit dem größten Eifer bestrebt gewesen sind, alles zu tun, was in ihren Kräften stand. Ungeschicklichkeiten mögen mit unter gelaufen sein, aber sie waren so klein und unerheblich, daß aus ihnen keineswegs die Vermutung eines pflicht- widrigen Hairüelns gezogen werden kann. Wenn auch hier und da bei Mordsache»» Versehen der Polizeibehörden aufgebeckt sind, so kann man höchstens zusehen, daß solche Versehen möglichst vermieden werden, aber niemand ist es noch eingefallen, daraus der Behörde einen Strick zu drehen, und Len Borwurf zu erheben, daß sie mit Mördern und anderen Verbrechern unter einer Decke stecke. Nichts anderes wird aber in dem Kon-itzer Fall den Beamten und Behörden zum Vorwurf gemacht. Einer durch eine scheußliche Mordtat in Erregung gesetzter» Bevölkerung kann ein solcher Gedanke bis zu einer gewissen Grenze nachgeseheck rverden, unter keinen Mnständen aber eiriem Redakteur, -er doch eineri weiteren Blick für die Tätigkeit der Behörden haben müßte. Bürgermeister Detitius, Kommissar Wehn, Kriminal inspektor Braun Haber» alle in vollstem Maße und umsichtig ihre Pflicht getan. Noch unbegründeter sind die Bor würfe gegen den Ersten Staatsanwalt Settegast, der jed wede Spur nach jeder Richtung hin verfolgt hat, so daß er sogar vor einem Zuviel gewarnt werben ruubte. Es ist andererseits festgestellt, daß es dem Oberstaatsanwalt Wulff durchaus fern gelegen hat, auf den Gang der Unter suchung nach einer bestimmten Richtung hin einzuwirken. Was die Beschuldigung gegen Levy angeht, so hat das Gericht in keiner Weise das Vorliegen eines berechtigte»» Verdachts, daß Levy oder sein Sohn die Täter oder Mit wisser des Mordes seien, irgendwie anerkennen können. Die Angeklagten möge»» sich ja darauf berufen, daß in Könitz von vornherein bei der dort herrschenden Stimmung ein gewisser Verdacht gegen die Jude»» vbgewaltct hat und dieser Verdacht durch das erste medizinische Gutachten eine gewisse Stütze erhalten hatte, namentlich nachdem Maslosf sein sogenanntes Geständnis abgegeben hatte. Aber wenn sich auch der damals gegen Levy bestandene Verdacht er klärt, so mußte sich doch jede Zeitung sorgfältig hüten, die positive Behauptung der Täterschaft aufzustellen. Die An geklagten haben aber geradezu geschwelgt in der Bezichti gung der Familie Levy; in jedem Artikel wurde mit Fingern auf die Levys gewiesen. In dem zweiten, dem Angeklagten Bruhn zur Last fallenden Artikel, war aller dings für diesen durch die Untersuchung gegen Hoffmann ein Anlaß gegeben, sich auszulassen. Er hat aber an daS Geständnis MaSloffs eine eigene Kritik geknüpft. Mit solchen Ausstreuungen, wie er sie beliebt, ist er weit über daS Maß beS Erlaubten hinauSgegangen und er hat mA der Ehre eine-Mitmenschen ein grausames Spiel getrieben. Sr mußte sich sagen, welch böse Folgen solche Aufreizungen haben mußten, wenn auch anerkannt werben mag, baß nicht alle Ausschreitungen in Könitz auf das Konto der „Staatsb.-Ztg." zu setzen sind. Die Aufregung ist aber jedenfalls in hohem Maße geschürt worden. Dies muß bei der Strafabmessung berücksichtigt werden. Es kann den Angeklagten nicht zu gute gehalten werden, daß sie auf einem bestimmte»» Parteistandpunkte stehen. Sie mlissci» auch von» Parteistandpunkte die Ehre anderer achten. Die Angeklagten dokumentieren, daß sie noch heute auf demselben Standpunkte stehen, und auch heute noch glauben, mit der Ehre ihrer Mitmenschen nach Belieben wirtschaften zu können. Bei der Strasabmessung gegen den Angeklagten Dr. Bötticher ist u. a. auch erwogen wor den, daß die Beschuldigung gegen Levy eine außerordent lich schwere und von bedenklichster Tragweite gewesen ist. Bezüglich deS Angeklagten Bruhn hat der Gerichtshof zwar angenommen, daß er die übrigen ihn» nicht zur Last gelegte»» Artikel nicht verfaßt und nicht veranlaßt, sondern sogar einen gewissen beruhigenden Einfluß auSzuüben versucht hat; anderseits ist er aber für die Tendenz der „Staatsb.