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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.06.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-06-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000626013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900062601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900062601
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-06
- Tag 1900-06-26
-
Monat
1900-06
-
Jahr
1900
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Li« Morgea-AnSgabr «scheint u« '/,7 Uhr, di« Lbead-AuSgabe Wochentag» nm 5 Uhr. Nedactlou und Ervedittou: AshanntSgasse 8. DieExpedittva ist Wochentag» anurterbroche» geöffnet von früh 8 bi» Abends 7 Uhr. BezrrgS-PreiS K» der Hauptexpeditioa oder den im Stadt» bezirk und den Vororten «richteten Ans» oabrstelleu abgrholt: vierteljährlich 4^0, ort zweimalig« täglich« Zustellung ins Vans 5.50. Durch di« Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich ^l S.—. Dtrrcte täglich« Kreuzbandieudung ins Ausland: monatlich ^l 7.b0. Filiale«: Alfreb Hahn vorm. v Klenim'S Tortt«. UaiversitütSstraße 3 tPaulinum), Louis Lösche, Latharinenstr. 1s, hart, und aüuigs-latz 7. 3lS. Morgen-Ausgabe. KlWM^TagMaü Anzeiger. Ämtsvtatt des königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Volizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. —' . . —. -- — — Dienstag den 26. Juni 1900. Anzeigen.PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklame» «nt« dem Rrdaction-strich (4ao- spalten) dO^L, vor den Familieunachrichk» (6 gespalten) 40/^. Gröbere Schriften laut unserem Preis» verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), «nr mit der Morgen - Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Ab end «Ausgabe: vormittag» 10 UhL Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. vei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richte». Druck und Verlag von T. Pol» in Leipzig 94. Jahrgang. Zur Wechselburger Affäre. L. Der scharfe Zusammenstoß, den die staatliche Behörde mit dem Grasen Joachim in Wechselburg gehabt hat, da sie unter Androhung der höchsten Strafen ihm verboten hat, in seiner Schloßtirche andere alö Hausgottesdienste zu halten, und der Kirche den Charakter einer öffentlichen gottesdienst lichen Stätte abgesprochen hat, hat wieder einmal die Frage der Parität, der Gleichberechtigung zwischen Evangelischen und Katholiken aufgerollt. Natürlich, daß augenblicklich sentimen talen Gemiithern und gedankenlosen Schwätzern eS so erscheint, al» wären die armen Katholiken in das schreiendste Unrecht ge setzt, da man ihnen, den in der Diaspora lebenden, verböte, an einer herrlichen Cultusstätte ihre religiösen Bedürfnisse zu be friedigen. Aber bei Licht besehen, liegen die Verhältnisse absolut ander», und es thut noth, die Dinge einmal beim rechten Namen zu nennen und zu zeigen, daß die Maßnahmen der Regierung für alle ruhig Dankenden durchaus gerecht sind und in gewissem Sinne luftremigend gewirkt haben. Wie steht eS denn mit den unter unS in der Diaspora lebenden Katholiken? Wie viele sind ihrer? Haben sie die Möglichkeit, sich in ihren Gottesdiensten zu erbauen? ES ver sieht sich für einen Evangelischen, der feinet Glauben- gewiß ist und weiß, wat er an seinen Gottesdiensten hat, ganz von selbst, daß er den Katholiken eS gönnt, daß auch sie in ihrer Weise ihre Andacht finden können. Ein Evangelischer braucht nur daran zu denken, wie eS seinen Glaubensbrüdern in der Zer streuung draußen, z. B. in Böhmen, zu Muthc ist, wenn sie keine Kirche, keine Schule, keinen Lehrer, keinen Seelsorger haben, und wie dankbar sie auf der anderen Seite sind, wenn sie kirchlich