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General-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend : 19.05.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-05-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384843-189805192
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384843-18980519
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384843-18980519
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
General-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-05
- Tag 1898-05-19
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Monat
1898-05
-
Jahr
1898
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einer der größten Städie Indien-, der Handel zusammen; aber er lag fast ganz in den Händen der arabischen Kauflentc, und die Araber hatten «S schnell heran-gewiltcrt, daß die weiße» Männer gefährliche Nebenbuhler für sie bedeuteten. BaSco'S Lage war in her Thal eine äußerst schwierige. Seine Mannschaft, die ursprünglich etwa 150 Köpfe gezählt hatte, war arg zusaininengeschmolzen, Ge schenke besaß er nicht, und wie der Herrscher dieses Landes, das vicht bevölkert und reich war, sich zu ihm stellen würde, das wußte er nicht. Durch diese schwierigen Umstände hat ihn allein seine naive Zuversicht und freilich auch eine gute Portion Glück geleitet. Glück war e-, daß gleich die erste Deputation, die er z» dem Herrscher de- Lander, dem Zainerin, schickte, einen ans Tunis gebürtigen, des Spanischen mächtigen Mauren traf, der sich ihrer annahm. Er ver mittelte Vasco eine Audienz bei dem Zamoriu, und an dem Märchen- hasten Glanze, den er hier erblickte, konnte der Portugiese wohl er kennen, daß er an di« rechte Quelle gekommen sei. Um so mehr sielen dem reichen Zamorin, der anfänglich sich de» Portugiesen recht wohlwollend und nicht abgeneigt zeigte, ihnen den Einkauf in den Bazaren zu gestatten, die ärmlichen Gaben auf» die Vasco ihm dar brachte. Das Verhältniß wurde gespannt, die Araber thaten das Ihre, eS zu verschlechtern, mit Noth und Mühe erreichte Vasco wieder sein Schiff. Zum Glück hatte er vornehme Geißeln an Bord. Dadurch konnte er die Herausgabe seiner gefangenen Leute und der von seinen Agenten eingekausten Maaren erzwingen, und als er Beides an Bord hatte, lichtete er die Anker und trieb die Angreifer wit ein paar Kanonenschüssen leicht hinweg. Er hatte nun, was er brauchte: die kostbaren Zeugen des Märchenlandes, die Gewürze Indiens. Seine Ladung bedeutete für die damaligen Zeiten aller dings einen Reichthum, da damals in Lissabon ein Pfund Pfeffer mit 1.50 Mk.. Zimmet mit 3.30 Mark, Muskatnuß mit 5.25 Ml. bezahlt wurden. ! Dem »Herren der Welle", wie der Zamorin sich nannte, war BaSco glücklich entgangen, die Wellen sollten ihm ihre Tücke noch zu kosten gebe». Der Nordostmonsun hatte noch nicht eingesetzt, und Hoffnungslos, wie verzaubert irrte das Geschwader im Indischen Dzean umher, bis der Wind es erfaßte und nach drei Monaten an die Küste Afrikas zurückführte. Nun gings über Melinde in schneller Fahrt der Heimath zu. Schon waren die Azoren erreicht, als VaSc« aus der Insel Terceira seinen Bruder Paulo erkranken und in seinen Armen sterben sah. Ein Einwohner dieser Insel aber, Namens Arthur Nodriguez, entschloß sich, die Wundermär schleunigst zum Könige zu bringen. Er spannte diHSegel, er hatte nicht Rast noch Ruh, bis er zu Cintra den König traf, seine Hand küßte und ihm die Nachricht von der Ankunft des Geschwaders auf den Azoren und der Entdeckung Indiens überbrachte. Reiche Belohnung fiel dem Freudenboteu zu, ein Sturm des Jubels ging durch ganz Portugal «nd aller Augen richteten sich dem Ersehnten entgegen auf die hohe See. Und am 29. August 1498 war