-Ztg." verantwortlich zu machen, und in diesem konkreten Falle ist sein Einfluß ganz unverkennbar. Verein selbständiger Leipziger Kaufleute und Fabri kanten zur Wahrung berechtigter Interessen. -*-« Leipzig, 14. Oktober. Eine umfangreiche Tagesord nung kenzeichnete die gestern abend im Restaurant Kitzing L Helbig abgehaltene, gutbrsuchte Monatsversammlung. Bei Be kanntgabe der geschäftlichen Eingänge konnte der Vorsitzende, Herr Hugo Seifert, mit Befriedigung feslstellen, das; das Bestreben des Rates, den Berkau» von Meß m u st e r n an Private zu inhibieren, allgemeiner Zustimmung der Geschäftswelt begegne. Während im Jahre 1901 erst 27 Lei») ziger Handelsfirmen, denen diese Muster zur Abnahme frei flehen sollten, sich zum Einkauf bereit erklärt hatten, ist deren Zahl, und darunter sind angesehene Häuser, in diesem Jahre auf 46 gestiegen. Neuerdings hat der Verein, der sich gegen wärtig eines regen Mitgliederzuwachses erfreut, sich mit einer Anfrage an die hiesige Reicksbankhaupt stelle ge wandt und diese um eine gutachtliche Aeuherung über die Em- führung von 10 Mark-Scheinen, sowie über die »veitere Ausprägung von Kronenstücken gebeten. Die Antwort ist aus weichend ausgefallen. Es lag weiter ein Schreiben des deutsch-nationalen Handlungsgehülfen-Verbandes vor, in welchem uni Unterstützung der geplanten Einführung 8 Uhr- Lade nschlnssek gebeten und aus die »oohl- wollende Befürwortung dieser Frage durch die kiesige Handelskammer hingewiesen wurde. Man beschloß diese Angelegenheit dem Vorstände zur weiteren Behandlung zu über geben, setzte aber dabei vor allem voraus, daß der gedachte Verein ausdrücklich auf irgend ein Ueberwachungssystem ver zichte. Den» Vorstand wurde gleichzeitig die Beschwerde der hiesigen Julvelier-, Gold- und Silberschmiede-Innung, da» Offen lassen von Schaufenstern und Aus lagen in den Leipziger Passagen an Sonn- und Festtagen betreffend, zur näheren Beratung über wiesen. Hierauf trat die Versammlung in den Hauptpunkt der Tagesordnuiig, in die Besprechung der RatSvorlage, be treffend die Uebernahme der Weine in eigene Regie für den neuen Ratskeller, ein. Wie Herr Ehr. Harbers als Referent in dieser Angelegen heit ausführte, stütze sich die Ratsvorlage Vorzugslveise auf die Erfahrungen einiger Städte, indessen vergesse man vor allem die Zinsen und Kosten, die aus Einkauf und Lagerung der Weine erttstehen, und nach seinen, Redners, Beobachtungen lasse auch Bremens Regie die Sacke in keinem so goldigen Lichte erscheinen. Bis zum Jahre 1873 habe in Bremen allgemeine Klage über den Ratökellerbetrieb und seinem minimalen Er trägnis geherrscht; erst von da ab nach Gewinnung eines tüch tigen, gut bezahlten Kellermeisters habe man tatsächlich mit Ge winn gearbeitet, etwa ISO 000 im Jahr. Aber die Verhält nisse liegen in Bremen, wo ein ausgeprägter Lokalpatriotismus den Besuch des Ratskellers durch alle Kreise unterstütze, ganz anders als in Leipzig. Nun wolle hier der Rat ein Unter nehmen beginnen, das nicht nur den Weinhandel, sondern auch, sofern es mit billigem Weine aufwarte, wie es beabsichtigt sei, auch den Bierabsatz schädige. Ueberdies lasse sich auch kein pekuniärer Vorteil für den Rat kerausrechnen. denn bei einem Weineinkauf von rund 150 000 könne bei Berücksichtigung der Kosten höchstens ein Ueberschuß von etwa 26 000 nach gewiesen werden. Das sei kein Objekt, um Hunderte von Be teiligten zu schädigen. Wenn Bremen, das sich doch auf eine alte Tradition stütze und billige Pachrverkälrnisse habe, henke vor die neue Frage gestellt werde, ob es seinen Ratskeller in eigene Regie nehmen wolle, es würde sie nicht bejahen. In der nun folgenden ausgedehnten Diskussion nahm zu- näcksi Herr Lauterbach das Wort. Man müsse im Prinzip entschieden dagegen sein, daß der Rat dementsprechende Ge schäfte betreibe, auch solle mm« dahin wirken, daß der Rat, der hier selbst eine Konzession für den Ausschank erwerbe, nicht so viel Schankkonzessionen gebe. Nach den folgenden Ausfüh rungen des Herrn Stadtverordneten Ryssel sind bei der An gelegenheil mehrfache Fragen in Berücksichtigung