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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 16.12.1905
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-12-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19051216018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1905121601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1905121601
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-12
- Tag 1905-12-16
-
Monat
1905-12
-
Jahr
1905
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 16.12.1905
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An teile sagt das Blau: «ES kann keine Ruhe geben rt. die gestern uuserem Genossen Goldstein im Landtag- eine Waklreformvorlaae macken. Wir werden sehen. Am Gonnabend und Sonntag beschließt die sächsische Sozial demokratie in zahlreichen Bersammlunaen über die be» der Fort führung des WahlrechtskampseS zu k» einer anderen Gte »ach der Antwort. „ , Landtage auf seine Interpellation wegen der Wahlrechts, demonstrationen und der weiteren Behandlung der Wahlrechts frage gegeben worden ist Selbstverständlich handelt eS sich nur um Bersainmlungen. um nichts weiter. Speziell her- oorgekoben sei, daß Strabendemon st rationen zu unterbleiben haben; nicht deshalb, weil die Polizei und die Regierung das nicht haben wollen, sondern weil wir sie vor läufig für ungeeignet halten. Was später etwa noch zu geschehen hat und geschehen muh, bleibt späteren Beschlüssen der Partei-Instanzen überlassen." — Es ist hiernach nur zu wünschen, daß die Leiter der hier in Aussicht gestellten Ber- onstaltungen sich über di« Tragweite derselben selbst nicht täuschen, und daß eS dabei nicht zu gesetzwidrigen Borgängen kommt, die abermals «inen Zusammenstob mit den behördlichen Organen herbeiführen können. — Die bei den sächsischen Gerichten und Staatsanwaltschaften angestellten Diener 1. Klasse richteten an den Landtag eine Petition um Bewilligung eines jährlichen Bekleidungsaeldes, aus daS sie schon seil A) Jahre» verzichten muhten. Zufolge der Justinnlnisterial-Verordnung vom 27. Juli 1880 sind oie bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften angestellten Diener ver pflichtet. im Dienste die Uniform zu trage». Während nun nicht allein alle Staatsdiener, sondern auch sämtliche Ünterbeamte bei den Gemeinden, welche angewiesen sind, in ihrem Dienst Uniform zu tragen. Bekleidung entweder wie die Diener beim Oberlandes gericht in natuin oder wie die bei den Justizbehörden angestellten Diener 2. Klasse eine lährliche Beihilfe in Höhe von 60 Mk. er halten. sind die Diener !. Klasse die einzige Beamienkategorie im Königreich Sachsen, die ihre Uniformstnckc aus eigenen Mitteln übest' - - vestreite» gezwung besondere Härte empfunden, daß das Einkommen ohne den ge werden muß ren, ist. Dabei wird eS von ihnen als ganz daß das Einkommen ohne den ge- ug für Anschaffung von Unifvrinslücke» voll versteuert — Irr der gastlichen . ^ Ausschußsitzung des L a n d w i r t s ch Kreisvereins zu 'Dresdeir, die gestern mittag Len «Drei Raben" unter dem Vorsitze des Herrn Geh. Ockono- mieratS Andrä stattfand, begrüßte der Vorsitzende die Ver sammlung, an der u. a. die Herren Geh. Oekonomierat von Langsdorfs, Mcdizinalrat Pusch, Landeslierarzt Medizinalrat Edelmann, Rechtsanwalt Dr. Nreyman»-«Leipzig, General- sekretär Dr. Raubold, Dr. v. Kahlder, Vertreter des Landes- rulturrats, Bezirksassessor Dr. v. Zimmermann, Dr. Grohmann vom Meteorologischen Institut und Dir. Völcker von der Vater- ländischen Vielwersicherung teilnahmen. Nach einem Ausblick des Vorsitzenden auf die äußere und innere politische Lage gab er di« allgemeinen Vcreinsangelegenheiten bekannt, zuerst der Toten deS Kreisoereins gedenkend. In Altenberg ist ein neuer