versorgt sind, um dann den Katholiken das in vollem Maße auch zu gönnen. Das ist ja daS specifisch Pro testantische, daß wir tolerant sind und keine Hindernisse bereiten, wo man um des Seelenheils willen nach gottesdienstlicher Be- thätigung sucht. Ab« handelt es sich darum? Die kirchliche Versorgung der Katholiken unter unt unter steht dem katholischen Pfarramt« in Chemnitz. In Chemnitz, Glauchau, Penig, Mittweida sind regelmäßig« Gottesdienste. Von den 2467 Katholiken der rund 114000 Einwohner zählen den Rochlitzer Ephorie entfallen 1^.03 auf Mittweida, in den übrigen Städten, mit weiten Dörfrrumgebungen gerechnet, leben durchschnittlich je 100 Katholiken. Sie alle können mit Leichtig keit eine oder die andere der oben genannten Gottesdienststationen erreichen, so daß zur Vermehrung derselben noch niemals ein Bedürfniß vorhanden war oder dessen Befriedigung vom zu ständigen Pfarramte in Chemnitz wäre in die Wege geleitet worden. In Wechselburg selbst wohnen 103 Katholiken, meist dem gräflichen Hausstande angehörig, für die eS Hausgottes dienste giebt. Ein Bedürfniß zur Errichtung einer neuen öffentlichen gottesdienstlichen Station liegt also ganz und gar nicht vor. Kein Katholik unter uns ist irgendwie und wo gehindert, seine Erbauung zu finden. Werden die Katholiken nach Wechselburg gezogen und wird damit eine öffentliche Gottesdienststätte er richtet, so ist daS lediglich künstlich gemacht. Statt die Katholiken Mittweidas dort, wo sie ihre gottesdienstliche Stätte haben, zu lassen, oder die im Muldenthale wohnenden Arbeiter rc. nach Penig zu weisen, zieht man zu dem Fronleichnamsfeste und bei anderen Festen dieselben künstlich nach Wechselburg. In dem Bestreben aber, in Wechselburg einen öffentlichen Gottesdienst zu etabliren, liegt System. Als Anfang der 40er Jahre der Graf Alban seine evangelische Kirche den Katholiken zu „einigen Gottesdiensten im Jahre" einräumte, gab eS im Umkreise von vielen Stunden überhaupt nur drei Katholiken. Erst mit dem Uebertritt deS verstorbenen Grafen kamen durch die Dienerschaft und Beamtenschaft eine größere Anzahl Katho liken nach Wechselburg. Die denselben gestatteten Hausgottes dienste sind aber von Anfang an durch die HauScapläne dazu benutzt worden, für römisches Wesen Propaganda zu machen. Die HauScapläne, die nicht daS geringste Recht dazu hatten, irgendwelche seelsorgerische oder pfarramtliche Functionen außer halb deS Hausstandes des Grafen zu vollziehen, haben stets, als gebe et keine Landesgesetze, Allen, die man nach Wechsel bürg zog, Beichte gesessen, Messe gelesen, haben Taufen, Be erdigungen vollzogen, in gemischten Ehen die Kindererziehung zu beeinflussen gesucht u. a. m. Sie haben stets so gehandelt, als gäbe eS für die Katholiken hier in der Diaspora nicht längst ein katholische- Pfarramt und bestimmte GotteSdienststationen. Daß diese Handlung-weise lediglich au- dem Mitleid und der Fürsorge für die angeblich kirchlich unversorgten Glaubens genossen entsprungen sei, glaube, wer will. DaS katholische Pfarramt zu Chemnitz, das sich gegen diese Hebelgriffe in ihm allein zustehende Rechte und Pflichten hätte verwahren müssen, hat stet« geschwiegen, ließ die Dinge ruhig gehen. Man hoffte augenscheinlich auch hier, auf diesem un gesetzlichen Weg« durch die Macht der Gewohnheit und des Her kommen- sich einnisten und festsetzen zu können. Natürlich hatte die Behörde von je die peinliche Pflicht, gegen diese» Gebühren sich imm« wieder zu wenden. Aber sobald gegen die unterschiedlichen Capläne mit Strafantrag vorgegangen werden sollte und diese den Boden unter ihren Füßen heiß werden fühlten, verschwanden sie, und neue Persönlichkeiten