zu ziehen. Eins stehe aber fest, eine Regie werde immer teuer Wirt schaften. Diese pessimistische Anschauung, die für die späteren Jahre ein Loch in dem ganzen Nechenexempel voraussehe, ent springe aus dem Gedanken, daß der nölige große Apparat mit Wein einkausenden und überwachenden Ratsherren unmöglich gut funktionieren könne. Das Wichtigste aber sei vor allen» die Prinzipienfrage. Mit demselben Recht wie bei diesem Regie unternehmen, durch welche selbständige, individualistische steuer zahlende Existenzen verdrängt werden sollen, könne die Stadt auch Bäckereien und Brauereien einrichten. Das verschiebe doch vollständig die Basis des Wirtschaftslebens. Nnn tauche angesichts der großen Ratskellerräume die Frage auf, ob sic überhaupt dauernd mit Weintrinkern gefüllt werden können; es lverde wahrscheinlich der Rnf laut werden, daß im Rats keller auch Bier verschänkt werde. Nun wolle der Rat die Restaurateure schonen und werde doch dann zum Bierverschank gezwungen werden. — Leipzig müsse alles tun, uni seinen Engroshandel zu fördern; aber wenn die Stadtgemeinde für 200—300 000 Wein selbst einkaufe, so schwäche es doch den Einfuhrhandel um diese Summe, während sie doch alles tun solle, um den Wein importeuren die Möglichkeit zurVergrößerung ihres Umsatzes zu gewähren. Der Verein der Leipziger Kaufleute könne gar nicht anders, als solchen Negiebestrebungen, die einen gewissen un- wirrschaftlichen Beigeschmack haben, entgegenzmreten. Herr Herin. Geriete beleuchteie die Frage von der finanziellen Seite. Wenn der Rat einen noch billigeren Wein als der Weinhändler liefere und auch noch entsprechende Ueber- schüsse erzielen wolle, so lasse fick dies schwer vereinbaren. Der Bremer Ratskeller erziele bei einem Umsätze von rund 400 000 Mark einen Jahresgewinn von etwa 160 000 bei einem Einkauf von 165 000 und bei etwa 75 000 Unkosten, also mit ungefähr 142 Prozent Aufschlag auf den Einkaufspreis. Wenn sich dec hiesige Rat mit 10 Prozent begnüge, so würde dies 24 000 auf einen Umsatz von 240 000 bedeuten. Auch Herr Stadtverordneter Böhme sprach vom prin zipiellen Standpunkte sich gegen die Rcnsvorlaye aus. Ein jeder Handel des Rates sei überhaupt zu bekämpfen. Der große, schöne Ratskeller, dieses große, gemeinschne Unter nehmen, dürfe nicht einer besonderen Klasse von Bürgern reserviert, sondern mi'sise auch dem Kleinbürger zugängig ge macht werden. Tie Stadt »olle sich nicht in die Geschäfts angelegenheiten ihrer Steuerzahler mischen. Herr Ger icke bekonte, daß er nicht den Glauben aufkommen lassen wolle, daß der Weinvertrieb im künftigen Ratskeller allein herrsche, der gemischte Betrieb sei ganz annehmbar. Wie Herr Alfred Oehler ausführte, handle es sich für die selbständigen Kaufleute einzig und allein um den Grund satz, daß die Regie, gleichviel, ov in Wein oder Bier, unbedingt abzulehnen sei. Tie Petition der Weinbändler, so dankbar man diese Anregung aufnehmc, komme dabei außer Spiel. Nach weiterer kurzer Diskussion faßte die Versammlung ein stimmig folgenden Beschluß: „Ter Verein selbständiger Leipziger Kaufleute und Fabrikanten zur Wahrung berechtigter Interessen, dem Vertreter der verschiedensten Branchen angehören und der heutigen Monatsversammluna beigewohnt haben, kann sich mit dem beabsichtigten Vorgehen des Rates, die Beschaffung des Weinbedarfs »m neuen Ratskeller in eigene Regie zu übernehmen, nicht einverstanden erklären. Er erhebt schon im Prinzip Einspruch dagegen, daß die Stadt in irgend welches Unternehmen eintritt, da», wie im vorliegenden Falle, geeignet erscheint, den steuerkräftigen Handel«- und Äcwerbestand zu schädigen." Verbreitung -er großen Volkskrankheilen in -en Sommermonaten Inni, Juli, August 1902. Die Mitteilungen über die Ausbreitung der P e st zeigen in diesen drei Monaten im allgemeinen eine erfreuliche Abnahme derselben; in einigen Staaten ist die Seuckie sogar erloschen. Doch fand in diesen Monaten, besonders im Juni, mehrfach eine Verschleppung der Krankl-eit nach europäischen