Verein gegründet worden. AuS der Registrandc wurde Bericht gegeben, evenso über die Tätigkeit des Kreisvereins seit der letzten Kreisausschußsitzung. Besonders ist zu erwähnen, daß Herr Tierzuchtinsvestor Bruchholz-Frciberg Erörterungen angcstellt bot, wo sich rationelle, den gesundheitlichen, natürlichen An forderungen entsprechende Einrichtungen zur Jungvieh- und Schweinebaltung befinden, um darüber den Angehörigen des KreiSvereins Auskunft zu geben. Den Landwirten wurde gleich, zeitig empfohlen, die Kälberaufzucht und Schiveinezucht zu ver- stärken. Der Militärveremsbund Lat eincn Stellennachweis geschaffen, aus dem treugediente Soldaten als Landarbeiter zu gewinnen sind. Der Bericht über die landwirtschaftlichen Unter- richtsanstalten des KreiSvereins ertoähnt, daß die landwirtschaft- liche Winterschule in Freiberg, wie die Meißner Schule sehr gut besucht sind, zum Teil so. daß neue Anmeldungen zurück- gewiesen werden mußten. Die Landwirtichastlicke Haushalt schule in Jreiberg ist leider nickt voll beseht, so daß dort ein Fehlbetrag entstanden ist' deshalb wurde zur Behandlung dieser Frage in den örtlichen Vereinen aufgesordert. Erwähnt wurde dankend, daß Herr Amtshauptmann v. Nostiz-Drzewicki eine und «ine halbe Freistelle an der Haushaltschule m Freiberg gestiftet hat. Seit einigen Jahren hat man von Vereins wegen speise-Kartoffel-Anbauversuche gemacht, die allerdings in den letzten Jahren kaum nennenswerte Resultate ergeben haben; deswegen beantragte der Ausschuß, diese Versuche jetzt fallen zu lassen und die dafür aufgewendetcn Mittel mit zu den Untersuchungen von Getreide- und Futterpflanzen-Ziichtungen zu verwenden. Die Herren Professor Steglich und Oekonomie- rat Kühn sprachen jedoch für Beibehaltung der Versuche, da doch manches erreicht sei, namentlich für die kleineren Land- wirte und die Allgemeinheit: es wurde daraufhin beschlossen, sich mit den Versuchsanstellern in Verbindung zu sehen und nach deren Aeußerungen eventuell die Versuche fortzusetzen. — Ueber eine» Antrag des Landwirtschaftlichen Vereins Großschirma, darnach zu streben, daß solche Tiere, die wegen Milzbrandver. dachts Nicht geichlacktet werden, sondern verenden, ote aber in der Folge nicht als milzbrandkrank befunden werden, ebenso behandelt werden wie solche, die aus Grund deS Seuchen- aesetzeS zu entschädigen sind, referierte Herr Oekonomierat Bahrmann - Tauscha mrt umfangreichem Material auS seiner persönlichen Erfahrung. Der Ausschuß beantragte, den Antrag wegen der Konscouenzen abzulchnen, aber den LandeSkultur- rat zu ersuchen, Mittel und Wege zu finden, daß gesetzliche Abhilfe für solche Fälle geschaffen werde. Dieser Ausschußantrag wurde einstimmig angenommen. — Der Hauptvortrag des Herrn Rechtsanwalts Dr. jur. B r e y m a n n- Leipzig betraf daS Thema: ..Die Entschuldung des land Wirt schaft lt che n Grundbeiitzes durch Hypotheken- versicherun g". Die Versicherung an sich »st ia den Land- wirten bekannt, oie Hypotheken-LebenSversicherung aber dürste für die Landwirte vor allem eine große Rolle in der Frage veS landwirtschaftlichen Kreditwesens spielen. Ausgehend von den Tilgungs-Hypotbeken, erläuterte er den Begriff der Hypo Erbfall wesentlich, wenn er die bestehenden Hypotheken tilgt; zu dieser Möglichkeit soll ihm die Hypotheken-Versicherung ver helfen. In Oesterreich und in Frankreich wird diese Ver sicherung schon seit längerer Zeit erfolgreich betrieben. Die Versicherung- - Gesellschaft «Allgemeine Assekuranz in Triest" übernimmt »eim Tode eines Versicherten entweder die ordnungs- gemäße Tilgung der versicherten Hypothek oder deren sofortige Abstoßung, so daß, wenn ein Landwirt alle seine Hypotheken versichert hat, bei seinem Tode sein Gut völlig schnldensrei