traten an ihre Stelle, die da» alte Spiel wieder aufnahmen. Indem aber von Wechselburg aus die Behörde zu diesem Vor gehen gezwungen wurde, hatte man, unter völliger Verdrehung der thatsächlichen Verhältnisse, den der Propaganda dienenden Dortheil, von Katholiken bedrückung und dergleichen mehr reden und als Märtyrer sich aufspielen zu können. Diese systematische ungesetzliche Hand lungsweise sehen wir al» ein große» Unrecht an. Unbefugt in ein fremde» Amt einzugreifen, sich fremd« Rechte anzumaßen, Uebegriffe all« Art sich zu gestatten, wie e» die HauScapläne stet» gethan haben, ist an sich schon unwürdig, und wenn e», da ein religiöse» Bedürfniß dazu absolut nicht vorliegt, ledig lich au» Gründen der Propaganda geschieht, verwerflich. E» wird dadurch unter dem Deckmantel der Religion nur der con- fessionelle Friede gestört. Den umwohnenden Katholiken, meist doa fernher zugezogenen Arbeitern aller Art, die die Ver hältnisse nicht kennen, die Vorstellung beizubringen, daß in Wechselburg für sie die öffentliche Gottesdienststätte sei, ja sie nach derselben hin- und von ihrem für sie geordneten und bequem liegenden (Mittweida-Penig) Gottesdienststätten wegzuziehcn und dann in die Lage zu bringen, daß sie da vor verschlossenen Thüren stehen, heißt künstlich den Geist der Unzufriedenheit und des Ungehorsams wecken. Jahrelang um die gesetzlichen Be stimmungen sich nicht kümmern, so daß das Volk den Ein druck gewinnt, die großen und hohen Herren hätten eben ihre Rechte und Freiheiten für sich und brauchten sich nicht nach den Gesetzen zu richten, heißt die Autorität erschüttern und Ver wirrung über die einfachsten Rechtsbegriffe unter dem Volke anrichten. Man sollte sich unseres Erachtens doch wohl überlegen, wie man solches Gebühren glaubt verantworten zu können. Ein Eingehen auf daS der Behörde gemachte An sinnen, dem jeweiligen HauScaplan pfarramtliche Rechte außer halb deS Hausstandes einzuräumen, wäre nichts andere», als eine Krönung der jahrelang geübten Verhöhnung der Gesetze. Wenn in der „Kölnischen Volksztg." und anderen Blättern unter der Ueberschrift „der Toleranzscandal auf Schloß Wechselburg" zu lesen steht, daß eS den Katholiken der Umgegend von Wechsel burg von jeher gestattet gewesen sei, an Sonn- und Festtagen dem Gottesdienste in der Schloßkirche beizuwohnen, so ist dieser Sah, aus dem dann alle weiteren Schlüsse gezogen werden, eine grobe dreiste Unwahrheit. Die Schloßkirche zu Wechselburg ist seit dem Uebertritte deS verstorbenen Grafen niemals eine öffentliche katholische Gottesdienststätte gewesen. DaS jetzige Vorgehen der Behörde ist also weiter nichts, al» eine nachdrück liche Zurückführung der Dinge auf den einfachen, rechtmäßigen, ursprünglichen Stand. Daß die Strafandrohung sich jetzt an statt gegen die vorgeschobenen und wieder verschwindenden HauS- capläne gegen die Person deS Grafen selbst gerichtet hat, ist ein Vorgang, der unsere» Erachtens nach längst hätte ein geschlagen werden können. Jeder billig Denkende kann nur dafür dankbar sein, daß dem Gesetze endlich einmal Achtung ver schafft wird. Vie Einführung -er obligatorischen Leichenschau. Der zu Freiburg i. B. abgehaltene diesjährige Deutsche A e r z t e t a g hat in der am Freitag, den 22. Juni, abgehaltenen Sitzung den Beschluß gefaßt, sich für die Einführung der obliga- torischen Leichenschau, und zwar durch Aerzte, auSzusprechen. Dieser Beschluß schließt sich an eine Resolution an, die der Reichstag zugleich mit dem Reichsseuchengesetz beschlossen, worin der Reichskanzler um Vorlegung eines Gesetzentwurfs ersucht wird, in welchem thunlichst bald für da» ganze Reichsgebiet eine allgemeine obligatorische