Staaten statt, wenn es auch an allen diesen Orten gelang, die Weiter verbreitung zu verhindern. So kam am 10. Juni im Hafen vonDünkirchenein englischer Dampfer („City of Perth") aus Kalkutta an, auf dem zwei Matrosen an Pest erkrankt waren, und welche am 11. starben. Auf der Weiterreise er krankte auf demselben Dampfer am 13. noch ein Mann an Bord, der am IS. im Spital zu Tenton starb. Auch an Bor des Dampfers „Cambodga" der Messageries Ma ritimes. der vom Schwarzen Meere, Konstantinopel und Piräus kommend, am 16. Jun» in Marseille eingetroffen war, ist auf der Fahrt von Saloniki nach dem Piräus ein ver dächtiger Krankheitsfall vorgekommen; der Erkrankte (ein Heizer) genaS. Ferner wurden an Bord de» mit 700 Passa gieren am 23. Juni von Buenos Aires eingetrofsenen Dampfers „Duca de Gallier« " in Genua zwei Vestfälle fest gestellt. Der Dampfer wurde mit allen Passagieren nach Asmara auf Sardinien gesandt. Die pestverdächtigen Patienten genasen; weitere Erkrankungen sind nicht vorgekommen. Ge fährlicher erschien die Meldung des Ausbruche» mehrerer pest verdächtiger Erkrankungen in Ut-KudaS im Talowschen Bezirke der K i r g i s e n s» e p p e des asirachanscheu Gouvernements in N u ß l a n d, von wo »in Juni von 6 pej»- vcrdächtigcn Fällen, die alle tätlich endeten, berichtet wurde. Nach gründlicher Zerstörung der Zelte und Desinfektion der Gräber der Verstorbenen sind »veitere Erkrankungen seit dem 25. Juni nicht vorgetoinmcn. 'Aus Odessa wurden am 13. Juli 1, bis 26. Juli »veitere 4 pestverdächtige Fälle ge meldet, die sämtlich genasen. Ain 1. August ist ein »veitere» ver dächtiger Erkrankter ins dortige Krankenhaus gebracht worden, bis 22. August »vurden noch mehrere verdächtige Fälle beobachtet, doch scheint bei keinem derselben echte Pest festgcstellt worden zu fein. Im Torfe Aksai (Kreis Tscherny Jar des Gouverne ments Asnacha»») kamen seit dem 3. Juli eine größere Zahl (26) peslverdächtige Erkrankungen vor, von denen bis zum 31. Juli 16 einen rötlichen Ausgang nahmen. Die nach dort gesandten ärztliche»» Sachverständigen haben die Erkrankungen für „sibirische Pest" (Milzbrand) erklärt. Auch auS der Türkei wurde unter dem 30. Juni festgestellt, daß in Stainbul und in Galata je 1 sicherer Pestsall, außerdem 2 verdächtige Er krankungen an Pest vorgekommen seien. In Makalla (Süd arabien) herrschte schon im April die Pest. In dein stets ge fährdeten Aegypten kamen auch in diesen drei Monaten eine größere Zahl von Pestfällen zur Feststellung, doch Hal die Zahl der gemeldeten sicheren Fälle im ganzen erheblich ab- und nur in Alexandrien zugenomMen. Vom 30. Mai bis 28. August ge langten 99 Erkrankungen mit 45 Todesfällen zur Meldung, von denen 68 (80) aus Alexandrien, 18 (9) auf Tukh, 7 auf den Bezirk Eamalut, 4 auf den Bezirk Tamanhur, je 1 auf deu Bezirk Mellavi und auf Port Said entfielen. Außerdem er krankte am 25. Juni auf dem Bremer Lloyddampfer „Darmstadt", der, von Australien kommend, ain 28. Juni in Suez eingetroffen war, ein Heizer unter verdächttgen Erscheinungen, doch konnte»» Pestbazillen nicht nachgewiesen werden, und am 23. Juli in Aden zwei Heizer auf dem Dampfer „Hispania". In dem von der Pest in den letzte»» Jahre»» so arg heimgesuchten Britisch-Oftindicn scheint die Seuche ii» diesen Monaten endlich eine»» größeren Nachlaß erfahren zu haben; besonders Ivar im Mai und Juni die Zahl der gemeldeten Pestfälle eine erheblich kleinere, stieg aber im Juli wieder, so daß zu Ende des Juli die Zahl der geineldeten wöchentlichen Pesr- fällc »»och gegen 1500 betrug, die aber im August (über 5000 wöchentlich) noch im weiteren Steigen war. Auffallend gering Ivar die Zahl der Opfer in Bombay, auch in Karachi, in denen im Juli die wöchentliche Zahl nur etwa 30 bezw. 15 betrug. Ter Hafei» von Broach wurde Ende April für feuchensrei, da gegen der von Mangalore am 9. Mai für verseucht erklärt. In Kalkutta erlagen in der Zeit vom 18. Mai bis 16. August P98 Personen der Pest; hier Ivar im Juli und August der Nachlaß