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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.06.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-06-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020611011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902061101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902061101
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-06
- Tag 1902-06-11
-
Monat
1902-06
-
Jahr
1902
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Morgen-Ausgabe. WpMcr TagMM Anzeiger Druck »ad Verlag voa L Polj i» Leipzig. 96. Jahrgang Mittwoch dm 11. Juni 1SÜ2. Nr. 291 ö. xsli.1./7.d. 6 >7.90 O. li 0. v. u i,. o »»«» issssö ck IVO,— I' förderte der „Norddeutsche Lloyd" noch 68 ausländische Auswanderer nach den verschiedenen Theilcn Australtens. Die umfangreiche Beförderung fremder Auswanderer über deutsche Häfen, die, wie gesagt, mit den Grund zum Aufblühen Bremens gelegt hat, ist auch heute volkswtrthschaftlich von erheblicher Bedeutung, zu mal sie gerade gegenwärtig einigermaßen die Nachtheile ausglcicht, die der Schifffahrt aus der Depression des Frachtenmarktes erwachsen und mit dazu beiträgt, den hamburgischen und den bremischen Nhedereien ihre große selbstständige Stellung zu geben. Die Auswanderer selbst dürften schwerlich irgendwo besser aufgehoben sein, als auf den deutschen Linien, wie die Berichte der zur Neber- wachung der Auswandcrerschiffe eingesetzten Rcichscom- missare hinlänglich darthun. Zn Bremen wie in Ham burg sind große Auswandercrhallen eingerichtet, in denen die Auswanderer in gesunder, sauberer und auskömm licher Weise untcrgebracht und verpflegt werden, und auf den Schiffen wird unausgesetzt an der Verbesserung der Sichcrheitscinrichtungen gearbeitet. In Hamburg sind im letzten Jahre im Dcccmber neue Auswandercrhallen eröffnet, bei denen nach dem Bericht des Reichscvmmissars in mustergiltiger Weise Alles vorgesehen ist, was die heutigen sanitären Anforderungen und die Fürsorge für die Auswanderer zum Schutz gegen Ausbeutungen ver langen. Das Modell der neuen Auswandcrerhallcn wurde auf der letzten Pariser Weltausstellung mit dem großen Preise ausgezeichnet. Im letzten Jahre beher bergten die hamburgischen Auswandererhallen über 36 000 Personen. Die ähnlichen Einrichtungen Bremens sind schon seit geraumer Zeit bekannt und bewährt. Berlin, 10. Juni. «Ein k a t h o l i s ch e s B l a t t über die Eandidatur Graberg.) Die Ean- didatnr des Herrn v. Graberg in dem verwaisten Liebcr'schen Wahlkreise ist noch lange nicht zu den Acten gelegt. Wenn die „Deutsche Tagcsztg." Zuschriften erhält, die der Graberg'schcn Eandidatur gegen den officicllen Eentrnmseandidaten das Wort reden, so ist dies nur er klärlich, denn die wirthschaftlichcn Anschauungen des Herrn v. Graberg sind denen des Bundes der Landmirthc zum Verwechseln ähnlich. Interessanter ist cS schon, daß die katholische „Rcinische Bolksstimme" Zuschriften ähn licher Art erhält. Die eine davon besagt, daß, wenn die protestantischen Mitglieder des Bundes der Lanbwirthe keinen Anstoß daran nähmen, daß Herr v. Graberg sich erst zum Katholicismus bekehrt habe, die katholischen Bauern gewiß kein Bedenken zu tragen brauchten, au Herrn v. Graberg festznhaltcn. Die „Rhein. Bolksstimme" selbst ist der Meinung, daß die Grabcrg'schc Eandidatur um so eher neben der des officicllen Centrumscandidaten Dahlem bestehen bleiben könnte, als der Sieg des Ccntrums nnter allen Umständen gesichert sei. Denn möge nun Herr v. Graberg oder Herr Dahlem in die Stichwahl mit dem nationallibcralen Bewerber gelangen, so würden die ans den in der Hmrptwahl dnrchgefallencn Ecntrumsbewerbcr gefallenen Stimmen selbstverständlich Haupt-Filiale Lerlin: KöniggrSbrrstrah« US. Aerusprecher Amt VI Nr. S3VL. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbesörderuug 70^-. .o .u o. .0. .!> ,1). 0 .1). letzten Jahre beförderte Bremen nur 9000 reichsdcutsche Auswanderer, dagegen mehr als 100 000 ausländische. Unter ihnen standen an der Spitze mehr als 42 000 Ungarn, ferner gegen 38 000 Ocsterreicher und 21000 Russen. Auch Hamburg hat einen bedeutenden Verkehr ausländischer Auswanderer zu verzeichnen. Es beförderte im letzten Jahre neben 7300 Deutschen rund 65 000 Aus länder. Der vor einigen Jahren in Stettin eingerichtete Answandererverkehr ist nur von kurzer Dauer gewesen und ist nach seiner durch polizeiliche Maßnahmen ver anlaßten Unterbrechung im Jahre 1898 bisher nicht wieder ausgenommen worden, so günstig auch die Lage von Stettin für die Beförderung der Auswanderer aus den östlichen Grcnzländern wäre. Jnsgcsammt kamen von den im Jahre 1901 tiber Hamburg uud Bremen be förderten ausländischen Auswanderern mehr als 57 000 aus Rußland, 55 000 aus Ungarn, 53 000 aus Oesterreich. Daneben sind noch zu erwähnen 1500 aus Rumänien; mehr als 100 kamen außerdem nur noch aus Dänemark, Italien und der Schweiz. Von den österreichisch-unga rischen Auswanderern wurde ganz allgemein Bremen be vorzugt, während von den Russen nahezu zwei Drittel über Hamburg gingen. Insbesondere haben die russischen Juden sich neuerdings vollständig Hamburg zugewandt. Das Ziel der ausländischen Auswanderer war ebenso wie das der deutschen in erster Linie die nordamerikanischc Union, wohin sich rund 148 000 von ihnen wandten. 3200 gingen nach Britisch-Nordamerika, und zwar waren dies insbesondere Ocstcrrcicher. Eine vcrhältnißmäßig starke Anziehungskraft übte auch Argentinien aus, in erster Linie auf die Auswanderer aus Rußland. Es nahm im Ganzen 2129 auf, von denen 1252 aus Rußland kamen. Diese ans Rußland stammenden Auswanderer, die ihr Ziel in Argentinien suchen, sind zum größten Theil deutscher Herkunft und siedeln sich drüben in jenen Ge bieten an, in denen bereits ein starker Stamm von Deutsch-Russen vorhanden ist. Der Neichscommissar für das Answanderungswesen in Bremen berichtet, daß nach Argentinien im Frühjahr und Herbst des Berichtsjahres wieder 600 deutsche Eolonisten aus dem Gouvernement Saratoff und eine kleinere Anzahl aus dem Gouvcrnc- ment Ehcrson giugcn, und zwar in TrupvS von 20 bis 30 Personen, die sich in den Ackerbaudistricten dieses Landes bei Freunden und Verwandten nicderzulassen be absichtigten. Tie nördlichen Staaten von Brasilien nahmen nur 81 der über deutsche Häfen beförderten fremden Auswanderer auf, die Südstaaten dagegen 2i7, und zwar in erster Linie Santa Eatharina, wohin sich 105 aus Rußland kommende Personen, wahrscheinlich überwiegend deutscher Herkunft, wandten. Ganz aus gefallen in der Auswandcrerstatistik ist im Berichtsjahre Asien. Nur einen einsamen Ocsterreichcr, der nach Malakka ging, verzeichnen die dem Reichstage vorgclcgtcn Tabellen. Eine nicht unerhebliche Auswanderung richtete sich nach dem Eavlandc, das gegen 600 Personen, überwiegend aus Rußland, anfnahm. Schließlich bc- Slrrzetgen »Preis die 6 gespaltene PetitzeUe 25 H. Reclameu unter dem RedactiouSstrtch (4 gespalten) 75 vor den Familteunok?