Leichenschau vor geschrieben wird. Im ReichSseuchengesetz ist die Leichenschau nur in folgender Form vorgesehen worden: „Für Ortschaften und Bezirke, welche von einer gemeingefährlichen Krankheit befallen oder bedroht sind, kann durch die zuständige Behörde angeordnet werden, daß jede Leiche vor der Bestattung einer amtlichen Besichtigung zu unterwerfen ist." Von der Einführung der Leichenschau im ganzen Reiche zugleich mit dem ReichSseuchengesetz ist darum abgesehen worden, weil, wie die Regierung darthat, bei der Rege lung der Leichenschau so viele Einzelheiten mitzuregeln sind, die nur in einem besonderen Gesetz zu ordnen sind und lang wieriger Vorarbeiten bedürfen. AIS besondere Schwierigkeit für die Einführung der allgemeinen obligatorischen Leichenschau kam hinzu, daß zahlreiche Sachverständige, wie oben der Aerzte- tag, die Auffassung vertraten, daß nur eine ärztliche Leichen schau von praktischem Werthe sei. Zu dieser ärztlichen allgemeinen Leichenschau hat in der ReichStagscommission, die mit der Vorberathung des ReichS- seuchengesetzeS betraut gewesen ist, die Regierung die Stellung eingenommen, daß auf dem platten Lande die Zahl der Aerzte gegenwärtig in vielen Theilen deS Reiches noch zu gering sei, um in jedem Todesfälle die Besichtigung der Leiche durch einen approbirten Arzt sicherstellen zu können. Zur Zeit würden nicht einmal Laien zur Vornahme der Leichenschau in überall aus reichender Zahl zur Verfügung stehen. Von diesem Gesichtr- puncte aus hat die preußische Regierung im Jachpe 1898, al» die Verhandlungen wegen rrichsgesetzlicher Regelung der Leichen schau wieder ausgenommen worden waren, die Durchführbarkeit der allgemeinen obligatorischen Leichenschau, nicht nur die allein durch Aerzte zu bewirkende, in Preußen verneint. ES seien weite Landstrecken vorhanden, wo geeignete Personen für einen zuverlässigen Leichenschaudienst nicht aufzufinden sein würden. In Ostpreußen würde beispielsweise auf dem Lande nur die Uebertragung der Leichenschau an Lehrer in Betracht kommen; hiergegen aber habe die Unterricht-Verwaltung schwerwiegende Bedenken geltend zu machen. Die Behandlung der Leichenschau im Reiche bietet zur Zeit ein Bild von großer Buntscheckigkeit. Eine obligatorische Leichenschau besteht nicht in Mecklenburg-Strelih, Oldenburg, Schwarzburg-Rudolstadt und Sonder-Hausen, Waldeck und Lippe. Eine allgemeine obligatorische Leichenschau ist eingeführt in Bayern, Württemberg, Baden, Hessen, Meiningen, Coburg und Gotha, Bremen und Hamburg. In Bayern find in erster Linie Aerzte, dann Chirurgen, Bad«, vormalige Sanitäts soldaten und Lazarethgehilfen, und in Ermangelung von solchen Laien berufen. Wiederholt wird hervorgehoben, daß die Be stellung nur von Aerztrn al- Leichenschau« lediglich wegen der von den Gemeinden besorgten Mehrbelastung auf Widerstand stoß«. Eine dritte Kategorie von Staaten hat da- Institut der verpflichteten Leichenfrauen eingeführt, so da» Königreich Sachsen, Weimar, Altenburg und Lippe. Die Leichenfrauen sind zur Besorgung de» Leichendienfie» verpflichtet; sie werden in den für diesen Zweck erforderlichen Kenntnissen von Bezirks ärzten unterrichtet und geprüft und haben beispielrweise im Königreich Sachsen jede Leiche in den ersten zwei Tagen nach dem Tode wenigsten» dreimal, am dritten Tage zweimal zu besuchen und sich schon beim ersten Besuche von dem Eintritt de» Tode» zu überzeugen, und bei späteren Besuchen sich zu ver gewissern, daß dn Tod wirklich erfolgt ist und die Verwesung beginnt. Eine ärztliche Leichenschau ist bekanntlich inLeipzig eingeführt, wo in Fällen, in denen eine ärztliche Behandlung des Verstorbenen nicht stattgefunden, eine