da- stehen kann. Die Ausführungen wurden mit lebhaftem Beifall ausgenommen. AIS Mitglied zum engeren Ausschuß wurde ^ östlichen Vereins tungS-Ausschusses lachtviekwersicherungS-Anstalt Herr Benne witz ivleoergewavli. Die Voranschläge für den Dispositions fonds und den Separatsonds des Kreisvereins für das Jahr 1906 wurden angenommen. Ein gemeinsames Mittagessen ver- einigte noch einige Teilnehmer an der Versammlung. — Seit Mittwoch vormittag hat sich der 38jährige Kauf- mann R. K. von seiner in der Schössergasse wohnenden Familie entfernt. Da er seit längerer Zeit leidend und zur Schwer mut geneigt ist, wird angenommen, daß er sich in einem An salle ein Leid angetan hat oder noch ziellos draußen umherirrt. R. K. ist von mittlerer Statur, blassem Aussehen, l>at blondes Haar und Vollbarl und wenig Geld bei sich. Er war bekleidet mit dunkelblauem Winternberzieher. eckigem Filzhut. schwarz- weiß meliertem Sakkoanzug und Schnürstiefeln. Die Wäsche ist R. K. rot gestickt und Nr. 21 schwarz gestempelt. Er trägt Trauring und goldene Uhr mit silberner Kette. Es wird beten, der schwer keimgeiuchten Familie irgendwelche Wa nebmungen umgehend dura, --- richten" zugrhen zu lassen. Es wird ae- , »eiche Wahr- die Expedition der «Dresdner Nach- — OberlandeSgericht. Aus Anlaß deS MaurerstreikL in Freiberg im April 18ob war eS zu Unruhen, erheblichen AuS- schreitungea und zu Zusammenstößen zwischen Streikenden und Arbeitswilligen gekommen. 'Diese waren so erheblich, daß die Beteiligten später strenge gerichtliche Strafen erhielten. Die Schutzleute halten damals die besondere dienstliche Anweisung erhalten, jeden sich lästig machenden Streikenden von d e r S traß« wegzuweisen und im Weigerungsfälle nach der Wache zu sisiieren. Der Angeklagte Maurer Dltlrich stand am 1b. Juni, wie auch schon an den vorhergehenden Tagen, vor dem Kontor seines früheren Arbeitgebers Streikposten, um etwaige arbeitswillige Personen abzufangen. Der Maurermeister hatte ihn wiederholt vergeblich zum Verlassen seines Platzes ans. gefordert, worauf Polizei herbeige^nfcn wurde. Bald erschien ein Schutzmann, der den Angeklagten wegwies, von diesem aber zur Antwort erhielt, er könne nicht gehen, da er im Aufträge des Streikkomitees handle. Der Schutzmann nahm den Ange- klagten mit zur Wache, von wo er nach Feststellung seiner Per sonalien entlassen wurde. Das Gericht hat in dem Verhalten eine Zuwiderhandlung gegen 8 105 des Freiberger Straßen reaulativs vom Jahre 1897 und des 8 366. Zister 10 des Straf gesetzbuchs erblickt und den Angeklagten verurteilt. Der anae zvgene Paragraph deS Freiberger Regulativs bestimmt nämlich daß zum Zwecke der Erhaliuna der Ordnung und Sic^ den Slragen, soweit 8 366, Ziffer 10 des Strafgesetz schon andere Maßnahmen vorschrcibe, die Erctulivorgane des «tadtrals und der eatznavme» vorfchrclve, die Ercrullvorgane des ^ der Polizei berechtigt sind, Wegwestuugen von Streikposten vorbehältlich späterer Genehmigung ouszufprechcn und daß diesen Wegmessungen zu geyorchen ist. Das Landgericht bemerkt zwar daß das Slreikpostenslehen an und für sich nach mehrfachen Entscheidungen höherer Gerichte nicht verboten sei, doch dürfe es keine Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit ent halten. Deshalb feien polizeiliche Vorschriften der sragiichen Art,durchaus zulässig, ja sogar notwendig, um so mehr, als im vorliegenden Falle dem unter Anklage gestellten Vorkommnisse Straßenkrawalle vorauSgegangcn waren, die Erregung hierüber in den beteiligten Kreisen noch anhielt und daher möglicher weise aus diesem Anlasse neue Straßenkrawalle entstehen kvnn> ten. Dies hätten sowohl der Schutzmann als auch der Ange> klagte gewußt, der Schutzmann sei deshalb zu der Wegmessung berechtigt gewesen, während