- richteu (6 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme L5 H (excl. Porto). Deutsches Reich. -V LI. 6. Berlin, 10. Juni. (Die Beförderung fremder Auswanderer über deutsche Häfen.) Die deutsche Auswanderung wird seit einer Reihe von Jahren um ein Vielfaches übertroffen durch die Beförderung fremder Auswanderer auf deutschen Schiffen. Wie bedeutend diese namentlich über Bremen ist, hat unglängst die Meldung dargcthan, daß der „Nord deutsche Lloyd" mit seinem großen Schiffspark den An drang nicht bewältigen kann und ein Auswandererschiff von der Hamburg-Amerika-Linic chartern mußte. Heber haupt verdankt Bremen seine ganze Bedeutung in erster Linie der Thatsache, daß die Leiter des „Norddeutschen Lloyd" cs rechtzeitig verstanden haben, die Auswanderung aus ganz Osteuropa überwiegend auf ihre Schiffe zu ziehen und durch die Rückfracht, die sie in Amerika über nehmen, den Grund zur Entwickelung einer bedeutenden, die überseeischen Rohstoffe, wie namentlich Tabak und Baumwolle, verarbeitenden Industrie zu legen. Im VezuqS »Preis k» der HauptexpedMon oder den im Stadt bezirk und de» Vororten errichtete» Aus gabestelle» abgeholt: vierteljährlich^ 4.50, — zweimaliger täglicher Zustellung tnL HauS 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich vierteljährlich 6, für die übrigeu Länder laut ZeitungSprelSlist». Redaktion und Expedition: JohanntSgasse 8. Fernsprecher 153 und LllS. FUiatrupeditiunrn r Alfred Hahn, Buchhandlg., Uaivrrsltät-str.S, 8. Lösche, Katharinenstr. 14, u. KönigSpl. 7. Hanpt-Filiale Dresden: Strehleaerstraß« 0. Fernsprecher Amt I Nr. 17IS. Kampfespause. 2Z Wenn auch der Reichstag in der nunmehr zu Ende gehenden Session wieder einmal eine jämmerliche Frequenz zu verzeichnen hatte, so hat er doch ein ganz ordentliches Arbeitspensum erledigt und bedeutsame Gesetze, wie die Seemannsordnung, zur Verabschiedung gebracht. Die Zuckervorlagen und dasBranntweinsteuergesetzwerden trotz aller Schwierigkeiten noch unter Dach gebracht werden. Die wichtigste Vorlage freilich, die an den Reichstag ge bracht worden ist, der Zolltarifentwurf, ist noch meilenweit von der Erledigung entfernt und vielfach wird cs bezweifelt, ob er überhaupt durchgcbracht werden wird. Vielleicht wäre man heute weiter und sähe klarer, wenn die Regierung schon bei der ersten Lesung den Standpunct, daß sie nichts herauf- und nichts herunterhandeln lassen wolle, mit aller Entschiedenheit vertreten hätte. Diese Ent schiedenheit wäre um so angebrachter gewesen, als ja wenigstens die preußische Regierung bet der Canalvorlage und anderen wichtigen Fragen nicht eben ein Muster von Entschlossenheit geliefert hatte. Diese Entschiedenheit hätte sich aber auch darum verlohnt, weil cs ja von vornherein bekannt war, daß die rechts stehenden Parteien gerade in den wichtigsten Fragen über den Entwurf würden hinaus gehen wollen. Hätte also die Regierung schon bet der ersten Lesung ihren unerschütterlichen Entschluß, nicht über die Lätze des Entwurfs hinauszugehen, kund gethan, so hätten sich die agrarischen Parteien vielleicht