Besichtigung der Leichen durch besondere Leichenschauärzte bewirkt wird, deren es in Leipzig sieben giebt. Die übrigen Staaten haben keine allgemeine obliga torische Leichenschau, sondern nur örtliche Einrichtungen dieser Art, so Mecklenburg-Schwerin, Braunschweig, Anhalt, die beiden Neuß, Lübeck und Elsaß-Lothringen. Zu dieser Kategorie ge hört auch Preußen, daS die Leichenschau den einzelnen Ver waltungsbezirken überlassen hat und eine Leichenschau nur vor schreibt bei Leichenpässen zum Transport einer Leiche, oder wenn eine Leiche vor der gesetzlichen Frist beerdigt werden soll. Jede officielle Leichenschau fehlt in den Regierungsbezirken Gum binnen, Marienwerder, Stralsund, Posen, BreSlau, Oppeln, Hannover, Hildesheim, Lüneburg, Stade, Osnabrück, Aurich, Münster und Trier. Eine obligatorische Leichenschau durch Laien besteht im Regierungsbezirk Cassel, im Kreise Biden- kopf, im RegierungLbezirk Wiesbaden und im Regierungsbezirk Siegmaringen. In einer Reihe von Bezirken und den meisten größeren Städten besteht die Verpflichtung, ärztliche Todten- scheine mit der Angabe der Todesursache beizubringen. Alle» in Allem genommen, tritt allenthalben erkennbar die Tendenz hervor, die Leichenschau nur durch Aerzte vornehmen zu lassen. Daß nur eine solche Leichenschau allen Anforde rungen genügt, die an eine solche gestellt werden müssen, unter liegt keinem Zweifel. Darum werden die maßgebenden Stellen richtig handeln, wenn sie sich angelegen sein lassen, das von dem Deutschen Aerztetag aufgestellte Ziel im Auge zu behalten. Die Wirren in China. —p. Mit äußerster Spannung wartet man in Europa und den Bereinigten Staaten auf den Entsatz von Peking, aber, wenn sich die von chinesischen Läufern am 21. Juni nach Tientsin gebrachte Nachricht bestätigt, nach welcher Seymour'» Entsatztruppen mit einer übermächtigen chinesischen Streitmacht 40 englische Meilen westlich von Tientsin im Kampfe Warrn, so entsinkt die Hoffnung auf baldige» Ein treffen der Hilfe vor der chinesischen Hauptstadt. — Folgende neuere Meldung liegt vor: * Paris, 28. Juni. (Tel.) Der Minister de» Auswärtigen Delcafs» hat von dem französischen Sen«alconsul in Shanghai unter dem 24. Juni ein Telegramm erhalten, nach welchem laut der Versicherungen de» Director» der Eisenbahnen und Telegraphen Scheng di« fremden Gesandten und die übrigen Aus länder io Peking am IS. Juni wohlbehalten sich an schickten, die chinesische Hauptstadt mit Ermächtigung der chinesischen Regierung zu verlassen. Ob dieser Nachricht mehr zu trauen ist, als den früher von Scheng ausgrgebeneo, müssen wir leider dahingestellt sein lassen. Die Hauptgefahr für die Dertheidiger von Tientsin besteht darin, daß sie bereit- an MunitionSmangel leiden, während der Eommandant der chinesischen Truppen, der wegen seiner fremdenfeindlichen Gesinnung bekannte Prinz Tuan, 45 Schnellfeuergeschütze zur Verfügung haben soll. Bi- Donner-tag war eS den Chinesen noch nicht gelungen, die Stadt Tientsin zu nehmen, doch scheint e» höchste Zeit zu sein, daß der Entsatz rintrifft. Der englische Contre- Admiral in Taku bat, wie Unter-Staatüsekretär Brodrick in der letzten Sitzung de» englischen Unterhaus«- erklärte, in einer vom Donner-tag Abend datirten Depesche die Hoffnung ausgesprochen, daß der Entsatz in der Nacht von Freitag auf Sonnabend erfolgen werde. Bis zur Stund« ist aber keine Meldung über den Entsatz von Tientsin eingetroffen. E» fehlt noch die Aufklärung, warum die Flottencommandantrn nicht ihre Kanonenboote den Peiho aufwärts nach Tientsin zur Unterstützung der Bertheiviger schicken. Der Peiho ist für Dampfschiffe bis Tientsin fahrbar, und der englische Admiral Hope