der Angeklagte bewußt ungehorsam aewelen sei. 8 5 des Regulativs besagt, daß die Anordnungen der Exekutivbeamten auf deren Pflichtmäßigem Ermessen ve rüben und nicht mit den Gesetzen in Widerspruch stehen sollen. Selbst wenn aber, wie von der Verteidigung geltend gemacht iverde, das Polizei-Regulativ sich auf ein Gesetz stützen müßte, so sei diese Voraussetzung hier gegeben, denn es schlage die säch sische Verordnung vom 9. Juli 1872, den Verkehr auf öffent lichen Straßen betreffend, ein. Die Revision des Angeklagten rügt Verletzung des H 105 des Freiberger Regulativs, des 8 366, Ziffer 10 des Strafgesetzbuches und der Sächsischen Ver- kebrsordnung mit dem Bemerken, wenn das Streikposteiistebcn erlaubt sei, könne es nicht dadurch strafbar werde», daß der Streikposten auf Geheiß des Schutzmanns nicht weggehe. Die vom Landgerichte beliebte Auslegung des 8 105 des Regulativs könne bei willkürlichem Vorgehen der Schutzleute jedem Staats bürger gefährlich werden. Das Oberlandesgericht unter Vor sitz des Senatspräsidenten Kurtz verwirft jedoch die Revision und führt zur Begründung aus. das Rechtsmittel scheine von der Ansicht auszugchen, daß die koa-lierten Arbeiter sich an die best ebenden staatlichen Ei nr ich- tun gen nicht zu kehren brauchten. Diese Meinung sei, wie es keiner weiteren Ausführung bedürfe, irrig. Im Interesse der Ruhe und Ordnung sei mit Recht so, wie geschehen, vorgegangen worden. Zur Lage iu Richland varl worven fet, nur mvg»cyfler zseonio oie wen Wicklung der revolutionären Bewegung und die äußersten Versuche zu unternehmen, dieselbe lichen Mitteln zu unterdrücken. Sollte jedoch bis zv wird von angeblich kompetenter Seite mitgcteilt, daß in den wiederholten Konferenzen beim Zaren in ZnrSkoje Ssclo verein bart worden sei, mit möglichster Geduld die weitere Ent- abznwarten e mit sried- zu einem be« stinnnten Zeitpunkte dieses Ziel nicht erreicht werden können, dann bliebe nichts anderes übrig, als durch Einsetzung derMilitär - diktatur die Herbeiführung normaler Zustände zu ermöglichen. Man hoffe jedoch, daß cs schließlich noch vor Anwendung der äußersten Mittel gelingen werde, die Ruhe und Ordnung im Lande wieder herzustellen. Am schlimmsten sieht es in den baltischen Provinzen auS, besonders in Kurland und Livland. Dort beherrschen die lettischen Revolutionäre schon seit geraumer Zeit das ganze Land. Wer sich ihnen nicht fügt, der wirb ermordet oder ihm das Haus über denr Kopfe angezundet. Die Regierung hat gar nichts sich zur Einsetzung eines Genera lgonverneurS — wie in Peters bürg verlautet, des Generals Ssologub — für die baltischen Pro vinzen und schon einige Tage früher zur Verhängung des Kriegs zustandes über Livland entschlossen. Von der Wirkung des Kriegszustandes aber bat man bis jetzt absolut nichts gespürt, und ie Ernennung des Gencralgouverneurs dürfte wohl auch nur den die . , , . . Zweck haben, so zu tu», als ob man etwas täte. Die lettischen Revolutionäre sind trotzdem über die Maßregeln in Wut geraten; ihr Verband hat darauf soeben mit der Proklamicrung der unabhängigen lettischen Republik geantwortet. Er erklärt alle Beziehungen zur russischen Regierung für »bgebrochen, alle Pachtverträge mit den Gutsbesitzer» für aufgehoben, alle Gutsländercien für Eigentum des lettischen Volkes, alle Gesetze für ungültig und durch temporäre Gesetze, dle der revolutionäre Berband dekretieren wird, zu ersetzen. Leben »nd Eigentum der Deutschen auf dem Lande sind vogelfrei. Revolutionäre Banden ver treiben die Gutsbesitzer aus ihren Güter», in Marienburg, im östlichen Livland, mußte der dortige Arzt niit seiner Familie i» rucken Tagen schleunigst nach Riga flüchten. Sre alle waren mit dem Tode bedroht, weil er angcklagt war, eine „schwarze