ersichtlich. Das Kaiserreich Japan scheint in diesen drei Monaten von der Pest ziemlich verschont geblieben zu sein. AuS Nagasaki kam die Meldung von nur einem Todesfall, der einen aus Formosa komnienden Japaner betraf. Dagegen hat auf der zu Japan gehörenden Insel Formosa die Pest im Mai noch heftig gewütet, besonders waren Teipeh und die Vororte stark befallen. Als Ausgangspunkte wurden Tamsiu und Rilung angegeben. Seit anfang Juli war ein erheblicher Nachlaß cr- sickitlick: vom 1. Januar bis 14. Juli waren 2045 Erkrankungen mit 1586 Todesfällen gezählt worden. Aus China liegen über das Auftreten der Pest wohl aus verschiedenen Orten aber sehr ungenaue Nachrichten vor. Fest steht, daß in Amoy schon seit längerer Zeit Pestfälle vorgekomnicn sind. Ende Juni und anfang Juli trat die Seuche epidemisch auf (wöchentlich min destens gegen 100 Erkrankungen). Auch in Tschang Aschou und auf der Insel Kulangsu hat die Intensität zugenommen. Im Hafen von Swatau kamen bis Mitte Juni vereinzelte, nm Mitte des Monats täglich 1—3 Pesttodesfülle zur Kenntnis. In Hanoi (Cochinchina) wurden im April schon Pestfälle beobachtet. In Hongkong hat die Seuche im Mai und Juni größere Ver breitung gewonnen; vom 10. Mai bis 15. Juli wurden 330 Todesfälle bekannt. Dagegen hat in Hawaii, wo die Pest im Mai und Juni ziemlich verbreitet war, Ende Juni die Epi demie nachgelassen, und sind seit Mitte (17. Juli) »veitere Pest fälle in Honolulu erst n:n Mitte August wieder zum Bericht ge kommen. Auch auf der Insel Mauritius ging die Epi demie anfang Juni ihrem Erlöschen entgegen, so daß vorn 30. Mai bis 5. Juni nur 1, und vom 6. Juni biZ 17. Juli eben falls nur 1 Pesttodesfall gemeldet werden konnte. Von da bis 7. August kamen jedoch wieder 11 Erkrankte in das Kranken haus zu Port Louis, so daß inan ein Wiederaufflackern der Seuche befürchtete. Auf den Philippinen ist die Pest er loschen; seit 3 Monaten Ivar bis zum 18. Juli kein weiterer Fall beobachtet worden. In M a» u n g a (Madagaskar) starben vom 19. Mai bis 14. Juni 85 Personen (nur zwei Europäer) an der Pest. Mitte Juni kamen täglich 10 bis 12 Pestfälle vor; seit dem 17. Juli ist jedoch kein weiterer Pestfall gemeldet worden. In Brasilien wurden in Rio de Janeiro Mitte August 5, in Viktoria (20. August) mehrere Pestfälle beobachtet. Pernainbuco wurde am 19. August für seuchenfrci erklärt. In San Francisco (Vereinigte Staaten von Amerika) wurden cm» 19., 25. und 29. Mai, sowie am 13., 19., 20. und 21. Juni und 7. und 17. August je 1 Erkrankung an Pest gemeldet, die alle 9 tödlich ansgingen. Im Kaplande har die Pest zwar ihren epidemischen Charakter verloren, doch wurden im Mai, Juni und Juli immer noch einzelne Er krankungen an Pest (im ganzen 10), zumeist in Port Elizabeth, beobachtet, auch verschiedene Pestleichen Eingeborener gefunden. Seit Ausbruch der Epidemie bis 26. Juli wurden 907 Er krankungen mit 487 Todesfällen bekannt. Auch inQueens - l a n d hat die Pest im Juni den Seuchcncharakter verloren. Von Ende April bis 17. Mai »vurden 21 Erkrankungen mit 7 Todes fällen, vom 25. bis 31. Mai 4 Erkrankungen und 1 Todesfall (sämtlich in Brisbane) gemeldet. Seit 6. Juli wurde die Kolonie für pestfrei erklärt, doch wurden immer noch mit Pest bazillen infizierte Ratten eingeliefert. Am 31. Jul» wurde je doch aus Brisbane, am 19. August aus Townsville und an» 26. August aus Gladstone wieder 1 Pesttodesfall gemeldet. Aus W estaustraIie n gelangten Ende Mai aus Freemantle zwei Erkrankungen, ans Neu-Südwales aus Newcastle 1 Pest fall zur Anzeige. Dagegen tvar die Epidemie in Sydney feit 24. Juni erloschen, nachdem daselbst 140 Erkrankungen (38 da von tödlich endend) vorgekommen waren. Im Gegensatz zu dieser im allgemeine»» erfreuliche»» Abnahme der Pest gestaltete sich die Aussicht iiber das Zurückdrängen der Cholera in diesen drei Monaten zu einer weniger günstigen, und dies umsomehr angesichts der Tatsache, daß die Cholera auch in den europäischen Staaten ein leichteres Fortkommen zu finden