ist im Jahre 1860 mit seinen Kanonenbooten ebenfalls flußaufwärts gefahren und hat Tientsin erobert. Möglicherweise haben aber die Kanonen bote der Mächte in dem Kampfe um die Taku-Fort» solche Havarien erlitten, daß sie vorläufig weder die Fahrt noch Tientsin zu unternehmen im Stande sind, noch dort einen etwaigen Kampf mit den 45 Schnellseuergeschiitzen de-Prinzen Tuan aufnehmen könnten. Nunmehr kann auch nicht mehr da» Sortschretten »er Erhebung in Abrede gestellt werden. Sie greift nach Norden, nach Niutschwang auf der Liautung-Halbinsel über. Diese gehört zum russischen Freiflußgebirte, und so wird e» auch verständlich, daß der Zar die Truppen de- Amur'schen Militärbezirks mobilisirt. Eine Shanghaier „Dalziel", Drahtmeldung behauptet, daß 100 000 fremde Truppen zur Bewältigung der Un ruhen in Nordchina erforderlich seien- wa» nicht allzusehr verblüffen darf, da sich ia auch schon in Tschifu, nordöstlich von unserer deutschen Besitzung Kiaut- schau, bedenkliche Anzeichen bemerkbar machen. E- wird berichtet: * Parts, 2V. Juni. (Telegramm.) In einem Telegramm de» französischen Lousuls in Tschifu »nt« dem 24. Juni wird brrichtel, daß in dies« Stadt groß, vesorgntß «ater den Fremden herrsche, daß ober bis jetzt die Ruhe nicht gestört worden sei. Aehnliche» hatte der japanische Gesandte berichtet und hinzugefügt, daß die einheimischen Kaufleute die Stadt bereit verlassen. Im Süden galt da- Aangtse-Gebiet bisher noch al- sicher, jetzt hofft man dort, die englische Negierung Werve im Hinblick auf mögliche Verwickelungen eine starke Flotteumacht dorthin entsenden, und in Dünn an, welches zur französischen Einflußsphäre gehört, wird gemeldet: * Paris, 25. Juni. (Telegramm.) Ein über Jndochina besörderlesTelegrammdes französischen Lonsuls Frangoi» vom 22. Juni besagt, daß dieser Vorbereitungen getroffen habe, Dunnan am 24. Juni zu verlassen. Bei Taku haben sich, wie aus Tschifu, 25. Juni, telegraphirt wird, nach Berichten de» österreichisch-ungarischen Kanonenbootes „Zenta", auch Off ic irre der österreicvi sch-ungarischen Mar ine in tapferster Weise an der Erstürmung de» Fort» be« theiligt. Besonders werden der Linienschiffs-Fähnrich Stamer und der Seccadett Petri genannt, die später an Bord der „Zenta" zurückkehrten. Die österreichisch-ungarische Kriegs flagge weht neben der deutschen auf der südlichen Befestigung von Taku. Capitän Lans und Oberleutnant Hellmann. Ueber die Personalien des Corvettencapitäns Lans und des gefallenen Oberleutnants z. S. Hellmann erfahren wir Fol gendes: Wilhelm Andreas Jakob Emil LanS ist am 3. März 1861 als Sohn des Gutsbesitzers Lans zu Loosen bei Wesel geboren, wurde erst im elterlichen Hause, dann im Cadettenhaus zu Berlin vorgebildet, trat am 23. April 1878 als Cadett in die Marine ein, in welcher er 1879 Seccadett, 1882 Leutnant z. S., 1885 Oberleutnant z. S., 1889 Capitänleutnant und 1898 Corvettencapitän wurde. Nach dem Besuch der Marineschule war er bei der I. Matrosendivision und der Jnspection des Torpedowesens commandirt und wurde nach Absolvirung der Marincakademie zugetheilt. Die ersten Reisen unternahm Lans auf den Schiffen „Niobe", „Renowa", „Friedrich Karl", „Vineta", „Deutschland", „Mars", „Nymphe", „Blücher", „Elisabeth", „Möve". Später befehligte er die Torpedoboote „8 12, 24, 29, 49, 4" und „V 6", wurde dann Flagggleutnant des Torpedo flottillenfahrzeuges „Blitz", um dann auf den Panzerschiffen „Baden", „Oldenburg", „Württemberg", „König Wilhelm", „Friedrich der Große" und „Kurfürst Friedrich Wilhelm" Dienst zu thun. 1894 war Lans Chef des Stabes des II. Geschwaders der Herbstübungsflotte, war während der Herbstmanöver 1896/98 dem