Bande" — so belieben die Revolutionäre alle Vereinigungen zuin Schuhe gegen ihre Ueberfälle zu nennen — begründet zu haben. Der bewaffnete Anfruhr schreitet schnell von Süden nach Norden fort. Er hat anch schon das von Esthen bewohnte Nordlivland und Esthland erfaßt. Geht eS so weiter, so wird wohl auch bald eine esthniscke Republik erklärt werden. Es war wokl die höchste Zeit, daß m Deutschland eine Hilfsaktion für das bedrängte Deutschtum in Rußland eingeleitet wurde. Die Verhaftung Chrustalews erfolgte auf direkte Veraw lasiung Wittes durch den Fustizminister mittels gerichtlicher Ver fügung, weil Chrnstalew nichts Geringeres als einen Staatsstreich plante und alle Minlster im Laufe einer Nacht gefangen setzen wollte. Wie weit dieser Plan ausführbar gewesen wäre, mag dahingestellt bleiben. Der Mi nisterrat beendigte die Beratungen über das Gesetz betreffend die Arbeitervereine. Diese Vereine können nach dem von dem Ministerrat beschlossenen Gesetz fortan nur noch im gerichtlichen Verfahren, also nicht mehr wie bisher auf administrativem Wege, durch den Minister des Innern, die Gou verneure. die Polizei usw., aufgelöst oder geschlossen werden. Das Gesetz hat zunächst provisocsschen Charakter und wird in der nächste» Woche zugleich mit dem allgemeinen Gesetz über das Vereinsrecht zur Veröffentlichung gelangen. Die russische Regierung erklärte anf eine an sie gerichtete Anfrage, daß in Riga Truppenverstärkungen in großem Umfange erfolgt wären »nd daß alles geschehe, uni den Schutz der deutschen Kolonie zu gewährleisten. Nachdem nun die verschiedensten Projekte für die Reichs dumawahlen von dem russischen Minlsterkomitee geprüft wor den. schritt der russische Ministerrat am Dienstag zur endgültigen Veschlußsassuna eines entsprechenden GcsrtzeSproiektcs. Leider habe» jedoch die Verhandlungen schon sehr bald ergeben, daß im russische» Ministerrat auch bezüglich der ReichSdninawahlc» eine rohe Meinungsverschiedenheit herrscht, so daß zur endgültigen sassnng des Projektes mindestens zwei, drei Sitzungen nötig sein werden. Da aber auch der Zar mehrmals den Wunsch geäußert sscit, die Bestimmungen betreffend die Reichsdnmawahlcn noch im Laufe dieser Woche mit den Ministern endgültig sestrustellc», so erwartet man in den beteiligten russischen Kreisen, daß eine Eini- u»g im rmssschen Ministerrat unmittelbar erzielt wird. Bei den iSherigenI Beratungen im russischen Ministerrat sind einige Minister, darunter der Finanz-, Handels-, Eisenbahn und Unter- richtSministrr, für daSallgemetneWahlrecht und ein zwei gliedriges System eiiigetreten, während die anderen Minister, die sich aui die Zare»nic»isseste vom 19. August und 30. Oktober stützen, nur für rin erweitertes Wahlgesetz plädiere». Im allgemeine» aber soll die Zahl der Delegierten von Bauern und Arbei tern größer sein, als ussprunglich gedacht wurde; letztere werden wahrscheinlich durch 12 Abgeordnete vertreten fern. Ferner hat der russische Ministerrat sich vorlänsia im Prinzip dahin geeinigt, daß. falls im Ministerrat keine einsinninige Verständigung erzielt wird, dem Zaren die Melnung der Majorität und der Minorität unterbreitet weiden soll. Die Meldung einiger Blätter, daß infolge des Abflusses der Einlagen deS Publikums und der Einichränkung der Auslands kredite Petersburger P riv a t t om in e rz da »k en genötigt gewesen wäre», ihre Diskontoperationen einzuslellen, zumal sie keine Unterstützung seitens der Staatsbank fanden, ist nach ein- gezogenen Informationen unbegründet. Auf dem kürzlich in Moskau stattgehabte» Konareßder russischen Gutsbesitzer wurde ». a. der Beschluß gefaßt, die russische Regierung zu ersuchen, militärischen Schutz zur Unter bruckung der Agrarunruhen nach Maßgabe des betreffenden Guts