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71. Jahrgang. SW Drad>anl»6Ü! Rackrtckt», Dr»,d„ ff«n»mtch»r-Samm«li,ummer! 2V 241 Nur >ür NaLIarwrLiL«- 20011 Gegründet 1858 Bezugs-Deblchr de, läallch »vclmalioer 8»s«elluno Kit f>au; I.SVMK Ä.r.^n°^^'ir> °L7.>v.-Sun'de^d. Dt» Amtzjqrn werden na» «oldmarl, berei Anzeigenpreise: U°Ä ' aunerdnlb 2Sk>Mo. Otkrrlenaedüdr >t> Bin. Ä> „Ultge Tlellenaetuche okne »eile All Nackdrnck mir mll deullxde, Outllennnnadc ,.Dresdner 1!a»r nilöista tlnverlannle SN """ Beklamerrue vi «u»w. ÄnttrSne neaen Boraugberad Via.. nn. Mittwoch, 24. August 1927 Schrtttlettuna und kauotaeichSsteftelle, Marienttratz, Druck u. Derlaa oon vt«»»«d ck N«t»ar»t tn Drerben Pokti»eL»Kon>o 1OSS Dresdr» Vom 1. dlS 7. Soplvmdor: Zslrresselisu feslMeke I WcrisSTV- O Hülkerl Korirltlor«« praxer 8traüe, Lcke 8i6on!en8lrLÜv. Schwere Ausschreitungen in Leipzig. Segen -ie Dostoner Sinrichtung demonstrierende Kommunisten stürmen eine Polizeiwache. Mit Messern und Pstaskersleinen. (Durch K o n k I p r o ch.» Leipzig, 23. August. Das Polizcipräsidtnm teilt mit: Die Kommnnistischc Partei, der Rote Frontkämpscrbund und einige kleinere linksgerichtete Organisationen veranstalteten heute abend in der 6. Stunde aus dem Reichsgerichts« plan «ine politische Kundgebung gegen die Hinrichtung von aee» und Banzetti. Im Anschluss daran zog der größte eil der Demonstranten nach dem Meßplatz. Hierbei kam «O z « schweren Ausschreitungen. Bei dem Versuch der Polizeibeamtcn, der Straßenbahn Durchfahrt zu »er« schasse«, gingen die Teilnehmer des Umzuges sofort gegen die Beamte« iu der rohesten Weise vor. Sie entrissen einem Beamten das Seitengewehr und schlugen ans ihn ein. Ein auderer Beamter wurde abgedriingt. von hinten umsaß« und »« Bode« geworfen, getreten, geschlagen und durch Messer» stich« im Gesicht verletzt. Diesem Beamten gelang eS nur «tt Hilse »oa Straßeupasfauten. sich auf einem Straßenbahn» Wagen in Sicherheit zu bringen. Ein dritter Beamter wurde d»rch Messerstiche in den Bauch schwer verletzt, so daß «p i«S KrankenhanS iibergefiihrt werden mutzte. Weiter trug riae Anzahl Beamter leichtere Verletzungen davon. Während di« Beamten die Ordnung wledcrherzustellcn versuchten, stiirmte ein Dell der Demonstranten unter dem Ruse: »Bache für Banzetti! Jetzt stitrmen wir die Wache! Schlagt die Hunde nieder!" nach der in der Nähe gelegenen 7. Polizeiwache und versuchten i» diese «inzudringcn. Hierbei bewarsen sic die die Wache verteidigenden Beamten mit schweren Pflastersteinen und Elsenftücken. welche sic offenbar von vornherein bei sich führ te«, da in der Rühe der Wache eine Stratzenbaustelle nicht liegt. A« ihrer Bedrängnis gaben die Beamten einige Schüsse ab, durch die. soweit bis setzt sestgestellt werden kouute, zwei Angreifer verletzt wurden. Beide wnrden in da» Krankenhaus gebracht, wo einer von ihnen gestorben ist. Der herbetgerusencn Verstärkung gelang eS, die Ordnung «iederherzustelle«. Es wurden einige Verhaftungen oor- geuommen. «W.T.B.s Verbot kommunistischer Umzüge im Bezirk Kalle. Halle, 28. August. Die erhebliche« StSrange« der Issentlichrn Rnhe. Ordnung und Sicherheit in de« letzten Wochen, insbesondere die überaus erheblichen Angriffe auf die Hallesche Schutzpolizei am vorigen Sonntag und gestern, haben den RegiernngSprästdentcn in Merseburg »eranlatzt, aus die Dauer von drei Monaten der Kommunistischen Partei, dem Noten-Arontkämpser-Vuud und verwandte Organisatio nen sämtliche Umzüge und Versammlungen unter freiem Himmel wegen Gefährdung der öffentlichen Ruhe. Ordnung und