nicht so festgclegt und ein Einschmenkcn wäre ihnen erleichtert worden. Immerhin ist cS dankenswerth, daß sowohl Graf Bülow wie Graf Posadowsky bereits in den Wintermonaten das Versäumte nachgeholt haben. Der Reichskanzler hat dies ja noch sehr nachdrücklich am ersten Tage der verflossenen Woche im preußischen Abgcordnctenhause gethan. So ist also, wenn der Reichstag jetzt in die Ferien geht, wenigstens Klarheit geschaffen über die Haltung des einen Factors der Gesetzgebung, der verbündeten Re gierungen. Dem anderen Factor, den Abgeordneten, ist die Gelegenheit gegeben, in der mehr als vicrmonatigen Pause die Stimmung der Wählerschaft zu erkunden und zu festen Entschlüssen zu gelangen. . Freilich hegen wir einigen Zweifel daran, ob die Er kundung in gewissenhafter Wcisc vorgcnommcn und ver sucht werben wird, oder ob nicht vielmehr die Abgeordneten bloß den Wunsch haben werden, sich ihre bisherige Stellung, nähme durch einen Theil ihrer Wählerschaft attestircn zu lassen, durch denjenigen nämlich, der ans Versammlungen gut cindressirtist. Bei svlchenSchaustücken habcnLinkc,Rechte oder Centrum einander wenig vorznwerfcu. Die Mache ist immer dieselbe. Die auf die Partcimeinnng cingeschworcnen Vertrauensmänner und Wahlvercinsmitglicder werden zu- sammengctrommclt und eine Resolution, welche die voll ständige Uebcrcinstimmnng mit der Haltung der Partei zum Ausdruck bringt, gelangt „einstimmig" zur Annahme. Etwaige dissentirende Vcrsammlungsbcsuchcr werden mit 13.50 L eLr.v.ö7:I0I,bO w io o... 10,60 <4 L M,t0 u. 11,78 v )9,— S. 10,40 tt. 13.50 tt. )1,7S O. l2,— U. >^0 0- >U,1O o. 1^60 6. >2,2» O- X».— >9,60 8. 8^- L mehr oder weniaex freundlicher Gewalt zur Ruhe ge- bracht. An der Hand einer solchen Resolution wird dann der Nachweis als erbracht angesehen, daß die Wählerschaft des Wählerkretses X. oder ?)- die Sätze des Zolltarif, entwurfcs als viel zu hoch oder viel zu niedrig ansieht, je nach der Partcistellung des Abgeordneten, der sich das Attest ausstellen läßt. Freilich glauben wir nicht, daß die Negierung sich durch derartige Resolutionen in ihrer Haltung sonderlich beein flussen lassen werde. Sie dürfte vielmehr mit uns der Meinung sein, daß der Mehrheit der Bevölkerung auf die Dauer die mittlere Linie, welche die Regierung bei der Bemessung der LebcnSmittelzöllc eingeschlagen hat, immer noch sympathischer sein wird, als die Stellungnahme der extremen Parteien. In jedem Falle kann die Negierung schon jetzt dem Ausgange des Wahlkampfes, der genau in einem Jahre zur Entscheidung gelangen wird, mit sehr viel größerer Ruhe cntgegenschen, als so manche von den Parteien, die heute über die Haltung der Negierung in dieser Frage spötteln und höhnisch fragen, ob sie glaube, mit den Nationalliberalen allein etwas zu Stande zu bringen. Für die Richtigkeit dieser unserer Auffassung spricht die Thatsache, daß das bedeutendste unter den außerhalb der Reichshauptstadt erscheinenden conservativen Blättern, die „Schlesische Zeitung", soeben wieder mit allem Nachdruck davor gewarnt hat, die Zollvorlagc scheitern zn lassen. Die Negierung stützt sich in dieser Frage weder auf die Nationallibcralen, noch überhaupt auf eine Partei, sondern auf die Billigkeit und Vernünftigkeit — und das will mehr sagen, als eine Partei. Sie hat mit dem Tarifcntwurfe ein gntcs Stück ehrlicher Arbeit geleistet