besitzers icderzeit unverzüglich zu gewähren. Der russische Minister- rat hat jedoch dieses Gesuch rundweg abgelehnt, .hieraus de schlossen mehrere russische Großgrundbesitzer, der Regierung keine Steuern und Abgaben und auch der Adelsbank keine Steuern zu zahlen. Um die revolutionären Bauern zu bekämpfen, werden besondere gut bewaffnete Schutzwachen organisiert. I» denjenigen Orten aber, wo bisher keine Unruhe» waren, werden Kaser nen errichtet und Kosaken eliiguartiert. Letzteren wird zur Pflicht gemacht, jedes Torf, in welchem die Bauer» Progressivöestrcbnn- gut zeitigen, sofort von allen Seiten anzuzüiidc». An de: Spitze der sich selbst verteidigenden russischen Gutsbesitzer soll Fürst Wassiltschikvw stehen. TliaeSgeschichte. Das französische Gelbbuch über Marokk« wird in der deutschen Presse überall ausführlich milgeteilt, aber fast gar nicht besprvchen, was wohl als Anzeichen dafür gedeutet werden muß, daß es nicht allgemein befriedigt. Wenn Fürst Bülow einerseits kürzlich im Reichstage gesagt hat, er könne nicht alles Mitteilen, was verhandelt, geredet und getan worden ist. so weiß man andererseits schon lange, daß die verschiedenen Blau-, Gelb-, Not- und Grün-Bücher nicht alles enthalten, was die profane Neugier wissen möchte und was zu wissen .nit unter höchst nötig wäre. Die Bücher sind meist zurcchtgesiutzt für einen bestimmten Zweck, oder sie werden überhaupt nur ver öffentlicht, damit obcrstäcl,liche Leute glauben, sie wüßten letzt altes, was die Diplomatie treibe. Für ein Gelbbuch über Marokko tag allerdings ein tieferes Bedürfnis vor, denn was über die diplomatischen Vorgänge der letzten zwei Jahre be kannt wurde, war dürftig, lückenhaft und widerspruchsvoll. Fürst Bülow hat freilich in seiner 'Reichslagsrede vom 6. Dezember eine zusammenhängende Darstellung des deutschen StandpuntteS gegenüber der Marolkosrage gegeben, aber der Zusammenhang besteht mehr in der Idee als in der historischen Wirklichkeit. Wie die Dinge tatsächlich Verliesen, darüber gibt uns das Ge!b- buch zwar nicht volle Gewißheit, aber doch einige wertvolle Tie „Franks. Ztg." urteilt: „Tie französischen Reform Vorschläge loerden uns auch jetzt nicht im einzel nen bekannt, und doch müßte man sie kennen, um mit Sicherheit beurteilen zu können, ob durch ihre Annahme die Unabhängig keit und Integrität Marokkos beeinträchtigt und die Rechte der anderen Mächte verletzt worden wären. Es scheint, daß man da auf französischer Seite immer noch etwas zu verbergen Hut. Ebenso is. cs nicht völlig geklärt, ob der französische Gesanvte Saint-Renü Taillandicr tatsächlich seine Resormvorschlogc dem Maghzen mit der Angabe unterbreitete, sein Auftreten ge- 'ftehe im Namen Europas. Auf deutscher Leite wurde ies behauptet: der Gesandte selbst bestritt eS und mit ihm be streiten es seine diplomatischen Vorgesetzten. Die Quelle der deutschen Behauptung scheint der Maghzen zu sein, und das ist nicht die reinlichste. Wenn aber die Aeußerung wirklich ge- fallen sein sollte, so liegt doch schon in ihrer energischen Aüleiig- nung der Beweis dafür, daß,man aus französischer Seite sie für >d daran kö Ganz Kar LXirfieuung oes cveiooucys yeroor, oay die sensationelle iwenoung in der deutschen Politik und ihr sprechendster Ausdruck, der Be such und die Rede in Tanger, dem Kaiser selbst zuzuschreiben ist. Fürst Bülow hat in der vorigen Woche in seiner zweiten Reichstagsrede ausdrücklich erklärt, daß er für diesen Schritt des Kaisers die volle Verantwortlichkeit übernehme. Das war eigent lich so selbstverständlich wie nur irgend etwas, denn wenn Fürst Bülow die neue kaiserliche Politik nicht hätte decken wollen, so hätte er ja seinen Abschied genommen. Was zur Begründung dieser Politik und insbesondere der