Sicherheit zu untersagen. Das Verbot erstreckt sich auf den Polizeibezirk Halle und eine Anzahl Gemeinden dcS SaalckreisrS. tWTB.s Der Schweizer Bundesrat zu den Gen er Zwischenfällen. Bern, 23. Aug. Der Bundesrat hat sich heute früh tn einer austerordentlichen Sitzung mit den gestrigen Zwischen fällen in Genf besaht. Er beschloß die Veröffentlichung folgender Kundgebung: Der Bundesrat hat mit Entrüstung von den bedauerlichen Vorkommnissen Kenntnis genommen, die sich gestern in Gens abgespielt haben. Er hat sich sofort mit der Regierung des Kantons Gens tn Verbindung geletzt, um sich mit ihr über die Mastnahmen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zu verständigen. Er hat den Minister Dtnschert. Ches der Abteilung für Auswärtiges im politischen Departement, und Bundesanwalt Stämpfli nach Gens beordert. Minister Dinichert hat besonders den Auftrag, dem Generalsekretär das Bedauern des Bundes- rates auSzusprechcn und ihm zu versichern, dast alle Mast nahmen zum wirksamen Schutz der Einrichtungen deS Völker bundes getroffen worden sind. Neue Ansammlungen in Genf. Genf, 23. August. Der heutige Vormittag ist in Gens vollständig ruhig verlausen. Ein heftiger Regen hatte be ruhigend auf die Gemüter gewirkt. Am Nachmittag fanden neue Ansammlungen vor dem amerikanischen Konsulat statt, die von der Polizei zunächst mühelos zurückgedrängt wurden. Als dann aber gegen 8 Uhr die Situation be drohlich und weil die Ansammlungen immer gröster wurden, alarmierte die Polizei die Feuerwehr, die dann auch mit einigen Wasserspritzen die Menge in respektvoller Ent fernung von den Gebäuden hielt. Der Genfer Stadtrat hat heute mittag beschlossen, ein Infanterieregiment ans Wache zu stellen, um besonders die noiweudigen Matznahmen zum Schutze des BölkerbundS- gebändes dnrchzuführen. Der am BölkerbnndSgcbäude an- gerlchtete Schaden scheint in den ersten Schätzungen über triebe« worden zu sein und dürfte kaum mehr als 260 006 Franken betragen. ES wird als selbstverständlich betrachtet, dast der am Gebäude des Völkerbuiidssekretariats verursachte Schaden vom Kanton Genf gedeckt wird. Groteskes vom Dawes-Plan. Die Meldung, wonach das Pariser Finanzministertu« ohne tatsächliches Bedürfnis noch in letzter Stunde vor dem Ablaufe des dritten Dawes-Jahres Sachlieserungsverträge abgeschlossen hat, um die auf französisches Konto beim General- agenten angesammelten Neparationsgelder aus jeden Fall noch vor dem am 1. September erfolgenden Beginn d«S vierten Dames-JahreS zu erschöpfe», ist für das deutsch« Empfinden geradezu niederschmetternd. Zeigt sie doch mit nackter, grober Deutlichkeit, wie mit den der deutschen Wirt schaft und dem deutschen Nationalvermögen abgeschröpfteu Mitteln in unverantwortlicher Weise gewüstet wird: gewüstet in demselben Augenblick, wo in Deutschland die Klagen über unerträglichen Steuerdruck immer lauter und nachdrücklicher werden und die Erkenntnis sich allgemein verbreitet, dast dt« ungeheuren Lasten des Dawes-Planes die gesamte Lebens haltung des deutschen Volkes tief herabdrücken. Tatsache tft also, daß schon setzt, wo die Tributleistnngen, zu denen ma« uns 1021 in London verurteilt hat, noch nicht einmal de» Höchststand erreicht haben, die fremden Gläubiger derartig im Gelbe der deutschen Steuerzahler schwimmen, dast sie nicht wissen, was sic damit «»sangen sollen, sondern zu künstlichen Mitteln greisen müssen, um die llcbcrcrnährung überhaupt bewältigen zu können. Und bei diesem Stande der Dinge wird am l. September 1828 das erste sogenannte Normaljahr be ginnen. das uns aus