nnd ist dadurch in die angenehme Lage versetzt, die Kampfes- pausc als eine Ruhepause auzusehen. AmtsMatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Aathes nnd Volizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Annahmrschluß für Anzeigen: Abead-Au-gabe: vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgab«: Nachmittag- L Uhr. Anzeigen sind stet- an dt» Expedition -u richte». Die Expedition ist Wochentag- «aanterbrochra geöffnet voa früh S bi- Abend- 7 Uhr. 177,— d,L 188.— u. los,— 0. SS,70 «. SV,70 U. 01.80 3. 00,70 U. cw,70 u. 02,80 u. 82,00 O. so,i>0 u. 09^- s. OS,— o. 10.60 u. 01,7S u. ss.so u. 14.10 o. 00,40 u. 141,so 6. »10,SO u. 147.00 0. 107.40 U. ISS SO 1.103. 127.—u. IO. - 92.30 tt. 108.40 O. 116,— 316.— U- ISS^O U- INS,- U. 12«,SO v 114,—U. Iw»- 238,— U. « 1V7S U. v. t —— 6. — — V. I7ö,— 6. (LU»»". 168,— 0. t. 122,— «. — w.Vp S7,— 6. 8. V. —— 1. 1. 151,50 6. >. 1b,— <1. H. — V. 94,— 6. S. Il80l»»lItvN. oo.xv 00,US u. 88,SO 8. 86.— U. Feuilleton. SS,— ir. 88,— 0^0 <1. 02,OS 1. London am Vorabend der Krönungs feierlichkeiten. le»» 11,— u 11,— u. 13,50 )ll,2v U. 86.— «. 02 SO <1. 03.7S O. 88,— <». 00,80 II. 03,7ü U. )S.2S II »3.SO >2,SO «. >7.— N- >9,50 u. >8,— U. 16,60 <1 12.— O- IS,— U )3,— tt 8t!U>> 80 0. S.V. >75 O. v.1- L0 <1- S.1) 60 U. s. u. 8» 11. v.D. 28 U- «.!). 35 U- ». 11. 50 (1. «. I). 00 s.1). 00 U. S.1) ...- «. I- oo n. S.V so u. V.U. 20 u. V.1) 22,— o. S.I). ,1 0. U-ü. V.isos,»l-I>. j» o. S.1). 20 u. -1) »06. »M0Ne«l-I> ISU.,.15»«« r-v. r ci »0. — »V > L ) tt.« »o. io a. >«. »o.xp > u. «. v. < < — 17S L z— 0. k-p Ick» <4 8. » I— u. > 7» »« <4 Ein Stimmungsbild von vr. Felix Buchmüller- London. Nachdruck v rdolcn. London im Juni 1902. Zu den großen Dingen, die ihre Schatten wett vvrauswerfcn, gehören, trotz der demokrati schen Neigung von Millionen am Beginn des 20. Jahr hunderts, auch die Krönungsfeierlichkeiten, die zum Leid wesen aller Schaulustigen im monarchischen Europa immer seltener werden, da die Mehrzahl der zum Thron gelangten Fürsten auf diesen feierlichen Luxus verzichtet, der selbst eine reich dotirtc kaiserliche oder königliche Civillistc schwer belastet. Man hat England eine Republik mit einem erblichen Präsidenten an der Spitze genannt, um anzudeuten, wie ge ring dort der persönliche Einfluß des Monarchen auf die Richtung der jeweiligen Politik ist, die in traditioneller Weise seit vielen Menschenaltern von den in der Gunst des Volkes abwechselnden Parteien der Whigs und Tortes sammt deren gelegentlichen Mitläufern besorgt wird. Trotz der vielen verfassungsrechtlichen Beschränkungen, die sich der König des meerbchcrrschendcn Albions gefallen lassen muß, kann sich Eduard VII. aber über mangelndes Inter esse im Publicum für seine Person und die Krönungsfcst- lichkeiten nicht beklagen: denn seit Jahresfrist gehören die Nachrichten über die Krönungsvorbcreitungen und deren Spuren zn dem täglichen Brod, mit dem man ge füttert wird. Wo immer man in der Riesenstadt einen Spaziergang unternimmt, kein Schaufenster, das nicht mit Dingen gefüllt ist, die mit der Krönung in irgend einer Be ziehung stehen. Dort stellt ein findiger Eonfitürenhändler Bonbonnieren mit der Prägung der altehrwürdigen Krone auk, mit der schon der heilige Eduard vor mehr al- 800 Jahren sein Haupt schmückte, oder gicbt den beliebten Be hältnissen