Konserenz-Forderung auf deutscher Seite vorgebracht wird, ist auS der Rede des Reichs kanzlers bereits bekannt, und man wird nichts Triftiges dagegen eimvenden können, aber immer muß man wieder die Frage stellen: Warum hat denn Deutschland nicht schon ein Jahr zu- oor die Konferenz verlangt? Hat denn nicht schon das englisch- ranzösische Abkommen, das ganz einseitig über Marokko vcr- iigte, die Rechte der anderen Signatarmächte des Madrider Vertrags verletzt? Und wenn es einen der Grundjätzc oer deutschen Politik bildet, sich aus den gemeinrechtlichen Stand st zu stellen und die Interessen aller Mächte zu verteidigen, Geltendmachung dieses Standpunktes ein pun . warum hat man zur anzes Jahr lang gewartet? Auf diese Fragen gibt es auch eute noch keine klare Antwort: man müßte denn in der plötz- die seither die gesamte internationale Politik be herrscht und sich nicht verscheuchen lassen will. Es ist noch nicht alles glatt, aber die Haupthemmnisse sind beseitigt. Der Kaiser Marokko sich beschränkt und nicht zu einem Weltungliick sich auswächst." Ferner geht aus den Dokumenten noch hervor, daß Rouvier dem Dr. Rofen mündlich erklärte, er habe nur den einen Wunsch, „jede flagrante Uneinigkeit zwischen unS ans der Konserenz zu vermeiden und dazu beizutragen, dort Lösungen durchzusetzen. die nach Möglichkeit die Interessen und die Eigenliebe schonen, odaß es nach dem Ausdrucke deS Fürsten Radolin weder Sieger noch Besiegte gebe." Ferner bestätigt das Gelbbuch die Aii- nabme, daß Deutschland die Wahl Tangers zum Konsereuzort verlangte, während Rouvier Madrid oder eine andere spanische Stadt vorschlug. Von der gesamten Pariser Presse wird das Gclbbuch eingehend besprochen. Der ..Eclair" meint, das Gelbbuch bilde eine spannende Lektüre durch daS, was darin nicht gesagt sei. Der Reichskanzler Finst Bülow werde besseres Zeugnis Vorbringen oder »»eben müssen, daß er von Marokko getäuscht worden sei. — ..Petitc stspnblique" schreibt: Von Anfang bis zu Ende seiner Minister- e>t beseitigte Delcnsss mit wachsender Hartnäckigkeit und Ver- olendnng ans seiner Rechnung den Faktor, den Deutschland in Europa bilde. — Ter „Figaro" schreibt, das Geldbuch zeige den völlig »»angreifbaren guten Wille» Frankreichs. — „Gnnlois" schreibt: Die Freunde DelcasssS werden von dem Gelbbuch mit Geiingtiiniig eisüllt sein. Sie loben die Korrektheit des früheren Ministers dcS Acnßcren. Von der englischen Presse sind noch folgende Aenßc- riliige» zu verzeichne»: „Standaid" sagt, indem er daraus Bezug nimmt, daß Delcasss verabsäumt babc. Deutschland formell eine Ab christ des englisch-französischen Abkommens zu übermitteln: Ein jeder muß es bedauern, daß insoweit das Vorgehen Frgiikrrichs nicht im idealen Sinne konekl gewesen sei. Die „Mvriiliigpost" bemerkt zu dem englisch französische» Uebercmkommen wegen Marokko: Die deutsche Regierung wacht offenbar in alle» Punkte» eisersiiclsttg ans ihre Stellung und wünscht kein- ihrer Rechte preiszugeben. DaS ist eine Stellung, wie sic jede Regierung einnehmen muß. Ob Deutsch lands formelle Berechtigung, in bezug a»s Marokko befragt zu werden, große materielle Interessen begründet oder nicht, ist eine andere Frage. Jede Regierung mnk leibst beurteile», welches ibrer Reckte sie geltend mache» will. Deutschland mit seiner großen, wachsenden und stacken Bevölkerung und seiner auSgerrichneten Organiiatwn ist der Ansicht, daß es ebensoviel gelten muß wie jede andere Macht. So saßt anch Deutschland offenbar seine Stellung tzi Marokko uns. und es scheint die Idee zu haben, daß es. wenn ein Mille nicht respektiert werden würde, zu den Waffen greifen Dresdner Nachrichten. -lr. S48. Seite L. Sonnabend. L«. Dezember LSVV
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