mehr als ein halbes Jahrhundert die Aussicht eröffnet, jahraus, jahrein 2/4 Milliarden Golümark an die Kasse des Generalagenten abführen zu müssen. Da gegen must alles, was wir bisher an Fronletstnngen ab« geführt haben, verblassen. Das erste Jahr machte sich fast gar nicht fühlbar, da wir damals eine Anleihe von 800 Millionen von den fremden Gläubigern erhielten, die einsahen, dast wir zum mindesten eine kleine Atempause haben muhten, ehe die groben Schröpfungen beginnen konnten. Nachher käme» dann die Leistungen aus den Zinsen der Eisenbahn- und In dustrie-Obligationen. aus der Besürderungssteuer und auS dem Reichshaushalt an die Reihe. 1025/26 mit insgesamt 1226 Millionen, 1926 27 mit dem gleichen Betrage und 1027/28 mit 1750 Millionen Goldmark. Der Beitrag auS dem Reichs- Haushalt betrug I926'27 planmästig, d. h. abgesehen von dem weiteren unten erörterten Vessernngsschcin. 110 Millionen und stieg 1027/28 aus 500 Millionen. Bei dem ersten Normal jahre und allen folgenden dieser Gattung, bet denen uns das Blut tn »normaler" Weise, d. h. ohne jede Erleichterung, ab gezapft wird, soll nun daS Mehr gegen das letzte »un normale" Jahr 1027 28 tn Höhe von 750 Millionen Goldmark ganz allein auS dem Reichshaushalt heraus» gepreßt werden. Der aus dem Reichshaushalt zu zahlende Beitrag zu den Dawes-Lastcn wird daher im RcparationS« jahre 1028 20 von 500 Millionen 1027/28 auf 1 Milliarde und 250 Millionen Gokdmark cmporschnellenl Das heißt mit andere» Worten, daß künftig die glatte Hälfte der deutschen Reparationsleistungen ans dem Reichshaushalt entnommen werden soll, der damit zur grüßten und fast «tn- heitltchen Quelle der Dawes-Lasten überhaupt wird, gegen welche die Eisenbahn- und Industrie-Obligationen mit 6P und 800 Millionen Zinsen svmie die BcfördcrungSsteuer mit 290 Millionen in den Hintergrund treten. Es ist kein Wunder, daß der Generalagent Parker Gilbert selbst an dieser un geheuerlichen Bürde dcS ReichShanShalteS Anstoß nimmt, und auf diese Bedenken ist eS auch zurückzusühren. daß er tu seinem letzten Berichte seine Sorgen nicht unterdrückt, sondern ihnen offenen Ausdruck verleiht, mit Bezugnahme auf die Gefahren, die aus einer so unvernünftigen Ueberlastung -er deutschen Steuerkraft sich für die durch den DaweS-Plan aus drücklich seinem Schutze anvcrtraute Stabilität der deutschen Währung ergeben könnten. Herr Parker Gilbert steht aber den Wald vor Bäumen nicht wenn er sich lediglich mit heftigen Angriffen gegen die »anschwellende Flut der Regie- rungSauSgaben" wendet und darin die einzig« Ursache der Erschütterung de» finanziellen Gleichgewichtes im ReichS-nüS- halte erblickt. Gewiß sind auch vom innerdeutschen Stand punkte aus mancherlei Beschwerden wegen noch immer nicht genügend sparsamer Ktnanzgebarung tn Reich, Ländern und Gemeinden zu erheben, aber das alles zerslattert doch tn nichts gegenüber der riesenhaften Ueberbürdung, »ie der DaweS-Plan in den Normalsahren vorsteht. Der General, agent müßte deshalb konsequenterwetse seine warnende Stimme tn dem Sinne erheben, dast der DaweS-Plan gründ lich zu revidieren und auf eine für die deutsche Wirtschaft und den deutschen Steuerzahler halbwegs tragbare Grundlage g» stellen sei. Mutige Zusammenstöße in Paris. Die Menge versucht Barrikaden zu bauen. Pari», A. August. Die Protestkundgebung gegen die Hinrtchtung von Sacco und Banzetti aus dem großen vonleoard hat zu mehreren ziemlich ernste« Zu sammenstößen mit der Polizei geführt. An zwei Stellen kamen die Manifestanten mit einem starken Polizeiaufgebot, d«S »o« Polizeipräsekten