von Süßigkeiten die Form der bet der Ceremo- nie in der Westminsterabtci zur Verwendung kommenden Thronsesscl. Der Puppcnhändler kleidet seine Gestalten natürlich in die Costümc, die für die pssresso« vor geschrieben sind, und die eleganten Schaufenster der großen maroliancks Gillvurs sind bis auf das letzte Plätzchen mit KrönungSmäntcln, Krönungöroben und Krönung-- schleppen ausgcsüllt. Daß Lampenschirme, Briefpapiere und CartonS, Photographicrahmen, Spazierstöcke, Schirm griffe, kurz alle erdenklichen Gebrauch-gegenstände des täglichen Lebens mit irgend einem KrönungSemblem ge- geschmückt sein müssen, ist mehr als selbstverständlich. Da zu verfolgt den Spaziergänger an allen Straßenecken das Geschrei der Händler, die um einen Penny da- Stück Flug blätter ausrufcn, aus denen man sich so ziemlich über das gesammte Krönungsccremoniell unterrichten kann, wie es bet allen derartigen Feierlichkeiten von Alfred des Großen Zeiten bis zur Gegenwart geübt worden ist. Kommt man dann, der unaufhörlichen Krönungseindrücke müde, in sein kosrckinx stouss «Speisehaus), oder seine Wohnung, um das gewohnte Abendblatt zu lesen, so ist mit der Wahrschein lichkeit von 100 gegen 1 zu wetten, daß der größere Theil der Zeitung mit spaltenlangcn Berichten über allerhand Krönungsvorbereitungen und Etikettestreitigkciten an gefüllt ist, und so wird cs den Menschen einfach unmöglich gemacht, an etwas Anderes zu denken. Hat man sich in das Unvermeidliche gefunden, so ge langt man auch bald auf den Standpunct des lachenden Philosophen, der mit innerlichem Vergnügen seine Beob achtungen über die Eigenthümlichkcitcn des britischen Volkscharaktcrs anstellt. Man macht da vor Allem die überraschende Entdeckung, daß John Bull, der sich im Aus lande so stolz und selbstbewußt geberdct, als ob er der einzige wirkliche freie Mann auf Gottes Erdboden sei, für höfischen Glanz doch unendliche Schwäche besitzt, und sich bis auf den Erdboden zu verbeugen und zu dienern versteht, um ein Plätzchen bet der Krönungscercmonie zu ergattern. Schon der Streit um die Krünungsämtcr war eine Ergötzlichkeit, die der Beschreibung durch den lachen den Weisen von Abdera würdig gewesen wäre. Trat doch da in Whitehall ein ehrwürdiger Gerichtshof in Allonge- perrückcn und Wadenstrümpfen zusammen, um mit ernst haftester Miene über all' die Forderungen und Ansprüche zu entscheiden, die von den Untcrthanen König Eduard s VII. erhoben wurden, in irgend einer Function officicll an den Krönungsfeierlichkeiten mitzuwirken. Man glaubte sich wett in das Mittelalter zurückversetzt, wenn man hörte, wie eine Unzahl von hohen Adligen, Bischöfen und Erzbischöfen, Bürgermeistern bis zu den Stadt- tyrannen winziger, aber durch irgend ein Ereigniß der eng lischen Geschichte bekannten Provinznester, Corporationen und Innungen, dann auch Privatpersonen, nicht zuletzt unter ihnen die holden, blonden Töchter Albions, durch ihre Anwälte die Anrechte geltend machten, irgend ein Krönungsemblem den Majestäten voran- oder hinterdrein zn tragen, oder sonstwie zu assistiren, sei cS auch nur, wie von einer AbmiralStochter verlangt wurde, um als „Iwrb- ktrovver", d. i. Blumenstreuerin, mitzuwirken. Wer seine Hoffnungen nicht so hoch spannen darf, hofft zum Min- besten auf den Rittertitcl oder auf einen Orden, auf den er wegen seiner monarchischen Gesinnung