es, daß unter dem Salute der Geschütze, dem Geläute der Glocken und dem Jubel des Volkes Basco da Gama /wieder ans Ufer des Tajo stieg und vor dem Könige das Knie beugte. Mit reiche» Ehre» und Vortheilen wurde er ausgezeichnet; Dom Manoel aber nahm den Titel »Herr der Eroberung, Schifffahrt und des Handels von Aelhiopien, Arabien, Persien und China" an. Nun war das Thor zum dunkeln Morgen lands geöffnet und seine Herren waren die Portugiesen. ' Basco da Gama besitzt nicht die Größe, die Kolumbus oder Magclhaes zuerkannt werden muß. Seine Fahrt war nicht von Vvrausschauender Berechnung geleitet, sie war eine Fahrt in's Un gewisse. Er hatte sich nicht mit einer^bunt zusammengewürfelten Deutschlands eine nicht unwesentlich höhere Steuer erhebe. Der Vorstand beantrage deshalb ab: I. Oktober d. I. das Eintrittsgeld von 2 auf 4 Mk. zu erhöhen und die Steuer für verheirathete Mit glieder gegen Gewährung von 2 Eintrittskarten auf 16 Mk. und für unverheirathete Mitglieder auf 13 Mk. gegen Gewährung einer Eintrittskarte pro Vortragsabend festzusetzen. Dieser Antrag wurde nach kurzer Aussprache einstimmig zum Beschlüsse erhoben. Ferner wurde ebenfalls einstimmig beschlossen, den Preis für die weiteren, auf Wunsch auch an unverheirathete Mitglieder abzugebenden Damen karten anf 4 Mk. festzusetzcn und der Vorstand ermächtigt, auf Ver langen auch an alleinstehende Damen Eintrittskarten zum Preise von 6 Mk. abzugeben. Zum letzten Punkt der Tagesordnung, „Stand des Vereinshans, baues" betreffend, berichtete Herr Feller über die bisherige Thätig keit des Vorstandes und theilte schließlich mit, daß kn Rücksicht au' die Höhe der Kosten für das ursprünglich in Aussicht genommene Projekt (Saalbau mit Vereinshaus) von der Ausführung desselben abgesehen und das Projekt nochmals einer Durcharbeitung uud Ab änderung unterzogen worden sei. Nach dem neuesten Entwürfe werde von der Errichtung des Verein-Hauses vorläufig abgesehen und es sollen die RestaurationSräume, Bibliothek und Gesellschaftszimmer im Saalbau an der Moritzstraße Aufnahme ^finden Eine Schmälerung der ursprünglich in Aussicht genommenen Größenverhältnisse der Säle, der Garderoben und der RestaurationSräume werde dadurch nicht ekntreten. trotzdem aber eine Verminderung der Bausumme um ca. 300,000 Mark erreicht. Nachdem noch Herr Feller bekannt gegeben, daß unter diesen veränderten Verhältnissen nunmehr auch die Erlangung der erforderlichen Kapitalien völlig gesichert sei, stimmte die Versammlung dem neuen Projekte einstimmig zu und ermächtigte den Vorstand zur AnSsührung desselben. Herr Feller dankte für das dadurch dem Vorstande geschenkte Vertrauen, vcr- icherte, daß der Vorstand Alles aufbieten werde, dieses Vertrauen auch fernerhin zn rechtfertigen und schloß sodann nach Verlesung und Genehmigung des Protokolles die überaus harmonisch verlaufene Versammlung. —u—. Beatrice Cenei. Von A. B. In der Nähe des Ghetto in Rom wird dem Fremden ein graues altes Gemäuer gezeigt, finster und unheimlich, Ivie die Geschichte seiner letzte» Bewohner. Es trägt den Namen des Palastes der Cenci. Dieser Name ist durch das Schicksal der schönen und un glücklichen Beatrice weltbekannt geworden. Ihr Porträt, dessen Original von Guido Re»i in der Sakristei der Kirche San Pietro in Bincolo hängt, ist weltberühmt geworden; der jugendlich schöne Kopf, ein wenig über die linke Schüller gewandt und dadurch wie aus dem Bild heraussehend, die Stirne mit dem weißen Tuch turban artig umschlungen, die Züge so zart mid weich, daß Kind uud Jung-' frau hier noch zn verschmelzen scheinen, wer hätte das Alles nicht betrachtet und wieder betrachtet, ohne sich des Gedankens erwehren zu können, daß aus solchen