scheint als die Pest. Daß die Cholera in den von ihr schon in den Monaten März, April und Mai occupierten Gegenden, be sonders in Arabien und Aegypten, noch weitere Ver breitung gefunden hat, kann nicht überraschen, unterstützen doch religiöse Sitten und Gebräuche, der Lebensunterhalt, klimatische Verhältnisse, sowie Unkenntnis und Nichtbeachtung der ein- facksten und natürlichsten hygienischen Maßregeln die weitere Ausdehnung in hohem Grade. So wird auS Türkisch-Süd- arabicn (Salif) vom Juni der AuSbruch der Cholera gemeldet, deren spezieller Gang in jenen Gegenden aber schwer zu ver folgen »st. Ebenso schlimm steht e» mit der Verbreitung der Epidemie in Aegypten. Das Vorhandensein der Cholera ist seit dem 15. Juli offiziell zugrstanden und sind seit jenem Tage bi» 8. Septeniber über 600 Ortschaften ergriffen worden. Einge schleppt wurde die Seuche durch zurückkehrende Mekkapilger, die an der Küste von Suakim unter Umgehung der Quarantäne landeten, nach Moucha, einem Orte von ra. 12 000 Einwohnern südlich von Assiout. Man erkannte die wahre Ursache der sich bald häufende»» Todesfälle nicht sogleich; brachte man doch einige der Kranken nach dem Brunnen einer Moschee, dessen Wasser für wundertätig gilt, um sie darin zu baden, während die übri gen Gläubigen, die zum Besuche der Moschee kamen, von diesem Wasser tranken. Als man in Kairo auf diese Zustände auf merksam wurde und europäische Aerzte dahin sandte, wurden in 4 Tagen (vom 15. bis 19. Juli) 96 Tholerakranke festgestellt. Bei der Abneigung der Dorfbevölkerung vor Lazaretten, Des infektion und dergleichen flohen die Bewohner aus Moucha in die umliegenden Ortschaften und verbreiteten die Seuche nach allen Richtungen. Zunächst wurde das nicht weit von Moucha gelegene Assiout sehr hcfttg heimgesucht, am 23. Juli Kanro, wo Ende Juli die wöchentliche Zahl der Erkrankungen über 300 anstieg. In der Woche vom 12. bis 18. August wurden die erste»» Fälle in Alexandrien festgcstellt; auch in Abu Tig, Deirut, Mellani, Gizeh, Embabeh, Goliub, Nawa, Fachn, Demietta, I»- »nailia und anderen Orte»» der Provinzen Gizeh, Galiukneh, Minieh, Monufieb, Charkieh, Garoieh, BeniSucf eine mehr oder minder größere Zahl von Cholerafällen konstatiert. Ein Er löschen der Epidemie ist vorläufig noch nicht abzusehen; die Gesamtzahl der Erkrankungen betrug bi» 3. September über 20 000 (die Zahl der Todesfälle 16 209), und ist noch im Steigen. Auch wurde am 2. September in Port Said 1 Tholera- todcSfall festgestellt. Seit Ende Mai trat die Cholera in der Mandschurei (Rußland) zutage, wohin sie aller Wahr scheinlichkeit nach von China eingeschlepvt worden ist. Be sonders stark waren die Städte Jnkon, Chardin, Mukden, Jt- schou (an der koreanischen Grenze) befallen. Außerdem wurde in zahlreichen anderen Orten, z. B. aus den Stationen Vkand- schmiß» und Progranitschuaja Cholcrafälle festgestellt. Im Amur-Gouve»ucmcnt ist die Einschleppung der Epidemie läng» des Ainurstromes, ferner längs des llssiirsslusscs und der Trans baikal-Eiseubahn festgestellt. In der Stadt Blagowestschenst waren Mitte Juli, in Port Arthur und Dalnij (Distrikt Twang- Tung) Ende Juni der Ausbruch der Seuchc konstatiert. Daß bei den, besonders unter deu Ehiuesen, dort herrschenden Sitten und Gebräuchen sich die Seuchc bcsouders an deu Jlußläufei» rasch verbreitete und daß ii» allen von der Seuche befallenen Orte»» die Zahl der Erkrankungen und Todesfälle bis hoch in die Hunderte hinein stieg, darf wohl nicht wundernehmen. Da gegen hatten die im Berichte Sibiriens liegenden Ortschaften zu meist nur vereinzelte Fälle, wie Chaborowsk, Llowjanaja u. a. Neu betroffen war iin August der Ort Tichmeuewo (im Süd- Ujsurigcbiet), eine Ansiedlung der Eingeborenen am Amur und die Ortschaft Tnluu (im Gouvernement Irkutsk). In der zweiten Hälfte des August nahm die Zahl der Erkrankungen und «tcrbefällc zwar in den meisten Orte»» ab, doch kamen auch in Wladiwostok und ii» Jrlutsk vereinzelte Cholerasälle vor. Von Seiten der russischen