mit Bestimmt. Helt rechnet, und von der großen Menge Jener, die in eigener Person an den Festen unmittelbar nicht bcthciligt sind, rechnet der eine Theil mit sauersüßen Mienen über das Stück Geld nach, da- drauf gehen wird, um nur wenigsten- etwa- von den Umzügen zu sehen, während der andere Theil sich auf die reiche Ernte freut, die er in den Portemonnaie- de- Ersteren halten wirb. Einer der geplagtesten Männer in diesen Tagen ist un zweifelhaft der Kricgsministcr Sir John Brodrick, und Str Edward Bradford, der Polizeichef London-, die nicht Wissen, woher sie die Soldaten zur Spalterbildung und die Polizei nehmen sollen, die nvtywcndig ist, um während der Krönnngswoche in der mit ihren Vororten sechs Mil lionen Einwohner zählenden Ltadt, die noch auf mindestens eine Million Gäste von außerhalb rechnet, Ordnung zu halten. Daß der süße Pöbel Londons aber spectakeln kann, wie kaum der einer anderen Weltstadt, hat man zur Genüge erfahren, als vor mehr als Jahresfrist die Eity-Frci- willigcn aus dem Transvaalkricge zurückkamen, nnd man sucht sich jetzt damit zu helfen, daß man bei den anderen größeren Garnisonen Anleihen macht und alle pensio- nirtcn, aber noch zur Noth tauglichen Policemcn, ja so gar deren männliche Verwandten, als Anshilfspvlizistcn hcranholt. Die vergnügtesten Gesichter machen dagegen die Hoteliers und die Besitzer und Micther der Häuser, an denen der Krönungszug Vorbeigehen wird. Obwohl unter der Liste der officicll einzuladenden Persönlichkeiten schon vor Monaten fürchterliche Musterung gehalten wurde, war natürlich an die Beherbergung all' dieser Gäste, die nach sorg fältigster Sichtung übrig blieben, in den königlichen Schlössern nicht zu denken. Im Buckingham-Palace wer den daher nur für die Verwandten des Köntgspaares Ge mächer bcrcitgcstcllt. Alle anderen Fürstlichkeiten dagegen, die Minister und sonstigen Vertreter der Colonien, die ver schiedenen indischen Nadschahs und anderen exotischen Vasallen werden entweder im Marlborough-House, der ehe maligen Stadtresidcnz des Königs, als er noch Prinz von Wales war, oder in dem vom Keller bis zur höchsten Dach kammer für die ganze Dauer der Festlichkeiten gemicthcten Marlborough-Palace-Hotcl, untergebracht, das für diese Zeit als königlicher Palast gilt, und keinem privaten Gaste Unterkunft gewähren wird. Bei Hofe vorgcstcllt zu werden ist für den Engländer, und mehr noch für die Engländerin, in weit höherem Grade Ziel des Ehrgeizes, als anderswo, und Mancher gäbe nicht nur ein großes Stück Geld, sondern vielleicht auch ein Jährchen keines Lebens dafür hin, wenn er bei einer der eine ganze Woche ansfüllcnden Festlichkeiten zugegen sein könnte. Da aber diese Münze im vorliegenden Falle keinen Conrswcrth hat, kommen Rang und Stellung immer noch vor dem Gcldsack zur Geltung. Unbedingten Zutritt zu dem eigentlichen Krönungsacte haben z. B. sämmtlichc Peers des Reiches mit ihren Gattinnen, und so ist denn einer von diesen „Gentry", der sich augenscheinlich noch im Jnnggesellcnstande befindet, ans die geniale Idee verfallen, sich in englischen und amerikanischen Blättern als Vciraths- canbidaten in der Form auzucmpfehlcn, daß er einer Mar quise einen Platz in der Westminsterabtci anbtctct. Wimi^r exclusin ist man bei den Einladungen zu den übrigen Ver- anstaltungen gewesen; ja, man ist sogar in diesem Pnnctc