Augen keine Schuld zu blicken vermöge I Und doch hat das Gesetz sie gerichtet und den Namen einer Bater- mörderin an ihre Stirn geheftet. Es war am 1. September 1599, als die Diener der Gerechtig keit an die Thore des alten Palastes der Cenci klopften und Alle, die diesen Namen trugen, vor die Schrankes forderten. Das Haupt der Familie, Francesco Cenci, war während seines «aude''v^Äbenteu7eÄ °»s d^^^^^cherumzuM aus dem Schlöffe Nocca Patrella Plötzlich gestorben, er verfügte über eine nwhlorganisirte Mannschaft vonLaMleuten. Das Schloß lag Mseüs der pontnuschen Sumpfe au neapolitanischem — ^ " - - -- -- - - - Gebiete. Ein Verbrecher, den man emgefangen, hatte in sein Schuld- bekenntniß auch dm Mord des Francesco Cenci mit eingefchloffen und dessen Kinder angeklagt, ihn dazu gedungen zu haben. Beatrice namentlich sollte ihm den Dolch gereicht und nach vollbrachter That 2000 Piaster ausgezahlt und diesem Preise noch einen kostbaren ge- Aber unerschütterlich, furchtlos, rücksichtslos entschlossen, den einmal gefaßten Plan zu verwirklichen, war er doch der Mann, die Auf gabe, wie sie ihm gestellt war, durchzüführen. Und so stieß er mit essen gepanzerter Faust die alte Schranke um, die Morgen- und Abendland Jahrhunderte lang getrennt halte, und bald fluthete «in mächtiger Verkehr durch das neu geöffnete Bett. Hauptversammlung des Kaufmännischen Vereins zn Chemnitz. Am 12. d. M. hielt der hiesige Kaufmännische Verein die dies jährige ordentliche Hauptversammlung ab, welche von 80 Mitgliedern besucht war. Nachdem der Vorsteher Herr Feller die satzungs gemäße Einberufung der Versammlung bestätigt, brachte derselbe den Hhr ausführlichen Jahresbericht auf das abgelaufene Vereinsjahr zum Vortrag. Auf diesen Bericht, der den Mitgliedern demnächst gedruckt zugehen wird, werden wir später zurückkommen. Hierauf berichtete der Kassirer Herr Schädlich über die Kassenverhältniffe mnd den gegenwärtigen Bestand des Vereinsvermögens. Namens der /Rechnungsprüfer gab Herr Petz old bekannt, daß die Kasse im Laufe ^bes Jahres wiederholt rcvidirt und stets in Ordnung befunden worden sei; auch die Jahresrechnung sei geprüft und richtig be funden worden. Unter Abstattung des Dankes für die gewissenhafte Führung der Kassengeschäfte durch Herrn Schädlich beantragte Lerr Petzold, die Nichtigkeit der Rechnung auszuspreche» und dem Vor stände Entlastung zu ertheilen; es geschah dies feinstimmig. Den Herren Feller und Schädlich gab die Versammlung für die große Mühewaltung im Interesse des Vereins den wohlverdienten Dan! durch Erheben von den Plätzen kund Zur Ergänzungswahl des Vorstandes übergehend, gab Herr Burkhard als Vorsitzender des Wahlausschusses di« Name» der ausscheidenden Mitglieder des Vorstandes bekannt, bemerkic, daß leider Herr Stadtrath Meister aus verschiedenen beachtlichen Gründen gebeten habe, von seiner Wiederwahl abzusehen und daß der Wahl ausschuß hierfür Herrn Max Düll i» Vorschlag bringe. Herr Burkhard dankte Nameus des Vorstandes Herrn Stadtrath Meister für seine ersprießliche Thätigkeit als Vorstandsmitglied, worauf Herr Stadlrath Meister dem Vorstande für das ihm stets bewiesene freundliche Entgegenkommen dankend erwiderte und schließlich -versicherte, daß er auch fernerhin seine vollste Sympathie dem Verein bewahren werde. Hierfür dankte die Versammlung durch allseitigen und anhaltenden Beifall. — Es wurden sodann gewählt: als Kässirer Herr Theodor Schädlich; als Schriftführer Herr Arthur Müller; als Bibliothekar Herr Oswald Naumann; als Aus- fchilßmitgtieder die Herren Max Düll, Richard Hempel, Otto Heym, Amandus Winkler; als stellvertretender Vorsteher Herr August Nell und als stellvertretender Kassirer Herr