selbst geleitet wurde, inS Gemenge. Di« Manifestanten drangen ln verschiedene CasSS ei« und demächtigten sich der Gläser und anderer Trinkgefäbe. die sie als Wurfgeschosse gegen die mehrfach mit blanker Waise vor gehenden Polizcibeamten benutzten. Aus dcibc» Seite» hat e« eine Reihe von Verletzten gegeben. Auch wnrden ver schiedene Verhaftungen vorgenommeu. Besonder» ernst scheint der Zusammenstoß vor dem Gebäude des »Matin" gewesen 8« sein, wo geschossen wurde. Auch hier sind Polizisten And Manifestanten verletz« worden. Rach 1 Uhr Mitternacht wird noch gemeldet: Pari», 21. August. Es ist bei den Kundgebungen ,« »eitere» Zusammenstöße« mit der Polizei ge- k»««e«r Ein Teil der Maniscstanten flüchtete sich auf den Liiere» Boulevard in die In der Nähe liegende« Lass». Die Besitzer sahen sich genötigt, ihre Lokale zu schließen. Bor »er Porte Laint-DcniS griffen Manifestanten mit Messern «nd mit Stöcken die Polizei an. Bier Polizeibeamte «nrden schwer verletzt. In der Nähe der großen BonIeoardS kam e» ,» «enen größeren Zusammenstößen. Um 18 Uhr »nrde sestgestellt. daß zahlreiche kommunistische «nd anarchi stische Elemente in AntoS davon snhren, »ie ma« annimmt, »nr amerikanischen Botschaft, »an wo allerdings »orlänsig «ach keine Zwischenfälle gemeldet »erden. Am Place Elichg zerschluge» ungefähr »888 MLnner di« Fensterscheiben der Lokale, stürzten die Vänme «« «nd demo lierten »artende AntoS. Am Boulevard Sedaftopol «nrde« dt« Fenster einer großen LchnhhanseS «nd di« eines Keinkoft- geschaste» zertrümmert «nd di« Waren ans di« Straße ge streut. Aus den EbampS ElysScs wurden die Beranden und Fenster der EasiS cingcschlagcn. An einer Stelle ist sogar eine Handgranate geworfen worden, ohne jedoch Schaden anzurichtcn. Am Earrcsour Raumur wurden Ge schäfte geplündert. Die Maniscstanten bauen an dieser Stelle mit Baumstämmen, Baumzwcigen und Automobilen Barri kade«. Polizei ist beaustraq«, den Platz ,« räumen. Bis lv Uhr abends sind nach einer Mitteilung der Polizcipräscktur im ganzen 57 Verhaftungen vorgenommeu worben. Gegen >-11 Uhr abends sind die Zugangsstraßcn znr amerikanischen Botschaft von einer dichten Menschen menge belagert. Auch die Gegend dcS Triumphbogens ist durch eine Mcuschenmaucr abgcspcrrt. Polizcioerftärknnacu sind auf Automobilen an diese Stellen befördert worden. Der Versuch, Barrikaden am Carrcsour Rsaumur zu bauen, führte zu heftigen Kämpfen mit der Polizei, an denen sich sogar Be wohner der umliegenden Häuser beteiligten, die von de« ValkonS herab mit allerhand Gegenständen die vorgehendc« Polizeibeamten bewarfen. Es gab hier zahlreiche Verletzte. Biele Verhaftungen wurden vorgenommeu. Gegen All Uhr gelang eS der Polizei, diese Stelle z« säubern. In der Nähe der großen Boulevards, ebenso wie an den verschiedensten Stellen der Innenstadt sind weiter« Zu sammenstöße zn verzeichnen, bei denen die Polizei sogar von ihre« Revolvern Gebrauch machen mußte. Die Menge bemächtigte sich der die Bäume umgebenden Gitter, riß sie aus und versuchte mit den eisernen Gitterstäben die Polizei zu» rückzntrcibe«. Gegen elf Uhr wnrden hier im ganzen elf Verhaftungen voraenommc«. Mehr als 20 Polizeibeamie solle» nach den bisherige« Feststellungen «erletznngen erlitten habe«. AuS Rouen werben gleichfalls Zwischenfälle gemeldet. Die.Kommunistische Partei hatte für heute abend eine Kund gebung anbcraumt, die von etwa 800 Personen besucht wurde. Berittene Polizei glng gegen die Manifestanten vor. Drei Beamte wurden mehr ober weniger schwer verletzt. Fünf Manifestanten wurden verhaftet. iW.T.V.)