weit liberaler, als in manchen Festlandstaatcn, wo der Mann eine der höchsten Stellungen inne haben kann, ohne daß deswegen seine Frau bei Hofe erscheinen darf. Ma» darf sogar Zucker, Thcc und Kaffee des schnöden Mammons wegen verkaufen, »nd kann deswegen doch für werth ge halten werden, Hofluft zu athmcn. Nur darf man kein offenes Geschäft haben; denn als Inhaber eines solchen, als „Shopkecper" gehört man nicht zur Gesellschaft, auch wenn man vielfacher Millionär ist. Dies Alles verhindert die tief verachteten „Shopkccpers" natürlich nicht, sich um schweres Geld wenigstens den An blick des Krönungsznges auf der Straße zu erkaufen. Die Preise der Fensterplätze oder gar ganzer Balcons haben schon vor Monaten eine so ungeheuerliche Höhe erreicht, daß die Fcnstermiethcn eines mittelgroßen Hauses im vor nehmen Westen ausrcichen würden, sich dafür ein stattliches Zinshaus in einer großen Provinzialstadt oder ein Landgut zu kaufen, das seinen Mann reichlich nährt. Wie reich old England geworden ist, kann man daraus ersehen, daß an läßlich der Krönung Hcinrich's VIII. «des Königs Blau bart), ein Fensterplatz kaum einen höheren Werth als 50 Pfennig hatte. Als Karl II. auf den Thron kam, kostete das Vergnügen des Zuschauens schon 2 nach heutigem Gelbe, bei Georg s III. Krönung bereits etwa 1 Pfund Sterling, und heute dürfte ein Fenster selbst in den be scheidensten Ltraßcn an der St. Pauls-.Lathedralc, auf der Kleet-Ltrcet oder Lutgate-Hill nnter 300 nicht zu haben sein, während in St. James und Whitehall der Micthspreis bis zu 5000, ja sogar 6000 steigt. Es ist vorauszusehen, daß bei diesen unverschämten Preisen, ebenso, wie cs bei dem 50- und 60jährigen Regicrungsjubiläum der guten, alten Onecn der Fall war, manches Fenster seinem Be sitzer bleiben wird. Vorläufig halten aber noch alle auf diese hohen Preise, die auch grvßentheils willig bezahlt werden. Zum nicht geringen Aergcr der Fabrikanten hatte König Eduard bestimmt, daß die Krönungsrvben in einer ganz bestimmten rvthen Farbennnance herzustellen seien, wie sie nur eine bestimmte, in Lyon fabricirte Lammctart be sitzt. Man schrie über die Begünstigung des Auslandes und bereitete Petitionen an den Monarchen vor, der noch immer einen gewissen Werth darauf zu legen scheint, auch ein König im Reiche der Mode zn sein. Es ist aber über diese Farbcnfrage jetzt auffallend still geworden, so daß man vermuthcn muß, daß die Fabrikanten sich im letzten Moment doch noch auf die Herstellung dieses Sammets ein gerichtet haben. Die eigentliche Modefarbe der Damen welt aber wird in diesen Tagen nicht Roth, sondern das complcmcntärc Grün sein, unter dessen Nuancen nament lich ein Rcscdagrnn so dominirt, daß man mit Fug und Recht schon jetzt sich darüber beklagen kann, daß Einem ganz grün vor den Augen wird. Von den Unsummen, welche dieses wochcnlangc Fest kostet, kann man sich eine Vorstcllnng machen, wenn man erwägt, daß die königliche Civillistc allein den für sie er forderlichen Aufwand auf weit über 100 000 Pfund, also über 2 Millionen Mark, veranschlagt; das sind also nur private Ausgaben des Monarchen» in denen allerdings auch die Kosten der Aufnahme der von fernher geladenen Fürstlichkeiten und Vertrauten und die an diese zu machen den kostbaren Geschenke mit inbegriffen sind.
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