Otto Heym Ms Rechnungsprüfer wurden die Herren Petzold und Leupol Wiedergewählt. Den Antrag des Vorstandes auf Abänderung der ZZ 5 und 14 der Satzungen, betreffend das Eintrittsgeld und die Steuern, be gründete Herr Schädlich unter Hinweis auf die großen Anforber «ngen, welche schon jetzt durch die Erwerbung des Grundstücks uud die Vorarbeiten zur Errichtung des Saalbaues an de» Verein gestellt und die später jedenfalls noch eine weitere Steigerung erfahren Würden. Des Weiteren führte er au, daß der jetzige Steuersatz keinesfalls mehr im Verhältniß za dm Darbietungen des Vereins nach Rache: Bealrice war eine stolze Römerin, ihr Herz schlug hoch die Leidenschaft ließ sie jedes andere Gebot vergessen. Die Familie brachte die Sommermonate auf dem Schlosse Rocc« Patrella zu, da- den« Herzoge von Lvlonna gehörte. FranceSc» Cenci hoffte hier in der Einsamkeit ganz in de» Besitz seiner Tochter zu geralhen; Beatrice rechnete darauf, seinen Verfolgungen hier für immer ein Ziel zu setzen. In dieser Stimmung erreichte die Familie den Ort, wo sich ihr Schicksal bestimmen sollte. Werfen wir einen Schleier über die That selbst i Drei Schüsse von der Engelsburg verkündeten an einem Hellen Wintern,vrgen des Jahres 15SS, daß die Letzten der Cenci unter dem Beile des Henkers fallen sollten, und aus die- Zeichen sank Papst Clemens VIII. im Onirinal auf seine Knie und er hellte ihnen völlige Absolution. Die er auf Erden gerichtet, sollten begnadigt vor dem Throne des Höchsten erscheinen. In der Kirche San Pietro in Montorio unter dem Hauptaltar, über dem' damals die Transfiguration von Raphael hing, -7 welche jetzt dii Madonna äslla lettvra ersetzt hat, — wurden die irdischen Reste von Beatrice Cenci beigesetzt; die Brüderschaft der Sieben Sünder, vorauf die Fahne mit der Pieta, das Geschenk Michel Angelo's, wagend, begleitete sie dahin; dort fand sie Frieden. Vermischtes. — Ueder kleine Pariser Moveneitheitei». Die Pariser eleganten Wäsche-Magazine haben augenblicklich einige sehr aparte Neuheiten in Damen-Taschentüchern und Oberhemden-Einsätzen für Herren zur Ansicht ausgestellt. Da sieht man entzückende winzige Tüchlein vom feinsten, fast schleierhaft durchsichtigen Batist mit knust- voll in Filosellefcide eingestickten Blumenbordüren und Ecken. Und zivar hat man dabei in zartester Weise jede Jahreszeit berücksichtigt indem dis für den Frühling in Gebrauch zu nehmenden Taschen- tücher auch nur die holdseligen Kinder des Lenzes aufweisen, wie Maiglöckchen, Flieder, Veilchen, Goldlack, Vergißmeinnicht, Pfiugst- röschen und sogar Butterbluinen. Am elegantesten sehen jedenfalls? die mit weißem und lilafarbenem Flieder bestickten Mouchoirs aus. Für die mehr vorgeschrittene Saison hat man reizende Dessins in Rosen. Nelken, Heliotrop und sonstigen in natura stark duftenden Sommerblüthen entworfen. Für den Herbst sind Chrysanthemen in allen möglichen Nuancen, Passionsblumen, Mcinlaub u. A. bestimmt, während man dem Winter Epheu und Immergrün, Hagebutten, rothe Beeren und die gegen Weihnachten zur Entfaltung gelangen den weißen Blüthen des echten Nieswurz geweiht hat. So reizend und geschmackvoll nun aber diese buntgestickte» Läppchen, mit denen die schönen Pariserinnen bereits zu kolettiren augefangen haben, auch «nd, so absonderlich wirken die neuen, der jungen Herrenwelt von der launischen Mode vorgeschriebeucn Chemisetts, die nicht mehr in tadellosem Weiß erstrahle»«, sondern mit farbigen Malereien verziert ind. Besonders reiche junge Stutzer lassen sich von namhaften - Künstlern die originellsten Dessins auf das schneeige Linnen ihrer" -emden zaubern, die dann nach ihrer Meinung äußerst effektvoll nd. Ob die Herren Maler für diese Geschmacksverirrung eine' ;anz besondere Farbenzusammenstellung erfunden haben, die der ver nichtenden Wirkung von Wasser und Seife Trotz bietet, oder ob die Chemisetts nach jeder Wäsche frisch gemalt werden müssen, das ist dem Bericht der französischen Modezeitschrift nicht hinzugefügt worden. Zwei hochruiithige Königinnen. Die Anekdoten von !