Flottenchef zugetheilt. Am 1. December 1898 erhielt er daS Commando über das Kanonenboot „Iltis", mit welchem er im Februar 1899 die Heimath verließ. Hans Otto Karl H e l l m a n n ist am 6. December 1873 als Sohn deS Stadtsyndikus Hellmann geboren, ist katholischen Be kenntnisses, besuchte 1884—1892 das städtische Realgymnasium seiner Vaterstadt und trat im April 1892 als Cadett in die kaiserliche Marine, in welcher er am 10. April 1893 zum See- cadetten, am 15. September 1895 als Leutnant z. S., und am 16. November 1898 zum Oberleutnant z. S. befördert wurde. Nach dem Besuch der Marineschule wurde Hellmann der I. Matrosendivision zugetheilt, und that vor seiner Beförderung zum Sceofficier Dienste beim 2. Seebataillon und der II. Ma- trosen-Artillerie-Abtheilung, später auch als Compagnieofficier bei der 2. Werftdivision. Während seiner Dienstzeit war Hell mann auf folgende Schiffe commandirt: Cadettenschulschiffe „Stein" und „Moltke", Linienschiffe „Sachsen" und „Branden burg", Artillerieschulschiff „Mars", Küstcnpanzer „Berwulf" und „Hildebrand", Schulschiff „Stein", Gr. Kreuzer „Hertha", Küstenpanzer „Fritjof", und seit 1. December 1898, dem Tage der Jndieststellung des „Iltis", als Sceofficier auf diesem Schiffe. Außer dem Commandanten Lans und dem Oberleutnant z. S. Hellmann befanden sich bei Beginn des Boxer-Aufstandes folgende Officiere an Bord des Kanonenbootes „Iltis": Cap.- Leutnant Kühne als 1. Officier, als Wachofficiere Oberleutnants z. S. Hoffmann-Lamatsch, Edler von Waffenstein, v. Hippel (Wilhelm) und Nerger; ferner Stabsarzt vr. Schoder, Ober- Zahlmeister Koslik und OberMaschinist Wünsch. Truppensendungen. D Berlin, 25. Juni. (Telegramm.) Laut telegraphischer Meldung ist S. M. S. „Irene", Eommandant Fregatten-Capitän Stein,' am 23. Juni in Tsingtau eingetroffen. — S. M. S. „Gefion", Eommandant Fregatten-Eapitän Nollmann, ist am 24. Juni in llhefoo eingetrosfen und an demselben Tage nach Taku in See gegangen. * München, 2 5. Juni. (Telegramm.) Wie die „Correspon- denz Hoffmann" mittheilt, haben die zum Uebertritte in die auf Kriegsstärke zu ergänzenden Marineinfanterie-Bataillone und in die neu zu bildende Feldbatterie von den bayerischen Truppentheilen sich freiwillig gemeldet und sind für tropendienst- sähig befunden worden: von der Infanterie 138 Sergeanten und Unterofficiere, sowie 727 Gefreite und Gemeine, von der Feldartillerie 23 Unterosficierr, sowie 50 Kanoniere und Fahrer. E» können jedoch nur die Anmeldungen von 3 Unterofficieren, sowie 100 Ge- freiten und Gemeinen der Infanterie, sowie von einem Unterosficier und 15 Mann der Feldartillerie berücksichtigt werden, die sich spätesten» am 28. Juni bei dem zweiten Seebataillone ia Wilhelm-Haven stellen müssen. * Timla, 25. Juni. (Telegramm.) Die nach China gehende Streitmacht ist auf zwei Brigaden erhöht worden. Jede Brigade wird au» vier Infanterie-Bataillonen mit DivisionStruppen, be stehend au» einem Eavallerie-Regiment, drei Eompagniea Sappeure» und Mineuren, sowie einer Feldbatterie, zusammengesetzt. * Taiga», 25. Juni. (Telegramm.) Der Kreuz«„Vauban" und da» Transportschiff „Caravane" sind mit 500 Mana Marine infanterie und einer Batterie nach Taku abgegaogen. Der Aviso „Bengali" ist gleichfalls nach Taku gegangen. Die deutschen Verstärkungen. *Au» Kiel, 21. Juni, wird der „Köln. Zig." geschrieben: Die Frage, wann die ersten deutschen Ver stärkungen in China eintreffen, kann auf Grund der amtlichen Angaben über die Reisen unserer Kriegsschiffe und der Lloyddampf« nach China in den neunziger Jahren folgender maßen beantwortet werden. Die Annahme, daß da» gm
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