Regierung find längs der ganzen sibirischen Bahnlinie strenge Abwehrmaßregeln emgeführt und auf der Station Baikal ein ärztlicher Beobachtungsposten zur noch maligen Revision der über den Baikalsee kommenden Reisende»» eingerichtet worden. Diese Maßregeln scheinen auch von gün stigen Erfolgen begleitet zu sein, da nach der» letzten Mit teilungen von Ende August die Zahl der vorgekommenen Cholerasälle, auch in Wladiwostok, erheblich geringer geworden ist und neu befallene Ortschaften nicht gemeldet worden sind. Aus O u c» d a t (Persien) wird vom Ende Juli der Aus bruch der Cholera berichtet. In Britisch-Ostindien tüiiimeu Cholerasälle fast das ganze Jahr hindurch zum Vor schein, doch wurden speziellere Mitteilungen über dieselben nicht gemacht; nur aus Kalkutta liegen bestimmte Daten vor, nach welchen vom 18. Mai bis 16. August (13 Wochen) 470 Per sonen an Cholera gestorben waren. In den verschiedenen Di strikten und Provinzen Nieder ländisch-Indien» trat die Cholera im Jun» und Juli wieder heftiger al» im Mai auf, und lvaren es insbesondere die Distrikte Soerabaga, Batavia, Samarang, Pekalongon, Paservean, und in geringerem Grade Probolingo, Celebes (auf der Insel Salever), Takalor, Balag- nipa, Poerworedjo, ii» denen Cholera herrschte. Auch auf Borneo trat die Cholera epidemisch auf, und wurden die Häfen von Aandjermasin und Panarciekan für verseucht erklärt. Auf dem von Batavia am 18. Jun» abgegangenen und am 9. Juli in Suez angekommenen Dampfer „Soenibing" ist am 1.9. Juni ein tödlich ausgehender Cholerafall vorgekommen. In Hong kong hat die Seuche um Mitte Juli abgeiwmmen. InSin - gavore (Straits Settlements) trat die Cholera iin Mai und Juni noch epidemisch auf und forderte auch im Juli noch zahlreiche Opfer. In China herrschte im April, wahr scheinlich auch schon früher, in verschiedenen Gegenden die Cholera, ohne daß zuverlässige Nachrichten hierüber bekannt »vurden. In Shanghai wäre»» im April schon 781, im Ma» 1192 Todesfälle an Cholera, meist unter den Chinesen, gezählt. Im Juli schien die Scnchc etwas abzunehmen; auch in Hankau und Wnthang Ivar, wie angegeben wird, dieses Jahr die Zahl der Diarrhoe»» häufiger als in früheren Jahren. In Kanton ist seit Anfang Jul» kein ausgesprochener Cholerafall mehr beobachtet wocden; »n Tfinanfu waren am 8. Juli schon über 300 Todes fälle verzeichnet, desgleichen in Chinkmng und Amoy. In Peking wurde an» 8. Juni unter der japanische»» Wachmannschaft ein Cholcrafall festgestellt; auch in Nwtschwang (am 1. Juli), der durch einen englischen Dampfer eingeschleppt werden sein soll. Auch in» (deutschen) Kiautschau gebiet sind in» August Cholerasälle vor gekommen. Nach Korea hat sich die Seuche trotz der russischen Abwehrmaßreaeli» verbreitet. Aus dein nordwestlichen Teil voi» Korea, aus Wiju, wird unter dem 18. August der Ausbruch der Cholera berichtet. Ende Mai wird aus Saigon (Cochinchina), Mitte Juni aus Huk ( A n ain ) das Auftreten der Cholera gemeldet. An Bord des von Tonkin nach Saigon qurückkehrenvcn Panzerschiffes „Le PaScal" ist Ende Mai die Cholera ausgebrochen (über 70 Er krankungen). Im Kaiserreich Japan scheint die Cholera nicht größere Verbreitung gefunden zu haben. Zwar wird aus ver schiedenen Orten das Auftreten von Cholera berichtet, dock scheinen die allerdings sehr energisch gehandhabten Vorkehrungs maßregeln der Negierung günstige Erfolge gehabt zu haben. So sollen in Tokio vom 22. Juni bis 3. Juli 10 Personen er krankt und 4 gestorben sein. Im Hafen von Karatsu, nördlich von Nagasaki, waren bis 12. Juni 17 Erkrankungen gemeldet; die Seuche soll aber am 1. Juli erloschen sein. Auch »m Hafen von Katsumoto (auf der Insel Jki) zeigten sich Mitte Juni Cholerasälle. Nur in Nagasaki, das bis 1. Juli frei blieb, hat die Seuche größere Verbreitung gefunden. Aus einem japanischen Dampfer, der in Quarantäne lag, erkrankten am 27. Juni 7 Personen. Mitte Juli erkrankte auf einem Kanalbootc in Nagasaki rin Japaner, dem bald 3 weitere, bis 23. Juli 22 Er krankungen (13 tödlich) folgten. In der Stadt selbst wurden nur 2 Fälle (1 aus Tfchifu eingeschleppt) festgestellt,-doch ver breitete sich die Epidemie im Jul» und August erheblich. Auf der Insel Kiuschiu kamen auch Cholerafälle, gegen Ende Juli bäufiger, vor, besonders im Hafen von Mosi (gegenüber von Schimonoseki). Vereinzelte Fälle zeigten sich in Kobe. Aus For mosa, besonders in Taipeh und Kilung, trat Cholera in be schrünker Zahl auf, dagegen wütete die Cholera heftig auf den Philippinen und besonders in Manila; im Jul» erläge»» derselben in Manila 1219, in den Provinzen in derselben Zeit über 6000 Personen. Auch vom Gelbfieber kamen in diesen drei Monaten mehr Erkrankungei» und Todesfälle zur Kenntnis als in den voran gegangenen. Doch blieb die Zahl der Opfer in den meisten Orten, Ivo es sich zeigte, eine beschränkte, wie in Havana, Panama, Gibara, Port Limon, Cienfuegos, Merida, Bahia, Pro- gneso u. a. O. Nur in Vera Cruz, in Coatzacoalcos (Mexiko) und in Rio de Janeiro (im Mai und im August) war die Zahl der Todesfälle an Gelbfieber eine etwas größere. In Mexiko und in dei» mexikanischen Orten Alvarado, Cordoba und Jatipan, sowie in Paramaribo (Niederländiscy-Guayana) trat das Gelb fieber nur in vereinzelten, sporadische»» Fälle»» auf. Die Verbreitung der Pocken hat in diesen drei Monaten er heblich abaenommen. Insbesondere ging die Zahl der Pocken fälle in England und namentlich in London sehr zurück. In London kamen im Juli nur noch 180 Erkrankungen mit 45 Todesfällen zur Anzeige, welche letztere Zahl im August auf 14 sank. Auck in vielen anderen Orten Englands wie in Bir mingham, Tottenham u. a. war die Epidemie im Juli dem Er löschen nahe, nur in Swansea und Ilmgegend war die Epi demie um Mitte Juli noch sehr bösartig, zeigte jedoch Ende Juli eine größere Abnahme. In Dänemark ist auf den Faroer- »nseln eine Pockenepidemie auSgebrochen; in der Stadt Thor- shavn waren bis 1. September 4 Erkrankungen gemeldet. In Antwerpen, Paris, New ?)ork haben Pocken im Juli und August erheblich abaenommen. Ein sehr heftiger AuSbruch der Pocke»» wird von Anfang Juli au» Casablanca (Marokko) gemeldet. In China zeigten sich Pocken mehrfach; in Sbanghcn erlagen denselben im Juli 55 Personen. Auf der Insel Barbados (West indien) haben Pocken von Mitte Jul» bi» Mitte August 52 Opfer gefordert. In Bahia (Brasilien) herrschten um Mitte August Blattern; dagegen haben sie im Mai, Juni, Juli in Hongkong nur nocb wenige Erkrankungen veranlcktzt. In Söul (Korea) waren Mitte Juli Pocken evidemisch ausgetreten. In Kanton (China) herrschte Anfang August da» Den««- Fieber epidemisck; Suroväer und Chinesen wurden gleichmäßig befallen. Da« Fieber verlief stet« gutartig. Ke. Sücherbesprechungen. Der Feind im Land! Erinnerungen aus dem Kriege 1870/71. Nach französischen Tagebüchern heraus gegeben von L u d w. H a l e v y. Deutsche autorisierte Ueber- setzung von vr. Altona. 5. Auflage. Preis 1,50 Ver lag von Otto Salle in Berlin VV. 30. Französische Sol daten erzähle»» hier das Leben auf dem Marsche, im Gefecht, im Laaer und geben ihren Hoffnungen, ihren Stimmungen während der verschiedenen Phasen des Kriege» Ausdruck. In jedem Kapitel spricht sich eine herbe Selbstmtik auS, wie wir sie nicht ost bei Darstellungen von französischer Seite finden, und nur hockst selten läuft ein nicht ganz zutreffende» Wort über unsere deutschen Truppen unter. Neben den meist tief ernsten Schilderungen von Soldaten finden wir auch den für »m» amüsant zu lesenden längeren Bericht eine» Nicht-Militär» über daS Leben und Treiben zu Ende 1870 in Tour», von wo Gambetta den Verzweiflungskampf leitete und den siegreich vordrinaenden Deutschen immer neue, nur notdürftig ausgebil dete und schleckt ausgerüstete Truppen entgegenfüyrte; ein un beschreiblicher Wirrwarr herrschte dort Tag und Nacht. Di« Bilder, die un» vorgeführt werden, sind so überzeugend, daß wir un» mitten in den Gang der Ereignisse zurückdesetzt fühlen. »»
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