>er jungen Königin von Holland mehren sich jetzt mit jedem Tage. Augenblicklich kursirt in englischen Blättern wieder ein nettes Episödchen von der jugendlichen Wilhelmine, das ebenso kennzeichnend ür de» Uebermuth, wie für das leicht zu bewegende gute Herz des öniglichen BackfischchenS ist. Eines Morgens klopfte im Palast von Amsterdam Jemand heftig an die Thüre, die zu den Gemächern der Königin Emma führte. »Wer ist dort?" fragte die Stimme der Regenten. „Die Königin von Holland," klang es in hochmütigem Tone von den Lippen Wilhelmines. Die Mutter, die sich über diesen ungehörigen Stolz ihres Kindes ärgerte, that, als hätte sie nichts weiter gehört, und öffnete die Thüre nicht. Nach einer kurze» Pause klopfte es sehr bescheiden und eine herzliche Stimme rief: „Dein Töchtercheu möchte zu Dir, mache doch auf, Mama!" Nun wurde >er Stiegel sofort entfernt, und der junge Uebermuth warf sich lürmisch in die mütterlichen Arme. Dieses hübsche Geschichtchen ist etzt also auf der Tour und wird voraussichtlich seine Reise um den Erdball machen. Für Manchen dürste es nun interessant sei», zu hören, daß vor mehr als 45 Jahren eine ganz ähnliche Geschichte von der Königin Victoria von England erzählt wurde, nur daß dort der Prinz-Gemahl der jungen Herrscherin die Stelle der Mutter ei'ir- nahm. Man rühmte der Mustermonarchin von jeher eine gute Portion Eigenwillen nach und dieser griff nicht selten störend in den häus lichen Frieden ein. Eines Tages, nachdem wieder einmal eine recht stürmische Auseinandersetzung zwischen dem Prinzen und seiner Ge mahlin stattgefunden hatte, zog sich Elfterer in das einzige Zimmer zurück, das er wirklich als sein eigen betrachten konnte, und grübelt«/ dort über die Bitterkeiten des menschlichen Lebens nach. Ein über mäßig lautes Klopfen an der Thür schreckte Albert, de» „Guten" plötzlich aus seinen trübseligen Meditationen auf. „Wer ist dort?" fragte er, obwohl diese Frage eigentlich ganz unnölhig war, da es nur eine Person gab, die es wagen durfte, den Friede» seiner Ein- amkeit in so geräuschvoller Weise zu stören. „Die Königin von, England," war die hochinüthige Antwort. „Hier ist kein Platz für die Königin von England," entgegnete Prinz Albert. Das Rauschen seidener Frauenröcke war der einzige Lank, der noch an das Ohr des Lauschers drang. Dann blieb längere Zeit Alles still. Nach einige» Stunden vernahm der nachdenkliche Prinz ein ganz schwaches Klopfen/, und auf seine Frage, wer da sei, antwortete eine kaum hörbare- Stimme: „Dein Weib!" „Für mein liebes Weib ist immer Platz hier," erklärte der galante Priuz, nachdem er den Schlüssel im, Schloß, umgedreht hatte. Die Thür weit aufreißend, schloß deH glückliche Gatte dann sein dcmüthig gewordene- Weib in die Arme. — Bor den Auge» deö Sohnes ertrunken. Ein tragischer Fall hat sich am Sonnabend aus der Kronprinz-NudolfSbrücke 4«, Wien ereignet. Der Schneidermeister Franz Stefanek hat sich" von der genannten Brücke in selbstmörderischer Absicht in die Doucut gestürzt und verschwand alsbald l'n den Wellen. Ein trauriger, Zufall fügte es, daß gerade zur selbe» Zeit sein einziger Sohn, ein junger Staatsbeamter, mit einem Kollegen die Brücke passirte und, Zeuge der schrecklichen Szene war, ohne zu ahnen, daß der Selbst mörder sei» Vater sei. Man kann sich das Entsetzen de» jungen Mannes vorstellen, als er erfuhr, daß der Mann, den er mit de» Wellen ringen sah, sein eigener Vaier war. Franz Stefanek stand, im Alter von 59 Jahren. Er war ein fleißiger und tüchtig«. Handwerker. Im November vorigen Jahres erlitt er einen Nerven», tickten Mantel beigesügt haben. Die päpstliche» Sbirren führten sie vorläufig in das Gefäugniß nach Corte Savella ab. Die Herzogin von Santa Croce war erst in der Woche zuvor um ihrer Erbschaft willen von ihrem Sohne ermordet worden; der Heilige Vater wollte somit ein Beispiel an den Cenci geben, wie mau in seinem Staate das Verbrechen strafe. Francesco Cenci, um dessen Tod es sich handelte, hinterließ leben Kinder. Er hatte sich in seinem 20. Jahre mit einem sehr chönen Mädchen verhrirathet und sein Leben auf jede Weise genossen. Der Glanz seines Namens wie sein Reichthum boten ihm Alles, was die Güter des Glückes gewähren können. Seine Gattin starb ihn« sehr plötzlich, und wenige Wochen darauf führte er Lucrezia Strozzi als ihre Nachfolgerin in sein Haus. Die Stiefkinder sahen die junge Mutter nicht gern. Er entfernte die Kinder und überließ sie ihrem Schicksal, nur Beatrice und Bernardino, die beiden jüngsten, blieben zurück; an diesen ließ er seine Laune aus »nd quälte sie mit ungerechten Züchtigungen.' Das kleine Mädchen hob oft flehend ihre Hände zn ihm empor, wenn er sie cm ihrem langen, blonden Haare durch die Zimmer des Palastes schleppte, und bat ihn, ihr nur zu sagen, was sie verbrochen, damit sie seinen Zorn vermeiden könne. Aber keine Antwort erfolgte. So wuchs Beatrice auf, den Groll im Herzen, den die Härte und die Ungerechtigkeit erzeugt. Ihre älteren Geschwister hatten sich bereits an Papst Clemens VIII. gewendet und seine» Schutz gegen den unnatürlichen Vater nachgesucht; hierauf wurde befohlen, den Kindern eine Summe zu ihrem Unterhalte auszuzahle». Dies er bitterte FranceSco Cenci nur um so mehr, und wieder sollten die jüngere«! Geschwister entgelten, was die älteren verbrochen. Schon hob er seine Hand, um Beatrice zn treffen, »nd heiß stieg das Blut in des Mädchens Wangen beim Anblick de« zornigen Vaters; da hemmte plötzlich ein Etwa- seinen Groll, sein Ann sank, er blickte die Zitternde überrascht an. Beatrice war bereits nicht mehr ein Kind zu nennen, und die anfsteigende Röthe ihrer Wangen kleidete sie unbeschreiblich schön. Er schloß sie an sein Herz und dachte von dem Moment an nicht mehr an eine Strafe für sie. Schwerer aber als sein Zorn sollte seine Liebe dar arme Mädchen treffen, schwerer als alle Schläge muhte sie die Be- wunderuug ihrer Schönheit von dem eigenen Vater empsindenl Sie wandte sich empört von ihm ab; er flößte ihr jetzt Haß, er flößte ihr Abscheu ein. Sie genoß nun größere Freiheit; sie durste nur wünschen, und es wnrde gewährt; sie war Herrin im Hause. Vergebens sträubte sich ihr junges Gemüth gegen die Ueberzeugung, eine strafbare Leiden schaft im Herzen des eigenen Vaters entzündet zu haben. Sie konnte es nicht länger verbergen und bald war ganz Rom, wie fie, von dieser unseligen Verirrung unterrichtet. Lucrezia, ihre Stiefmutter, blieb die Letzte, der sich dieser Ab grund öffnete; doch bedurfte es nur eines Blickes ans die unglückliche schlag, und das hatte zur Folge, daß er zeitweise von fürchterliche» Kehe und der weitaus größte Theil der Kaufmännischen Vereins Beistand. Die eifersüchtige Gattin und die beleidigte Tochter dürsteten Beatrice, um die Antwort ans ihre Frage in deren bleicheiVZügen zn lese», und weinend schloß sie sie an ihr Herz und gelobte ihr Schmerzen geplagt ««nd dadurch am Arbeiten gehindert war. Die-' nahm sich der Mann so zu Herzen, -aß er den Tod in den Wellen suchk^
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